TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/24 W123 1428319-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.10.2018
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Entscheidungsdatum

24.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs2
AsylG 2005 §9 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W123 1428319-2/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.01.2018, Zl. 811500009-171355106, zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Paschtunen, stellte - nach schlepperunterstützter unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet - am 13.12.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Das Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt, hat mit Bescheid vom 19.07.2012, AZ: 11 15.000-BAE, die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen und ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus Afghanistan ausgewiesen wird.

3. Am 30.07.2012 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes in vollem Umfang.

4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.10.2014, Zl. W187 1428319-1/18E, wurde die Beschwerde gemäß § 3 AsylG 2005 hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich Spruchpunkt II. wurde der Beschwerde stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

5. Der Beschwerdeführer wurde am 12.12.2016 rechtskräftig vom Landesgericht Innsbruck wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels und zweier Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

6. In einem Aktenvermerk vom 05.12.2017 hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "belangte Behörde") fest, dass am 04.07.2017 ein weiterer Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung seitens des Beschwerdeführers eingebracht wurde. Da jedoch aufgrund des Urteils des Landesgerichts Innsbruck vom 12.12.2016 der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen eines Verbrechens verurteilt wurde, ist ein Aberkennungsverfahren einzuleiten.

7. Am 21.12.2017 fand die Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

"F: Haben Sie in Österreich Verwandte? Besteht in Österreich eine besondere private Bindung (ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis muss vorliegen) beziehungsweise besteht ein Familienleben in Österreich?

A: Zwei Brüder leben in Österreich. Wir wohnen zusammen. Ich bin verheiratet (traditionell). Meine Ehegattin lebt aber im Iran. Ich habe einen Sohn. Dieser wurde erst geboren und befindet sich auch im Iran. Es gibt in Österreich keine Personen, zu denen ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht. Ich habe während des Aufenthaltes in Österreich Freundschaften geschlossen.

F: Haben Sie noch Angehörige und Bekannte in Afghanistan? Besteht Kontakt zu diesen?

A: Ja (Onkel mütterlicherseits in der Provinz Paktia, Mutter). Ich habe Kontakt zum Onkel. Allerdings ist die Verbindung nach Paktia schlecht. Zur Mutter habe ich auch Kontakt.

F: Beherrschen Sie Deutsch?

A: Ich verstehe diese Sprache. Sprechen kann ich Deutsch nicht.

F: Gehen Sie oder gingen Sie in Österreich einer legalen Arbeit nach?

A: Ich arbeitete neun Monate bei der Gemeinde. Sechs Monate arbeitete ich in einer Pizzeria.

F: Haben Sie zuletzt Sozialleistungen bezogen?

A: Ja. Vom AMS.

F: (Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in Österreich:) Besuchen Sie eine Schule, eine Universität oder einen Kurs? Sie sind Mitglied in einer Organisation oder in einem Verein?

A: Ich besuchte Deutschkurse. Ich bin Mitglied im Boxverein in Innsbruck. Mein jüngerer Bruder macht das auch. Der gewann im Vorjahr den ersten Platz im Boxen.

F: Leiden Sie an schweren Erkrankungen? Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein?

A: Nein. Ich nehme aber Medikamente ein, damit ich schlafen kann.

F: Leiden Sie an psychischen Beeinträchtigungen? Stehen Sie oder standen Sie in psychologischer oder psychiatrischer Behandlung?

A: Nein.

F: Wie war Ihre wirtschaftliche Situation in Afghanistan? Wovon haben Sie gelebt?

A: Ich arbeitete mit den Amerikanern im Bereich Transport.

F: Was befürchten Sie, im Falle der Rückkehr in Afghanistan erleiden zu müssen?

A: 40 Prozent von Afghanistan gehört den Taliban."

8. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom 28.10.2014, W187 1428319-1/18E, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Die mit Bescheid vom 06.10.2015, Zl. 811500009 - 1437598, erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Ferner wurde ausgesprochen, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 9 Abs. 2 AsylG iVm § 52 Abs. 9 FPG unzulässig sei (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für eine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.). Schließlich wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 04.07.2017 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt VII.)

