TE Bvwg Beschluss 2018/8/7 L515 1308498-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.08.2018
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Entscheidungsdatum

07.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

L515 1308494-2/2E

L515 1308498-2/2E

L515 1308496-2/2E

BESCHLUSS

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, am XXXX geb., StA. Aserbaidschan, vertreten durch Rae Dr. Martina DELLASEGA & Dr. Max KAPFERER, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, vom 10.04.2018,

gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.03.2018, Zl.: XXXX, wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Aserbaidschan, vertreten durch Rae Dr. Martina DELLASEGA & Dr. Max KAPFERER, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX vom 10.04.2018 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.03.2018, Zl. XXXX, wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Aserbaidschan, vertreten durch Rae Dr. Martina DELLASEGA & Dr. Max KAPFERER, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX vom 10.04.2018 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.03.2018, Zl. XXXX, wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführenden Parteien (gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als "bP1" - "bP3" bezeichnet), brachten am im Akt ersichtlichen Datum bei der belangten Behörde Anträge auf die Ausstellung eines Fremdenpasses ein.

In Bezug auf die bP, welche -von der bB nicht widerlegt- von gemischt-ethnischen armenisch-aserischen Vorfahren abstammen, ging die bB von der aserbaidschanischen Staatsbürgerschaft aus. In Bezug auf den Gatten der bP1 bzw. Vater von bP2 und bP3 wurde unwiderlegt von der armenischen Staatsbürgerschaft ausgegangen.

bP1 brachte -bisher ebenfalls unwiderlegt- vor, Aserbaidschan (damals als AsSSR Teil der UdSSR) im Jahre 1988 verlassen und nach einem Aufenthalt in Georgien und Armenien (ebenfalls damals Sowjetrepubliken in der UdSSR) in die Russische Föderation (damals als RSFSR Teil der UdSSR) und mehrere Jahre nach der Erlangung der Eigenstaatlichkeit der oa. ehemaligen Sowjetrepubliken nach Österreich weitergereist zu sein.

Die bP2 und bP3 wären in der Russischen Föderation geboren.

Die bP brachten selbst vor, staatenlos zu sein.

Die Anträge der bP wurden abgewiesen. Die bB ging davon aus, dass die bP aserbaidschanische Staatsbürger wären und daher die Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 FPG nicht vorliegen.

In der Beschwerde wurde das bisherige Vorbringen wiederholt. Insbesondere wurde vorgebracht, dass in Bezug auf die bP1 nicht § 88 Abs. 1 FPG, sondern Abs. 2 leg. cit die maßgebliche Rechtsvorschrift darstellen würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.

1. Feststellungen:

1.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.

1.2. Fest steht, dass der Gatte der bP1 bzw. Vater von bP2 und bP3 Staatsbürger der Republik Armenien ist.

1.2.1. Von welcher Staatsbürgerschaft in Bezug auf die bP1 - bP3 auszugehen ist stellt sich im Lichte des gegenwärtig vorliegenden Wissensstandes nicht fest. In Frage kommen nach ho. Ansicht allenfalls die aserische (Abstammung der bP1), die russische (mehrjähriger Aufenthalt in der Russischen Föderation) und die armenische (Familienangehörigen-eigenschaft mit einem armenischen Staatsbürger).

1.2.2. Zu den möglichen Staatsbürgerschaften wird Folgendes ausgeführt:

1.2.2.1. Erwerb der aserbaidschanischen Staatsbürgerschaft von Abkömmlingen aus gemischt ethnischen armenisch-aserischen Vorfahren:

Es kann als notorisch angesehen werden, dass die in den Jahren 1988 -1992 in Aserbaidschan stattgefundenen und gegen die Bevölkerung der armenischen Ethnie gerichteten Pogrome eine Fluchtwelle von in Aserbaidschan lebenden Armeniern bewirkte. Allein nach den im Januar 1990 stattgefundenen Pogromen in Baku sollen von der sowjetischen Armee 40 000 Personen nach Russland evakuiert worden sein. Außer nach Russland und nach Armenien sowie in andere Republiken der zu dieser Zeit noch bestehenden Sowjetrepubliken (vor allem auch in die Ukraine) flüchtete ein großer Teil der Flüchtlinge auch in die westlichen Länder. Die Zahl der, der armenischen Ethnie angehörigen Personen, die in dieser Zeit aus Aserbaidschan geflüchtet sind, wird auf ca. 300 000 Personen geschätzt.

