Entscheidungsdatum
30.08.2018Norm
BBG §40Spruch
L515 2180247-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 16.08.2017, Zl. OB: XXXX, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, 42 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 stattgegeben und festgestellt, dass der Grad der Behinderung 70 vH beträgt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz
(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend auch: "BF" bzw. beschwerdeführende Partei: "bP") beantragte am im Akt ersichtlichen Datum beim Sozialministeriumservice als belangte Behörde ("bB") unter Beifügung eines ärztlichen Befundkonvolutes die Ausstellung eines Behindertenpasses.
I.2. Die bP wurde in der Folge am 05.07.2017 einer Begutachtung durch eine medizinische Sachverständige (Ärztin für Allgemeinmedizin) zugeführt und darüber am 06.08.2017 (vidiert am 07.08.2017) ein Gutachten (GdB 40 v.H.) erstellt.
I.3. Mit Bescheid der bB vom 16.08.2017 wurde der Antrag der bP auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen; mit einem Grad der Behinderung von 40 % erfülle sie die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht.
I.4. Gegen diesen Bescheid erhob die bP unter Beifügung einer berufsbezogenen Untersuchung vom 23.01.2009 mit Schreiben vom 31.08.2017 Beschwerde in welcher sie den ihrer Ansicht nach zu geringen GdB monierte.
I.5. Im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurden zwei weitere medizinische Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners (GdB 30 %) und eines Facharztes für Orthopädie (GdB 60 %) eingeholt. Die Gesamtbeurteilung vom 05.12.2017 kam zu einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H.
I.6. Da das Beschwerdevorentscheidungsverfahren nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit von zwölf Wochen erledigt werden konnte, wurde die Beschwerde samt Akt dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 19.12.2017 zur Entscheidung vorgelegt.
I.7. Mit Schreiben des BVwG vom 25.01.2018 wurden der bP die zuletzt angeführten Sachverständigengutachten samt Gesamtbeurteilung zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen 2 Wochen schriftlich zu äußern. Diese Möglichkeit nahm die bP mit Schreiben vom 08.02.2018 in Anspruch.
I.8. Im Rahmen einer nicht öffentlichen Beratung am 29.8.2018 beschloss der erkennende Senat der Beschwerde stattzugeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Die bP ist österreichischer Staatsbürger und an der im Akt ersichtlichen oberösterreichischen Adresse wohnhaft.
1.2. Das am 06.08.2017 von eine ärztlichen Sachverständigen (Ärztin für Allgemeinmedizin) erstellte Gutachten weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
"...
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs
Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1) Coxarthrose (Hüftabnützung) re, Z.n. Hüftgelenksprothese li.
Die re Hüfte in Außen- u. Innenrotation schmerzhaft eingeschränkt, Beugung frei., hinkendes Gangbild, li Hüfte nach Hüftprothese frei beweglich, beschwerdefrei.
Pos. Nr. 02.05.09, GdB 30 %
2) Koronare Herzkrankheit, Z.n. Mehrfachstenting 03/2017
erfolgreiche Dehnung, aktuell nach Med. Umstellungen gebessert, subj. schlechter belastbar.
Pos. Nr. 05.05.02, GdB 30 %
3) Hypertonie, Mäßige Hypertonie
Mit Zweifachtherapie zufriedenstellend eingestellt. Fallweise Schwindelsymptomatik.
Pos. Nr. 05.01.02, GdB 20 %
4) Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus
Mit Monotherapie eingestellt. Strenge Diät und Lebensstiländerung erforderlich.
Pos. Nr. 09.02.01, GdB 20 %
5) Endlagige Bewegungseinschränkung bd Knie, V.a. Gonarthrose (Kniegelenksabnützung), Varusstellung (O-Beinstellung) bds.
keine Beschwerden, keine Analgetika diesb. erforderlich.
Pos. Nr. 02.05.19, GdB 20 %
6) degen. WS-Veränderungen
keine sicheren neurolog. Defizite, leichte bis mäßige Beschwerden, fallw. Analgetika.
Pos. Nr. 02.01.01, GdB 20 %
Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Hauptleiden sind die Hüftbeschwerden in Pos.1, die eingeschränkte Belastbarkeit bei koronarer Herzkrankheit, Pos.2, wirkt bei allg. Mehrfacherkrankung negativ beeinflussend, sodass eine Erhöhung um eine Stufe vorgeschlagen wird.
Die übrigen Positionen wegen Geringfügigkeit nicht stufenerhöhend.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Komplikationsfrei verlaufene Gallenblasen- und Blinddarmentfernung vor Jahren.
Komplikationsfrei verlaufene und verheilte OP nach OA-Fraktur re 2007.
Dauerzustand
...."
