Entscheidungsdatum
29.08.2018Norm
BBG §40Spruch
L515 2201726-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 12.04.2018, Zl. OB: XXXX, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2, § 47, § 54 Abs. 12, Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz
(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend auch: "BF" bzw. beschwerdeführende Partei: "bP") ist seit 04.11.2011 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen GdB von 70 v.H.
I.2. Die bP beantragte am im Akt ersichtlichen Datum beim Sozialministeriumservice als belangte Behörde ("bB") unter Beifügung eines Befundkonvolutes die Ausstellung eines Behindertenpasses.
I.3. Die bP wurde am 16.01.2018 (FA f. HNO) und am 18.01.2018 (FA f. Innere Medizin) einer Begutachtung durch einen medizinischen Sachverständigen zugeführt und darüber ein Gutachten erstellt. Das Gutachten (HNO) ergab einen Gesamtgrad der Behinderung vom 40 v.H. und das Gutachten (Innere Medizin) ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 10 v.H. Die Gesamtbeurteilung vom 12.03.2018 kam zu einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H.
I.4. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 15.03.2018 wurden der bP die im Zuge der von der belangten Behörde eingeholten Gutachten zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen drei Wochen ab Zustellung zu äußern. Eine Stellungnahme langte bei der bB am 10.04.2018 ein.
I.4. Mit Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 12.04.2018 wurde der Antrag der bP abgewiesen; mit einem Grad der Behinderung von 40% seien die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt. Die Gutachten der medizinischen Sachverständigen vom 24.01.2018, 06.03.2018 sowie die Gesamtbeurteilung vom 12.03.2018 wurden dem Bescheid beigelegt.
I.5. Gegen diesen Bescheid erhob die bP mittels Mail vom 23.04.2018 Beschwerde. In weiterer Folge wurde ein Ausdruck eines Elektrokardiogramms nachgereicht.
I.6. Mit Schreiben vom 24.07.2018 erfolgte die Beschwerdevorlage, sie langte am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.7. Im Rahmen einer nicht öffentlichen Beratung am 29.8.2018 beschloss der erkennende Senat die Beschwerde abzuweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Die bP ist österreichischer Staatsbürger und an der im Akt ersichtlichen oberösterreichischen Adresse wohnhaft.
1.2. Am 16.01.2018 erfolgte im Auftrag der bB eine Begutachtung durch einen medizinischen Sachverständigen (Facharzt für Hals-Nasen- und Ohren), welcher Folgendes ausführte:
"[...]
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs
Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
1) Hörorgan, Einschränkungen des Hörvermögens
Beim Patienten besteht ein Zustand nach Hörsturz rechts mit Hörminderung. Nach dem Reintonaudiogramm ergibt sich ein prozentueller Hörverlust von 56% für das rechte Ohr, sowie eine annähernde Normalhörigkeit mit Hörverlust von 11% für das linke Ohr.
Aus der Gesamttabelle ergibt sich somit ein GdB von 10%
Pos. Nr. 12.02.01, GdB 10 %
2) Hörorgan, Ohrgeräusche (Tinnitus) leichten bis mittleren Grades
Bezüglich des Tinnitus ist dieser gut kompensiert und ohne vegetative Begleiterscheinung. Diesbezüglich GdB 10%.
Pos. Nr. 12.02.02, GdB 10 %
Gesamtgrad der Behinderung 10 v. H.
Dauerzustand
[...]"
1.2.1. Das am 22.01.2018 von einem ärztlichen Sachverständigen (Facharzt für Innere Medizin) erstellte Gutachten weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
"[...]
1) Z.n. Herzinfarkt mit eingeschränkter Herzauswurfleistung
Bei Z.n. abgelaufenem Myokardinfarkt und maximaler NYHA II mit geringer Einschränkung der Belastbarkeit Einschätzung mit dem oberen Rahmensatz.
