TE Lvwg Erkenntnis 2018/9/4 LVwG 443.8-1812/2018

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Veröffentlicht am 04.09.2018
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Entscheidungsdatum

04.09.2018

Index

97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

BVergG 2006 §74

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Schnabl, die Richterin Mag. Schlossar-Schiretz und den Richter Dr. Auprich im Nachprüfungsverfahren betreffend das Vergabeverfahren „Lieferung eines mobilen Teleskop-Tribünensystem Messe B C G“, durch die Messe B C G Betriebsgesellschaft m.b.H., Mplatz, G, vertreten durch die D Rechtsanwalt GmbH, Bgasse, G, über den Antrag der A d.o.o., B n G, Slowenien, vertreten durch E Rechtsanwälte GmbH, Sgasse, G,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Dem Nachprüfungsantrag wird

Folge gegeben,

und die auf Seite 4 der Ausschreibungsunterlage angeführte Festlegung „Erklärung, dass es zur Zeit vom Besitzer keine Verkaufsabsichten des Unternehmens oder des für die Auftragserfüllung betroffenen Unternehmensteils gibt“ für nichtig erklärt.

II.    Die Messe B C G Betriebsgesellschaft mbH, Mplatz, G, hat der Antragstellerin die entrichteten Pauschalgebühren von insgesamt € 1.500,00 binnen zwei Wochen bei sonstigen Zwangsfolgen zu ersetzen.

Die von der Antragstellerin zu viel entrichtete Pauschalgebühr in der Höhe von € 1.500,00 wird ihr durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark zurückerstattet.

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Mit dieser Entscheidung tritt die einstweilige Verfügung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 12.07.2018, GZ: LVwG 45.8-1813/2018-4, ex lege außer Kraft.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Vorbringen der Parteien:

A) Mit Eingabe vom 10.07.2018, eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Steiermark per Telefax am selben Tag um 11.49 Uhr, brachte die A d.o.o., vertreten durch E Rechtsanwälte GmbH (im Folgenden: die Antragstellerin) einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein.

Unter einem wurde ein Nachprüfungsantrag betreffend das Vergabeverfahren „Lieferung eines mobilen Teleskop-Tribünensystem Messe B C G“ gestellt, mit dem die Nichtigerklärung einer bestimmten Festlegung in der Ausschreibungsunterlage, in eventu die Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibungsunterlage, beantragt wurde. Begründend führte die Antragstellerin aus, dass auf Seite 4 der Ausschreibungsunterlage angeführt sei, welche Eignungsnachweise ein Bieter zu erbringen habe. Im Bereich der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei in Bullet Point 3 unter anderem eine „Erklärung, dass es zur Zeit vom Besitzer keine Verkaufsabsichten des Unternehmens oder des für die Auftrags Erfüllung betroffenen Unternehmensteil gibt“ gefordert. Diese Festlegung sei rechtswidrig, unsachlich und unverhältnismäßig, denn es sei für die Beurteilung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit völlig unerheblich, ob ein „Besitzer“ (gemeint vermutlich: „Eigentümer“) zum Zeitpunkt der Angebotsphase keine Verkaufsabsichten hinsichtlich des Unternehmens oder des für die Auftragserfüllung betroffenen Unternehmensteils habe.

Diese Festlegung greife viel zu tief in die Entscheidungsautonomie eines Bewerbers/Bieters ein und diskriminiere allfällige Bewerber oder Bieter, welche tatsächlich Verkaufsabsichten hätten, in unsachlicher Weise gegenüber solchen, die diese nicht hätten. Dem/Den Eigentümer(n) eines Unternehmens müsse es unbenommen sein, ob das Unternehmen oder Unternehmensteile, z.B. im Rahmen einer Gesamtrechts- oder Teilrechtsnachfolge, veräußert würden, und sei auch zivilrechtlich der Verkauf nicht verbietbar, sondern vielmehr möglich. Darüber hinaus sei die beanstandete Festlegung der Ausschreibungsunterlage unbestimmt und stelle sich die Frage, was genau unter „Verkaufsabsicht“ zu verstehen sei, wie konkret diese sein müsse oder maximal sein dürfe und sei festzuhalten, dass eine Verkaufsabsicht keinesfalls bedeute, dass ein Unternehmen oder ein Unternehmensteil in der Folge tatsächlich verkauft werde. Der Verkauf eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils habe nicht bzw. nicht unmittelbar Auswirkungen auf die finanzielle oder wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Die Antragstellerin sei Hersteller von mobilen Teleskop-Tribünensystemen und habe großes Interesse an der Teilnahme und am Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren. Aus diesem Grund habe die Antragstellerin auch mit Schreiben vom 25.05.2018 ihr Interesse an der Teilnahme an der gegenständlichen Ausschreibung bei der Auftraggeberin bekundet und die Ausschreibungsunterlagen angefordert. Sie habe auch hierfür € 600,00 bezahlt, wobei sie festhalte, dass für Ausschreibungsunterlagen nur in begründeten Fällen ein Entgelt vorgesehen werden dürfe. Die Antragstellerin erachte sich durch die vergaberechtswidrige Vorgangsweise der Auftraggeberin in ihren Rechten auf rechtskonforme Durchführung eines Vergabeverfahrens gemäß § 19 Abs 1 BVergG als verletzt. Beantragt wurde die bezeichnete, beanstandete Festlegung für nichtig zu erklären, in eventu die gesamte Ausschreibungsunterlage für nichtig zu erklären, das gesamte Vergabeverfahren auszusetzen, der Antragstellerin gemäß § 17 AVG Einsicht in den Vergabeakt zu gewähren, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen und die Auftraggeberin dazu zu verpflichten, der Antragstellerin die entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von € 3.000,00 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen der Rechtsvertreter der Antragstellerin zu ersetzen.