Die als allgemein bekannt zu erachtende Trennung der Republik Aserbaidschan von der UDSSR am 18.10.1991 wurde mit einem sog. Verfassungsakt des Obersten Sowjets der Republik dieses Datums vorgenommen.

Die originäre (ohne Antrag) Übernahme in die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft nach dem Zerfall der Sowjetunion, regelte Art. 4 des noch vor Ausrufung der Unabhängigkeit Aserbaidschans (18.10.1991) beschlossenen und ab dem 1.1.1991 in Kraft getretenen Staatsangehörigkeitsgesetz der Aserbaidschanischen SSR vom 26 Juni 1990. Dieses Gesetz galt bis zum Inkrafttreten des geltenden Staatsangehörigkeitsgesetzes der Republik Aserbaidschan von 1998. Gemäß Art 4 Abs.1 des zitierten Gesetzes von 1990 wurde die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft allen Personen unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit zuerkannt, die am Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes, also am 1. 1.1991, die sowjetische Staatsbürgerschaft und die "Republikzugehörigkeit" innehatten. Der Begriff "Republikzugehörigkeit" war zwar gesetzlich nicht definiert; unter Berufung auf die ständige Praxis der aserbaidschanischen obersten Verfassungsorgane in den 1980-iger Jahren wird aber davon ausgegangen, dass die Republikzugehörigkeit durch den ständigen Wohnsitz vermittelt wurde, d.h. dass diese nur dann angenommen worden ist, wenn der Betroffene mit einem ständigen Wohnsitz in Aserbaidschan registriert gewesen ist. In für die deutschen Gerichte erstellten Gutachten verschiedener deutscher Forschungsinstitute wird hervorgehoben, dass ein "ständiger Wohnsitz" solange angenommen werden kann, solange der Betroffene am Wohnort "förmlich registriert" gewesen ist, d.h. dass die Republikzugehörigkeit erst mit der förmlichen Abmeldung zu Ende gegangen ist. Eine solche auch hier geteilte Interpretation dieser Vorschrift wird auch in der deutschen Rechtsprechung geteilt. Dabei wird allerdings darauf hingewiesen, dass eine solche förmliche Abmeldung nicht immer auch vom Betroffenen vorgenommen werden musste. Bei Personen etwa, die wegen der Pogrome Aserbaidschan verlassen haben, wurde die Tilgung der Registrierung bei einer längeren Abwesenheit des Betroffenen vom Wohnort auch "von Amts wegen" vorgenommen. Das Innenministerium der Republik Aserbaidschan hat zentral wie auch auf unteren Ebenen vor dem Inkrafttreten des Staatsangehörigkeitsgesetzes 1998, im Wesentlichen im Zeitraum von 1991 bis 1994, teilweise noch bis 1998, in mehreren "Wellen" für eine amtswegige Abmeldung (oder schlichte "Registersäuberung") abwesender armenischer Volkszugehöriger Sorge getragen. Nicht auszuschließen sein dürften auch rückdatierte amtliche Abmeldungen oder nachträgliche "Register-Säuberungen" in Fällen unerwünschter Personen.

