Entscheidungsdatum
24.10.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W159 2203019-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2018, Zahl: 1199627506/ 180680260, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.08.2018, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran zuerkannt.
III. Gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 24.10.2019 erteilt.
IV. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchteile III. und IV. stattgegeben und diese ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Mutter der Beschwerdeführerin, eine iranische Staatsangehörige, gelangte am spätestens am 23.06.2017 nach Österreich und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem sie am folgenden Tag einer Erstbefragung durch die Polizei unterzogen wurde.
Am XXXX wurde die Beschwerdeführerin in Österreich geboren. Am 19.07.2018 stellte sie (gesetzlich vertreten durch ihre Mutter) gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit dem bekämpften und im Spruch bezeichneten Bescheid wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab, erteilte einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht, erließ gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt III.) und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführerin mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.).
Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde.
Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 28.08.2018 an, zu der sich die belangte Behörde entschuldigen ließ. Der Vater und die Mutter der Beschwerdeführerin erschienen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin wurde am XXXX geboren und stellte (gesetzlich vertreten durch seine Mutter) am 19.07.2018 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen wies das BFA vollinhaltlich ab. Die Beschwerde der Mutter der Beschwerdeführerin gegen den sie betreffenden Bescheid des BFA wird mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zahl W159 2192699-1, hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt A I.), ihr gem. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran zuerkannt (Spruchpunkt A II.) und ihr gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 24.10.2019 erteilt (Spruchpunkt A III.).
Nicht erkannt werden kann eine konkrete Verfolgung der Beschwerdeführerin aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung im Iran.
Die Beschwerdeführerin lebt mit ihrer Mutter und ihrem Vater im Familienverband.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zahl W159 2192699-1, auf dessen beweiswürdigende Ausführungen verwiesen wird. Konkrete, die Beschwerdeführerin betreffende Asylgründe wurden im gesamten Ermittlungsverfahren keine vorgebracht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgaben-
ordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A):
I. und II.:
§ 34 AsylG 2005 betreffend "Familienverfahren im Inland" lautet:
"(1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist und
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3);
2. [aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017]
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. [aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017]
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Die Beschwerdeführerin ist Tochter einer Fremden, deren Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen, ihr jedoch der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist. Sie war im Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig. Die Beschwerdeführerin ist somit Familienangehörige iSd § 2 Abs. 1 Z 22 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005. Eine Trennung der im Babyalter befindlichen Beschwerdeführerin von ihrer Mutter würde evidentermaßen Art. 8 EMRK widersprechen und ist daher nicht vorstellbar.
Gegen die Mutter der Beschwerdeführerin, der der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ist ein Verfahren zur Aberkennung dieses Status gemäß § 9 AsylG 2005 nicht anhängig.
Da im gegenständlichen Fall alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, war ist der Beschwerdeführerin im Familienverfahren der Status der subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 iVm. § 34 Abs. 3 AsylG 2005 zuzuerkennen.
Zu III. und IV.:
Auf Grund der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten waren die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides- gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG (vgl. VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0162) - ersatzlos zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Die Entscheidung ergibt sich vielmehr unmittelbar aus der eindeutigen Rechtslage. Ferner liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung, Familienverfahren, gekürzteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W159.2203019.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.01.2019