9. Am 20.02.2018 erhob der Beschwerdeführer - rechtzeitig - Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid in vollem Umfang. Der Beschwerdeführer sei Mitglied in einem Boxverein, sei Arbeiter und geringfügig beschäftigt gewesen und habe zwei Brüder in Österreich. Zwischen den Brüdern bestehe ein besonders gutes Verhältnis und es habe vor der Festnahme des Beschwerdeführers ein gemeinsamer Wohnsitz bestanden. Aufgrund des Aufenthaltes in der JA Innsbruck sei es für den Betroffenen nur derzeit nicht möglich, mit seinen Brüdern zusammen in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Wie von der belangten Behörde erst richtig festgehalten, würde durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens vorliegen (Seite 32/40). Widersprüchlich sei, dass die belangte Behörde dies jedoch dann auf Seite 37/40 verneine. Gegen den Betroffenen sei eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verhängt worden, obwohl festgestellt worden sei, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat unzulässig sei. Es werde daher angeregt, bezüglich der Bestimmung, ein Gesetzesprüfungsverfahren im Hinblick auf die Verfassungskonformität einzuleiten. Dabei wurde insbesondere auf die Stellungnahme zum Entwurf betreffend des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2017 von Amnesty International verwiesen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, also einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, widerspreche der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung.

10. Am 30.08.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Im Zuge dieser wurden dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers verschiedene Länderinformationen ausgehändigt (vgl. Niederschrift, Seite 6) und diesem gleichzeitig die Möglichkeit zur Stellungnahme (Frist: 14 Tage) eingeräumt. Bis dato langte keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist ein afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Paschtunen. Er wurde in der Provinz Paktia geboren, ist jedoch später nach Kabul gezogen und dort aufgewachsen. Der Beschwerdeführer ist sechs Jahre in Kabul, im Distrikt XXXX , in die Schule gegangen. Der Beschwerdeführer hat dreieinhalb Jahre als Automechaniker gearbeitet und hat darüber hinaus seinen Vater bei Transportarbeiten unterstützt. In Afghanistan lebt die Schwester und ein Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers in der Heimatprovinz (Paktia). Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat einen Sohn. Seine Frau, sein Sohn und seine Mutter leben im Iran. Der Beschwerdeführer hat zwei Brüder in Österreich, die über den Status des subsidiären Schutzes verfügen. Der Beschwerdeführer hat vor seiner Haftantretung mit seinen beiden Brüdern zusammengelebt. Der Beschwerdeführer verrichtet in der Haft Tätigkeiten und ist nicht von seinen Brüdern finanziell abhängig. Vor seinem Haftaufenthalt hat der Beschwerdeführer Sozialhilfe bezogen und Deutschkurse besucht. Im Zuge des Aberkennungsverfahrens wurden jedoch keine Deutschzertifikate vorgelegt. Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in einem Verein. Die im Iran lebende Familie des Beschwerdeführers war noch nie in Österreich.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes sowie in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen

Bescheides:

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich folgenden rechtlichen

Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid an:

Zu Spruchpunkt I.:

Gemäß § 9 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status nicht oder nicht mehr vorliegen.

Wie den oben angeführten Länderfeststellungen zu entnehmen ist, kann aufgrund der weiterhin prekären Lage in Afghanistan (Anmerkung:

anhaltende Terrorakte der Taliban-Bewegung, aber auch des Islamischen Staates; mangelnde Infrastruktur, fehlende Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft) davon ausgegangen werden kann, dass Sie im Falle der Rückkehr nach Afghanistan zumindest einer unmenschlichen Behandlung - im Sinne von Artikel 3 EMRK - ausgesetzt werden würden.

Daher würde Ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat somit eine reale Gefahr einer Verletzung von

Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen, sodass der Status des subsidiären Schutzstatus nicht schon mangels Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 8 Absatz 1 AsylG abzuerkennen war.

In diesen Fällen ist gemäß 9 Absatz 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Absatz 2 AsylG vorliegt, das heißt wenn

1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt (Z. 1),

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt (Z. 2)

3. oder der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt wurde (Z. 3). Einer rechtskräftigen Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, das den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

Wie in den Feststellungen angeführt, wurden Sie einmal vom Landesgericht Innsbruck wegen der Begehung eines Verbrechens (Anmerkung: Verbrechen des Suchtgifthandels) rechtskräftig verurteilt.