Pos. Nr. 05.05.02, GdB 40 %
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das Leiden Nr.1 bestimmt den GdB.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zum Vorgutachten hat sich die Herzauswurfleistung gebessert. Direkte Vergleichbarkeit nicht möglich, da Vorgutachten Aktengutachten. Primär Erstgutachten mit 70 % auch zeitnahe am Infarkt. Zwischenzeitlich hat sich die Gesamtsituation gebessert.
Es ergibt sich jetzt ein GdB von 40%, entsprechend der Klinik und der Funktionseinschränkung.
[...]"
1.2.2. Die am 12.03.2018 von einer ärztlichen Sachverständigen (SV f. Allgemeinmedizin) erstellte Gesamtbeurteilung weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
"[...]
1) Z.n. Herzinfarkt mit eingeschränkter Herzauswurfleistung
Bei Z.n. abgelaufenem Myokardinfarkt und maximaler NYHA II mit geringer Einschränkung der Belastbarkeit Einschätzung mit dem oberen Rahmensatz.
Pos. Nr. 05.05.02, GdB 40 %
2) Hörorgan, Einschränkungen des Hörvermögens
Beim Patienten besteht ein Zustand nach Hörsturz rechts mit Hörminderung. Nach dem Reintonaudiogramm ergibt sich ein prozentueller Hörverlust von 56% für das rechte Ohr, sowie eine annähernde Normalhörigkeit mit Hörverlust von 11% für das linke Ohr.
Aus der Gesamttabelle ergibt sich somit ein GdB von 10%
Pos. Nr. 12.02.01, GdB 10 %
3) Hörorgan, Ohrgeräusche (Tinnitus) leichten bis mittleren Grades
Bezüglich des Tinnitus ist dieser gut kompensiert und ohne vegetative Begleiterscheinung. Diesbezüglich GdB 10%.
Pos. Nr. 12.02.02, GdB 10 %
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Führend ist das unter Punkt 1 angeführte Leiden, die weiteren Leiden steigern nicht weiter.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zum Vorgutachten hat sich die Herzauswurfleistung gebessert. Direkte Vergleichbarkeit nicht möglich, da Vorgutachten Aktengutachten. Primär Erstgutachten mit 70 % auch zeitnahe am Infarkt. Zwischenzeitlich hat sich die Gesamtsituation gebessert.
Es ergibt sich jetzt ein GdB von 40%, entsprechend der Klinik und der Funktionseinschränkung.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Vorgutachten - Aktengutachten. Primär Erstgutachten mit 70 % auch zeitnahe am Infarkt. Zwischenzeitlich hat sich die Gesamtsituation gebessert. Im Vergleich zum Vorgutachten hat sich die Herzauswurfleistung gebessert.
Es ergibt sich jetzt ein GdB von 40%, entsprechend der Klinik und der Funktionseinschränkung.
Dauerzustand
[...]"
1.3. Mit am 23.04.2018 bei der bB eingelangtem E-Mail erhob die bP gegen diesen Bescheid Beschwerde und monierte die ihrer Ansicht nach zu geringe Einschätzung. Der letzte internistische Befund sei in der kalten Jahreszeit durchgeführt worden. Bei hohen bzw. schwankenden Temperaturen nehme die Leistungsfähigkeit ab. Diese im Rahmen der Begutachtung geäußerte Information finde sich nicht in den Gutachten. Ein neuer Befund eines Internisten werde ehestmöglich nachgereicht.
1.4. In weiterer Folge übermittelte die bP ein Elektrokardiogramm samt Protokoll.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in den sonstigen relevanten Unterlagen, insbesondere den durch die bP in Vorlage gebrachten ärztlichen Bescheinigungsmittel, die der Entscheidung zu Grunde liegenden Gutachten sowie dem Parteienvorbringen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind die gegenständlich eingeholten Sachverständigengutachten vom 22.01.2018, vom 06.03.2018 sowie die daraus resultierende Gesamtbeurteilung vom 12.03.2018 schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine relevanten Widersprüche auf.