B) Zu dem Nachprüfungsantrag äußerte sich die Auftraggeberin, die Messe B C G Betriebsgesellschaft mbH, Mplatz, G, vertreten durch die D Rechtsanwalt GmbH, Bgasse, G, mit Schriftsätzen vom 11.07.2018 und 23.07.2018 dahingehend, dass die Antragstellerin eine Darstellung des ihr unmittelbar drohenden Schadens ihrer Interessen unterlassen habe. Die Antragstellerin habe nicht vorgebracht, dass beabsichtigt sei, das von ihr betriebene Unternehmen oder den von der Erfüllung des Auftrages betroffenen Unternehmensteil zu verkaufen, sodass zu befürchten sei, dass das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden werde. Die behauptete Rechtswidrigkeit sei für den Ausgang des Vergabeverfahrens nicht von wesentlichem Einfluss. Die beanstandete Festlegung sei nach dem objektiven Erklärungswert für den durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen und gingen unklare Ausschreibungsbestimmungen gemäß § 915 ABGB zu Lasten desjenigen, der sie formuliert habe, also zu Lasten der Auftraggeberin. Ein Bieter sei da als finanziell und wirtschaftlich leistungsfähig anzusehen, wenn sein Betrieb in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht so ausgestattet sei, dass er Gewähr für die Erbringung der geforderten Leistungen innerhalb der Vertragsfrist biete. Bei der Beurteilung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gehe es darum bzw. werde geprüft, ob das Unternehmen über ausreichend finanzielle und wirtschaftliche Mittel verfüge, die ihm eine laufende Pflichterfüllung gegenüber dem Auftraggeber aber auch gegenüber Dritten ermögliche. Darüber würden regelmäßig die tatsächlich erbrachten (operativen) Leistungen und die tatsächliche Ertragslage des Unternehmens Aufschluss geben können. Wende man diese Grundsätze auf die beanstandete Festlegung an, so gehe es deren Inhalt nach darum, dass der Eigentümer der A d.o.o. bis zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung nicht beabsichtigen solle, das von dieser betriebene Unternehmen oder den betroffenen Unternehmensteil zu veräußern. Damit im Zusammenhang stehe die Überlegung, dass die Frage, ob das Unternehmen über ausreichende finanzielle und wirtschaftliche Mittel verfüge, untrennbar mit der Person des Eigentümers des Unternehmens verbunden sei. Die Auftraggeberin möchte Gewissheit darüber haben, dass die Erfüllung des ausgeschriebenen Auftrages unter denselben finanziellen und wirtschaftlichen Prämissen, unter denen die Angebotslegung erfolgt ist, abgewickelt werden könne. Die Auftraggeberin möchte somit verhindern, sich an einen anderen Bieter zu binden, dessen wirtschaftliche und finanzielle Eignung infolge eines Wechsels des Eigentümers des Unternehmens bzw. des betroffenen Unternehmensteils ungewiss sei. Die Bedenken der Antragstellerin gingen ins Leere, zumal sie nicht einmal eine beabsichtigte Unternehmensveräußerung behaupte und ein „abstraktes“ Nachprüfungsverfahren geführt werde. Die Auftraggeberin beantragte den Nachprüfungsantrag als unbegründet abzuweisen.