Ihnen war daher gemäß § 9 Absatz 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen.

Zu Spruchpunkt II.:

Gemäß § 9 Absatz 4 AsylG 2005 ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutz-berechtigter zu verbinden.

Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

Dieser Bestimmung entsprechend war die Behörde verpflichtet, Ihnen die noch bestehende befristete Aufenthaltsberechtigung zu entziehen.

2. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides:

3.1. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich nach Antragstellung im Dezember 2011 durchgehend im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

3.2. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG 2005 hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK umfasst auch nicht formalisierte eheähnliche Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau; bei solchen ist normalerweise das Zusammenleben der beiden Partner in einem gemeinsamen Haushalt erforderlich, es können aber auch andere Faktoren wie etwa die Dauer oder die Verbundenheit durch gemeinsame Kinder unter Beweis stellen, dass die Beziehung hinreichend konstant ist (EGMR 27.10.1994, 18535/91, Kroon and others v. The Netherlands, Z 30; EGMR 22.04.1997, 21.830/93, X,Y and Z v. United Kingdom, Z 36).

Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. Zum geschützten Privatleben gehört das Netzwerk der gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen (EGMR 09.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Latvia). So können persönliche Beziehungen, die nicht unter das Familienleben fallen, sehr wohl als "Privatleben" relevant sein.

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Nach der Rechtsprechung des EGMR hängt es von den Umständen des jeweiligen Falles ab, ob es angebracht ist, sich eher auf den Gesichtspunkt des Familienlebens zu konzentrieren als auf den des Privatlebens (EGMR 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 05.07.2005, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 59). Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:

Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, Rn. 52).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, 2007/01/0479).

3.3. Der Beschwerdeführer ist zum Aufenthalt in Österreich nur aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich. Zwar verfügt der Beschwerdeführer in Österreich über familiäre Beziehungen, da zwei Brüder (mit dem Status subsidiär Schutzberechtigte) in Österreich leben. Jedoch besteht derzeit weder eine Wohngemeinschaft zu diesen Brüdern, noch eine finanzielle Abhängigkeit (vgl. Verhandlungsschrift, Seite 5). Überdies leben die engsten Familienangehörigen des Beschwerdeführers (Mutter, Frau und ein Sohn) im Iran bzw. weitere Familienmitglieder (Schwester und ein Onkel) in Afghanistan.

Da daher im gegenständlichen Fall ein Eingriff in das Familienleben iSd. Art. 8 EMRK zu verneinen ist, bleibt noch zu prüfen, ob mit der Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingriffen wird und ob ein derartiger Eingriff gerechtfertigt ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim Bundesamt als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff aufgrund der bereits zitierten gesetzlichen Bestimmungen gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist.

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Im Erkenntnis vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/01/0479, hat der Verwaltungsgerichtshof - unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 17. März 2005, VfSlg. 17.516, und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen - darauf hingewiesen, dass auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen ist, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17. 2. 2007. 2006/01/0216). Eine lange Dauer des Asylverfahrens macht für sich allein keinesfalls von vornherein eine Ausweisung unzulässig (VwGH 2010/22/0094).

Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat-und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29. 9. 2007, B 1150/07; 12. 6. 2007, B 2126/06; VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/479; 26. 1. 20006, 2002/20/0423;

17. 12. 2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194;

Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl-und Fremdenrecht K15 ff zu § 9 BFA-VG).

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen; das Ausmaß der Integration im Aufenthaltsstaat, die sich in intensiven Bindungen zu Dritten, in der Selbsterhaltungsfähigkeit, Schul- und Berufsausbildung, in der Teilnahme am sozialen Leben und der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung; Bindung zum Heimatstaat; die strafrechtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen; Verstöße gegen das Einwanderungsrecht.

