TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/30 I419 2207408-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.10.2018

Norm

AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I419 2207408-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. TUNESIEN alias Algerien, vertreten durch VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19.09.2018, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte 2010 und 2011 Asylanträge in der Schweiz und, illegal eingereist, 2013 noch am Tag seiner Zurückschiebung nach Italien erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, den das BAA wegen Zuständigkeit Italiens zurückwies, was der AsylGH am 09.04.2013 bestätigte. Die LPD Wien erließ am 27.09.2013 eine Rückkehrentscheidung und ein Schengen-weites Einreiseverbot für acht Jahre gegen den Beschwerdeführer.

2. Anschließend wurde er am 01.10.2013 nach Italien überstellt. Neuerlich illegal im Bundesgebiet, stellte er am 01.07.2015 den zweiten Antrag auf internationalen Schutz, den das BFA aufgrund der Zuständigkeit Deutschlands, wo der Beschwerdeführer noch 2013 einen Asylantrag gestellt hatte, zurückwies, was dieses Gericht bestätigt hat.

3. Den zweiten Folgeantrag des Beschwerdeführers, den dieser am 29.06.2017 in der Strafhaft stellte, hat das BFA am 31.08.2017 abgewiesen, keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat zulässig ist. Gegen diesen wurde zudem ein mit 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Am 26.09.2017 hat dieses Gericht auch die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen.

4. Eine Woche vor seiner Haftentlassung stellte der Beschwerdeführer am 20.06.2018 den dritten Folgeantrag auf internationalen Schutz in Österreich. Befragt, was sich seit rechtskräftigem Abschluss des vorigen Asylverfahrens geändert habe, gab er an, es habe sich nichts geändert. Es gebe nichts, was er bei einer Rückkehr zu fürchten hätte, jedoch wolle er mit seiner nach muslimischem Recht geheirateten Frau ein neues Leben beginnen, "ganz neu anfangen", zumal er bemerkt habe, dass ihn der Alkohol verändere.

Das BFA wies mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.09.2018, Zl. XXXX, den Antrag sowohl betreffend den Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) als auch den des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) wegen entschiedener Sache zurück.

5. Beschwerdehalber wurde vorgebracht, der Beschwerdeführer habe den Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht verlassen. Dieser sei nicht fähig sei, ihn vor Übergriffen von privater und staatlicher Seite zu schützen. Die Länderberichte im Asylverfahren hätten insbesondere bei Staaten mit rasch sich ändernder Sicherheitslage hinreichend aktuell zu sein. Das BFA habe dagegen in Bezug auf die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Libanon (sic) nur unzureichende Ermittlungen angestellt und sei deswegen zu Unrecht von entschiedener Sache ausgegangen. Der Beschwerdeführer habe 2013 eine österreichische Staatsbürgerin traditionell geheiratet und wohne mit dieser zusammen, womit ein schützenswertes Familienleben einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Libanon (sic) führe zu Verletzungen der Art. 2, 3 und 8 EMRK. Beantragt wurde unter anderem die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 17 Abs. 1 BFA-VG.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist ledig, niemandem gegenüber unterhaltspflichtig, mit seiner gut 23 Jahre älteren Lebensgefährtin seit 19.04.2013 traditionell verheiratet und seit 10.08.2018 im gemeinsamen Haushalt wohnhaft. Diese ist geschieden und hat ihn in der Strafhaft regelmäßig besucht. Er hat Rückenschmerzen, ist jedoch gesund und arbeitsfähig, spricht gut Arabisch, Italienisch und Französisch sowie etwas Spanisch und Deutsch. Geschwister des Beschwerdeführers und deren Familienangehörige leben nach wie vor im Herkunftsstaat, ein Bruder in Frankreich. Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat acht Jahre die Schule besucht und als gelernter Maler gearbeitet.

Seine Identität steht nicht fest. Er ist sunnitischer Moslem aus der Volksgruppe der Araber und hielt sich seit seiner ersten Antragstellung 2013 mehrmals in Österreich auf, zusammen rund 47 Monate, von denen er rund 39 Monate in Justizanstalten verbrachte, davon 33 in den Jahren 2015 bis 2018.