C) Mit Stellungnahme vom 27.08.2018 replizierte die Antragstellerin auf das Vorbringen der Auftraggeberin und verwies noch einmal darauf, dass Ausschreibungsbedingungen jedenfalls in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Sachlichkeit und Nichtdiskriminierung zu verfassen seien. Es sei nicht darauf abzustellen, ob einzelne Bestimmungen in Ausschreibungsunterlagen tatsächlich einen bestimmten Bieter diskriminierten oder nicht. Allein die theoretische Möglichkeit einer Diskriminierung des potentiellen Interessenskreises bzw. Bieterkreises bzw. Unsachlichkeit in den Bestimmungen seien als Verstoß gegen die oft bezeichneten Prinzipien bekämpfbar. Die von der Antragstellerin aufgezeigten und bekämpften Bestimmungen seien jedenfalls rechtswidrig und für den Ausgang des Vergabeverfahrens tatsächlich von wesentlichem Einfluss. Die Auftraggeberin versuche mit der bekämpften Festlegung, eine Bestimmung in den Ausschreibungsunterlagen zu etablieren, die ihr eine willkürliche Handhabe ermögliche. Die gegenständliche Leistungsfähigkeit habe nichts damit zu tun, ob beabsichtigt sei, ein Unternehmen zu verkaufen. Jeder Unternehmer, der nur mit dem Gedanken spiele oder diesen Gedanken äußere - und sei er auch noch so wenig konkret -, sein Unternehmen zu verkaufen, wäre im Sinne der bekämpften Bestimmung nicht leistungsfähig.

Die Antragstellerin verwies auf die bisherigen Ausführungen, erklärte sämtliche Anträge aufrecht zu erhalten, jedoch den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückzuziehen, da es sich in der gegenständlichen Angelegenheit einzig und allein um eine Rechtsfrage handle, welche vom erkennenden Gericht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantwortet werden könne.

D) Mit Stellungnahme vom 03.09.2018 teilte die Auftraggeberin mit, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren zu verzichten.

Da die Richtigkeit der Vergabeakten von den Parteien nicht bestritten wurde, und sich daraus der für die zu beantwortenden Rechtsfrage zugrundeliegende Sachverhalt ergibt, konnte auf die Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung verzichtet werden und wurde die für den 06.09.2018 anberaumte Verhandlung abberaumt.

Feststellungen:

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark geht aufgrund der vorgelegten Original-Unterlagen, insbesondere der von der Auftraggeberin vorgelegten Original-Ausschreibungsunterlage, und des Parteienvorbringens von nachstehendem, entscheidungsrelevantem Sachverhalt aus:

Die Messe B C G Betriebsgesellschaft mbH, Mplatz, G, führt das Vergabeverfahren „Lieferung eines mobilen Teleskop-Tribünensystem Messe B C G“ im offenen Verfahren zum Abschluss eines Lieferauftrags für den Oberschwellenbereich nach vorheriger, EU-weiter Bekanntmachung durch.

In der Ausschreibungsunterlage ist als vergebende Stelle bzw. Sachbearbeiter „Ing. F G, F.G@xxx.at“ angeführt.

Die Bekanntmachung mit der Zahl 2018/S097-222379 erfolgte am 24.05.2018. Als Ende der Angebotsfrist wurde der 18.07.2018, 11:00 Uhr, angegeben.

In den Ausschreibungsunterlagen finden sich auf den Seiten 3 und 4 nachstehende Festlegungen:

„Eignungskriterien, Eignungsnachweise

Wir nehmen folgende vom Auftraggeber festgelegte Eignungsnachweise und von uns zu erfüllende Eignungskriterien (Mindestanforderungen) zur Kenntnis:

Eignungsnachweise

Zum Nachweis der Eignung sind folgende Eignungsnachweise festgelegt:

Berufliche Zuverlässigkeit:

Befugnis:

Finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit:

Erklärung über den Gesamtumsatz für die letzten drei Geschäftsjahre oder für einen kürzeren Tätigkeitszeitraum, falls das Unternehmen noch nicht so lange besteht, gilt nur für die Sparte Tribünenbau!

Erklärung über den Umsatz von Lieferungen solcher Systeme für die letzten fünf Geschäftsjahre oder für einen kürzeren Tätigkeitszeitraum, falls das Unternehmen noch nicht so lange besteht.

