TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/16 99/07/0071

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Veröffentlicht am 16.09.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40 Verwaltungsverfahren;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §43 Abs4 idF 1998/I/158;
AVG §45 Abs3;
AVG §52 Abs1;
AVG §53 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwVerfNov 1998 Art1 Z14;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §31d Abs3 idF 1997/I/059;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des F und der M T in N, vertreten durch Dr. Martin Hahn und Dr. Christian Stocker, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt,

Herzog Leopold-Straße 26, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 25. März 1999, Zl. 680.098/02-I 6/98, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag, nach durchgeführter mündlicher Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Dr. Christian Stocker, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, Herzog Leopold-Straße 26, und der Vertreterin der belangten Behörde, Mag. Daniela Marihart, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 9.765,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland (LH) vom 25. November 1991 wurde den Beschwerdeführern die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Bauschuttdeponie auf näher bezeichneten Grundstücken unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Auflagen 19 und 22 dieses Bewilligungsbescheides sehen vor, dass nur bestimmte Materialien auf der Deponie abgelagert werden dürfen.

Mit Bericht vom 19. Mai 1992 teilte das wasserrechtliche Bauaufsichtsorgan der Wasserrechtsbehörde mit, dass u.a. die Auflagen 19 und 22 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides nicht eingehalten würden und eine am 4. Mai 1992 ausgewertete Probenahme ergeben habe, dass das abgelagerte Material der Eluatklasse 3b zuzuordnen sei und es sich dabei um Bau- und Abbruchholz, Baustellenabfälle und nur teilweise um Bauschutt handelte, während nach dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid lediglich Material der Eluatklasse 2a zur Ablagerung zugelassen sei.

Hierauf leitete der LH ein Verfahren zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes ein. Es wurden mündliche Verhandlungen durchgeführt und Gutachten eingeholt.

Mit Bescheid des LH vom 12. Mai 1997 wurden die Beschwerdeführer gemäß §§ 31b, 99 Abs. 1 lit. l und 138 Abs. 1 lit. b des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) verpflichtet, die auf den Deponiegrundstücken vorhandenen Ablagerungen durch eine Reihe näher bezeichneter Maßnahmen an Ort und Stelle zu sichern.

In der Begründung heißt es, in einer von einem Zivilingenieur verfassten Variantenstudie sei geprüft worden, ob eine Beseitigung der konsenswidrigen Ablagerungen oder deren Sicherung an Ort und Stelle kostengünstiger sei. Von den insgesamt sechs geprüften Varianten habe sich die Variante 5 (Umschließung und Wasserhaltung zur Sicherung der Deponie an Ort und Stelle) als die verhältnismäßig kostengünstigste Lösung erwiesen. Dem Einwand der Beschwerdeführer, es sei nicht festgestellt worden, wo sich auf der Deponie konsenswidrig abgelagerte Materialien befänden, sei entgegenzuhalten, dass über den Zustand der Deponie eine Reihe von Beweismitteln wie Überprüfungen durch das Bauaufsichtsorgan, Besichtigungen der Deponie im Zuge von Gasmessungen, Ergebnisse der Durchführung von Probeschürfen etc. vorlägen. Aus einem Sachverständigengutachten vom 3. Februar 1997 ergebe sich, dass von dem verfüllten Deponievolumen von ca. 190.000 m3 rund 155.203 m3 Schreddermaterial sei, dass also mehr als 80 % des abgelagerten Materials unzulässigerweise auf der Deponie lagere, sodass davon auszugehen sei, dass im Wesentlichen im gesamten Deponiebereich dieses Material eingebaut worden sei. Zum Einwand, das Ermittlungsverfahren müsse durch Einholung von Gutachten ergänzt werden, ob sich das Gefährdungspotential der Deponie erhöhe oder bis wann eine Verringerung der Schadstoffkonzentration stattfinden werde und demzufolge eine Sanierung im beschränkterem Umfang erfolgen könne, sei auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 zu verweisen, wonach es nicht gesetzlich vorgesehen sei, im Falle unzulässiger, nicht bewilligter Ablagerungen diese in ungesicherter Weise weiter bestehen zu lassen, bis auf Grund allfälliger Abbauvorgänge derart geringe Schadstoffkonzentrationen einträten, die teilweise eine Bewilligung oder eine Beseitigung oder Sicherung an Ort und Stelle mit geringerem Aufwand ermöglichten.