Grund dafür ist, dass der Beschwerdeführer wie folgt vom LGXXXX verurteilt wurde:

am 28.06.2013 wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls sowie der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, der Urkundenunterdrückung, der schweren Körperverletzung und des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu 15 Monaten Freiheitsstrafe, von denen 10 bedingt nachgesehen wurden, und

am15. 10.2015 wegen der Verbrechen des Raubes und des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wobei die bedingte Nachsicht des vorigen Urteils widerrufen wurde.

In der Strafhaft wurde beim Beschwerdeführer THC gefunden und der Konsum mehrerer verbotener Substanzen nach dem SMG festgestellt, die nicht ärztlich verordnet waren.

Mehrere der Straftaten, die der ersten Verurteilung des Beschwerdeführers zu Grunde liegen, verübte dieser in den ersten drei Monaten nach seiner Einreise, die ersten nach einem Monat und einem Tag, am 28.02.2013 (versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt, schwere Körperverletzung), die weiteren am 02. und 03.03. (gewerbsmäßiger Diebstahl, Urkundenunterdrückung, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel) sowie am 23.04. und drei weitere Tathandlungen am 30.04.2013 (mit denselben Delikten).

Es können keine Bemühungen des Beschwerdeführers um seine soziale oder integrative Verfestigung erkannt werden. Insbesondere konnte er keine qualifizierten Kenntnisse der deutschen Sprache mittels Kurs- oder Prüfungsbestätigungen nachweisen, ist nicht Mitglied einer Organisation und nicht erwerbstätig. Er hatte abgesehen von seinen Haftzeiten bis zur aktuellen Anmeldung erst einmal einen gemeldeten Wohnsitz, 2013 für sieben Wochen in einer Asylwerber-Unterkunft, und wird von seiner Lebensgefährtin unterstützt, die auch eine entsprechende Erklärung abgab. Zuletzt war er heuer nach der Haftentlassung rund 1,5 Monate nirgends gemeldet.

Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und verfügt auch über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Gegen ihn besteht ein von der Republik Italien erlassenes Einreiseverbot für den Schengen-Raum. Aufgrund der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat unter maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat:

Tunesien ist nach § 1 Z. 11 HStV ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG. Betreffend die aktuelle Lage sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Der Beschwerdeführer hat gegenüber dem vorangegangenen Verfahren keine neuen Verfolgungsgründe vorgebracht. Im gegebenen Zusammenhang sind daher mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Rückkehr

Soweit bekannt, werden zurückgeführte tunesische Staatsangehörige nach Übernahme durch die tunesische Grenzpolizei einzeln befragt und es erfolgt ein Abgleich mit den örtlichen erkennungsdienstlichen Registern. Sofern keine innerstaatlichen strafrechtlich relevanten Erkenntnisse vorliegen, erfolgt anschließend eine reguläre Einreise. Hinweise darauf, dass, wie früher üblich, den Rückgeführten nach Einreise der Pass entzogen und erst nach langer Wartezeit wieder ausgehändigt wird, liegen nicht vor. An der zugrundeliegenden Gesetzeslage für die strafrechtliche Behandlung von Rückkehrern hat sich indes nichts geändert. Sollte ein zurückgeführter tunesischer Staatsangehöriger sein Land illegal verlassen haben, ist mit einer Anwendung der Strafbestimmung in § 35 des Gesetzes Nr. 40 vom 14.5.1975 zu rechnen: "Jeder Tunesier, der beabsichtigt, ohne offizielles Reisedokument das tunesische Territorium zu verlassen oder zu betreten, wird mit einer Gefängnisstrafe zwischen 15 Tagen und sechs Monaten sowie einer Geldstrafe zwischen 30 und 120 DT (ca. 15 bzw. 60 Euro) oder zu einer der beiden Strafarten verurteilt. Bei Wiederholung der Tat (Rückfälligkeit) kann sich das im vorhergehenden Absatz aufgeführte Strafmaß für den Täter verdoppeln." Soweit bekannt, wurden im Jahr 2017 ausschließlich Geldstrafen verhängt. Die im Gesetz aufgeführten Strafen kommen nicht zur Anwendung bei Personen, die das tunesische Territorium aufgrund höherer Gewalt oder besonderer Umstände ohne Reisedokument betreten (AA 23.4.2018).

