TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/15 99/04/0118

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Veröffentlicht am 15.09.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs5;
ZustG §17 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der U OEG in M, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 1. März 1999, Zl. IIa-53.027/2-98, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren wegen Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid vom 1. März 1999 wies der Landeshauptmann von Tirol die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 6. November 1997, mit welcher ihr eine näher bezeichnete Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 7 und § 91 Abs. 2 GewO 1994 entzogen wurde, als verspätet zurück. Der Landeshauptmann ging dabei in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, der erstbehördliche Bescheid sei der Beschwerdeführerin am 10. November 1997 zugestellt worden. Im amtlichen Zustellnachweis (Rückschein) sei dieses Datum als erster Tag der Abholfrist vom zustellenden Postorgan schriftlich vermerkt worden. Der Hinterlegung beim Postamt komme die Wirkung der Zustellung zu, da die "versuchte Zustellung" am selben Tag (10. November 1997) erstmalig zur Abholung bereitgehalten worden sei und dieser Tag als Tag der Zustellung gelte. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer eidesstättigen Erklärung angegeben, sie sei im Zeitraum vom 11. November 1997 bis 1. Dezember 1997 ortsabwesend gewesen, da sie Arbeiten an einer Baustelle in Deutschland verrichtet habe. Es liege daher kein Zustellmangel vor, da die Beschwerdeführerin am 10. November 1997 ortsanwesend und daher die neuerliche Zustellung des Bescheides vom 20. April 1998 nicht erforderlich gewesen sei. Die Erstbehörde habe sich somit in Bezug auf das Vorliegen eines Zustellmangels geirrt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem subjektiven Recht auf Aufrechterhaltung der Gewerbeberechtigung bzw. Nichtentziehung ihrer Gewerbeberechtigung nach Abschluss eines Zwangsausgleiches sowie im Recht auf rechtliches Gehör, im subjektiven Recht auf materiell-rechtliche Erledigung einer Berufung bei Vorliegen der formellen Voraussetzungen, im subjektiven Recht auf Zustellung von Bescheiden unter Einhaltung der Vorschriften des Zustellgesetzes und im subjektiven Recht auf Beachtung der Rechtskraftwirkung verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde leite ihre Feststellung, die Beschwerdeführerin sei am 10. November 1997 an der Abgabestelle anwesend gewesen, aus den eidesstättigen Erklärungen der Gesellschafter der Beschwerdeführerin ab, wonach diese "jedenfalls vom 11.11.1997 bis 1.12.1997" abwesend gewesen seien. Die belangte Behörde übersehe dabei, dass die Gesellschafter an Eides statt erklärt hätten, "jedenfalls" in diesem Kernbereich ortsabwesend gewesen zu sein und darüber hinaus aber immer behauptet worden sei, zur fraglichen Zeit insgesamt in Deutschland gewesen zu sein. Dies habe auch der Masseverwalter der Behörde gegenüber erklärt, der ausgeführt habe, im gesamten Monat November 1997 seien Arbeiten von den beiden Gesellschaftern in Deutschland zu verrichten gewesen und es habe nur dadurch der Zwangsausgleich finanziert werden können. Die belangte Behörde versteife sich zu Unrecht auf die Angaben in den eidesstättigen Erklärungen. Sie hätte berücksichtigen müssen, dass in Zeiten des Konkurses, in denen ausländische Baustellen über Geheiß des Masseverwalters zu betreuen seien, sämtliche buchhalterische Unterlagen an den Masseverwalter auszufolgen gewesen seien, es nicht immer leicht sei, genauestens zu rekonstruieren, wer von wann bis wann wo gewesen sei. Die eidesstättigen Erklärungen seien so formuliert worden, weil jedenfalls auf Grund noch vorhandener Unterlagen sicher gewesen sei, dass die Gesellschafter im dort genannten Zeitraum jedenfalls ortsabwesend gewesen seien. Aber auch ausgehend von der Feststellung der belangten Behörde, dass die Gesellschafter jedenfalls vom 11. November 1997 an ortsabwesend gewesen seien, sei die Zulässigkeit der Hinterlegung des gegenständlichen erstinstanzlichen Bescheides durch die Post nicht mehr vorgelegen, da der Briefträger jedenfalls nicht habe davon ausgehen dürfen, einer der Gesellschafter sei an der Abgabestelle anwesend. Nach der Bestätigung des Masseverwalters seien die Gesellschafter von Anfang November 1997 bis Ende Dezember 1997 in Düsseldorf gewesen. Darüber hinaus habe die Berufungsbehörde übersehen, dass die Behörde erster Instanz bereits rechtskräftig entschieden habe, dass die Voraussetzungen für eine neuerliche Zustellung vorlägen. An diese Ansicht sei die Berufungsbehörde gebunden. Mag der Bescheid vom 20. April 1998 zwar auch keinen ausdrücklichen Spruch betreffend die Statthaftigkeit des Zustellungsantrages enthalten, sei der Bescheidbegründung jedoch dieser normative Inhalt zu entnehmen, sodass auch ohne Vorliegen eines ausdrücklichen Spruches von einem der Rechtskraft fähigen Bescheid betreffend die Statthaftigkeit des Zustellantrages auszugehen sei.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die in Rede stehende Berufung als verspätet anzusehen ist, wenn die Zustellung des erstbehördlichen Bescheides am 10. November 1997 rechtswirksam erfolgte, sie meint aber zunächst, diese Frage sei von der belangten Behörde nicht mehr zu prüfen gewesen, weil über die Rechtzeitigkeit der Berufung bereits ein sie bindender, in Rechtskraft erwachsener Bescheid der Erstbehörde vom 20. April 1998 ergangen sei. Mit diesem Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG als unbegründet abgelehnt. In der Begründung dieses Bescheides wird nach Darlegung der Gründe, aus denen der fragliche Antrag abgelehnt wurde, Folgendes ausgeführt:

"Da oben festgestellt wurde, dass ein Zustellmangel vorliegt, d. h. dass der ha. Entzugsbescheid der Gewerbeberechtigung zufolge der Abwesenheit der Geschäftsführer und der Gewerbeinhaberin nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde, wird dieser Bescheid vom 6.11.1997, Zl. 2-G-8265/15, dem Parteienvertreter neuerlich zugestellt. Außerdem wird die ha. Löschungsverständigung vom 15.12.1997 widerrufen."

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, mit diesem Bescheid sei in einer der Rechtskraft fähigen Weise über die Frage der Wirksamkeit der Zustellung des erstbehördlichen Bescheides am 10. November 1997 abgesprochen worden, nicht anzuschließen, weil diesem Bescheid ein Bescheidwille der ihn erlassenden Behörde, über diese Frage in einer der Rechtskraft fähigen Weise abzusprechen, nicht entnommen werden kann. Nicht nur, dass der Spruch dieses Bescheides dieses Thema nicht berührt, enthält der fragliche Absatz der Begründung dieses Bescheides lediglich eine Ankündigung über die beabsichtigte Vorgangsweise der Behörde. Es handelt sich dabei keineswegs um eine zur Auslegung des Bescheidspruches heranzuziehende tragende Begründung, sodass auf die grundsätzliche Frage, inwieweit die Rechtskraft eines Bescheides auch derartige Begründungselemente zu umfassen vermag, nicht weiter einzugehen ist.

Mit ihren Beschwerdeausführungen bekämpft die Beschwerdeführerin ferner die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Dieser liegt einerseits eine Bestätigung des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der Beschwerdeführerin vom 28. Jänner 1998 zugrunde, aus der sich ergibt, dass ein bestimmter Betrag aus einer Betriebsfortführung an einer Baustelle in Düsseldorf habe erzielt werden können. Diese Arbeiten, die in Düsseldorf durchgeführt worden seien, "erfolgten vornehmlich in der Zeit von Anfang November bis Ende Dezember 1997". Da selbstverständlich die Betriebsführung nur durch den Arbeitseinsatz der Gebrüder Th. und Z. U. möglich gewesen sei, sei die Gegebenheit so gewesen, dass in dieser Zeit, also von Anfang November bis zur Prüfungstagsatzung diese Gebrüder während der Arbeitszeit und Arbeitswoche sich in Düsseldorf hätten aufhalten müssen, um die Baustelle abzuschließen bzw. die Arbeiten durchzuführen. Darüber hinaus lagen der belangten Behörde gleich lautende eidesstättige Erklärungen dieser Gebrüder vor, in denen sie erklären, "jedenfalls im Zeitraum vom 11.11.1997 bis zum 1.12.1997 ortsabwesend" gewesen zu sein, da sie Arbeiten auf der Baustelle der I AG in Düsseldorf verrichtet hätten. Sie seien in diesem Zeitraum in einem privaten Quartier untergebracht gewesen. Der Name des Quartiergebers sei ihnen nicht mehr erinnerlich, es seien aus steuerlichen Gründen außerdem Pauschalaufwendungen geltend gemacht worden und es lägen ihnen keine diesbezüglichen Belege mehr vor.

Bei diesem Ermittlungsergebnis vermag der Verwaltungsgerichtshof die von der belangten Behörde angestellte Beweiswürdigung nicht als rechtswidrig zu erkennen, stehen doch die eidesstättigen Erklärungen in keinem zwingenden Gegensatz zur Erklärung des Masseverwalters, da letztere in der Umschreibung des fraglichen Zeitpunktes mit "Anfang November" sehr ungenau ist und keineswegs ausgeschlossen werden kann, dass auch noch der 11. November 1997 in diesen Zeitraum fällt. Dazu kommt, dass auch in der Beschwerde eingeräumt wird, dass mit Sicherheit nur von einer Ortsabwesenheit der Gesellschafter der Beschwerdeführerin ab 11. November 1997 gesprochen werden könne, wenn auch eine frühere Abreise durchaus möglich sei.

Warum schließlich die Beschwerdeführerin meint, auch wenn ihre Gesellschafter am 10. November 1997 noch ortsanwesend gewesen seien, hätte die Zustellung durch Hinterlegung nicht erfolgen dürfen, weil "der Briefträger jedenfalls nicht davon ausgehen konnte und durfte, einer der Gesellschafter sei an der Abgabestelle anwesend", ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, weshalb darauf nicht weiter eingegangen werden kann.

Erweist sich solcherart die Feststellung der belangten Behörde, die Gesellschafter der Beschwerdeführerin seien am 10. November 1997 ortsanwesend gewesen, als frei von Rechtsirrtum, so bildet es auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde die an diesem Tag vorgenommene Zustellung des erstbehördlichen Bescheides als rechtswirksam beurteilte und davon ausgehend die erst am 12. Mai 1998 zur Post gegebene Berufung als verspätet erachtete.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999040118.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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