Die Beschwerdeführer beriefen.

Sie brachten vor, die Behörde habe nicht ausreichend ermittelt, wo auf der Deponie konsenskonformes Material liege und wo nicht. Weiters habe die Behörde nicht festgestellt, ob sich das Gefährdungspotential der Deponie verringere und bis wann eine derartige Verringerung stattfinden werde. Es liege auch keine Gefahr im Verzug vor.

Mit Eingabe vom 4. Februar 1998 ergänzten die Beschwerdeführer ihre Berufung dahingehend, dass sie mittlerweile dem LH mitgeteilt hätten, ihre Deponie werde aufgelassen, weshalb nunmehr auch geringere Anforderungen an den Stand der Technik zu stellen seien. Es werde daher eine völlig neue Sach- und Rechtsbeurteilung zu erfolgen haben, insbesondere werde eine neue Variantenstudie in Auftrag zu geben sein, die sich bei den Sanierungsvarianten nicht mehr nach dem Stand der Technik, sondern nach dem Mindeststandard mit weniger hohen Anforderungen zu richten haben werde.

Die belangte Behörde beauftragte einen Amtssachverständigen für Deponiebautechnik mit der Erstellung eines Gutachtens darüber, ob auf der Deponie Abfälle gelagert wurden, die dem bestehenden Konsens widersprächen und ob diese Abfälle lokalisierbar seien, ob durch den derzeitigen konsenslosen Zustand mit Einwirkungen auf das Grundwasser zu rechnen sei, ob die im erstinstanzlichen Bescheid aufgetragenen Sicherungsmaßnahmen geeignet seien, eine Gewässergefährdung hintanzuhalten, ob die Räumung des konsenslosen Materials im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich sei und ob aus fachlicher Sicht die Aufnahme von Beweisen, wie sie von den Beschwerdeführern beantragt wurden, zielführend wäre.

In seinem Gutachten vom 19. Februar 1998 beantwortete der Amtssachverständige eingehend und mit ausführlicher Begründung die ihm gestellten Fragen, wobei er auch die Grundlagen offen legte, auf die sich seine Ausführungen stützten.

Der Gutachter kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass auf der Deponie nicht konsensgemäßes Material in großem Umfang abgelagert wurde. Eine genaue Lokalisierung von konsensgemäßem und nicht konsensgemäßem Material sei nur bei vollständiger Räumung des Geländes möglich. Schürfe und Bohrungen könnten immer nur ein Bild der punktuellen Zusammensetzung des Deponiekörpers geben. Auf Grund der vorhandenen Unterlagen sei davon auszugehen, dass bereits seit mehreren Jahren Sickerwasser aus der Deponie ins Grundwasser gelange und dieses beeinträchtige. Da der Abbau der organischen Substanzen in der Deponie noch über etliche Jahre weiter stattfinden werde, somit belastete Sickerwässer entstünden und die Deponie offensichtlich nicht dicht sei, sei noch für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahrzehnten mit einer Gewässerbelastung zu rechnen. Die bisher nur schleppend durchgeführte Sickerwasserentsorgung wirke negativ infolge erhöhter Auslaugung und größerem hydraulischen Gradienten. Die im erstinstanzlichen Bescheid aufgetragenen Sicherungsmaßnahmen seien geeignet, eine Gewässergefährdung hintanzuhalten. Sie sähen eine dichte Umschließung des Deponiegeländes mit innen liegender Wasserhaltung und eine Deponiegaserfassung vor. Die Emission ins Grundwasser werde so unterbunden. Die geförderten Wässer aus der Umschließung könnten einer geordneten Entsorgung zugeführt werden. Die Erfassung des Deponiegases diene der Sicherheit der Anrainer und der des Personals während der Errichtung der Umschließung. Die Räumung des konsenslosen Materials wäre im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle mit einem unverhältnismäßig höheren Kostenaufwand verbunden. Die von den Beschwerdeführern beantragten Beweisaufnahmen ließen keine relevanten Ergebnisse erwarten.

Unter dem Datum des 20. März 1998 richtete die belangte Behörde ein Schreiben an die Beschwerdeführer, welches wie folgt eingeleitet wird:

"In der gegenständlichen Berufungsangelegenheit hat der deponiebautechnische Amtssachverständige zu den nachstehenden Fragen folgende Stellungnahme abgegeben:"

Es folgt eine Auflistung der dem Amtssachverständigen gestellten Fragen und die wörtliche und vollständige Wiedergabe der Antworten des Amtssachverständigen.

Das Schreiben endet mit dem Hinweis, dass den Beschwerdeführern Gelegenheit gegeben wird, innerhalb von drei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.

In ihrer Stellungnahme brachten die Beschwerdeführer vor, sie hätten keine Möglichkeit, die Schlüssigkeit des Gutachtens zu überprüfen, weil ihnen dieses nicht zugestellt worden sei. Eine Wiedergabe von Auszügen aus einem Gutachten durch die Behörde sei kein Gutachten. Die Darlegungen der belangten Behörde im Schreiben vom 20. März 1998 berücksichtigten nicht die Eingabe der Beschwerdeführer vom 4. Februar 1998, mit welcher der belangten Behörde mitgeteilt worden sei, dass sie sich entschlossen hätten, die Deponie aufzulassen, weshalb diese nicht mehr an den Stand der Technik angepasst werden müsse; vielmehr müsse nur mehr ein Mindeststandard in Bezug auf die Deponieausgestaltung vorliegen. Es werde daher beantragt, Beweis darüber aufzunehmen, welche Unterschiede sich bei der Deponiesanierung ergäben, wenn diese nicht nach dem Stand der Technik, sondern nur nach einem Mindeststandard saniert werden müsse. Die Ausführungen über eine Gefährdung des Grundwassers seien viel zu allgemein. Es habe bereits eine Trendumkehr in der Deponie dahingehend stattgefunden, dass sich die Verhältnisse wesentlich gebessert hätten.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 25. März 1999 wurde die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen.

In der Begründung heißt es, die Erstbehörde habe dargelegt, dass die Auflagen 19 und 22 des Deponiebewilligungsbescheides des LH vom 25. November 1991, welche die zur Ablagerung zugelassenen Materialien enthielten, nicht eingehalten worden seien. Die konsenslosen Ablagerungen seien im gesamten Deponiebereich (über 80 % der durchgeführten Ablagerungen) getätigt worden. Der Amtssachverständige habe schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass nicht konsensgemäßes Material auf der gegenständlichen Deponie in größerem Umfang abgelagert worden sei. Bei vielen Beprobungen sei der hohe Holzanteil und der hohe Anteil an Kunststoffen, die dem wasserrechtlichen Konsens widersprächen, beschrieben worden. Die Einbringung von konsenswidrigem Material sei seitens der Beschwerdeführer auch nicht bestritten worden. Somit liege eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 vor. Als Nächstes sei zu prüfen gewesen, ob öffentliche Interessen die Beseitigung der Neuerung oder zumindest deren Sicherung erforderten. Die Beeinträchtigung öffentlicher Interessen sei nicht erst dann gegeben, wenn bereits eine Grundwasserbeeinträchtigung eingetreten sei; vielmehr genüge bereits die konkrete Gefahr einer Beeinträchtigung. Dazu habe der Amtssachverständige ausgeführt, dass auf Grund der Zusammensetzung der Ablagerungen eine mehr als geringfügige Beeinträchtigung des Grundwassers bei Eindringen von Sickerwässern zu erwarten sei, wobei derzeit das Grundwasser im Abstrombereich der Deponie seit geraumer Zeit beeinträchtigt sei und daher von einer bereits stattfindenden Grundwasserbeeinträchtigung durch die Deponie auszugehen sei. Die Sachverständigen beider Instanzen erachteten eine Sicherung des Geländes durch eine dichte Umschließung mit innen liegender Wasserhaltung und eine Deponiegaserfassung für verhältnismäßiger, da eine Räumung mit höheren Kosten verbunden wäre. Nur eine vollständige Räumung des Geländes könne eine exakte Lokalisation von konsensgemäßem und nicht konsensgemäßem Material ermöglichen. Den Beweisanträgen der Beschwerdeführer seien die Aussagen des Amtssachverständigen entgegenzuhalten, wonach die Durchführung eines Augenscheins zur Ziehung von Bodenproben nicht zielführend wäre, da bereits wiederholt Proben über einen genügend langen Zeitraum gezogen worden seien und die Abfallbeschaffenheit beschrieben worden sei. Auch die Einvernahme der vorgeschlagenen Zeugen lasse keine detaillierteren Erkenntnisse erwarten als die ausführlichen Berichte, die im Laufe von Jahren erbracht worden seien. Es sei nicht Aufgabe der Behörde zu ermitteln, ob sich das Gefährdungspotential der Deponie verringere und bis wann eine derartige Verringerung stattfinden werde. Die Behörde müsse vielmehr sämtliche Gefährdungen für das Grundwasser ermitteln. Den Beschwerdeführern sei die gesamte gutachterliche Stellungnahme des Amtssachverständigen zugestellt worden. Eine nochmalige Zustellung sei nicht erforderlich. Zur Person des Amtssachverständigen sei zu sagen, dass keinerlei Befangenheitsgrund vorliege. Die Beschwerdeführer gingen davon aus, dass sie kein Sicherungsprojekt mehr durchführen müssten, wenn sie die Deponie schlössen, da hier nur ein Mindeststandard einzuhalten sei und nicht die volle Anpassung an den Stand der Technik der Deponieverordnung. Dazu sei zu sagen, dass die Anpassung an einen Mindeststandard bei Auflassung von Deponien dann zum Tragen komme, wenn diese konsensgemäß betrieben würden. Dies sei aber bei der Deponie der Beschwerdeführer nicht der Fall; es liege daher eine eigenmächtige Neuerung vor und es gehe um die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes und nicht um die Auflassung einer Deponie.

Nach Erlassung dieses Bescheides, aber noch vor Einbringung der gegen diesen gerichteten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde den Beschwerdeführern auf Grund einer schriftlichen Urgenz der Name des Amtssachverständigen für Deponiebautechnik bekannt gegeben.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 25. März 1999 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführer umschreiben das Recht, in dem sie verletzt zu sein behaupten, wie folgt:

"Sicherungen von Ablagerungen in der ihnen gehörigen Deponie vornehmen zu müssen, welche dem Stand der Technik entsprechen müssen, welches einen Projektkostenbarwert zwischen S 22,400.000,-- und S 38,800.000,-- erfordert. Statt die vorhandenen Ablagerungen nur nach dem Mindeststandard sichern zu müssen, welcher in Entsprechung der Wasserrechtsgesetz-Novelle, Deponien BGBl. Nr. 59/1997, in Verbindung mit der abgegebenen Erklärung, die Deponie auflassen zu wollen, weitaus geringeren Aufwand, nämlich nur einen Bruchteil der oben genannten Kosten, verursacht.

Der Gesetzgeber hat die Wasserrechtsgesetz-Novelle, Deponien, BGBl. Nr. 59/1997, ausdrücklich erlassen, um in Fällen, wie den beschwerdegegenständlichen, Deponieeigentümern und Deponiebetreibern die Möglichkeit zu geben, Deponien mit geringen Mitteln nach einem Mindeststandard zu sanieren, wenn hiefür die Erklärung abgegeben wird, die Deponie nicht weiter betreiben zu wollen. Durch den angefochtenen Bescheid werden die Beschwerdeführer in diesem, ihnen vom Gesetz eingeräumten, subjektiven Recht verletzt."

Die Beschwerdeführer bringen vor, der Sachverhalt bedürfe in wesentlichen Punkten einer Ergänzung. Es müssten Feststellungen getroffen werden, welche Sanierungsmaßnahmen notwendig seien, um dem vom Gesetz verlangten Mindeststandard nachzukommen. Dabei sei zu erheben, welche Kosten eine Sanierung gemäß diesem Mindeststandard erfordere. Diese mit absoluter Sicherheit weit niedrigeren Kosten - das sei der Sinn der Wasserrechtsgesetz-Novelle Deponien gewesen - seien den Kosten einer Sanierung nach dem Stand der Technik gegenüberzustellen, wonach die Beschwerdeführer nur mehr zu verhalten seien, mit dem billigeren Aufwand die Deponie nach dem Mindeststandard zu sanieren. Ohne exakte Differenzierung zwischen Stand der Technik und Mindeststandard und ohne genaue Feststellung dahingehend, welche Sanierungsmaßnahmen diesem Mindeststandard entsprächen, sei eine rechtlich richtige Beurteilung unmöglich.

Die belangte Behörde habe aber auch die Vorschriften des AVG über den Sachverständigenbeweis missachtet. Die Beschwerdeführer wüssten nicht einmal, wer der Sachverständige gewesen sei. Extrem formuliert, gehe dieser Verfahrensmangel aber noch weiter. Die Beschwerdeführer wüssten nicht einmal, ob sich die Referentin der belangten Behörde tatsächlich mit einem Amtssachverständigen unterhalten habe. Es bestehe der Verdacht, dass die belangte Behörde diesbezüglich irgendetwas verdunkeln wolle. Von den Beschwerdeführern sei die Beiziehung eines Sachverständigen beantragt worden. Stattdessen sei den Beschwerdeführern eine "angebliche" Gesprächsnotiz über ein Gespräch übermittelt worden, welches zwischen der Referentin und dem Amtssachverständigen stattgefunden haben solle. Den Beschwerdeführern sei weder das Gutachten vorgelegt, noch die Person des Amtssachverständigen bekannt gegeben worden. Die Beschwerdeführer wüssten daher nicht, ob überhaupt ein Sachverständiger beigezogen worden sei oder ob irgend eine Person Antworten auf Fragen der Referentin gegeben habe und ob ein derartiges Gespräch überhaupt stattgefunden habe und ob die Person, die die Fragen der Referentin beantwortet habe, überhaupt eine Qualifikation habe. Möglicherweise handle es sich um eine Person, welche im Verfahren erster Instanz teilgenommen hätte. So könne auch nicht festgestellt werden, ob die Person des Sachverständigen in sonstiger Weise befangen gewesen sei. Nachdem die Person, welche mit der Referentin "geplaudert" habe, kein Gutachten abgegeben habe und auf die aufgeworfenen Sachfragen überhaupt nicht eingegangen sei, werde diese Person als befangen gerügt. Überdies wäre es unbedingt nötig gewesen, dass den Parteien ein direktes Befragungsrecht gegenüber dem Sachverständigen eingeräumt worden wäre.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung erwogen:

Die Beschwerdeführer meinen, die belangte Behörde hätte auf Grund der Erklärung der Beschwerdeführer, die Deponie auflassen zu wollen, ermitteln müssen, welche Maßnahmen die Wasserrechtsgesetznovelle Deponien, BGBl. I 59/1997, für diesen Fall vorsehe.

Mit diesem Vorbringen nehmen sie Bezug auf § 31d Abs. 3 lit. a WRG 1959 in der Fassung der Wasserrechtsgesetznovelle Deponien.

Diese Bestimmung lautet:

"(3) Am 1. Juli 1997 bestehende, nach § 29 AWG oder wasserrechtlich bewilligte, noch nicht ordnungsgemäß aufgelassene Deponien sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen an den Stand der Technik (§ 31 b Abs. 4) anzupassen:

a) Der Berechtigte hat bis 1. Jänner 1998 der Behörde mitzuteilen, ob er die Deponie bis längstens 1. Juli 1999 auflassen will. Die Erklärung, die Deponie auflassen zu wollen, ist unwiderruflich. Ist die Auflassung der Deponie beabsichtigt, sind ab 1. Juli 1998 die Anforderungen betreffend Deponieeinrichtungen, Deponiepersonal, Abfalleinbau, Emissions- und Immissionskontrolle und Kontrolle des Deponiekörpers, Dokumentation und Deponieaufsicht, soweit sie sich nicht auf die in lit. c Z. 3 genannten Anforderungen beziehen, für noch nicht ausgebaute bewilligte Deponieabschnitte zusätzlich die Anforderungen für Vorflut, Standsicherheit, Deponierohplanum, Deponiebasisdichtung, Basisentwässerung und Qualitätssicherung einzuhalten. Die Anforderungen betreffend Deponieoberflächenabdeckung sind für noch nicht bewilligungsgemäß abgedeckte Schüttbereiche einzuhalten."

§ 31d Abs. 3 lit. b und c WRG 1959 betreffen den Fall, dass der Betreiber der Deponie sich nicht für deren Auflassung entscheidet. In diesem Fall ist die Deponie nach einem Stufenplan an den Stand der Technik anzupassen.

Ein näheres Eingehen auf diese Bestimmungen erübrigt sich, da sie im Beschwerdefall nicht zur Anwendung kommen.

§ 31d Abs. 3 lit. a WRG 1959 in der Fassung der Wasserrechtsgesetznovelle Deponien findet auf am 1. Juli 1997 bestehende, nach § 29 AWG oder wasserrechtlich bewilligte, noch nicht ordnungsgemäß aufgelassene Deponien Anwendung, hinsichtlich deren der Berechtigte bis 1. Jänner 1998 der Behörde mitgeteilt hat, dass er die Deponie auflassen wolle.

§ 31d Abs. 3 WRG 1959 enthält Regelungen darüber, inwieweit bestehende bewilligte Deponien an den Stand der Technik angepasst werden müssen. Nicht geregelt wird hingegen, welche Folgen die Ablagerung konsenswidriger Materialien auf einer Deponie hat. Diesbezüglich gilt § 138 WRG 1959. § 31d Abs. 3 WRG 1959 stellt auf bewilligte Deponien ab; diese Bestimmung gilt daher für Deponien nur insoweit, als die Deponie der Bewilligung entspricht.

Die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Maßnahmen beziehen sich auf nicht bewilligte Ablagerungen. Auf diese findet § 138 WRG 1959 Anwendung. Aus § 31d Abs. 3 WRG 1959 ist für die Beschwerdeführer daher nichts zu gewinnen.

Die belangte Behörde hat ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Deponiebautechnik eingeholt. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten. Sie hat den Beschwerdeführern sowohl die Tatsache der Einholung eines solchen Gutachtens als auch dessen gesamten Inhalt zur Kenntnis gebracht und ihnen Gelegenheit gegeben, hiezu Stellung zu nehmen. Auch die Qualifikation des Sachverständigen (Amtssachverständiger für Deponiebautechnik) wurde den Beschwerdeführern mitgeteilt. Die Behauptung der Beschwerdeführer, es sei ihnen eine angebliche Gesprächsnotiz über ein Gespräch zwischen der Referentin der belangten Behörde und einem Amtssachverständigen übermittelt worden, aber kein vollständiges Gutachten, und sie wüssten daher nicht, ob überhaupt ein Sachverständiger beigezogen worden sei, entbehrt jeglicher Grundlage.

Richtig ist nur, dass den Beschwerdeführern der Name des Amtssachverständigen vor Bescheiderlassung nicht mitgeteilt wurde.

Wenn eine Behörde einer Partei trotz deren Verlangen den Namen eines Amtssachverständigen nicht bekannt gibt, so bewirkt dieses Versäumnis keine Verletzung von Rechten der Partei, soferne die Partei nicht daran gehindert wird, sich mit dem Gutachten konkret auseinander zu setzen und ihre Gegenposition darzustellen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Jänner 1992, 91/07/0012, vom 2. Juni 1992, 89/07/0044, vom 15. November 1994, 94/07/0112, 0113, u.a.).

Die Beschwerdeführer legen nicht dar, dass und warum es ihnen unmöglich gewesen sein sollte, zum Gutachten des Amtssachverständigen Stellung zu nehmen und ihre Gegenposition darzulegen. Dass die Behauptung, das Gutachten sei ihnen nicht zugestellt worden, falsch ist, wurde bereits dargelegt.

Ein Fragerecht der Parteien an den Sachverständigen sah das AVG in der zur Zeit der Gutachtenserstellung und des Parteiengehörs zu diesem Gutachten geltenden Fassung nicht vor. Auch die AVG-Novelle BGBl. I 158/1998 führte ein solches Fragerecht lediglich bei mündlichen Verhandlungen ein (§ 43 Abs. 4 AVG). Abgesehen davon haben die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht beantragt, an den Sachverständigen Fragen stellen zu können.

Den Beschwerdeführern wurde überdies vor Beschwerdeerhebung der Name des Amtssachverständigen bekannt gegeben. Sie bringen trotzdem in der Beschwerde nichts vor, was geeignet wäre, Zweifel an der Unbefangenheit oder Fachkunde dieses Amtssachverständigen aufkommen zu lassen. Die Behauptung, eine Befangenheit des Amtssachverständigen ergebe sich daraus, dass er nicht zu den relevanten Themen des Berufungsverfahrens Stellung genommen habe, ist unrichtig. Der Amtssachverständige hat entsprechend seiner Aufgabe jene Fragen beantwortet, die ihm die belangte Behörde vorgegeben hat. Zu anderen Themen konnte er gar keine Stellungnahme abgeben. Wenn die Beschwerdeführer daher meinen, die Befangenheit des Amtssachverständigen gehe daraus hervor, dass er nicht zu dem von ihnen als entscheidungserheblich erachteten Thema des Mindeststandards für die Sanierung der Deponie Stellung genommen habe, so erweist sich dieses Vorbringen als verfehlt, wobei auch noch darauf hinzuweisen ist, dass die belangte Behörde dem Amtssachverständigen die unter dem Aspekt der anzuwendenden Bestimmung des § 138 WRG 1959 entscheidungserheblichen Fragen gestellt hat, während das Thema, das die Beschwerdeführer behandelt wissen wollten, infolge Unanwendbarkeit des § 31d Abs. 3 WRG 1959 in der Fassung der Wasserrechtsgesetznovelle Deponien im vorliegenden Zusammenhang völlig verfehlt ist. Im Beschwerdefall geht es nicht darum, ob und in welchem Ausmaß die Deponie der Beschwerdeführer im Sinne der Bestimmungen des § 31d WRG 1959 an den Stand der Technik anzupassen ist, sondern um die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach § 138 WRG 1959.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. September 1999

Schlagworte

Amtssachverständiger der Behörde beigegeben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999070071.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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