TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/3 G313 2182047-1

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Veröffentlicht am 03.10.2018
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Entscheidungsdatum

03.10.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G313 2182047-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX StA. Griechenland, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

2. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 u. 2 FPG ein auf ein Jahr befristetes Aufenthaltsverbot verhängt und gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit erteilt (

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass der BF wegen pornographischer Darstellung von Minderjährigen, unerlaubtem Umgang mit Suchtmitteln und wiederholter Körperverletzung neunmal angezeigt wurde, weiters wäre der BF auch viermal verwaltungsstrafrechtlich belangt worden.

Auch bestünden Gründe für eine Ausweisung und zwar in der Beziehung von umgerechnet 83.471,24 € an -Mindestsicherung in den Jahren von 2010 bis 2016.

Das Verhalten und der Aufenthalt des BF in Österreich stelle eine tatsächliche und hinreichend schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar und laufe öffentlichen Interessen zuwider. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes in der angegebenen Dauer sei zudem gerechtfertigt und notwendig, um die vom BF ausgehende, erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern und um einen positiven Gesinnungswandel zu bewirken. Ein dagegen bestehendes Privat und Familienleben bestünde nicht.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 28.12.2017 Beschwerde. Mit dieser wurde im Wesentlichen vorgebracht, die belangte Behörde hätte sich einen persönlichen Eindruck vom BF verschaffen müssen und hätte seine vor allem finanzielle -Situation festgestellt werden müssen.

4. Der gegenständliche Beschwerdeakt wurde von der belangten Behörde am 9.Jänner 2018 dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vorgelegt.

5. Am 16.4.2018 langte ein polizeilicher Bericht der LPD Tiro wegen des -_Verdachtes des versuchten Diebstahls durch den BF beim BVwG ein,

6. Mit Schreiben vom 16.4.2018, wurde der BF zur Vorlage von Befunden zu seiner gesundheitlichen Situation, von Gehaltsnachweisen bzw Darlegung der finanziellen Situation und Bekanntgabe der privaten Kontakte und Darstellung der Lebenserhaltungskosten zur -Vorbereitung auf eine mündliche Verhandlung aufgefordert.

Es erfolgten zwei Zustellversuche per RSB, die jeweils nicht behoben an das BVwG retourniert wurden.

7. Am 21.8.2018 wurden dem BVwG das rechtskräftige Urteil des LG XXXX, XXXX übermittelt, mit dem der BF zu einer fünfmonatigen Freiheitsstrafe wegen gewerbsmäßgen Diebstahls verurteilt.

Der Versuch den Aufenthalt des BF zu ermitteln blieb erfolglos, eine neue Zustelladresse wurde dem BVwG nicht bekannt gegeben.

8. Der BF wurde zur Fahndung zwecks Festnahme auf Grundlage der Anordnung eines Gerichts für Strafsachen in Barcelona ausgeschrieben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF ist griechischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX in Griechenland geboren. Er ist somit EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 8 FPG idgF.

Der BF war erstmals im Jahre 2001 gemeldet weist danach Meldelücken auf.Von 2006 bis 2010 war der BF nicht gemeldet. Ab 2015 war der BF bei der Caritas der Wohnungslosenherberge gemeldet.

Der BF weist zuletzt eine amtliche Meldung bis 31.1.2018 in der XXXX auf, war danach nicht gemeldet und ab 12.4.2018 wieder an der dortigen Adresse gemeldet. Ihm zugestellte -Poststücke hat er nicht behoben.

Der BF bezog in den Jahren 2010 bis 2016 Mindestsicherung und zwar in der Höhe von ca. 83.000 €.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX, XXXX wurde der BF wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, verurteilt.

Im kriminalpolizeilichen Aktenindex scheinen neun Anzeigen ua wegen des Verdachtes des unerlaubtem Umgangs mit Suchtmitteln und Körperverletzung auf.

Der BF wurde weiters viermal verwaltungsstrafrechtlich belangt.

Der BF wurde via Interpol zur Festnahme aufgrund der Strafverfolgung durch spanische Behörden ausgeschrieben.

Der BF war bis zum Jahre 2014 immer wieder in Beschäftigung, danach jedoch nicht mehr und wurde mit 5.11.2014 bei der Sozialversicherung abgemeldet. Seit 20.12.2013 ist der BF als Sozialhilfeempfänger gemeldet gewesen.Insgesamt hat der BF lediglich in dieser Zeit ca 1 Jahr gearbeitet.

Im Jahre 2017 war der BF für einige Tage in Beschäftigung.

Private Bindungen im Bundesgebiet konnten nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde sowie des nunmehr dem BVwG vorliegenden Gerichtsaktes.

2.2. Zur Person des BF und seinen familiären, privaten und beruflichen Verhältnissen

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort), Staatsangehörigkeit, des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.

Die festgestellten bisherigen und derzeitigen Meldeadressen des BF in Österreich ergeben sich aus einem Zentralmelderegisterauszug.