Im Fall Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich erachtete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Ausweisung einer ugandischen Asylwerberin aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK als zulässig, obwohl die Beschwerdeführerin, die erfolglos Asyl begehrt hatte, in der Zwischenzeit bereits fast 10 Jahre in Großbritannien aufhältig gewesen war: Ihrem Hinweis auf ihr zwischenzeitlich begründetes Privatleben, nämlich dass sie sich mittlerweile an einer Kirchengemeinschaft beteiligt habe, berufstätig geworden und eine Beziehung zu einem Mann entstanden sei, hielt der Gerichtshof entgegen, dass die Beschwerdeführerin keine niedergelassene Einwanderin und ihr vom belangten Staat nie ein Aufenthaltsrecht gewährt worden sei. Ihr Aufenthalt im Vereinigten Königreich während der Anhängigkeit ihrer verschiedenen Asylanträge und Menschenrechtsbeschwerden sei immer prekär gewesen, weshalb ihre Abschiebung nach Abweisung dieser Anträge durch eine behauptete Verzögerung ihrer Erledigung durch die Behörden nicht unverhältnismäßig werde (EGMR 8.4.2008, 21.878/06, NL 2008, 86, Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich).

Im Fall Omoregie u.a. gegen Norwegen, der die Ausweisung eines ehemaligen (nigerianischen) Asylwerbers betraf, erkannte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ebenfalls keine Verletzung von Art. 8 EMRK, obwohl der Beschwerdeführer während seines Asylverfahrens eine Lebensgemeinschaft mit einer norwegischen Staatsangehörigen gegründet hatte und Vater einer gemeinsamen Tochter geworden war, da sich der Beschwerdeführer, der seine Lebensgefährtin (nach Abweisung des Asylantrages) geehelicht hatte, über die Unsicherheit seines fremdenrechtlichen Aufenthaltsstatus in Norwegen bereits zu Beginn der Beziehung im Klaren sein habe müssen (EGMR 31.7.2008, 265/07, Darren Omoregie u.a. v. Norwegen). In derartigen Fällen könne die Ausweisung eines Fremden nach Ansicht des Gerichtshofes (wie er im Fall da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande hervorhob) nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen (EGMR 31.1.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande mwN).

Unter Berufung auf diese Judikatur hatte der Verfassungsgerichtshof etwa in VfSlg. 18.224/2007 keine Bedenken gegen die Ausweisung eines kosovarischen Staatsangehörigen trotz seines 11-jährigen Aufenthaltes, da sich der Aufenthalt (zunächst) auf ein für Studienzwecke beschränktes Aufenthaltsrecht gegründet hatte und vom Beschwerdeführer nach zwei Scheinehen schließlich durch offenkundig aussichtslose bzw. unzulässige Asylanträge verlängert wurde.

Keine Verletzung von Art. 8 EMRK erblickte auch der Verwaltungsgerichtshof in der Ausweisung eines ukrainischen (ehemaligen) Asylwerbers, der im Laufe seines rund sechseinhalbjährigen Aufenthaltes durch den Erwerb der deutschen Sprache, eines großen Freundeskreises sowie der Ausübung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen (sowie mit seiner Unbescholtenheit) seine Integration unter Beweis gestellt hatte, da - wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. ausführte - die integrationsbegründenden Umstände während eines Aufenthaltes erworben wurden, der "auf einem (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag" gegründet gewesen sei (VwGH 8.7.2009, 2008/21/0533; vgl. auch VwGH 22.1.2009, 2008/21/0654). Auch die Ausweisung eines unbescholtenen nigerianischen (ehemaligen) Asylwerbers, der beinahe während seines gesamten und mehr als 9-jährigen Aufenthaltes in Österreich einer legalen sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen war, über sehr gute Deutschkenntnisse verfügte und nie öffentliche Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen hatte, beanstandete der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK nicht, wobei er auch dem Argument des Beschwerdeführers, dass über seine Berufung in seinem Asylverfahren ohne sein Verschulden erst nach 7 Jahren entschieden worden war, keine entscheidende Bedeutung zugestand: Vielmehr vertrat er die Ansicht, dass der Fremde spätestens nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages - auch wenn er subjektiv berechtigte Hoffnungen auf ein positives Verfahrensende gehabt haben sollte - im Hinblick auf die negative behördliche Beurteilung des Antrages von einem nicht gesicherten Aufenthalt ausgehen habe müssen (VwGH 29.4.2010, 2010/21/0085). Keine außergewöhnlichen Umstände iSd Art. 8 EMRK, die es unzumutbar machen würden, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens auszureisen, erkannte der Verwaltungsgerichtshof auch bei der Ausweisung eines (ehemaligen) chinesischen Asylwerbers, der in den letzten sieben Jahren seines rund achteinhalb Jahre andauernden Aufenthaltes in Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen war und über eine österreichische Lebensgefährtin verfügte (VwGH 29.6.2010, 2010/18/0209; vgl. ähnlich auch VwGH 13.4.2010, 2010/18/0087). Zum selben Ergebnis gelangte der Verwaltungsgerichtshof bei der Ausweisung eines georgischen (ehemaligen) Asylwerbers, der sich schon fast 8 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hatte, über gute Deutsch-Kenntnisse verfügte und selbständig erwerbstätig war: Der Verwaltungsgerichtshof wies darauf hin, dass eine Reintegration des Beschwerdeführers (nicht zuletzt auch aufgrund seines Schulbesuchs in seiner Heimat) trotz behaupteter Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche in Georgien weder unmöglich noch unzumutbar erscheine (VwGH 6.7.2010, 2010/22/0081).