I.3. In der Beschwerde monierte die bP die ihrer Ansicht nach zu geringe Einschätzung und wiederholte ihre gesundheitlichen Beschwerden. In einer berufsbezogenen Untersuchung des BBRZ vom 23.01.2009 (liegt der Beschwerde bei) sei der damit beauftragte Arzt zu einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 % gelangt. Damals hätte sie noch nicht an einer koronaren Herzerkrankung, an einer degenerativen Wirbelsäulenveränderung, den Problemen im rechten Hüftgelenk und Diabetes Mellitus gelitten. Vor diesem Hintergrund müsse ein Gesamtgrad der Behinderung von mindestens 50 vH vorliegen. Überdies sei auch das Parteiengehör verletzt worden.
1.4. Das am 10.11.2017 - im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung - von einem ärztlichen Sachverständigen (Allgemeinmediziner) weist einen GdB von 30 % auf und das am 28.11.2017 von einem Facharzt für Orthopädie erstellte Gutachten weist einen GdB von 60 % auf.
1.4.1. Die am 05.12.2017 von einem ärztlichen Sachverständigen (Allgemeinmediziner) erstellte Gesamtbeurteilung weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
"...
Zusammenfassung der Sachverständigengutachten von Dr. [...]. Orthopädie, vom 28.11.2017 und von Dr. [...], Allgemeinmedizin, vom 10.11.2017.
Die genannten Gutachten sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Gesamtbeurteilung.
Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs
Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1) Hüftgelenke - Untere Extremitäten, Hüftgelenksabnützung rechts
Die hochgradig knorpelgeschädigte Hüfte rechts mit Bewegungseinschränkung ergibt die Einschätzung.
Pos. Nr. 02.05.11, GdB 50 %
2) Wirbelsäule, degenerative Wirbelsäulenveränderungen
Die Wirbelsäulenveränderungen ohne Nervenwurzelirritation oder neurologische Ausfälle ergeben die Einschätzung.
Pos. Nr. 02.01.02, GdB 30 %
3) koronare Herzerkrankung, Stents
wie im Vorgutachten, gering weniger belastbar, ausreichend gut eingestellter Bluthochdruck bei Adipositas
Pos. Nr. 05.05.02, GdB 30 %
4) Hüftgelenke - Untere Extremitäten, Zustand nach Hüfttotalendoprothese links
Gutes postoperatives Ergebnis nach Hüfttotalendoprothese links ergibt die Einschätzung.
Pos. Nr. 02.05.07, GdB 20 %
5) Kniegelenk - Untere Extremitäten, beginnende Kniegelenksabnützungen
Die Kniegelenke sind klinisch unauffällig, beginnende Knorpelschäden ergeben die Einschätzung.
Pos. Nr. 02.05.19, GdB 20 %
6) Diabetes mellitus
gute Blutzuckereinstellung mit Tabletten
Pos. Nr. 09.02.01, GdB 20 %
7) Hypertonie, Bluthochdruck
wie im Vorgutachten; fallweise etwas Schwindel bei zu hohem Blutdruck
Pos. Nr. 05.01.02, GdB 20 %
8) Hämochromatose
sinngemäß; regelmäßig alle 3 Monate Aderlass, damit gut therapiert
Pos. Nr. 10.02.01, GdB 10 %
Gesamtgrad der Behinderung 70 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Die Beschwerden der Hüfte rechts unter Lfnr 1 sind führend. Das WS Leiden unter Lfnr. 2 gemeinsam mit der Herzerkrankung unter Lfnr 3 wirken sich zusätzlich neg. auf das Gesamtbild aus und steigern um je eine Stufe auf 70%. Die im Übrigen angeführten Leiden steigern wegen Geringfügigkeit nicht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Gallenblasenoperation; Blinddarm- und Abszessoperation;
Nierenzysten; Steatosis hepatis;
Pankreas Lipomatose
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Hämochromatose wurde neu eingeschätzt, Verschlechterung und höhere Einschätzung der Hüftbeschwerden
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Aufgrund der o.g. Verschlechterung
Nachuntersuchung 05/2018; eine HTEP rechts ist geplant. Dadurch eine Besserung zu erwarten.
...."
1.5. Die im Rahmen des Vorentscheidungsverfahrens eingeholten Gutachten samt Gesamtbeurteilung wurden daraufhin der bP zur Stellungnahme geschickt. In der Stellungnahme beantragt die bP, wie in der Gesamtbeurteilung angeführt, die Einholung eines orthopädischen Gutachtens. Vorgelegt wird ein Kurzarztbrief des Klinikum [...] vom 17.01.2018.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind die im Verfahren zuletzt eingeholten Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners vom 10.11.2017 sowie eines Facharzt für Orthopädie vom 28.11.2017 samt Gesamtbeurteilung vom 05.12.2017 schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine relevanten Widersprüche auf.
Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen sie auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.
In den angeführten Gutachten wurde von den Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.
Die Sachverständigengutachten vom 10.11.2017 sowie vom 28.11.2017 und vom 05.12.2017 stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
Auch war dem Vorbringen und den vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollzieh-baren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen.