(Transkaukasus Institut, Gutachten vom 25.8.2006)

Gemäß Art. 5 Abs. 1 des zur Zeit geltenden aserbaidschanischen StAG vom 30. 9.1998 (in Kraft seit dem 1. 1. 1999 idgF) erlangten die aserbaidschanische Staatsangehörigkeit von Gesetzes wegen alle Personen die diese StA auch auf Grund des Gesetzes von 1990 hatten, allerdings unter der Bedingung, dass sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. 1. 1999) an ihrem Wohnort in der Aserbaidschanischen Republik registriert waren. Diese Regelung hatte zur Folge, dass Personen die zum Zeitpunkt 1.1.1999 nicht an ihrem Wohnort in Aserbaidschan registriert waren, die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft entzogen worden ist. Betroffen von dieser Regelung waren vor allem die aus Aserbaidschan geflüchteten ethnischen Armenier mit aserbaidschanischer Staatsbürgerschaft, die entsprechend einer Verordnung des Justizministers von 1998 aus dem Einwohnerregister von den Meldebehörden von Amts wegen gestrichen worden sind.

(Dr. Lammrich, Gutachten vom 07.01.2010)

Das Gutachten des Transkaukasus Institut vom 25.8.2006 führt zur praktischen "Realisierbarkeit" der Staatsangehörigkeit der Republik Aserbaidschan aus, dass armenischen Volkszugehörigen, die sich im Ausland befinden und die früher Staatsbürger der Republik Aserbaidschan waren, nach deren "kalter Ausbürgerung" in der Praxis die gesetzlichen Bestimmungen derart ausgelegt wurden und werden, dass insbesondere diesem Personenkreis keine Ausweise oder Ersatzpapiere ausgestellt werden und der Staat diesen auch keine Einreiseerlaubnis erteilt und somit nicht als ihre Staatsangehörige anerkennen.

1.2.2.2. Russische Staatsbürgerschaft

Originäre Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation

In der Russischen Föderation wurde die originäre Erlangung der Russischen Staatsbürgerschaft durch art. 13 Abs. 1 des StAG der RF vom 28.11.1991 geregelt, wonach alle Staatsbürger der ehemaligen UdSSR, die am Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes ständig auf dem Territorium der RSFSR lebten, als Staatsbürger der Russischen Föderation anerkannte wurden, sofern sie nicht innerhalb eines Jahres nach diesem Tag erklären, der Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation nicht angehören zu wollen (Gutachten von Dr. Siegfried Lammrich vom 7.1.2010 an den Asylgerichtshof). Das russische Staatsbürgerschaftsgesetz enthält keine Bestimmung, wonach auf dem Territorium der Russischen Föderation geborene Kinder von Eltern nichtrussischer Staatsbürgerschaft als russische Staatsbürger gelten (englische Arbeitsübersetzung des StAG der RF siehe http://legislationline.org/documents/action/popup/ id/4189).

Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation durch Verleihung

Das oa. Gesetz sieht die Verleihung der Staatsbürgerschaft auf Antrag vor. Eine solche Einbürgerung sieht den ununterbrochenen legalen Aufenthalt für eine im Gesetz genannte Periode vor (Gutachten von Dr. Siegfried Lammrich vom 7.1.2010 an den Asylgerichtshof).

Darüber hinaus sieht das StAG der Russischen Föderation verschiedene vereinfachte Einbürgerungen vor. Diese setzen jedoch alle ebenfalls einen förmlichen Antrag voraus.

(http://legislationline.org/documents/action/popup/id/4189).

1.2.2.3. Armenische Staatsbürgerschaft

Originäre Staatsbürgerschaft der Republik Armenien

Es wird als notorisch bekannt angesehen, dass sich die Republik Armenien am 21. September 1991 (zuvor Armenische SSR [ArSSR] als Teil der UdSSR) als unabhängiger Staat erklärte. Ab diesem Zeitpunkt stellte sich auch die Frage, wer dem armenischen Staatsvolk zuzurechnen ist, womit sich völkerrechtlich die Frage nach der Staatsangehörigkeit und innerstaatlich für die armenischen Behörden die Frage stellte, wer Staatsbürger des Landes ist.

Vor der Erlangung der Eigenstaatlichkeit Armeniens galt in der ArSSR das Staatsbürgerschaft der UdSSR. Dieses Unionsgesetz blieb bis zur Beendigung der UdSSR spätestens am 26.12.1991 und galt darüber hinaus noch nach der Trennung der Republik Armenien von der UdSSR in der Republik Armenien bis zum Inkrafttreten eines eigenen Staatsbürgerschaftsgesetzes im Jahr 2005 fort. (Gutachten des TKI vom 25.8.2006, AZ G 2006).

