Entscheidungsdatum
05.11.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W159 2199362-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI über die Beschwerde des XXXX auch XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2018, Zl. 1092656008/151646840 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom 04.05.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt), Regionaldirektion (RD) Oberösterreich, Außenstelle Linz, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.10.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte es einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht (Spruchpunkt III.) und erließ gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.). Es wurde gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1-3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 09.05.2018 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 11.06.2018, zur Post gegeben am 12.06.2018, welcher am selben Tag beim Bundesamt einlangte, stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und erhob zugleich Beschwerde.
Mit als "Beschwerdevorlage" bezeichnetem Schreiben vom 26.06.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 27.06.2018, übermittelte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde einschließlich des unerledigten Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand samt Verwaltungsakt.
Mit Verspätungsvorhalt vom 29.06.2018 setzte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer von der Verfristung der Beschwerde in Kenntnis.
In seiner Stellungnahme vom 03.07.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 05.07.2018, räumte der Beschwerdeführer mit näherer Begründung die Verspätung seines Rechtsmittels ein.
Mit hg. Beschluss vom 13.07.2018, Zl. W159 2199362-1/4E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den unter 1. dargestellten Bescheid gem. § 7 Abs. 4 Z 1 iVm § 28 Abs. 1 iVm § 31 VwGVG als verspätet zurück (Spruchpunkt A I.), leitete den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 6 AVG iVm § 17 VwGVG zuständigkeitshalber an das Bundesamt, RD Oberösterreich, Außenstelle Linz, weiter (Spruchpunkt A II.) und erklärte die Revision gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig (Spruchpunkt B).
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen und im Spruch bezeichneten Bescheid wies das Bundesamt, RD Oberösterreich, Außenstelle Linz, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 11.06.2018 gem. § 33 Abs. 1 VwGVG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte dem Antrag auf Wiedereinsetzung gem. § 33 Abs. 4 VwGVG die aufschiebende Wirkung zu (Spruchpunkt II.).
Dagegen richtet sich die gegenständliche, diesmal rechtzeitig erhobene, Beschwerde. Sie bringt, soweit für die Bekämpfung der Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wesentlich, vor, dass den Beschwerdeführer für die Versäumung der Frist kein Verschulden treffe. Im abgewiesenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe er begründend ua. vorgebracht:
"Am 04.06.2018 führte ich mit dem Rechtsberater Mag. XXXX meiner zuständigen Rechtsberatungsorganisation ‚ARGE Rechtsberatung' ein Rechtsberatungsgespräch betreffend eine Beschwerdeerhebung.
Am 07.06.2018 wurde mit mir eine erneute Terminvereinbarung für den 11.06.2018 getroffen. Hiebei wurde ich darüber verständigt, dass meine Beschwerde versehentlich postalisch nicht aufgegeben worden ist, da sie aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen nicht in das Fach ‚Postaufgabe' gelangt ist.
Mein Rechtsberater hat mir die rechtzeitige Postaufgabe zugesichert, ich konnte guten Glaubens von der rechtzeitigen Einbringung meiner Beschwerde ausgehen.
Es gab für mich keinen Anlass an der Zuverlässigkeit meines Rechtsberaters zu zweifeln. Er ist Jurist, als Rechtsberater i.S.d. Asylgesetzes für die ARGE Rechtsberatung bestellt und schon langjährig tätig."
Der Beschwerdeführer habe mit der ARGE Rechtsberatung frühzeitig Kontakt aufgenommen, jedoch habe erst einen Termin für den 04.06.2016 erhalten. Es sei vereinbart worden, dass der Rechtsberater in der Folge die Beschwerde ausformulieren und fristgerecht an das Bundesamt übermitteln würde. Der Beschwerdeführer habe nicht "irgendeine" Person oder Organisation zur Beratung und Unterstützung aufgesucht, sondern diejenige, die ihm vom Bundesamt amtswegig zur Seite gestellt worden sei. Für den Beschwerdeführer als fremde und rechtsunkundige Person habe es keinen Anlass dazu gegeben, an einer fristgerechten Beschwerdeerhebung zu zweifeln. Er habe sohin darauf vertrauen und mit Sicherheit davon ausgehen können, dass die Beschwerdeerhebung rechtzeitig erfolgen würde.
Der Beschwerdeführer habe die ARGE Rechtsberatung bzw. den für seine Angelegenheit zuständigen Rechtsberater nicht bevollmächtigt, weshalb dem Beschwerdeführer das Verschulden auch nicht zugerechnet werden könne.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der abweisende Bescheid vom 04.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 09.05.2018 an seiner Meldeadresse durch Übernahme zugestellt. Mit Verfahrensanordnung vom 07.05.2018 war dem Beschwerdeführer für ein allfälliges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die ARGE Rechtsberatung Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnen Betreuung durch das Bundesamt amtswegig zur Seite gestellt worden, welche namens des Beschwerdeführers die verfahrensgegenständliche Beschwerde einbrachte. Eine privatrechtsgeschäftliche Bevollmächtigung erfolgte nicht.