3.4. Für den gegenständlichen Fall ergibt sich unter Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers im behördlichen und gerichtlichen Verfahren Folgendes:

Der langjährige Aufenthalt des Beschwerdeführers ist unter Bedachtnahme der zuvor zitierten Judikatur nur ein Element der Interessenabwägung, dem alleine keine hervorgehobene Bedeutung zugedacht werden kann.

Der Beschwerdeführer hat sich - trotz seines langen Aufenthaltes in Österreich - nicht mit außergewöhnlichen Integrationsbemühungen hervorgetan: Der Beschwerdeführer verfügt lediglich über das ÖSD-Zertifikat A2 und ist zudem nicht Mitglied in einem Verein. Zu Lasten des Beschwerdeführers ist vor allem das strafgesetzwidrige Fehlverhalten zu berücksichtigen, dem seine Verurteilung wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zugrunde lag.

Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, stellt jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar.

Der VwGH hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556; 20.12.2012, 2011/23/0554).

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwiegen daher (auch) im Lichte dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung, insbesondere im Hinblick auf die Straffälligkeit des Beschwerdeführers, derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, und der Verhütung von Straftaten, die nur schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides:

In den Fällen des § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Diese Voraussetzungen lagen im gegenständlichen Fall vor.

4. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

5. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen

Bescheides:

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich folgenden rechtlichen

Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid an:

Zu Spruchpunkt VII.:

Gemäß § 8 Absatz 4 AsylG ist die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte über Antrag zu verlängern, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Mit Spruchpunkt I. des vorliegenden Bescheides wurde Ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 AsylG aberkannt.

Dementsprechend ist auch Ihr Verlängerungsantrag nach § 8 Absatz 4 AsylG 2005 mangels Vorliegen der Voraussetzungen für die Verlängerung abzuweisen.

Unbeschadet dessen kommt Ihnen bis zur Rechtskraft der Entscheidung weiterhin ein Aufenthaltsrecht im Sinne des § 8 Absatz 4 AsylG 2005 zu.

6. Zur Anregung in der Beschwerde:

Das Bundesverwaltungsgericht sieht keinen Anlass, lediglich aufgrund einer Stellungnahme von Amnesty International zum (damaligen) Entwurf des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2017 ein Gesetzesprüfungsverfahren ("in Hinblick auf die Verfassungskonformität") einzuleiten, da sich die einzelnen Spruchpunkte im angefochtenen Bescheid klar und eindeutig aus dem Wortlaut der entsprechenden Bestimmungen (insbesondere AsylG 2005 und FPG 2005) ergeben.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten,
Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 2, Interessenabwägung, öffentliches
Interesse, Rückkehrentscheidung, strafrechtliche Verurteilung,
Suchtgifthandel, Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W123.1428319.2.00

Zuletzt aktualisiert am

07.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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