Die vorliegenden Funktionseinschränkungen wurden von den Sachverständigen im Rahmen der klinischen Untersuchung am 16.01.2018 und am 18.01.2018 unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde erhoben und den entsprechenden Positionsnummern der Einschätzungsverordnung zugeordnet.
Im Gutachten vom 22.01.2018 erläutert der Sachverständige ausführlich die Minderung des GdB von 70 % auf 40 % durch die verbesserte Herzauswurfleistung und einer Besserung der Gesamtsituation. Überdies war das Erstgutachten mit einem GdB von 70 v. H. zeitnahe am Herzinfarkt. Der jetzige GdB von 40 % ergibt sich entsprechend der Klinik und der Funktionseinschränkung. Die zitierten Gutachten kommen somit zu einem Gesamtgrad der Behinderung von je 40 v.H. und von je 10 v.H. Die zusammenfassende Gesamtbeurteilung, welche auf den Einzelgutachten fußt, kommt zu einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H., wobei die Einschätzung von 40 % damit begründet werden, dass die Leiden (Hörorgan, Pos. Nr. 2 und 3) nicht steigern.
Das seitens der bP vorgelegten Elektrokardiogramm samt Protokoll vom 17.07.2018 vermag der vorgenommenen Gesamteinschätzung des Zustands nach Herzinfarkt mit eingeschränkter Herzauswurfleistung mit 40 v. H. nicht entgegen zu treten, zumal keine Befundung aufscheint und die Funktionseinschränkungen weder einer Positionsnummer der Einschätzungsverordnung zugeordnet noch im Einzelnen begründet bewertet wurde; es mangelt sohin an Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit und stellt das Elektrokardiogramm samt Protokoll keine taugliche Grundlage für eine Entscheidung dar. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Das vorgelegte Elektrokardiogramm samt Protokoll vom 17.07.2018 ist vermag letztlich die Unschlüssigkeit des Gutachtens vom 22.1.2018 nicht darzulegen (vgl. VwGH vom 17.02.2004, 2002/06/0151). Ebenso sei darauf hingewiesen, dass sich das Elektrokardiogramm gemäß der Benennung des Beweisthemas seitens der bP auf ihren Zustand an heißen Tagen bezieht, weshalb es auch aufgrund der im nächsten Absatz angeführten Ausführungen für das festgestellte Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und die daraus gezogenen Schüsse nicht relevante ist.
Die bP moniert in der Beschwerde, dass sich seine gegenüber der Sachverständigen geäußerten Bedenken bezüglich der abnehmenden Leistungsfähigkeit bei hohen Temperaturen bzw. bei starken Temperaturschwankungen nicht im Gutachten findet. Mit ihren Beschwerdeausführungen zeigt die bP keine Widersprüche, Ungereimtheiten oder Mängel des Sachverständigengutachtens auf, auch ist sie den gutachterlichen Ausführungen weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten noch hat sie Beweise vorgelegt, die die Annahme zulassen würde, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen seien unzutreffend. Das Vorbringen ist nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung zu entkräften, weil sie nicht konkret und mit näherer Begründung die Unschlüssigkeit des Gutachtens dargelegte (vgl. VwGH vom 05.10.2016, Ro 2014/06/0044). Die bP fühlt sich - ihrem Beschwerdevorbringen nach - nicht entsprechend ihrer Leiden beurteilt, ohne jedoch darzulegen, aus welchen konkreten Gründen die jeweilige Funktionseinschränkung zu nieder eingeschätzt worden sei. Es bedarf aber mehr als einer pauschalen Behauptung, also eines gewissen Mindestmaßes an Konkretisierung des Vorbringens, um im Rahmen der freien Beweiswürdigung an der Richtigkeit der Sachverständigengutachten Zweifel zu erwecken bzw. um die Pflicht der Behörde zum weiteren Tätigwerden auszulösen. Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass die bP in der Stellungnahme vom 4.4.2018 nicht einmal andeutungsweise die nunmehr in der Beschwerde dargelegten Einwände einbrachte. Davon wäre jedoch auszugehen gewesen, dass ihr Zustand tatsächlich dermaßen stark von der Jahreszeit und von den Außentemperaturen abhängig ist, zumal es sich als völlig lebensfremd darstellt, dass sie einen solchen Umstand im Rahmen des Parteiengehörs wider besseren Wissens verschweigt. Ebenso liegt es in der Natur der Sache, dass sich die Leistungsfähigkeit bei hohen Temperaturen -auch bei grundsätzlich gesunden Menschen- vermindert darstellen kann, was jedoch im Rahmen der Beurteilung des Grades der Behinderung irrelevant ist, zumal eben dieser Umstand einen durchaus einen Teilaspekt der Beurteilung des bereits festgestellten GdB darstellt.