Bonitätsauskunft des Kreditschutzverbandes von 1870 oder einer gleichwertigen Ratingeinrichtung oder Bankgarantie-Promesse (Verpflichtungserklärung eines Kreditinstitutes im Sinn des BWG zur Ausstellung einer Bankgarantie im Auftragsfall) sowie eine Erklärung, dass es zur Zeit vom Besitzer keine Verkaufsabsichten des Unternehmens oder des für die Auftrags Erfüllung betroffenen Unternehmensteil gibt.“

Die Festlegungen auf Seite 10 der Ausschreibungsunterlage, Allgemeine Bedingungen, lauten:

„Eignungskriterien (gilt nur bei offenen Verfahren oder Direktvergabe mit Bekanntmachung)

Allgemeines

Der gesamte Punkt gilt nur im Fall eines offenen Verfahrens oder einer Direktvergabe mit Bekanntmachung.

Die Bieter müssen spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist über die zur Leistungserbringung erforderliche Eignung verfügen.

Die verlangten Eignungsnachweise können auch durch den Nachweis der Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten beigebracht werden, sofern diesem die vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen in der vom Auftraggeber gewünschten Aktualität vorliegen und vom Auftraggeber selbst unmittelbar abrufbar sind (z.B. xx).

Wenn der Bieter die festgelegten Eignungsnachweise nicht bereits mit dem Angebot vorlegt, hat er zu erklären, dass er die in dieser Ausschreibung verlangten Eignungskriterien erfüllt und die in der Ausschreibung festgelegten Eignungsnachweise auf Aufforderung des Auftraggebers unverzüglich beibringen kann. Ein Angebot wird ausgeschieden, wenn der Bieter die in einer solchen Anforderung genannten Nachweise nicht innerhalb der in der Aufforderung gesetzten Frist vollständig beibringt, wobei die in der Aufforderung gesetzte Frist auch nur einen Werktag betragen kann.“

Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Vergabeaktes, insbesondere der Ausschreibungsunterlagen und der EU-weiten Bekanntmachung vom 24.05.2018.

Zu Spruchpunkt I.:

Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark und Zulässigkeit des Antrages:

Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt den materiellen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006), BGBl. I Nr. 10/2006 idgF sowie hinsichtlich des Nachprüfungsverfahrens dem Steiermärkischen Vergaberechtsschutzgesetz 2012 (StVergRG), LGBl. Nr. 80/2012 idgF.

Die Messe B C G Betriebsgesellschaft mbH ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 3 Abs 1 Z 2c BVergG und unterliegt gemäß § 4 StVergRG der Nachprüfung durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark.

Da es sich um ein Verfahren im Oberschwellenbereich handelt, entscheidet das Landesverwaltungsgericht gemäß § 3 Abs 2 StVergRG durch einen Senat.

Die Antragstellerin bekämpft eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 16 lit. a) sublit. aa) BVergG – die Ausschreibung in einem offenen Verfahren.

Als Ende der Angebotsfrist war in der Ausschreibung der 18.07.2018, 11:00 Uhr, angegeben, der am 10.07.2018 eingebrachte Nachprüfungsantrag ist daher gemäß § 6 Abs 4 StVergRG fristgerecht eingebracht.

Im Vergabeverfahren wurde weder der Zuschlag erteilt, noch das Vergabeverfahren widerrufen. Der gegenständliche Nachprüfungsantrag wurde ordnungsgemäß vergebührt und entspricht den formalen Kriterien des § 7 StVergRG.

Rechtliche Beurteilung:

§ 2 Z 20 lit. c) BVergG 2006:

„Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

20.  Kriterien:

     c)  Eignungskriterien sind die vom Auftraggeber festgelegten, nicht diskriminierenden, auf den Leistungsinhalt abgestimmten Mindestanforderungen an den Bewerber oder Bieter, die gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nachzuweisen sind.

…“

§ 19 BVergG 2006:

„(1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

§ 69 BVergG 2006:

„Unbeschadet der Regelung des § 20 Abs. 1 muss die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit spätestens

         1.       beim offenen Verfahren zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung,

vorliegen.“

§ 70 BVergG 2006:

„(1) Der Auftraggeber hat festzulegen, mit welchen Nachweisen gemäß den §§ 71 bis 75 Unternehmer, die an einem Vergabeverfahren teilnehmen, ihre

         1.       berufliche Befugnis,

         2.       berufliche Zuverlässigkeit,

         3.       finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie

         4.       technische Leistungsfähigkeit

zu belegen haben. Nachweise dürfen nur so weit festgelegt werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages gerechtfertigt ist. Dabei hat der Auftraggeber die berechtigten Interessen des Unternehmers am Schutz seiner technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

(2) Bewerber oder Bieter können ihre Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch durch die Vorlage einer Erklärung belegen, dass sie die vom Auftraggeber verlangten Eignungskriterien erfüllen und die festgelegten Nachweise auf Aufforderung unverzüglich beibringen können (Eigenerklärung). In einer solchen Erklärung sind die Befugnisse anzugeben, über die der Unternehmer konkret verfügt.

