Entscheidungsdatum
19.10.2018Norm
ABGB §1332Spruch
W214 2193670-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SOUHRADA-KIRCHMAYER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnnen Mag. Huberta MAITZ-STRASSNIG und Mag. Claudia KRAL-BAST als Beisitzerinnen über den Antrag der Bezirkshauptmannschaft XXXX gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 04.04.2018, Zl. DSB-D062.130/0003-DSB/2018, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 16.02.2018, Zl. DSB-D122.757/0002-DSB/2018, entschied die Datenschutzbehörde (DSB) in einem Verfahren wegen Verletzung im Recht auf Löschung.
Dieser Bescheid wurde der BH XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) am 20.02.2018 per E-Mail an das Behördenpostfach zugestellt. Die dagegen per E-Mail erhobene Beschwerde langte am 21.03.2018 bei der Datenschutzbehörde ein.
2. Mit Schriftsatz vom 27.03.2018 ersuchte die Datenschutzbehörde die Beschwerdeführerin um Angaben zur rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde und erteilte hierzu eine zweiwöchige Frist.
3. Mit Schriftsatz vom 03.04.2018, stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte hierzu Folgendes aus: Die zuständige Mitarbeiterin (im Folgenden auch: Leiterin) der Beschwerdeführerin habe den Entwurf der Beschwerde erstellt und digital im internen Aktenverwaltungssystem am 16.03.2018 dem Bezirkshauptmann zur Unterfertigung weitergeleitet. Dieser habe die Unterfertigung vorgenommen und die Beschwerde digital an die Mitarbeiterin retourniert. Die unterfertigte Beschwerde sei noch vor Fristablauf digital bei der Mitarbeiterin eingelangt. Die Mitarbeiterin sei äußerst pflichtbewusst und sorgfältig. Der Bezirkshauptmann habe sich darauf verlassen, dass die Beschwerde zeitgerecht abgefertigt werde. Am 20.03.2018 (gemeint: letzter Tag der Frist) sei die Mitarbeiterin "auf Grund einer spontan durchgeführten intensiven XXXX " "zeitlich und örtlich intensiv im Rahmen der Kontrolldurchführung gebunden" gewesen und habe "übersehen", die Beschwerde, die sich ausschließlich in ihrem digitalen Postkorb befunden hat, abzufertigen. Es handle sich um ein Versehen, das auch einem sorgfältigen Menschen in dieser außergewöhnlichen und sehr belastenden Situation unterlaufen könne. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können auch bei Einhaltung der berufsgebotenen Sorgfaltspflicht Fehler und Irrtümer, die einer bisher objektiv geeigneten und bewährten Kanzleikraft unterlaufen, eine durch die konkreten Umstände des Einzelfalles entschuldbare Fehlleistung darstellen; dies müsse umso mehr für eine geeignete und pflichtbewusste, sorgfältige Mitarbeiterin der Bezirkshauptmannschaft gelten. Die Mitarbeiterin sei durch die zeitlich intensive XXXX verhindert gewesen, die Frist einzuhalten und handle es sich hierbei um einen minderen Grad des Versehens.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen, im Spruch genannten Bescheid der DSB vom 04.04.2018 wurde der Antrag vom 03.04.2018 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der 20.03.2018 der letzte Tag der Beschwerdefrist gewesen sei, die Beschwerde jedoch erst am 21.03.2018 um 13:36 Uhr verschickt worden sei. Zusammengefasst sei bei der Antragstellerin (auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) als Rechtskundige ein strengerer Maßstab anzulegen. Die Büroorganisation von Organen von Gebietskörperschaften müsse in gleicher Weise wie eine Rechtsanwaltskanzlei den Mindestanforderungen einer sorgfältigen Organisation entsprechen. Dazu zähle die richtige Vormerkung von Terminen und die fristgerechte Wahrnehmung der Prozesshandlungen. Der Verwaltungsgerichtshof habe die berufliche Überlastung, wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, als eine auffallende, der Wiedereinsetzung entgegenstehende Sorglosigkeit beurteilt. Die unterfertigte Beschwerde sei noch vor Ablauf der Frist im digitalen Postkorb der Mitarbeiterin eingelangt, weshalb die Fristversäumung "voraussehbar" gewesen sei. Als juristischer Behördenmitarbeiter müsse immer davon ausgegangen werden, dass im digitalen Postkorb eine Erledigung abzufertigen sei und wäre die Post nach der Rechtsprechung täglich und sorgfältig zu kontrollieren. Der Bezirkshauptmann hätte davon ausgehen dürfen, dass die Mitarbeiterin die unterfertigte Beschwerde weiterleiten würde. Die Mitarbeiterin hätte während der " XXXX " die Beschwerde nicht im digitalen Postfach liegen lassen dürfen, sondern behördenintern einen Stellvertreter, zumindest für dringliche Aufgaben, benennen müssen.
5. In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde nach Wiedergabe des bisherigen Sachverhaltes ausgeführt, dass es sich beim Übersehen der Beschwerde im digitalen Postkorb infolge der intensiven Kontrolldurchführung um ein Versehen handle, das auch einem sorgfältigen Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft in dieser außergewöhnlichen und sehr belastenden Situation einmal unterlaufen könne. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könnten Fehler und Irrtümer, die einer objektiv geeigneten und bewährten Kanzleikraft durch die konkreten Umstände des Einzelfalles unterlaufen, eine entschuldbare Fehlleistung darstellen. Dies müsse umso mehr für geeignete, pflichtbewusste und sorgfältige Mitarbeiter gelten. Weiters wurde ausgeführt, dass XXXX . Die überwiegende Anzahl der Schriftstücke der Behörde würde von XXXX ohne erforderliche Genehmigung durch den Bezirkshauptmann eigenständig unterschrieben und sowohl digital als auch per Post versendet werden. Schriftstücke die XXXX verfasst und vom Bezirkshauptmann digital genehmigt und ebenfalls digital versendet würden, stellten einen "Ausnahmefall" und definitiv keine "Kanzleiroutine" dar. Im konkreten Fall sei das Schriftstück vorab manuell unterfertigt und in der Folge digital genehmigt worden. Die Beschwerde hätte dann über das elektronische Aktenverwaltungssystem der XXXX Landesverwaltung eingebracht werden sollen. Eine digitale Erledigung durch Genehmigung des Bezirkshauptmannes sei XXXX keinesfalls üblich und fehle ihnen die diesbezügliche Erfahrung. Daher habe die zuständige Leiterin die Sekretärin um Mithilfe bei den digitalen Einstellungen gebeten. Das Dokument müsse von der zuständigen Mitarbeiterin erst digital abgezeichnet und dann an den Bezirkshauptmann zur digitalen Genehmigung versendet werden. Üblicherweise würden die Dokumente dann in der Folge zur "Reinschrift und Abfertigung" ins durchgehend besetzte Sekretariat gelangen. Dort werde abgefertigt und unmittelbar versendet. Fallgegenständlich habe die Sekretärin die Einstellungen direkt am Computer der Leiterin vorgenommen. Die Sekretärin/Mitarbeiterin habe deswegen den Arbeitsschritt "Reinschrift und Abfertigung" der "Leiterin selbst zugeschrieben", was aber von dieser nicht vorgenommen wurde. Die Abzeichnung durch die Leiterin und die Genehmigung durch den Bezirkshauptmann seien bereits am 16.03.2018 erfolgt, somit sei die digitale Unterfertigung bereits vier Tage vor Fristablauf erfolgt. Die Leiterin habe nicht damit gerechnet, dass sich ein fristgebundenes Poststück im digitalen Postkorb befinde, zumal es keine Routinehandlung darstelle, dass die Einstellungen von der Sekretärin vorgenommen werden und ist die Leiterin davon ausgegangen, dass der Vorgang mit der Abzeichnung abgeschlossen sei und die Abfertigung wie üblich automatisch erfolge. Ein als auffallende Sorglosigkeit zu wertendes Organisationsverschulden liege daher nicht vor. Zu den Ausführungen der Behörde zur Bestellung eines Stellvertreters sei angemerkt, dass ein solcher existiere und auch anwesend gewesen sei, jedoch könne das digitale Postfach einer anderen Person nicht eingesehen werden. Dringend abzufertigende Poststücke würden sich dort in der Regel auch nicht befinden. Die Leiterin sei am Tag vor der Genehmigung Einsatzleiterin einer XXXX gewesen, die bis in die Nacht gedauert habe. Daher wären am Freitag zahlreiche andere Arbeiten zu erledigen gewesen. Mit einem Schriftstück im digitalen Postkorb habe sie weder gerechnet noch letzteren am Freitagnachmittag eingesehen. Die Fristversäumung sei nicht vorhersehbar und unabwendbar gewesen. Die zuständige Leiterin habe noch nie eine Frist verpasst. Der ihr unterlaufene Fehler könne gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter I. festgestellten Verfahrensgang und Sachverhalt ausgegangen. Fest steht somit, dass die vierwöchige Rechtsmittelfrist gegen den Bescheid vom 16.02.2018, zugestellt am 20.02.2018 per E-Mail an das Behördenpostfach, mit Ablauf des 20.03.2018 endete. Eingebracht bei der Datenschutzbehörde wurde die Beschwerde jedoch erst am darauffolgenden Tag, am 21.03.2018.
Grundsätzlich wird die überwiegende Anzahl der Schriftstücke der Behörde und Beschwerdeführerin XXXX ohne erforderliche Genehmigung durch den Bezirkshauptmann eigenständig unterschrieben und sowohl digital als auch per Post versendet. Im konkreten Fall war jedoch für die Einbringung einer Beschwerde die Genehmigung des Bezirkshauptmannes einzuholen. Die Abzeichnung durch die Leiterin und die Genehmigung durch den Bezirkshauptmann erfolgten am 16.03.2018. Die Leiterin bat - da eine digitale Erledigung durch Genehmigung durch den Bezirkshauptmann für sie nicht keinen Routinefall darstellte - die Sekretärin um Mithilfe bei den digitalen Einstellungen. Die Sekretärin nahm die Einstellungen direkt am Computer der Leiterin vor. Nur die Leiterin konnte in der Folge das Schriftstück (Beschwerde) abfertigen, da niemand anderer, auch nicht ihr Stellvertreter, Zugriff darauf hatte. Die Abfertigung unterblieb, weil die Leiterin davon ausging, dass - wie sonst üblich - die Kanzlei das Dokument abfertigen würde. Die Leiterin nahm keine Einsicht mehr in ihr Postfach. Auch eine Kontrolle, ob eine Abfertigung durch die Kanzlei erfolgt, unterblieb.
2. Beweiswürdigung:
Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid in Zusammenschau mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, insbesondere aus der von ihr erstatteten Stellungnahme und den Ausführungen in der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin legte die Verfahrensabläufe, im Allgemeinen sowie in der speziellen Situation, umfassend dar. Die Abläufe wurden logisch stringent geschildert und stellen sich als nachvollziehbar dar. Das von der Beschwerdeführerin erstattete Vorbringen steht mit der E-Mail-Korrespondenz in Einklang und es decken sich die zeitlichen Angaben. Der Verfahrenshergang, nämlich die Fristversäumung sowie die einzelnen behördeninternen Schritte, sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 27 Datenschutzgesetz (DSG) idgF (welcher im Wesentlichen dem bis 24.05.2018 in Geltung gestandenen § 39 DSG 2000 entspricht) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde durch Senat. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
(2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.
3.3. Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.3.1. Werden Fristen im behördlichen Verfahren versäumt, kommt § 71 AVG zur Anwendung. Mit einem Wiedereinsetzungsantrag nach § 33 VwGVG kann nur die Versäumung von verfahrensrechtlichen Fristen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beseitigt werden (vgl. Eder/Martin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, Kommentar, S. 271, K2;).
§ 71 AVG lautet:
"§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.
(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.
(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.
(5) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.
(6) Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(7) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Behörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist oder die Verlegung der versäumten Verhandlung zu bewilligen."
3.3.2. Daraus ergibt sich für das gegenständliche Verfahren Folgendes:
Die Beschwerdeführerin bringt gemäß Abs. 1 Z 1 leg.cit. vor, dass sie durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde gehindert gewesen war. Sie treffe nur ein minderer Grad des Versehens.
Laut Rechtsprechung des VwGH ist ein Ereignis dann unabwendbar, wenn es durch einen Durchschnittmenschen nicht objektiv verhindert werden konnte. Es ist als unvorhergesehen zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und deren Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte (VwGH 17.02.1994, 93/16/0020).
Festzuhalten ist, dass die Büroorganisation von Gebietskörperschaften in gleicher Weise wie eine Rechtsanwaltskanzlei dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation entsprechen muss. Dazu gehört insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten infolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind (Hinweis E 26. Juni 1996, 95/16/0307; B 19. August 1997, 97/16/0037).
Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH vom 18.09.1990, Zl. 90/05/0136), wobei bei der Beschwerdeführerin ihre berufliche Rechtskundigkeit als Behörde besonders ins Gewicht fällt und daher ein strengerer Maßstab als bei rechtsunkundigen, bisher noch nie an behördlichen Verfahren beteiligten Personen, anzulegen ist (VwGH vom 11.06.2008, Zl. 2003/10/0114).
Die Vormerkung behördlicher Fristen, insbesondere von Rechtsmittelfristen, setzt ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit von jedem Betroffenen voraus, dessen Außerachtlassung - liegen nicht besondere Umstände vor - bereits ein erhebliches Maß des Verschuldens voraussetzt (vgl. VwGH vom 17.11.1994, Zl 94/09/0218).
Solche besonderen Umstände sind hier allerdings nicht erkennbar: Die Beschwerdeführerin stützt sich in ihrer Stellungnahme sowie in ihrem Wiedereinsetzungsantrag auf ein Judikat des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.04.2001, Zl. 2001/03/0080, in dem es nicht als auffallende Sorglosigkeit des rechtskundigen Parteienvertreters gewertet wurde, dass er ein unterfertigtes und fristgebundenes Poststück in seinem Zimmer liegen gelassen habe, zumal es zur "Kanzleiroutine" gehörte, dass die Post regelmäßig von einem Mitarbeiter von dieser Stelle abgeholt und die weitere Vorgehensweise veranlasst wurde. Mit dem Verweis auf dieses Judikat ist jedoch für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen. Die Beschwerdeführerin führt gerade selbst an, dass es sich bei dem fallgegenständlichen Prozedere ausgerechnet nicht um eine routinemäßige Arbeit gehandelt habe, sondern die vorangegangene Einholung der Genehmigung durch den Bezirkshauptmann im digitalen Weg einen "Ausnahmefall" und "definitiv keine Kanzleiroutine" dargestellt habe, die "keinesfalls üblich" gewesen sei, weshalb "die diesbezügliche Erfahrung fehle". Damit unterscheidet sich der Sachverhalt wesentlich von dem von der Beschwerdeführerin genannten Judikat. Gerade weil es sich bei der gegenständlichen Einholung der Genehmigung durch den Bezirkshauptmann um einen nicht routinemäßigen Ablauf gehandelt hat, wäre die Leiterin gehalten gewesen, nicht bedingungslos darauf zu vertrauen, dass die Kanzleikraft die Beschwerde - wie sonst auch - schon abfertigen werde, sondern hätte ihre Kontrollpflicht (besonders) sorgfältig wahrnehmen müssen. Auf dem Boden dieser besonderen Sorgfaltspflicht wäre - durch Einrichtung eines lückenlosen Kontrollsystems - dafür Sorge zu tragen gewesen, dass auch die fristgerechte Abfertigung des fristgebundenen Schriftsatzes erfolgt (VwGH. Vom 18.09.2013, Zl. 2013/03/0094).
Erschwerend kommt hinzu, dass die Leiterin die Sekretärin zuvor um Mithilfe bei den digitalen Einstellungen bitten musste. Dass sie dennoch nicht mehr in ihrem digitalen Postfach, in das nach Ausführungen der Behörde selbst auch nur die Betreffende (hier: Leiterin) Einsicht nehmen kann, Nachschau gehalten hat, ob das Poststück nach Genehmigung durch den Bezirkshauptmann tatsächlich abgefertigt wurde/wird, stellt somit keinen bloß minderen Grad des Versehens dar. Mit Beschluss des VwGH vom 21.2.2017, Ra 2016/12/0026, wurde etwa ausgeführt, dass sich derjenige, der sich für fristgebundene Eingaben des E-Mails bedient, zu vergewissern hat, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde. Wird eine solche Kontrolle nicht vorgenommen, so kann im Rahmen eines Wiedereinsetzungsverfahrens nicht mehr von einem minderen Grad des Versehens die Rede sein. Diese Sorgfalt und die Pflicht, sich zu vergewissern, ob eine Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde, besteht nicht nur im Verkehr zwischen der Partei und der Behörde, sondern auch im Verkehr der Partei mit ihrem Rechtsvertreter. Nichts Anderes kann für den der Übertragung vorangehenden Schritt der Abfertigung gelten. Die Leiterin der zuständigen Abteilung der Beschwerdeführerin hätte, insbesondere als sie zuvor die Hilfe einer Kanzleikraft für die Computereinstellungen (offenbar an ihrem eigenen Gerät und nicht in der Kanzlei) in Anspruch nahm und der Ablauf eben nicht dem regelmäßig praktizierten entsprach, kontrollieren müssen, ob das fristgebundene Schriftstück auch wirklich zur Abfertigung gelangte. Die Beschwerdeführerin darf sich im vorliegenden Fall nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass es sich bei der Leiterin - dies wird nicht angezweifelt - grundsätzlich um eine pflichtbewusste, verlässliche Person handelt (vgl. hierzu etwa VwGH vom 16.09.1999, Zl. 99/07/0124) und sie sich auf den kanzleitechnischen Vorgang der Abfertigung schlichtweg verlassen hat, weil ausgerechnet in einer Konstellation wie der vorliegenden, in der von der üblichen/regulären und sonst regelmäßig praktizierten Vorgehensweise abgewichen wird, keinerlei Maßnahmen zur Kontrolle - noch nicht einmal bloße Einsichtnahme in den digitalen Postkorb - ergriffen wurden.
Nach dem Gesagten hätte die Beschwerdeführerin, entsprechend der Rechtsprechung des VwGH, bereits im Wiedereinsetzungsantrag Art und Intensität der ausgeübten Kontrolle dartun müssen (vgl hierzu VwGH vom 09.03.1995, Zl. 94/18/0921). Dem kam sie jedoch nicht nach. Vielmehr räumte sie ein, dass eine solche Kontrolle gerade nicht stattgefunden hat, weil die Leiterin (wegen [zeit-]intensiven XXXX ) überlastet gewesen sei und sie ihr digitales Postfach am Freitag-Nachmittag (16.03.2018) nach Genehmigung durch den Bezirkshauptmann überhaupt nicht mehr eingesehen hat. Auch der von der Beschwerdeführerin behauptete Umstand, dass ein Stellvertreter existent und zum relevanten Zeitpunkt anwesend gewesen sei, vermag ihr keine bessere Position zu verschaffen, zumal die Beschwerdeführerin selbst ausführte, dass nur die Leiterin selbst in ihren digitalen Postkorb noch Einsicht hätte nehmen können. Umso eher wäre sie gehalten gewesen, zu überprüfen, ob sich die Beschwerde bereits in der Kanzlei zwecks Abfertigung befindet oder aber, wie geschehen, im digitalen Postfach liegen geblieben ist.
Aus dem Hinweis der Beschwerdeführerin, dass sowohl Leiterin als auch Bezirkshauptmann die Beschwerde bereits am 16.03.2018 unterfertigt hätten, kann im Übrigen auch geschlossen werden, dass die Beschwerde unbemerkt tagelang im digitalen Postkorb liegengelassen wurde, was wiederum eine der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegenstehende Sorglosigkeit darstellt.
Auch der Einwand, dass der Stellvertreter das digitale Postfach der Leiterin nicht einsehen konnte, geht ins Leere, da die Beschwerdeführerin dafür Sorge tragen hätte müssen, dass die Stellvertretung (gerade im Fall plötzlicher Verhinderungen) vollumfänglich wahrgenommen werden kann.
Davon abgesehen müsste aufgrund der erhöhten Sorgfaltspflichten, die eine Behörde treffen, die Beschwerdeführerin für den Fall der Genehmigung durch den Bezirkshauptmann und digitaler Abfertigung ein klar strukturierter interner Prozess vorhanden sein, selbst wenn dieser Prozess nicht zur routineartigen Abarbeitung von Schriftstücken zählt.
Es ist somit von einem Organisationsverschulden auszugehen, welches auf einer den minderen Grad des Versehens übersteigenden Sorgfaltslosigkeit beruht. Soweit sich die Behörde in ihren Angaben darauf stützt, dass auf Grund der spontan durchgeführten, intensiven XXXX die zuständige Leiterin zeitlich und örtlich intensiv gebunden gewesen sei und damit auf die Überlastung derselben hinweist, ist der belangten Behörde beizupflichten, wonach berufliche Überlastung eine auffallende, der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegenstehende Sorglosigkeit (vgl. VwGH vom 25.07.2003, Zl. 2002/02/0132) darstellt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.3.3. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines (hier nicht gestellten) Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (vielfach zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Beschwerdefrist, Bezirkshauptmannschaft, Genehmigung, Kontrolle,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W214.2193670.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.01.2019