Entscheidungsdatum
24.10.2018Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W225 2162041-2/3Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Barbara WEIß LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , alias XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.09.2018, Zl. XXXX , beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 17 BFA-Verfahrensgesetz idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 20.06.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass es in seiner Heimatprovinz Baghlan in letzter Zeit verstärkt zu Unruhen kam. Aufgrund der Auseinandersetzungen zwischen Taliban und der Regierung herrschten dort bürgerkriegsähnliche Zustände. Dieser Antrag wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.04.2018 zu W123 2162041-1/9E rechtskräftig abgewiesen.
I.2. Am 04.07.2018 wurde der BF von der Schweiz nach Österreich rücküberstellt.
I.3. Am selben Tag stellte der BF einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er ebenfalls am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Niederösterreich niederschriftlich erstbefragt. Befragt, warum er einen neuerlichen Asylantrag stelle, gab er an, dass sich seine Asylgründe nicht geändert hätten und seine Gefährdungslage unverändert geblieben sei.
I.4. Am 24.08.2018 wurde der BF von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Befragt, ob sich an den Ausreisegründen etwas geändert habe, gab der BF an, dass sich die Sicherheitslage in der Provinz Baghlan verschlechtert habe. Die Taliban hätten noch mehr Macht gewonnen. Zwei Onkel des BF hätten sich den Taliban angeschlossen, sodass die Behörden den Bruder des BF für ca. acht Monate eingesperrt hätten. Darüber hinaus hätten die Taliban einen weiteren Onkel des BF, der sich ihnen nicht angeschlossen habe, getötet.
I.5. Mit Bescheid vom 30.09.2018, Zl. XXXX , dem BF am 03.10.2018 übergeben, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist, (Spruchpunkt V.). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).
Es sei weder in der maßgeblichen Sachlage noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten.
I.6. Mit Verfahrensanordnung vom 03.10.2018 wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
I.7. Mit Schreiben vom 15.10.2018 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung Beschwerde in vollem Umfang gegen den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Es wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen; eine mündliche Verhandlung durchzuführen; Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids zu beheben und die Sache an das Bundesamt zurückzuverweisen; Spruchpunkt IV. bis VI. des Bescheids ersatzlos zu beheben bzw. in eventu dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung gegen den BF für die Dauer unzulässig erklärt werde und dem BF ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt werde.
Begründend wird in der Beschwerde u.a. ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall nova producta vorliegen würden, die erst nach Erlassen des Erkenntisses des Bundesverwaltungsgerichts, mit welchem der Antrag auf internationalen Schutz in letzter Instanz rechtskräftig abgewiesen wurde, entstanden seien.
I.8. Am 23.10.2018 langte die gegenständliche Beschwerde samt dem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein, deren Einlangen mit Mitteilung gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG bestätigt worden ist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchpunkt A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 17 Absatz 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und
1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder
2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht
binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 17 Absatz 2 BFA-VG hat über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
Gemäß § 17 Absatz 3 BFA-VG ist, bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, auch auf die unionsrechtlichen Grundsätze der Art. 19 Abs. 2 und 20 Abs. 1 lit. e der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Unionsrechtes Bedacht zu nehmen.
Gemäß § 17 Absatz 4 BFA-VG steht ein Ablauf der Frist nach Abs. 1 der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
Im vorliegenden Fall kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers eine reale Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG entfallen.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W225.2162041.2.00Zuletzt aktualisiert am
04.01.2019