(3) Bei der Vergabe von Aufträgen kann der Auftraggeber die Vorlage bestimmter Nachweise von bestimmten Bewerbern oder Bietern verlangen, sofern dies nach Auffassung des Auftraggebers erforderlich ist. Bei der Vergabe von Aufträgen im Oberschwellenbereich hat der Auftraggeber vor Zuschlagserteilung die Vorlage der festgelegten Nachweise vom Zuschlagsempfänger jedenfalls zu verlangen; bei einer Vergabe in Losen gilt dies nur, wenn der geschätzte Wert des einzelnen Loses den in § 12 Abs. 1 genannten jeweiligen Schwellenwert erreicht.

(4) Nach Maßgabe des Abs. 3 kann der Auftraggeber den Unternehmer auffordern, erforderliche Nachweise binnen einer angemessenen Frist vorzulegen bzw. vorgelegte Bescheinigungen binnen einer angemessenen Frist zu vervollständigen oder zu erläutern. Nachweise können auch in Kopie oder elektronisch vorgelegt werden.

(5) Der Unternehmer kann den Nachweis der Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch durch den Nachweis der Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten führen, sofern diesem die vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen in der vom Auftraggeber gewünschten Aktualität vorliegen und vom Auftraggeber selbst unmittelbar abrufbar sind. Der Unternehmer kann den Nachweis der Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch mit anderen als den vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen führen, sofern die festgelegten Unterlagen aus einem gerechtfertigten Grund nicht beigebracht werden können und die vorgelegten Unterlagen die gleiche Aussagekraft wie die ursprünglich festgelegten aufweisen. Der Nachweis der gleichen Aussagekraft ist vom Unternehmer nach Aufforderung zu erbringen.

(6) Im Falle der Angebotslegung durch eine Arbeitsgemeinschaft oder eine Bietergemeinschaft hat jedes Mitglied die Befugnis für den ihm konkret zufallenden Leistungsteil nach Maßgabe der Abs. 2 bis 4 nachzuweisen.“

§ 74 BVergG 2006:

„(1) Als Nachweis für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemäß § 70 Abs. 1 Z 3 kann der Auftraggeber insbesondere verlangen:

1.   eine entsprechende Bankerklärung (Bonitätsauskunft),

2.   einen Nachweis einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung,

3.   die Vorlage von Bilanzen oder Bilanzauszügen, sofern deren Offenlegung im Herkunftsland des Unternehmers gesetzlich vorgeschrieben ist,

4.   eine Erklärung über die solidarische Haftung von Subunternehmern gegenüber dem Auftraggeber, falls sich der Unternehmer zum Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf die Kapazitäten von Subunternehmern stützt,

5.   eine Erklärung über den Gesamtumsatz und gegebenenfalls über den Umsatz für den Tätigkeitsbereich, in den die gegenständliche Vergabe fällt, höchstens für die letzten drei Geschäftsjahre oder für einen kürzeren Tätigkeitszeitraum, falls das Unternehmen noch nicht so lange besteht.

(2) Kann ein Unternehmer aus einem von ihm glaubhaft zu machenden berechtigten Grund die vom Auftraggeber gemäß Abs. 1 geforderten Nachweise nicht beibringen, so kann er den Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen vom Auftraggeber für geeignet erachteten Nachweises erbringen. Als geeignete Nachweise sind jedenfalls anzusehen:

         1.       Angaben über die Anzahl der beschäftigten Dienstnehmer;

         2.       Angaben über Unternehmensbeteiligungen;

         3.       Angaben über Kapitalausstattung, Anlagevermögen, Grundbesitz.“

Der Begriff „Eignung“ wird im BVergG 2006 – wie sich der Überschrift zum 5. Abschnitt ausdrücklich entnehmen lässt – im Zusammenhang mit Anforderungen an eine Person (namentlich an den Unternehmer) und somit in der Bedeutung von „Qualifikation“ oder „Befähigung“ verwendet. Auch gemäß den ErläutRV 1171 BlgNr. 22.GP59 ist der Begriff „Eignung“ in der Überschrift des 5. Abschnittes als Oberbegriff über das Nichtvorliegen eines Ausschlussgrundes sowie das Vorliegen der geforderten Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit zu verstehen. Eignung stellt somit einen Überbegriff für alle Anforderungen an die Person des Auftragnehmers dar, die im Zusammenhang mit seiner Befähigung bzw. Fähigkeit stehen, die ausgeschriebene Leistung in der verlangten Art zu erbringen (Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum BVergG, § 68 Abs 1 Z 7, RZ 3ff).