Unter Berufung auf ein Schreiben der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Jerewan bzw. dem Deutschen Auswärtigen Amt geht das TKI aaO. davon aus, dass vor dem Inkrafttreten des Staatsangehörigkeitsgesetzes 1995 in der Verwaltungspraxis in der Regel alle ehemaligen Bürger der Sowjetunion mit einer ‚Propiska' in Armenien oder mit dem Nationaleintrag ¿Armenier/in' als Armenier betrachtet wurden. Dies galt umso mehr für die Besitzer alter sowjetischer Pässe mit dem Stempelaufdruck "Proberty of Armenia".

Art. 10 des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes sah in seiner Stammfassung 1995 keine Einschränkung des originären Erwerbs der Einwohner der ehemaligen ArSSR, welche aufgrund der Unabhängigkeitserklärung zu Bewohnern der nunmehrigen Republik Armenien wurden, in jener Art vor, dass nur jene Einwohner der ArSSR nach dem Zerfall der UdSSR die armenische Staatsbürgerschaft erhielten, welche der Titularethnie angehörten.

Gem. Art. 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes der Republik Armenien gelten Kinder, deren Eltern armenische Staatsbürger sind, sowohl gemäß der Stammfassung 1995 als auch nach der Novelle 2007 als armenische Staatsbürger sind, unabhängig vom Ort der Geburt. Dies gilt auch für Kinder, wenn ein Elternteil armenischer Staatsbürger und der andere Elternteil staatenlos ist.

Das armenische Staatsbürgerschaftsgesetzt sieht darüber hinaus ein vereinfachtes Einbürgerungsverfahren für Familienangehörige armenischer Staatsbürger vor.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrenshergang steht aufgrund des zweifelsfrei feststehenden Akteninhaltes fest.

In Bezug auf die bP1 steht im Lichte ihres von der bB angenommenen Lebensweges und der ozit. staatsbürgerschaftlichen nicht fest, welche Staatsbürgerschaft sie besitzt.

In Bezug auf die angenommene aserbaidschanische Staatsbürgerschaft bedeutet dies, dass bP1 -ihren Angaben folgend, von denen offensichtlich auch die bB ausging- als Bürger der UdSSR aus der ArSSR ausgereist ist, es jedoch nicht unwahrscheinlich erscheint, dass sie jedenfalls spätestens seit 1998 auf Grund der erfolgten "kalten Ausbürgerung" nicht mehr als Staatsbürger von Aserbaidschan anzusehen wäre. Ein -wenngleich grds. verfassungsgesetzlich garantierter - Anspruch auf die Staatsbürgerschaft könnte der bP1 in der aserbaidschanischen Verwaltungspraxis verwehrt worden sein. Ob dies der Fall ist, wäre durch weitere Ermittlungen zu klären.

Falls die bP1 die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, wäre an die russische zu denken, zumal sie sich zum Zeitpunkt der Erlangung der Eigenstaatlichkeit der Russischen Föderation dort dauerhaft aufhielt.

Aufgrund der Ehe mit einem armenischen Staatsbürger erscheint auch die Erlangung der armenischen Staatsbürgerschaft nicht lebensfremd.

In Bezug auf bP2 und bP3 sind -je nachdem welche Staatsbürgerschaft sich in Bezug auf die bP1 ergibt, weitere Erhebungen erforderlich, welche abgeleitete Staatsbürgerschaft sich hieraus für sie ergibt.