Die Gesamtbeurteilung beruht auf den Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 28.11.2017 und eines Allgemeinmediziners vom 10.11.2017. Zur besseren Verständlichkeit wird in Folge nur mehr die "Gesamtbeurteilung" zitiert.
Soweit die Gesamtbeurteilung vom 05.12.2017 (GdB 70 %) vom Vorgutachten vom 06.08.2017 (GdB 40 %) abweicht, ist diese Abweichung ausreichend begründet. Das Hauptleiden der Hüftbeschwerden wurde nunmehr statt 30 % wie im Vorgutachten mit 50 % eingeschätzt (je LfNr. 1). Die höhere Einschätzung unter die Pos. Nr. 02.05.11. mit einem GdB von 50 % resultiert aus der nunmehrigen Verschlechterung der Funktionalität. Auch die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen wurden nunmehr in der Gesamtbeurteilung unter der Pos. Nr. 02.01.02 mit 30 % gegenüber dem Vorgutachten (Pos. Nr. 02.01.01, GdB 20 %) höher eingeschätzt. Gemäß der Gesamtbeurteilung erfolgt durch die LfNr. 2 und 3 - wegen der zusätzlichen Beeinträchtigung des Gesamtzustandes - je eine Steigerung um eine Stufe, woraus sich nunmehr ein Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. (im Gegensatz zum Vorgutachten 40 v.H.; die LfNr. 6 (Wirbelsäule) mit 20 % steigerte nicht) ergibt. Die nunmehrigen Gutachten sind auch noch (geringfügig) aktueller. Diesen Gutachten vom 10.11.2017, vom 28.11.2017 und vom 05.12.2017 (Gesamtbeurteilung) war daher zu folgen und beträgt der Gesamtgrad der bP folglich 70 v.H.
Die vorgelegten Beweismittel stehen sohin nicht im Widerspruch zum Ergebnis der eingeholten Gutachten, es wurde kein für die Einschätzung entscheidendes höheres Funktionsdefizit beschrieben als von Amts wegen gutachterlich festgestellt; auch wurden die Funktionseinschränkung keiner Positionsnummer der Einschätzungsverordnung zugeordnet bzw. eine Gesamteinschätzung vorgenommen. Mit ihren Ausführungen zeigt die bP überdies weder Widersprüche, Ungereimtheiten oder Mängel des von der belangten Behörde eingeholten Gutachtens auf, sie legt nicht konkret und mit näherer Begründung die Unschlüssigkeit des Gutachtens dar (vgl. VwGH vom 05.10.2016, Ro 2014/06/0044).
Sofern in der Stellungnahme die Einholung eines orthopädischen Gutachtens beantragt wird, ist dem nicht zu folgen, zumal dem Gesamtgutachten neben dem Gutachten eines Allgemeinmediziners ein orthopädisches Gutachten vom 28.11.2017 zu Grunde liegt und wurde dieses Gutachten auch der bP im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt.
Diese Sachverständigengutachten und die Ausführungen der bP in der Beschwerde bzw. in den von der bP vorgelegten medizinischen Unterlagen wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.
Gemäß den angeführten Gutachten ist folglich von einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. auszugehen.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
-
Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
-
Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs. 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 2 Abs. 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Gemäß § 2 Abs. 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gemäß § 3 Abs. 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Gemäß § 3 Abs. 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
Gemäß § 3 Abs. 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn
-
sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-
zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Gemäß § 3 Abs. 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs. 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a VwGH vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0032; VwGH vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7).
Die Sachverständigengutachten vom 10.11.2017, vom 28.11.2017 sowie die Gesamtbeurteilung vom 05.12.2017 und die Angaben der bP im Verfahren wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Die zitierten Gutachten erfüllen sämtliche der in den angeführten Verordnungen normierten Voraussetzungen.
Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 - also die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren) zu überprüfen, ist also daran gebunden.
Im Beschwerdeverfahren stellte sich heraus, dass der Gesamtgrad der Behinderung 70 v.H (und nicht 40 v.H.) ist, weshalb der Beschwerde stattzugeben war.
3.5. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).
Im vorliegenden Fall haben die Parteien die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht nicht beantragt. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt wurde, wurde das hierfür eingeholte - auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet und zeigt die bP weder Widersprüche, Ungereimtheiten noch Mängel auf. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist sohin geklärt, nicht ergänzungsbedürftig und wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):
-
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.
-
Die bB musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.
-
In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 46 BBG verstößt.
-
Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.
Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben.
3.6. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Beweiswürdigung und rechtlichen Beurteilung.
Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Rein der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit 01.01.2014 ins Leben gerufen wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde.
Die grundsätzlichen Bestimmungen betreffend der Ausstellung eines Behindertenpasses und der Voraussetzungen für die Vornahme von Zusatzeintragungen erfuhr keine substanzielle Änderung, weshalb auch in diesem Zusammenhang die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gegeben waren.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L515.2180247.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.01.2019