Die Prüfung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit ist ein Teil der Gesamtprüfung der Eignung des Bieters bzw. Bewerbers zur Erbringung der auftragsgemäßen Leistung. Neben den subjektiven Elementen der Befugnis (§ 71 BVergG) und der Zuverlässigkeit (§§ 72, 73 BVergG) des Bieters für die Leistungserbringung hat sich der Auftraggeber auch über das Vorhandensein der infrastrukturellen Voraussetzungen zu versichern: Der Betrieb des Bieters muss in Bezug auf seine wirtschaftlichen und finanziellen (§ 74 BVergG) und technischen (§ 75 BVergG) Ressourcen ex ante objektiv geeignet erscheinen, die auftragsgemäße Leistung während der gesamten Dauer des Vertrages zu erfüllen.

In § 74 BVergG ist geregelt, welche Nachweise der Auftraggeber typischerweise verlangen darf, um die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bieter festzustellen. Die Festlegung des Standards dessen, was Bieter zur Leistungserbringung an Mindestvoraussetzungen erfüllen müssen, liegt grundsätzlich im Ermessen des Auftraggebers (EuGH 09.07.1987, Rs 27-29/86, CEI RdN. 26). Die Aufzählung möglicher Nachweise in § 74 Abs 1 BVergG ist nicht abschließend, die Bestimmung steht aber zugleich unter der generellen Einschränkung des § 70 Abs 2 BVergG, wonach alle (auch die in Abs 1 genannten) Nachweise jedenfalls durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sein müssen. Eignungsnachweise müssen somit – bezogen auf den Leistungsinhalt – verhältnismäßig bzw. sachlich gerechtfertigt sein (VwGH 20.04.2016, Ra 2015/04/0018).

Die Beweislast für das Vorliegen der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit trifft den Bieter. Welche Leistungsnachweise vom Auftraggeber verlangt werden, ist als Folge des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß § 19 Abs 1 BVergG schon in der Bekanntmachung bzw. in den Ausschreibungsunterlagen anzugeben (Jaeger in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum BVergG, § 74, RZ 1ff).

Im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren wurde von der Antragstellerin die auf Seite 4 der Ausschreibungsunterlage angeführte Festlegung, wonach zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unter anderem eine „Erklärung, dass es zur Zeit vom Besitzer keine Verkaufsabsichten des Unternehmens oder des für die Auftragserfüllung betroffenen Unternehmensteils gibt“ als rechtswidrig, unsachlich und unverhältnismäßig beanstandet.

Nach geltender Rechtsprechung sind Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibungsbestimmungen kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr der objektive Erklärungswert der Ausschreibungsbestimmungen (VwGH 27.10.2014, 2012/04/0066; VwGH 15.03.2017, Ra 2014/04/0052).

Der von der Auftraggeberin verwendete Begriff „Verkaufsabsichten“ gibt einem durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt keinen Hinweis darauf, was genau unter „Verkaufsabsicht“ zu verstehen ist, wie konkret diese sein muss oder maximal sein darf, oder ob eine ursprüngliche Verkaufsabsicht, welche nicht in einem Verkauf mündet, ebenfalls geeignet ist die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bieters auszuschließen. Dadurch ist auch nicht nachvollziehbar, welcher Eignungsnachweis im gegenständlichen Fall geeignet ist, um die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Sinne dieser Bestimmung tatsächlich nachzuweisen.

Auf Seite 10 der Ausschreibungsunterlage hat die Auftraggeberin festgelegt, dass die verlangten Eignungsnachweise auch durch den Nachweis der Eintragung in einem einschlägigen allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten beigebracht werden können, sofern diesem die vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen in der vom Auftraggeber gewünschten Aktualität vorliegen und vom Auftraggeber selbst unmittelbar abrufbar sind (xx).

Im Hinblick auf den in § 19 Abs 1 BVergG 2006 verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter ist davon auszugehen, dass die in § 70 Abs 5 BVergG 2006 enthaltene Grundregel, wonach die vom Bieter alternativ vorgelegten Unterlagen die gleiche Aussagekraft haben müssen, wie die ursprünglich von der Auftraggeberin festgelegten Unterlagen auch im Anwendungsbereich des § 74 Abs 2 BVergG 2006 maßgeblich ist. Alternativ vorgelegte Unterlagen müssen nicht nur geeignet sein, die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (abstrakt) darzutun, sondern es muss damit das gleiche Niveau an Eignung nachgewiesen werden, das die Auftraggeberin mit den ursprünglich von ihr verlangten Unterlagen nachgewiesen haben wollte.