Eine "Bescheinigung des Genusses der Generalamnestie" wird auf Antrag vom Justizministerium ausgestellt und gilt als Nachweis, dass die in dieser Bescheinigung ausdrücklich aufgeführten Verurteilungen - kraft Gesetz - erloschen sind. Eventuelle andere, nicht aufgeführte zivil- oder strafrechtliche Verurteilungen bleiben unberührt. Um zweifelsfrei festzustellen, ob gegen eine Person weitere Strafverfahren oder Verurteilungen vorliegen, kann ein Führungszeugnis (das sog. "Bulletin Numéro 3") beantragt werden (AA 23.4.2018).

Seit der Revolution 2011 sind tausende Tunesier illegal emigriert. Vor allem junge Tunesier haben nach der Revolution das Land verlassen, kehren nun teilweise zurück und finden so gut wie keine staatliche Unterstützung zur Reintegration. Eine kontinuierliche Quelle der Spannung ist die Diskrepanz zwischen starkem Migrationsdruck und limitierten legalen Migrationskanälen. Die Reintegration tunesischer Migranten wird durch eine Reihe von Projekten von IOM unterstützt. Sowohl IOM als auch UNHCR übernehmen die Registrierung, Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Tunesien. Finanzielle Hilfe dafür kommt hauptsächlich von der EU, sowie aus humanitären Programmen der Schweiz und Norwegens. Die Schweiz ist dabei einer der größten Geber und verfügt über 2 Entwicklungshilfebüros vor Ort. Wesentlich für eine erfolgreiche Reintegration ist es, rückkehrenden Migranten zu ermöglichen, eine Lebensgrundlage aufzubauen. Rückkehrprojekte umfassen z.B. Unterstützung beim Aufbau von Mikrobetrieben, oder im Bereich der Landwirtschaft. Als zweite Institution ist das ICMPD seit 2015 offizieller Partner in Tunesien im Rahmen des sog. "Dialog Süd" - Programms (EUROMED Migrationsprogramm) (ÖB 10.2017).

1.3 Weitere Feststellungen zum Sachverhalt:

Zum ersten in Österreich gestellten Asylantrag gab der Beschwerdeführer 2013 an, er habe den Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen in Richtung Frankreich verlassen, wo er arbeiten wolle und eine französische Staatsangehörige als Braut habe, die er heiraten wolle. Er habe 2000 den Ausreiseentschluss gefasst, den Herkunftsstaat dann 2008 verlassen und sich in Frankreich, Italien und der Schweiz aufgehalten. In Österreich sei er am 27.01.2013 eingereist, wolle hier aber kein Asyl. Manuduziert erklärte er, doch Asyl zu wollen, aber auch nichts gegen eine Abschiebung in die Schweiz zu haben.

In seinem dem nunmehrigen vorangegangenen Asylverfahren brachte der Beschwerdeführer 2017 als Fluchtgründe zusammengefasst vor, dass er Tunesien verlassen habe, weil er von einer terroristischen Gruppe angegriffen worden sei und gesucht werde, die im März 2001 seinen Vater getötet habe, der Soldat gewesen sei. Er habe auch eine österreichische Frau, mit der er nicht rechtskräftig verheiratet sei, bei der er leben wolle.

Vor dem VwG Wien hat der Beschwerdeführer im September 2013 angegeben, die Genannte und er planten, standesamtlich zu heiraten. Im Juli 2015 gab er der Fremdenpolizei gegenüber an, ledig zu sein, im September 2015 dem BFA gegenüber, dass er mit keiner Person in einer Familien- oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft wohne, und seiner Abschiebung nach Deutschland nichts im Wege stehe, wo er die 10 vorangegangenen Monate verbracht habe.

Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers kann mit dem BFA zusammengefasst festgestellt werden, dass sich seit dem vorangegangenen Verfahren nichts für den Beschwerdeführer Bedeutendes geändert hat, womit dieser im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird. Er selbst hat zu einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet, und es haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ergeben.

Es wird weiters festgestellt, dass er, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bietet, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr allein wegen der Beantragung von Asyl können nicht festgestellt werden. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Im vorliegenden Folgeantrag gibt der Beschwerdeführer keine weiteren Fluchtgründe an, sondern hält die geltend gemachten weiter aufrecht. Auch das Vorbringen des Familienlebens mit seiner Lebensgefährtin war schon Gegenstand des vorherigen Verfahrens, sodass darüber bereits einmal abgesprochen wurde.

Seine Lebensgefährtin hat im Dezember 2017 einen früheren Familiennamen wieder angenommen.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Dieser ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes einschließlich der Erkenntnisse der bisherigen Verfahren des AsylGH und des BVwG sowie des Bescheids des UVS Wien vom 26.09.2013.

Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Register der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher auch auf die schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers seinen Lebensumständen, seiner Volljährigkeit, seinem Personenstand und seiner Kinderlosigkeit, seinem Gesundheitszustand und seiner daraus resultierenden Arbeitsfähigkeit beruhen seinen diesbezüglichen Angaben, den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen sowie jenen des Gerichts und des AsylGH in den vorangegangenen Verfahren, des UVS und des Strafgerichts. Die Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit werden zudem von der gezeigten Haftfähigkeit und dem Fehlen gegenteiligen Vorbringens gestützt.

Mangels Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest.

Die Feststellungen zu seinen strafgerichtlichen Verurteilungen ergeben sich aus dem Strafregister und den Urteilen. Seine Wohnsitzmeldungen und die nunmehrige Meldung bei der Lebensgefährtin sind aus dem zentralen Melderegister ersichtlich, ebenso deren Daten.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht standesamtlich verheiratet ist, ergibt sich außer aus dem ZMR aus seiner Angabe (u. a. am 29.08.2017), seit 2013 mit einer Österreicherin "nicht offiziell" verheiratet zu sein ("Wir waren bei einem Imam am Reumannplatz", AS 195).

Darüber hinaus folgen die Feststellungen den unwidersprochenen gebliebenen Teilen des bekämpften Bescheids.

2.3 Zur Lage im Herkunftsland

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. des UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Bei den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen handelt es sich um eine ausgewogene Auswahl sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs, die es ermöglicht, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen.

Der Beschwerdeführer ist ihnen auch nicht substantiiert entgegengetreten und hat am 31.07.2018 einvernommen erklärt, das Länderinformationsblatt nicht zu wollen.

2.4 Zum sonstigen Sachverhalt:

Die weiteren Feststellungen ergaben sich aus den Vorakten und dem vorliegenden Akt des BFA sowie den Registerabfragen

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Das schon im vorangegangenen Verfahren erstattete Fluchtvorbringen und die dort geltend gemachten Gründe sind bereits abschließend beurteilt und in der seinerzeitigen, rechtskräftigen Erledigung berücksichtigt worden. Insofern geht es im aktuellen Folgeverfahren um die Prüfung der darüber hinaus geltend gemachten neuen Tatsachen und im Beschwerdeverfahren um den Inhalt des nun bekämpften Bescheids.

Da die belangte Behörde den Folgeantrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, ist Beschwerdegegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung dieses Antrages, nicht aber der Antrag selbst.

Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I und II):

Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Letzteres betrifft die amtswegige oder aufsichtsbehördliche Bescheidänderung oder -aufhebung. Die §§ 69 und 71 AVG bezeichnen die Rechtsinstitute der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die beide hier nicht anwendbar sind.

Die Anordnung, dass Anbringen unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 AVG nicht inhaltlich behandelt, sondern zurückgewiesen werden, soll die wiederholte Befassung der Behörde mit einer bereits entschiedenen Sache vermeiden, wobei es auf die unveränderte Sach- und Rechtslage ankommt.