Da die Sachverständigengutachten samt Gesamtbeurteilung auch mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehen, werden sie in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
-
Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
-
Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
-
Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs. 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 41 Abs. 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 43 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.
Gemäß § 43 Abs. 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheid Charakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 54 Abs. 12 BBG treten § 1, § 13 Abs. 5a, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft.
Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 2 Abs. 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Gemäß § 2 Abs. 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
Gemäß § 2 Abs. 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gemäß § 3 Abs. 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Gemäß § 3 Abs. 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
Gemäß § 3 Abs. 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn
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sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
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zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Gemäß § 3 Abs. 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Gemäß § 4 Abs. 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
Gemäß § 4 Abs. 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs. 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a VwGH vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0032; VwGH vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7).
Die angeführten Sachverständigengutachten samt Gesamtbeurteilung und die Angaben der bP im Verfahren sowie der im Rahmen der Beschwerde vorgelegte Ausdruck eines Elektrokardiogramms wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Die zitierten Gutachten samt Gesamtbeurteilung erfüllen sämtliche der in der Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.
Die von den ärztlichen Sachverständigen erfolgte Bewertung der angegebenen Beschwerden und Krankheitszustände entspricht der Einschätzungsverordnung sowohl hinsichtlich Position, als auch Prozentsatz. Festlegungen innerhalb eines Rahmensatzes wurden schlüssig begründet.
Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 - also die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren) zu überprüfen, ist also daran gebunden.
Im Beschwerdeverfahren stellte sich heraus, dass bei der bP ein Gesamtgrad von 40 v.H. vorliegt und sie damit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
3.5. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).
Im vorliegenden Fall haben die Parteien die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht nicht beantragt. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt wurde, wurde das hierfür eingeholte - auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet und zeigt die bP weder Widersprüche, Ungereimtheiten noch Mängel auf. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist sohin geklärt, nicht ergänzungsbedürftig und wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):
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Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.
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Die bB musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.
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In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 46 BB verstößt.
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Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.
Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, und für es im Rahmen der Gewährung des schriftlichen Parteiengehörs im Beschwerdeverfahren auf den persönlichen Eindruck nicht ankam, da die Leiden der bP nicht in Zweifel gezogen wurden, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben.
3.6. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Rein der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit 01.01.2014 ins Leben gerufen wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde. Darüber hinaus lag der wesentliche Schwerpunkt des gegenständlichen Erkenntnisses im Rahmen der Beweiswürdigung und hier insbesondere im Rahmen der Frage der Beweiskraft eines schlüssigen Gutachtens. Zu dieser Frage liegt umfangreiche und einheitliche Judikatur des VwGH vor. Die grundsätzliche Bestimmung betreffend der Einstufung bzw. der Feststellung des Grades der Behinderung erfuhr keine substanzielle Änderung. Im Rahmen der Frage des Umfanges der Ausnahme von der Verhandlungspflicht orientierte sich das ho. Gericht ebenfalls an der Judikatur des VwGH.
Die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG waren somit nicht gegeben.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L515.2201726.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.01.2019