Da im gegenständlichen Fall dem Ausschreibungstext nicht zu entnehmen ist, welchen konkreten Nachweis die Auftraggeberin bei der Festlegung der Eignungsnachweise betreffend die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Bezug auf eine Erklärung etwaiger Verkaufsabsichten des Bieters verlangt, ist auch nicht feststellbar, welche konkreten Informationen bzw. Unterlagen von einem eventuellen Bieter in einem allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten beigebracht werden könnten, um seine finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch alternativ vorgelegte Unterlagen zu diesem Kriterium nachweisen zu können.

In der Ausschreibungsunterlage ist auf Seite 10 betreffend die Eignungskriterien u.a. festgelegt, dass die Bieter spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist über die zur Leistungserbringung erforderliche Eignung verfügen müssen, diese somit nach der von der Auftraggeberin in der Ausschreibungsunterlage getroffenen Festlegung bis zu diesem Zeitpunkt bzw „zur Zeit“ keine Verkaufsabsichten des Unternehmens oder des für die Auftragserfüllung betroffenen Unternehmensteils haben dürfen.

Gemäß § 69 Z 1 BVerG 2006 muss die Eignung im offenen Verfahren spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen. Nach geltender Rechtsprechung darf die Leistungsfähigkeit nach dem in dieser Bestimmung genannten Zeitpunkt nicht mehr verloren gehen und muss jedenfalls bis zur Zuschlagserteilung gegeben sein (VwGH 17.06.2014, 2013/04/0033; VwGH 17.09.2014, 2013/04/0056). Ein Bieter ist nur dann als finanziell und wirtschaftlich leistungsfähig anzusehen, wenn sein Betrieb in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht so ausgestattet ist, dass er Gewähr für die Erbringung der geforderten Leistungen innerhalb der Vertragsfrist bietet (BVwG 26.03.2014, W187 2001000-1/30E = RPA2014, 200 (mit Anmerkung Zleptnig)).

Die von der Auftraggeberin auf Seite 3 der Ausschreibung getroffene Festlegung, wonach als Nachweis für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit u.a. eine Erklärung, dass es zur Zeit vom Besitzer keine Verkaufsabsichten des Unternehmens oder des für die Auftragserfüllung betroffenen Unternehmensteils gibt, erweist sich auch im Hinblick auf obige Ausführungen als rechtswidrig, da durch die Verwendung des unbestimmten Begriffs „zur Zeit“ keinesfalls klargestellt ist, dass die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Bieters nach dem in der Festlegung genannten Zeitpunkt nicht mehr verloren gehen darf und jedenfalls bis zur Zuschlagserteilung gegeben sein muss.

Die Auftraggeberin hat dargelegt, dass die Frage, ob das Unternehmen über ausreichende finanzielle und wirtschaftliche Mittel verfügt, untrennbar mit der Person des Eigentümers des Unternehmens verbunden sei und die Auftraggeberin die Gewissheit haben möchte, dass die Erfüllung des ausgeschriebenen Auftrages unter denselben finanziellen und wirtschaftlichen Prämissen, unter denen die Angebotslegung erfolgt ist, abgewickelt werden kann und sich die Auftraggeberin nicht an Bieter binden möchte, deren wirtschaftliche und finanzielle Eignung in Folge eines Wechsels des Eigentümers des Unternehmens bzw. des betroffenen Unternehmensteils ungewiss sei.

Der Auftraggeberin kommt die Befugnis zu, das Niveau an finanzieller und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit innerhalb der Schranken des § 70 Abs 1 BVergG 2006 festzulegen (VwGH 20.04.2016, Ra 2015/04/0018; VwGH 04.07.2016, Ra 2015/04/0085), allerdings ist sie in der Folge bei der Eignungsprüfung – und somit auch bei der Prüfung der alternativ vorgelegten Nachweise – an diese (bestandfeste) Festlegung gebunden und hat hinsichtlich aller Bieter den gleichen Maßstab zugrunde zu legen.

Da das verfolgte Ziel in einer ordnungsgemäßen Erbringung der konkret nachgefragten Leistung liegt, muss jede vom Bieter geforderte Eigenschaft in einer vernünftigen Relation zum Auftragsgegenstand stehen und somit auf diesen rückführbar sein (BVA 02.06.2000, F-3/00-10).