Dies gilt fallbezogen sowohl für die Zurückweisung des Antrags in Bezug auf den Status eines Asyl- wie für die Zurückweisung bezogen auf den des subsidiär Schutzberechtigten.

Entscheidend ist somit, ob vor der belangten Behörde neue, mit einem glaubwürdigen Kern versehene Tatsachen vorgebracht wurden, die eine andere Entscheidung im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder auch des subsidiär Schutzberechtigten indizieren können. Wie festgestellt, hat der Beschwerdeführer kein neues Vorbringen erstattet. Weder in Bezug auf seine Person noch auf die bestehenden und zu erwartenden Verhältnisse im Herkunftsstaat sind gegenüber den Feststellungen im vorigen Erkenntnis dieses Gerichts Verschlechterungen aufgetreten, die eine Gefährdung im Sinne des Artikel 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK weniger unwahrscheinlich erscheinen ließen.

Dem BFA ist also auch darin beizupflichten, dass sich die Lage im Herkunftsstaat seit der Rechtskraft der Entscheidung im ersten Asylverfahren nicht entscheidungswesentlich geändert hat.

Demnach ergab sich weder aus dem Vorbringen noch aus dem Amtswissen des BFA oder des Gerichts ein Hinweis darauf, dass betreffend den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers eine Änderung der Sach- oder der Rechtslage eingetreten wäre, und zwar sowohl bezogen auf die Voraussetzungen für Asyl als auch auf jene für subsidiären Schutz.

Betreffend beide Status liegt damit eine entschiedene Sache vor, was einer neuen inhaltlichen Entscheidung entgegensteht Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz aus diesem Grund war also rechtmäßig, weshalb die Beschwerde im Hinblick auf beide Spruchpunkte des bekämpften Bescheides abzuweisen war.

Zum Vorbringen betreffend Art. 8 EMRK

Aus dem zwischenzeitlich - seit dem letzten Erkenntnis - gut ein Jahr längeren Aufenthalt des Beschwerdeführers lässt sich für diesen insofern nichts gewinnen, als es dabei um die Strafhaft ging, aus der Letzterer erst vor vier Monaten entlassen wurde. Der Aufenthalt als Strafgefangener vermochte das Gewicht der privaten Interessen am Verbleib nicht derart zu erhöhen, dass nun eine Verletzung des Art. 8 wegen stärkerer sozialer oder sonst integrativer Verfestigung in Österreich zu besorgen wäre.

Auch angesichts der regelmäßigen Besuche der Lebensgefährtin beim Beschwerdeführer in der Strafhaft hat dieses Gericht im erwähnten Erkenntnis den Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Artikel 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen. Der Eingriff ist dies auch gegenwärtig noch, weil sich die Fortführung der Beziehung und die aktuell mehrmonatige Wohngemeinschaft zwar als Verstärkung des privaten Interesses des Beschwerdeführers am Aufenthalt erweisen, welches jedoch das durch die Delinquenz des Beschwerdeführers und sein fremden- und melderechtliches Fehlverhalten bedingte öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts auch jetzt bei Weitem nicht aufwiegen.

Zum Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung

Nach § 17 Abs. 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Wie eben dargetan, lagen und liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung aufschiebender Wirkung nicht vor.

Ein Antragsrecht, das auf diese Entscheidung gerichtet wäre, ist nicht vorgesehen. Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erweist sich damit als unzulässig, weshalb er mit Beschluss zurückzuweisen wäre, würde er nicht mit der Erlassung der vorliegenden inhaltlichen Entscheidung ohnehin gegenstandslos (vgl. VwGH 30.01.2015, Ra 2014/02/0174 mwH).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu übereinstimmenden Fluchtvorbringen im Folgeantrag und zu den Voraussetzungen der Zurückweisung nach § 68 Abs. 1 AVG.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch das BFA vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass seit der Bescheiderlassung rund sechs Wochen vergangen sind - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung des BFA hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Schlagworte

Antragsbegehren, aufschiebende Wirkung, Folgeantrag, Identität der
Sache, mangelnder Anknüpfungspunkt, Prozesshindernis der
entschiedenen Sache, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I419.2207408.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten