Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** B*****, 2. B***** B*****, beide *****, vertreten durch Dr. Robert Müller, Rechtsanwalt in Hainfeld, gegen die beklagten Parteien 1. R***** F*****, 2. H***** F*****, beide *****, vertreten durch Dr. Peter Eigenthaler Rechtsanwalt in Lilienfeld, wegen 182.757,50 EUR, über die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 4. Oktober 2018, GZ 16 R 60/18p-31, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Kläger sind miteinander verheiratet; die Erstbeklagte ist die Mutter der Zweitklägerin und des Zweitbeklagten. Die Erstbeklagte erbte von ihrem 1997 verstorbenen Ehemann eine bebaute Liegenschaft, die von ihr und den Klägern jahrelang gemeinsam bewohnt wurde. Noch auf Vorschlag des Ehemanns der Erstbeklagten (= Schwiegervater bzw Vater der Kläger und Vater des Zweitbeklagten) errichteten die Kläger auf der Liegenschaft einen Zubau. Dabei wurde ihnen vom (Schwieger-)Vater das Wohnen auf seiner Liegenschaft gegen Bezahlung der anteiligen Betriebskosten eingeräumt und in Aussicht gestellt, sie können gegen Leistung einer Ausgleichszahlung zu Gunsten des Zweitbeklagten einmal Eigentümer der Liegenschaft werden. Nachdem zwischen den Klägern und der Erstbeklagten aber keine Einigung über eine allfällige Übereignung und die Leistung einer Ausgleichszahlung zugunsten des Zweitbeklagten erzielt werden konnte, entschieden sich die Kläger 2015 auszuziehen; was im Jahr 2016 auch geschah. Im November 2015 übertrug die Erstbeklagte ihr Eigentum an der Liegenschaft an den Zweitbeklagten.
Die Kläger machen gegen die Erstbeklagte einen auf § 1435 ABGB analog gestützten Bereicherungsanspruch wegen der Errichtung eines Zubaus und sonstiger Investitionen auf der Liegenschaft geltend. Bezüglich des Zweitbeklagten stützten sich die Kläger auf die AnfO.
Die Beklagten wandten im Hinblick auf die den Klägern eingeräumte kostenlose Wohnmöglichkeit eine Gegenforderung im Ausmaß von 194.400 EUR ein.
Unter bereits rechtskräftiger Abweisung des Klagebegehrens von 10.782 EUR sA gaben die Vorinstanzen der Klage gegenüber der Erstbeklagten im Ausmaß von 171.975,50 EUR sA statt und sprachen aus, dass die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe. Hinsichtlich des Zweitbeklagten wurde die Klage rechtskräftig abgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
In ihrer außerordentlichen Revision gegen das Berufungsurteil zeigt die Erstbeklagte keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf.
1.1 Der von den Klägern herangezogene § 1435 ABGB analog wird nach gesicherter Rechtsprechung als Grundlage für die Anerkennung eines Bereichungsanspruchs (condictio causa data causa non secuta) wegen Wegfalls des Grundes und Nichteintritts des erwarteten Erfolgs bejaht (RIS-Justiz RS0033952). Eine in Erwartung eines erst abzuschließenden Vertrags erbrachte Vorleistung ist wegen Zweckverfehlung rückforderbar, wenn der Vertrag nicht zustandekommt (RIS-Justiz RS0017740, RS0014052 [T1]). Auch eine nur „in Aussicht gestellte“, dann aber unterbliebene Zuwendung rechtfertigt eine Kondiktion (RIS-Justiz RS0033806, RS0021830). Kondiziert werden können jedenfalls auch Aufwendungen auf eine Liegenschaft der Eltern oder Schwiegereltern, die in Erwartung späterer Übereignung gemacht worden sind (1 Ob 134/08z).
1.2 Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung und wirft damit keine erhebliche Rechtsfrage auf. Entgegen den Ausführungen im Rechtsmittel macht die Rechtsprechung den Kondiktionsanspruch keineswegs davon abhängig, dass eine „fixe“ Zusage des Bereicherten vorliegt; werden die Voraussetzungen des § 1435 ABGB doch auch dann bejaht, wenn eine Zuwendung nur „in Aussicht gestellt wird“ (RIS-Justiz RS0033806) bzw sich der Empfänger gar nicht verpflichten kann (RIS-Justiz RS0012339). Ein (hier nicht vorliegender aufrechter) Vertrag würde vielmehr die analoge Anwendung des § 1435 ABGB sogar ausschließen (RIS-Justiz RS0033585).
2.1 Die Erstbeklagte argumentiert auch mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage, wobei sich das Rechtsmittel auf die Feststellung bezieht, dass den Klägern die Übertragung der Liegenschaft gegen Zahlung einer Ausgleichszahlung zugunsten des Zweitbeklagten in Aussicht gestellt wurde. Nach Ansicht der Erstbeklagten sei dies für die Rückabwicklung im Kondiktionenrecht wesentlich, weil die Ausgleichszahlung „Geschäftsgrundlage“ für die Zusage gewesen sein soll.
2.2 Damit setzt sich die Erstbeklagte zum einen in Widerspruch zu den Feststellungen, aber auch zu ihren weiteren Ausführungen („keine fixe Zusage“), wonach es zwischen ihrem Ehegatten und den Klägern gerade nicht zu einem solchen Vertragsabschluss (Übergabe der Liegenschaft gegen eine Ausgleichszahlung in bestimmter Höhe) gekommen sei. Zum anderen kann sich das angesprochene Problem eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage aber ohnehin erst im Zusammenhang mit einem solchen Vertrag stellen: Wenn nämlich die Parteien bei dessen Abschluss vom Bestehen bestimmter Voraussetzungen ausgehen, die nicht eintreten (vgl zB RIS-Justiz RS0017593, RS0017394, RS0017487).
3. Das Rechtsmittel ist auch nicht wegen der den Klägern jahrelang eingeräumten Wohnmöglichkeit zulässig.
3.1 Die Erstbeklagte übersieht, dass die Kläger nur den der Erstbeklagten verbliebenen Restnutzen ersetzt erhalten, sodass sie die Wohnung nicht wirklich unentgeltlich benützten (4 Ob 2021/96a; RIS-Justiz RS0033921).
3.2 Der von der Erstbeklagten in diesem Zusammenhang als Gegenforderung geltend gemachte Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB wurde von den Vorinstanzen im Einklang mit gesicherter Rechtsprechung schon deshalb verneint, weil die Benützung mit Zustimmung des (jeweiligen) Liegenschaftseigentümers erfolgt ist (4 Ob 2021/96a; RIS-Justiz RS0028179, RS0019930).
Textnummer
E123612European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00223.18T.1121.000Im RIS seit
03.01.2019Zuletzt aktualisiert am
16.04.2019