Da § 70 BVergG keine Regelung betreffend eine Substitutionsmöglichkeit von Nachweisen für den Auftraggeber vorsieht, können nur solche Eignungskriterien festgelegt werden, deren Erfüllung mit den zur Verfügung stehenden zulässigen Nachweisen überprüft werden kann. Der Umfang der verlangten Eignung muss eindeutig angegeben werden bzw. aus der Ausschreibung eindeutig erkennbar sein, da Unternehmer nur auf diese Weise abschätzen können, ob eine Teilnahme an einem Vergabeverfahren für sie überhaupt in Frage kommt (Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum BVergG, § 70 Abs 1 Z 3, RZ 11ff).

Die von der Auftraggeberin getroffene Festlegung entspricht nicht der generellen Einschränkung des § 70 Abs 2 BVergG, da eine mögliche Verkaufsabsicht keinen Schluss auf die infrastrukturellen Voraussetzungen wie die Ertragslage oder die operativen Leistungen eines Bieters zulässt, und die Hintergründe für eine solche Absicht mannigfaltig sein können. Aber auch der Umstand, dass ein möglicher Bieter zur Zeit keine Verkaufsabsichten des Unternehmens oder des für die Auftragserfüllung betroffenen Unternehmensteils hat, lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf ein bestimmtes Ausmaß seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu (VwGH 04.07.2016, Ra 2015/04/0085).

Zusammenfassend stellt die angefochtene Festlegung kein Eignungskriterium und der darin geforderte Nachweis keine nachvollziehbare, überprüfbare Anforderung an die Person des Bieters im Sinne des § 74 Abs 1 BVergG dar. Die nicht objektive und intransparente Festlegung von Nachweisen für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, wie hier, lässt willkürliche Interpretationsspielräume offen, und würde auch eine gerichtliche Überprüfbarkeit einer allfälligen Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung durch die Nachprüfungsbehörde verunmöglichen (BVA 31.08.2016, N/0062-BVA/12/2006-22).

Ein der Antragstellerin drohender Schaden liegt bereits dann vor, wenn die Möglichkeit, am Vergabeverfahren teilzunehmen, durch die behauptete Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werden kann. Dem wird entsprochen, wenn die entsprechende Behauptung plausibel ist (VwGH 24.02.2010, 2008/04/0239; VwGH 20.04.2016, Ra 2015/04/0018).

Da die Anfechtung rechtswidriger Entscheidungen, wie etwa einer rechtswidrigen Ausschreibung, noch vor Erteilung des Zuschlags, ja selbst vor Eingang der Angebote – also zu einem Zeitpunkt, zu dem das Ergebnis der Bestbieterermittlung überhaupt nicht festgestellt werden kann - möglich ist, muss die rechtswidrige Entscheidung lediglich von potentieller Relevanz für den Ausgang des Vergabeverfahrens sein. Im gegenständlichen Fall hat die Antragstellerin ihr Interesse an der Teilnahme des Vergabeverfahrens nachvollziehbar bekundet und hat darauf hingewiesen, dass die Festlegung in der Ausschreibungsunterlage betreffend des zu erbringenden Eignungsnachweises im Bereich der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Bullet Point 3 unbestimmt und intransparent ist und es unklar bleibt, wann die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Bieters gegeben ist bzw. wie diese tatsächlich nachgewiesen werden kann.

Da eine ausreichende objektive Bestimmtheit des von der Auftraggeberin geforderten Eignungskriteriums der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht gegeben ist, ist die Relevanz der festgestellten Rechtwidrigkeit für den Verfahrensausgang im Sinne des § 5 Abs 1 StVergRG jedenfalls zu bejahen (VwGH 24.02.2010, 2008/04/0239; VwGH 20.04.2016, Ra 2015/04/0018).

Auf den Eventualantrag der Antragstellerin war nicht einzugehen, da dem Antrag auf Nichtigerklärung der beanstandeten Festlegung Folge gegeben worden ist.

Zu Spruchpunkt II.:

Gemäß § 29 Abs 1 und 2 StVergRG haben obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz ihrer entrichteten Pauschalgebühren.

Da dem Nachprüfungsantrag stattgegeben wurde, war der Auftraggeberin der Ersatz der Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt € 1.500,00 (€ 500,00 für den Nachprüfungsantrag gemäß § 1 Z 6 iVm § 3 Abs 3 Steiermärkische Vergabepauschalgebührenverordnung 2012 und € 1.000,00 für die Einstweilige Verfügung gemäß § 3 Abs 1 iVm § 1 Abs 6 Z b) Steiermärkische Vergabepauschalgebührenverordnung 2012) aufzuerlegen.

Die von der Antragstellerin zu viel entrichtete Gebühr in Höhe von € 1.500,00 wird ihr von Seiten des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark refundiert.

Zu Spruchpunkt III.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausschreibung, Verkaufsabsichten, Nachweis, finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2018:LVwG.443.8.1812.2018

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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