Die gegen den Bescheid vom 04.05.2018 (erlassen am 09.05.2018) erhobene Beschwerde vom 11.06.2018 wurde am 12.06.2018 an das Bundesamt adressiert zur Post gegeben.
Die Beschwerde wurde versehentlich nicht rechtzeitig postalisch aufgegeben, weil sie "aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen" nicht in das Fach "Postaufgabe" gelangt ist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere aus der sich im Verwaltungsakt befindenden Übernahmebestätigung des bekämpften Bescheides vom 04.05.2018, dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 11.06.2018, mit welchem der beschwerdegegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand samt Beschwerde an das Bundesamt übermittelt wurde, dem hg. Beschluss vom 13.07.2018, dem bekämpften Bescheid und dem - soweit für die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wesentlichen - Inhalt der verfahrensgegenständlichen Beschwerde vom 11.06.2018.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchpunkt A:
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann jegliches Geschehen, dh. nicht nur tatsächliches, in der Außenwelt stattfindendes, sondern auch so genannte psychologische Vorgänge, wie Vergessen, Verschreiben, sich Irren usw., als "Ereignis" iSd § 42 Abs. 3 AVG gewertet werden (vgl. ua. VwGH 27.09.2013, Zl. 2010/05/0202). Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis "unabwendbar" ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (vgl. VwGH 24.01.1996, Zl. 94/12/0179; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71 Rz 39 mwN). Die Beurteilung, ob ein Ereignis "unvorhergesehen" ist, hängt demgegenüber nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, "wenn es die Partei tatsächlich nicht einberechnet hat und sein Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte, wobei das im Begriff der ‚Unvorhergesehenheit' gelegene Zumutbarkeitsmoment dahin zu verstehen ist, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit auch dann noch gewahrt ist, wenn der Partei ein nur ‚minderer Grad des Versehens' unterläuft" (vgl. VwGH 29.02.2008, Zl. 2008/04/0006).
Die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt somit voraus, dass die Partei an der Versäumung der Frist oder der mündlichen Verhandlung kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Unter einem minderen Grad des Versehens ist nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, dh. er darf die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH 08.09.2015, Zl. Ra 2015/01/0125). Dabei ist an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (ua. VwGH 20.06.2013, Zl. 2013/06/0098 mwN; VwGH 02.09.2009, Zl. 2009/15/0096; Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 44 mwN). War die Versäumung voraussehbar und hätte sie durch ein dem Parteienvertreter zumutbares Verhalten abgewendet werden können, dann ist die Wiedereinsetzung zu verweigern (ua. VwGH 01.06.2006, Zl. 2005/07/0044 mwN). Vor allem ist der Vertreter verpflichtet, um sein Verschulden auszuschließen, sich auch selbst unverzüglich die erforderlichen Informationen zu verschaffen, um die Einspruchsfrist wahren zu können (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 45 mwN).
Soweit sich eine Partei im Verfahren eines Rechtsvertreters bedient, ist ihr nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Verschulden dieses Vertreters wie eigenes Verschulden zuzurechnen. Im Falle einer Fristversäumung hängt die Bewilligung der Wiedereinsetzung diesfalls (ua.) davon ab, dass weder die Partei noch den bevollmächtigten Rechtsanwalt ein Verschulden trifft, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht (ua. VwGH 17.07.2008, Zl. 2007/21/0227). Dabei stellt ein einem Rechtsanwalt widerfahrendes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Verschulden des Rechtsanwaltes, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (ua. VwGH 23.06.2008, Zl. 2008/05/0122).
Der VwGH geht davon aus, dass immer dann, wenn ein Fremder das Ersuchen um Vertretung im Sinn des BFA-VG an die mit der Besorgung der Rechtsberatung betraute juristische Person richtet, dem Fremden das Handeln des sodann von der juristischen Person konkret mit der Durchführung seiner Vertretung betrauten Rechtsberaters - wie bei jedem anderen
Vertreter - zuzurechnen ist. Dabei kommt es darauf, dass sich der Fremde die konkrete Person, die letztlich in seinem Namen tätig wird, nicht aussuchen kann, vor dem Hintergrund der die erforderliche fachliche Qualität jedes einzelnen Rechtsberaters sicherstellenden gesetzlichen Regelungen, nicht an. Diese können vor dem Hintergrund des § 48 Abs. 2 BFA-VG auch nicht als bloße (der Kontrolle zu unterziehende) "Hilfskräfte", der sich eine (gegebenenfalls) mit der Besorgung der Rechtsberatung betraute juristische Person bedient, angesehen werden (VwGH 30.05.2017, Zl. Ra 2017/19/0113).
Ein Rechtsanwalt - dieser Maßstab gilt nach dem Gesagten auch für Rechtsberater iSd §§ 48 ff. BFA-VG - muss die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, dass die erforderliche und fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt ist. Einen ganz wesentlichen Teil jener Vorkehrungen, die zur Verhinderung von Fristversäumungen unerlässlich sind, stellt die Vormerkung der in Betracht kommenden (Rechtsmittel-)Fristen dar. Für die richtige Beachtung der (Rechtsmittel-)Fristen in einer Rechtsanwaltskanzlei ist stets der Rechtsanwalt verantwortlich. Er selbst hat die Fristen zu setzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen. Tut er dies nicht oder unterläuft ihm dabei ein Versehen, ohne dass er dartun kann, dass die Fristversäumnis auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten der Kanzleiangestellten beruht und in seiner Person keinerlei Verschulden vorliegt, so trifft ihn ein Verschulden, welches sich gegen die von ihm vertretene Partei auswirkt (vgl. VwGH 02.09.2008, Zl. 2005/18/0164, sowie den VwGH 26.11.2010, Zl. 2010/02/0266, jeweils mwN).
Der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Beschwerde "aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen" nicht in das Fach "Postaufgabe" gelangt sei. Der Beschwerdeführer habe nicht "irgendeine" Person oder Organisation zur Beratung und Unterstützung aufgesucht, sondern diejenige, die ihm vom Bundesamt amtswegig zur Seite gestellt worden sei. Für den Beschwerdeführer als fremde und rechtsunkundige Person habe es keinen Anlass dazu gegeben, an einer fristgerechten Beschwerdeerhebung zu zweifeln. Er habe sohin darauf vertrauen und mit Sicherheit davon ausgehen können, dass die Beschwerdeerhebung rechtzeitig erfolgen würde.
Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer der Bescheid vom 04.05.2018 - unbestrittenerweise - am Mittwoch, dem 09.05.2018, rechtswirksam zugestellt, dh. die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid endete mit Ablauf des Mittwochs, dem 06.06.2018. Die dagegen erhobene Beschwerde vom 11.06.2018 wurde - in Verbindung mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - erst am 12.06.2018 zur Post gegeben.
Der Beschwerdeführer vermochte im gegenständlichen Fall kein Ereignis im Sinne des § 33 VwGVG anzuführen, welches eine Stattgabe eines Antrages auf Wiedereinsetzung zu begründen vermag: Der Beschwerdeführer vertraute zwar auf die Zuverlässigkeit seines Rechtsberaters, jedoch machte dieser im Verfahren nicht glaubhaft, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt hat und ihn nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Die vorgebrachten "nicht mehr nachvollziehbaren Gründe[. . .]", aufgrund derer das Schreiben nicht in das Fach "Postaufgabe" gelangt sei, reichen für eine diesbezügliche Glaubhaftmachung nicht hin. Vielmehr hätte konkret dargetan werden müssen, wieso ihm (bzw. anderen Mitarbeitern der ARGE Rechtsberatung Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnen Betreuung) kein Verschulden oder kein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden anzulasten ist. Wenn die Gründe, aufgrund derer das Schreiben nicht rechtzeitig zur Post gegeben wurde, nicht mehr nachvollziehbar sind, deutet dies hingegen auf gravierende, in der Organisation der Rechtsberatung gelegene Nachlässigkeiten hin.
Daher kann die Prüfung bezüglich des Nicht-Vorliegens von Verschulden bzw. des Vorliegens eines minderen Grad des Versehens hinsichtlich des Beschwerdeführers unterbleiben.
Da sohin der vorliegende Sachverhalt in Bezug auf den Beschwerdeführer keine Stattgabe eines Antrages auf Wiedereinsetzung zu begründen vermag und das Vorliegen eines minderen Grad des Versehens durch den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nicht anzunehmen war, konnte dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung einer Beschwerde von der belangten Behörde nicht stattgegeben werden, weshalb die vorliegende Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389, entgegenstehen.
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich dazu Folgendes (vgl. zB. VwGH 29.01.2014, 2013/03/0004; 28.08.2013, 2011/06/0006, zu § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG): In seinem Urteil vom 18.07.2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), legte der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dar, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne. Die staatlichen Behörden können auch auf Aspekte der Effizienz und Verfahrensökonomie Rücksicht nehmen und auf das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer Bedacht nehmen (vgl. VwGH 23.10.2013, Zl. 2012/03/0002; 27.09.2013, Zl. 2012/05/0212).
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG iVm § 21 Abs. 7 BFA-VG abgesehen werden, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt im gegenständlichen Fall geklärt ist, in der vorliegenden Beschwerde die behördliche Beweiswürdigung nicht bekämpft wurde, der festgestellte Sachverhalt unbestritten blieb und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ausschließlich Rechtsfragen (das Vorliegen eines unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses betreffend den Beschwerdeführer und das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens in Bezug auf den ehemaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers) von Bedeutung waren, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine öffentlich mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK wie auch Art. 47 GRC in Hinblick auf unionsrechtlich garantierte Rechte stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.
3.2. Zu Spruchpunkt B:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe hierzu die in der Entscheidung zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Fristversäumung, Rechtsmittelfrist, Sorgfaltspflicht, VerschuldenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W159.2199362.2.00Zuletzt aktualisiert am
07.01.2019