TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/23 W209 2200054-1

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Veröffentlicht am 23.10.2018
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Entscheidungsdatum

23.10.2018

Norm

AuslBG §12b
AVG §13 Abs8
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W209 2199990-1/8E; W209 2200054-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Benjamin NADLINGER und Philipp KUHLMANN als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , XXXX , XXXX , und der XXXX Ges.m.b.H., beide vertreten durch Mag. Hubert WAGNER, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Wattmanngasse 8/5, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien

Esteplatz vom 08.01.2018, GZ: 08114/GF: 3893294, betreffend Abweisung des Antrages der XXXX auf Zulassung zu einer Beschäftigung als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG nach

Beschwerdevorentscheidung vom 02.05.2018, GZ: 08114/3893294, zu

Recht erkannt:

A)

Die Beschwerdevorentscheidung vom 02.05.2018 wird mangels Zuständigkeit der erlassenden Behörde infolge Zurückziehung des der Entscheidung zugrundeliegenden Antrages ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (im Folgenden die Erstbeschwerdeführerin), eine am XXXX geborene iranische Staatsangehörige, stellte am 03.10.2017 beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, einen Antrag auf eine Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG). Der Arbeitgebererklärung zufolge beabsichtigte die XXXX Ges.m.b.H (im Folgenden die Zweitbeschwerdeführerin) die Erstbeschwerdeführerin als Angestellte unbefristet für 40 Wochenstunden mit einer Entlohnung von monatlich € 3.000,-- brutto zu beschäftigen.

2. Mit Bescheid vom 08.01.2018 wies die belangte Behörde (im Folgenden AMS) den Antrag mit der Begründung ab, dass die Erstbeschwerdeführerin mit einem Geschäftsanteil von 25% an der Zweitbeschwerdeführerin beteiligt sei und gemeinsam mit einem zweiten Geschäftsführer als selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin der Gesellschaft fungiere. Da sie somit innerhalb der Gesellschaft eine selbständige Tätigkeit ausübe bzw. ausüben werde, liege keine unselbständige Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vor.

3. In der dagegen seitens ihres ausgewiesenen Rechtsvertreters erhobenen Beschwerde macht sowohl die Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin geltend, dass die Erstbeschwerdeführerin derzeit noch 30 % der Geschäftsanteile der Zweitbeschwerdeführerin besitze, aber beabsichtigt sei, einen Teil der Geschäftsanteile an einen anderen Gesellschafter abzutreten. Derzeit befänden sich beide Gesellschafter in Teheran, weswegen die Abtretung erst nächste Woche per Notariatsakt erfolgen werde. In Ergänzung der Beschwerde wurde am 27.02.2018 ein Abtretungsvertrag übermittelt, wonach die Beschwerdeführerin nunmehr nur mehr Besitz von 20 % der Geschäftsanteile der Zweitbeschwerdeführerin sei.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 02.05.2018 wies das AMS die Beschwerde ab und begründete dies damit, dass die Erstbeschwerdeführerin laut Eintrag im Firmenbuch seit 28.06.2017 die Gesellschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin vertrete. Wenn dies im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erfolgt sei, hätte es hierfür einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung bedurft. Soweit sie die Tätigkeit in selbstständiger Stellung ausgeübt habe, hätte sie hierfür einer Rot-Weiß-Rot Karte für selbstständige Schlüsselkräfte bedurft. Die Beschwerdeführerin habe jedoch zuletzt lediglich über eine Aufenthaltsberechtigung - Studierende verfügt. Auch der Mehrheitsgesellschafter der Zweitbeschwerdeführerin hätte eine Rot-Weiß-Rot Karte für selbstständige Schlüsselkräfte benötigt, über die er nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht verfügt habe. Zudem sei er auch nicht zur Sozialversicherung nach dem GSVG gemeldet gewesen. Im Hinblick auf die aufgezeigten Umstände sei daher nicht gewährleistet, dass die Zweitbeschwerdeführerin die Arbeitsbedingungen sowie die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhalten werde, weswegen § 4 Abs. 1 Z 2 AuslBG der Zulassung zwingend entgegenstehe.

5. In ihrem rechtzeitig erstatteten Vorlageantrag bringen die Beschwerdeführer vor, dass die Gesellschaft noch keine betriebliche Tätigkeit entfalten habe, weshalb die Unterstellung einer Unzuverlässigkeit in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht unhaltbar sei.

6. Am 04.07.2018 einlangend legte das AMS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

7. Mit E-Mail vom 05.10.2018 teilte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer mit, dass der Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft in einen Antrag auf Rot-Weiß-Rot-Karte als Studienabsolvent(in) abgeändert worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem unter Punkt I. dargestellten Verfahrensgang.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang steht aufgrund der Aktenlage als unstrittig fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Nach § 13 Abs. 8 AVG ist es zulässig, einen verfahrenseinleitenden Antrag in jedem Stadium des Verfahrens zu ändern, sofern diese Änderung nicht wesentlich ist.

Gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 13 Abs. 8 AVG sind im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht Modifikationen eines Antrages aber nur so weit möglich, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruchs des verwaltungsbehördlichen Bescheids dargestellt hat, ausgewechselt wird (VwGH 12.12.2017, Ra 2016/05/0068).

Mit beschwerdegegenständlicher Beschwerdevorentscheidung wurde die Zulassung der Erstbeschwerdeführerin zu einer Beschäftigung als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG gemäß § 20d Abs. 1 letzter Satz AuslBG versagt. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wurde sodann der Antrag auf Zulassung als sonstige Schlüsselkraft in einen Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot Karte als Studienabsolventin gemäß § 12b Z 2 AuslBG modifiziert. Damit wurde der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruchs des verwaltungsbehördlichen Bescheides dargestellt hat (Versagung der Zulassung als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG), ausgewechselt, weswegen im Lichte der oben angeführten Judikatur von einer wesentlichen Änderung des Anbringens auszugehen ist.

Liegt eine wesentliche Änderung vor, ist dies als Zurückziehung des ursprünglichen Anbringens und Stellung eines neuen Anbringens zu qualifizieren (VwGH 16.02.2017, Ra 2014/04/0037).

Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Falle des Wegfalls des Antrages der darüber ergangene Bescheid mangels Zuständigkeit der den Bescheid erlassenden Behörde ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 25.10.2017, Ra 2017/07/0073).

Somit war auszusprechen, dass die Beschwerdevorentscheidung, die den Ausgangsbescheid endgültig ersetzt hat, mangels Zuständigkeit der erlassenden Behörde ersatzlos behoben wird.

Bei diesem Ergebnis konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Entscheidung folgt in der entscheidungswesentlichen Frage, ob eine wesentliche Änderung des Anbringens iSd § 13 Abs. 8 AVG vorliegt, der in den rechtlichen Erwägungen angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Antragszurückziehung, Behebung der Entscheidung, Unzuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W209.2200054.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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