Letztlich sei auch noch darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass die bP1 tatsächlich als staatenlos anzusehen wäre, aufgrund des Art. 11 des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes davon auszugehen wäre, dass die bP2 und bP3 eine vom Kindesvater abgeleitete armenische Staatsbürgerschaft besitzen würden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.3.2. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.3.3. Gemäß § 28 Abs. 3 hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Das oa. Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Insoweit erscheinen auch die von der höchstgerichtlichen Judikatur -soweit sie nicht die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung betrifft- anwendbar, weshalb unter Bedachtnahme der genannten Einschränkungen die im Erk. des VwGH vom 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482 dargelegten Grundsätze gelten. Mängel abseits jener der Sachverhaltsfeststellung legitimieren das Gericht nicht zur Behebung aufgrund § 28 Abs. 3, 2. Satz (Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167; vgl. auch Fischer/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Anm. 11 zu § 28 VwGVG).

Hinsichtlich der Entscheidungsbefugnis bzw. Entscheidungsverpflichtung geht der Gesetzgeber bei den Verwaltungsgerichten vom Primat der Sachentscheidung aus, wenn er festlegt, dass gem. § 28 Abs. 1 VwGVG das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 leg. cit. hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen,

-

wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,

-

wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder

-

bloß ansatzweise ermittelt hat.

-

Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

In seinem Urteil vom 14.6.2017, C-685 EU:C:2017:452 befasste sich der EuGH mit der Frage, ob nationale Bestimmungen, welche dem Verwaltungsgericht die amtswegige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts -bei entsprechender Untätigkeit der Behörde- der in der europarechtlichen Judikatur geforderten Objektivität und Unvoreingenommenheit des Gerichts entgegenstehen. Nach seiner Ansicht können die Gerichte nach den nationalen Verfahrensregeln zwar verpflichtet sein, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorlage solcher Beweise zu fördern, doch können sie nicht verpflichtet sein, anstelle der genannten Behörden die Rechtfertigungsgründe vorzubringen, die nach dem Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C-390/12, EU:C:2014:281) diese Behörden vorzubringen haben. Werden diese Rechtfertigungsgründe wegen der Abwesenheit oder der Passivität dieser Behörden nicht vorgebracht, müssen die nationalen Gerichte alle Konsequenzen ziehen dürfen, die sich aus einem solchen Mangel ergeben. Der EuGH führte weiters aus, dass die Art. 49 und 56 AEUV, wie sie insbesondere im Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C-390/12, EU:C:2014:281), ausgelegt wurden, im Licht des Art. 47 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Verfahrensregelung, nach der in Verwaltungsverfahren das Gericht, bei der Prüfung des maßgeblichen Sachverhalts die Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache von Amts wegen zu ermitteln hat, nicht entgegenstehen, sofern diese Regelung nicht zur Folge hat, dass das Gericht an die Stelle der zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats zu treten hat, denen es obliegt, die Beweise vorzulegen, die erforderlich sind, damit das Gericht eine entsprechende Prüfung durchführen kann. Die Ausführungen des EuGH beziehen sich zwar auf ein Verwaltungsstrafverfahren, sie sind nach ho. Ansicht jedoch auch im gegenständlichen Fall anwendbar.

Im Lichte einer GRC-konformen Interpretation der verfassungsrechtlichen Bestimmungen, wonach das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden hat, finden diese jedenfalls dort ihre Grenze, wenn das Gericht an die Stelle der zuständigen belangten Behörde zu treten hätte, der es obliegt, dem Gericht die Beweise iSd Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts vorzulegen. Wird diese Grenze überschritten ist das Gericht ermächtigt -wenn nicht sogar verpflichtet- eine kassatorische Entscheidung iSd § 28 Abs. 3 VwGVG zu treffen.

3.3.3.4. Einzelfallbezogen ergibt sich hieraus Folgendes:

Dadurch, dass die bB die Staatsbürgerschaft der bP im Lichte der vorliegenden Hinweise nicht im ausreichendem Maße ermittelte, liegt ein im oa. Sinne beschriebener nicht ermittelter Sachverhalt vor, welcher das ho. Gericht zur kassatorischen Entscheidung ermächtigt.

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. die angefochtenen Bescheide aufzuheben waren.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen und orientiert sich das ho. Gericht in Bezug auf das kassatorische Vorgehen an der ständigen höchstgerichtlichen und europarechtlichen Judikatur.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, Familienverband, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Staatsangehörigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L515.1308498.2.00

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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