Die Feststellung hinsichtlich der strafrechtlichen Verurteilungen des BF in Österreich stützt sich auf das inliegende Urteil des LG XXXX. Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung, dass der BF in Österreich über keine privaten Anknüpfungspunkte verfügt ergeben sich aus den Feststellungen im Akt, weitere Feststellungen konnten aufgrund der nicht möglichen Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw der Nicht Behebung der Aufforderung der Vorlage von Unterlagen an das BVwG nicht getroffen werden und wurden auch in der Beschwerde nicht behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

3.1. Anzuwendendes Recht:

3.1.1. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen."

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

3.1.2. Die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde war aus folgenden Gründen abzuweisen:

Da vom BF, der aufgrund seiner griechischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzung eines Aufenthalts im Bundesgebiet seit zehn Jahren nicht erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 2 FPG und nicht § 67 Abs. 1 Satz 4 FPG für Unionsbürger zu Anwendung.

Gegen den BF als unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Der BF wurde am XXXX.2018 vom Landesgericht XXXX wegen gewerbsmäßigen Diebstahls) strafrechtlich verurteilt. Weiters liegen gegen den BF zahlreiche Anzeigen wegen des Verdachtes des unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln und Körperverletzung vor.Vier Mal wurde gegen den BF in Österreich auch eine Verwaltungsstrafe verhängt.

Der BF wurde mit internationalem Haftbefehl wegen Strafverfolgung durch spanische Behörden ausgeschrieben, was den Schluss zulässt, dass der BF auch dort strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

Im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Verurteilungen des BF weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig von den Erwägungen des Strafgerichts betreffend die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Dem BF musste wohl bewusst sein, dass aufgrund der zahlreichen Anzeigen gegen ihn und seiner strafrechtlichen Verurteilung eine Beendigung seines Aufenthalts folgen könne. Die Absicht der belangten Behörde, aufgrund der Aktenlage gegen den BF ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wurde dem BF mit Schreiben vom 19.10.2017 bekannt gemacht.

Der BF brachte eine Stellungnahme mit einer Krankenstandsbestätigung ein, und ersuchte um Verlängerung der Frist zur Abgabe einer Stellungnahme.

Eine solche langte jedoch bis zur Bescheiderlassung durch die belangte Behörde nicht ein.

Aus den strafbaren Handlungen, die der strafrechtlichen Verurteilung in Österreich zugrunde liegen, und aus und den mehrfachen polizeilichen Anzeigen sowie der viermaligen verwaltungstrafrechtlichen Bestrafungen ist wiederholt eine Absicht des BF eines gegen die österreichische Rechstsordnung und Gesetze zu verstoßen, zu erkennen. Auch der internationale Haftbefehl lässt auf die kriminelle Energie des BF schließen.

Das strafbare Verhalten des BF in Österreich stellt somit jedenfalls eine mit einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit einhergehende "tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr" iSv § 67 Abs. 1. S. 2 FPG dar.

Nunmehr ist zu prüfen, ob durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- und Familienleben des BF eingegriffen wird.

Der BF verfügt in Österreich über keine eigene Wohnung, war in einem Wohnheim der Caritas gemeldet, hat in der Zeit seines Aufenthalts bis zum Jahr 2014 insgesamt nur ca 1 Jahr gearbeitet und ist zuletzt im Jahre 2017 auch nur kurz einer Beschäftigung nachgegangen.

Er bezog in den Jahren 2010 bis 2016 Mindestsicherung in der Höhe von ca 83.000 €. Er versuchte seine finanzielle Situation offenbar auch mit der Begehung von Diebstählen aufzubessern, worin auch die Verurteilung des BF gipfelte.

Der BF verfügt über keine privaten bzw familiären Kontakte in Österreich. Anderweitige Feststellungen konnten nicht getroffen werden da der BF sämtliche Aufforderungen Dokumente vorzulegen bzw zu einer mündlichen Verhandlung Vorbereitungen vorzulegen, ignorierte, da der BF sämtliche Schriftstücke nicht behob.

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind,

Bei der Interessensabwägung hat sich nicht ergeben, dass die für einen Verbleib in Österreich sprechenden privaten Interessen des BF die öffentlichen Interessen überwiegen würden und stellt das Aufenthaltsverbot eine aufenthaltsbeendende Maßnahme dar, die in der österreichischen Gesellschaft "für öffentliche Ruhe und Ordnung" und "zur Verhinderung von strafbaren Handlungen" notwendig ist. Gegen die Dauer des seitens der belangten Behörde verhängten einjährigen Aufenthaltsverbotes hat das erkennende Gericht vor dem Hintergrund obiger Erwägungen zudem keine Bedenken.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde ermittelt werden musste und da der BF aufgrund nicht behobener Aufforderungen durch das BVwG auch keinen anderweitigen Angaben machte konnte der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage als erwiesen angenommen werden und gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012,

Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Weitere Feststellungen konnten nicht getroffen werden

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Diebstahl, EU-Bürger, Gefährdungsprognose,
Gewerbsmäßigkeit, öffentliche Ordnung, öffentliches Interesse,
strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G313.2182047.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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