TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/12 W139 2200549-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.10.2018
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Entscheidungsdatum

12.10.2018

Norm

BVergG 2006 §12 Abs1 Z3
BVergG 2006 §123 Abs1
BVergG 2006 §126 Abs1
BVergG 2006 §126 Abs2
BVergG 2006 §129 Abs1 Z2
BVergG 2006 §129 Abs1 Z7
BVergG 2006 §129 Abs2
BVergG 2006 §129 Abs3
BVergG 2006 §19 Abs1
BVergG 2006 §2 Z16 lita
BVergG 2006 §2 Z20 litc
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §3 Abs1 Z2
BVergG 2006 §312 Abs2
BVergG 2006 §318 Abs1
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §321 Abs1
BVergG 2006 §322 Abs1
BVergG 2006 §322 Abs2
BVergG 2006 §325 Abs1
BVergG 2006 §4
BVergG 2006 §69 Z1
BVergG 2006 §70 Abs1
BVergG 2006 §70 Abs2
BVergG 2006 §70 Abs3
BVergG 2006 §70 Abs4
BVergG 2006 §70 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W139 2200549-1/23E; W139 220549-2/32E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Kristina Hofer als Vorsitzende sowie Mag. Wolfgang Pointner als fachkundigen Laienrichter der Auftraggeberseite und MMag. Dr. Christoph Wiesinger als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über den Antrag der XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Katary, Neubaugasse 64-66/1/12, 1070 Wien, vom 10.07.2018 betreffend das Vergabeverfahren "A10 Salzburg, rVMZ St. Michael, Erweiterung und Erneuerung; Verfahren-ID: 16676" der Auftraggeberin ASFINAG Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG (in der Folge auch ASFINAG), Rotenturmstraße 5-9, 1011 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Anträge "das Bundesvergabeamt wolle die beiden mit 2. Juli 2018 datierten, am 3. Juli 2018 zugestellten Ausscheidensentscheidungen [...] für nichtig erklären" werden abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 10.07.2018, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren in Verbindung mit einem Antrag auf Akteneinsicht in den Vergabeakt, auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin. Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:

Der Nachprüfungsantrag richte sich gegen die ihr mit Schreiben am 03.07.2018 bekannt gegebenen Ausscheidensentscheidungen betreffend ihr Hauptangebot und ihr Alternativangebot.

Das gegenständliche Vergabeverfahren werde laut den Verfahrensunterlagen als offenes Verfahren im Oberschwellenbereich nach dem Billigstbieterprinzip zur Vergabe eines Bauauftrages durchgeführt. Die Ausschreibungsunterlagen und weitere Festlegungen seien nicht angefochten worden und daher bestandsfest. Die Antragstellerin habe rechtzeitig ein vollkommen ausschreibungssowie gesetzeskonformes Haupt- und Alternativangebot eingereicht. Nach der Angebotsöffnung sei sie hinter der XXXX zweit- (Alternativangebot) bzw drittgereiht (Hauptangebot).

Das erforderliche Interesse am Vertragsabschluss sei bereits durch die Abgabe eines gesetzes- und ausschreibungskonformen Angebotes evident. Das besondere Interesse ergebe sich auch daraus, dass der Unternehmensgegenstand der Antragstellerin unter anderem in den ausgeschriebenen Leistungen bestehe und sie derartige Leistungen für öffentliche Auftraggeber erbringe. Sie sei leistungsfähig und leistungsbereit. Das Interesse an diesem Auftrag werde auch mit der Einbringung des Nachprüfungsantrages belegt. Der Antragstellerin drohe der Verlust eines relevanten und prestigeträchtigen Referenzprojektes, der Verlust des Deckungsbeitrages sowie ein finanzieller Schaden in Höhe des entgangenen Gewinns, der Kosten der Angebotserstellung, des Nachprüfungsverfahrens, insbesondere der Pauschalgebühren und der anwaltlichen Vertretung. Sie bezeichnete die Rechte, in denen sie sich als verletzt erachte, insbesondere sei sie in ihrem Recht auf ordnungsgemäße (vor allem ausreichend konkrete) Aufforderung zur Aufklärung, auf Verbleib im Vergabeverfahren und damit auch auf Unterbleiben des Ausscheidens ihrer Angebote bei Nichtvorliegen eines Ausscheidensgrundes sowie im Recht auf (fortgesetzte) Teilnahme am Vergabewettbewerb mit beiden Angeboten, einschließlich der Bewertung ihrer Angebote und der Möglichkeit gegen andere Bieter, deren Angebote auszuscheiden sind, vorzugehen sowie im Recht auf Vornahme des Ausscheidens von Angeboten von Mitbietern bei Vorliegen von Ausscheidensgründen verletzt. Nicht zuletzt sei die Antragstellerin jeweils auch in ihren Rechten auf Erstreihung bei der jeweiligen Angebotsbewertung sowie auf Auswahl, Erhalt der Zuschlagsentscheidung zu ihren Gunsten (bzw ihrer Angebote) und auf Zuschlagserteilung auf ihr Angebot bzw auf sie verletzt. Der Nachprüfungsantrag sei fristgerecht eingebracht worden. Die erforderlichen Pauschalgebühren für die Nachprüfungsanträge seien vergaberechtskonform in entsprechender Höhe entrichtet worden.

Zu den Gründen der Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidungen führte die Antragstellerin zusammengefasst aus, dass der von der Auftraggeberin zu beiden Angeboten herangezogene Ausscheidensgrund nicht vorliege. Die Antragstellerin habe das Ausscheiden jeweils damit begründet, dass die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht gegeben wäre, denn im ANKÖ würde ein KSV-Rating von über 399 aufscheinen und die Antragstellerin habe nur einen KSV-Auszug vorgelegt, der zwar korrekt ein Rating unter 400 aufweise, der aber nicht den Zeitpunkt der Angebotsabgabe abdecken würde.

Die Ausschreibung sehe in Position 00B104A Teil B.5 Leistungsverzeichnis Folgendes vor:

KSV-Rating

Zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bieters ist ergänzend zumindest folgendes nachzuweisen:

Die Ausfallswahrscheinlichkeit des Bieters muss im "Investment Grade"-Bereich liegen. Dies bedeutet, dass

a) die Ausfallswahrscheinlichkeit des Bieters gemäß dem Rating des KSV (KSV1870 Information GmbH) als "gering" (Rating von 399 oder weniger) beurteilt wird, oder

b) die Ausfallswahrscheinlichkeit des Bieters durch eine andere anerkannte Wirtschaftsauskunftei im "Investment Grade"-Bereich beurteilt wird, dies entspricht

• bei Moodys einem Rating von Baa3 oder besser bzw.

• bei Standard&Poor's und Fitch einem Rating von BBB- oder besser.

Besteht kein Rating einer anerkannten Wirtschaftsauskunftei, so kann das interne Rating eines Kreditinstitutes herangezogen werden, das die Ausfallswahrscheinlichkeit des Bieters äquivalent zu der unter

a) oder b) angegebenen Ausfallswahrscheinlichkeit beurteilt.

Dieser Nachweis ist durch Beilage folgender Unterlagen zu führen:

aktuelle Bonitätsauskunft des Kreditschutzverbandes von 1870 oder einer gleichwertigen Einrichtung oder durch Vorlage einer Erklärung, über welches Rating der Bieter verfügt.

Die Antragstellerin habe mit Angabe einer ordnungsgemäßen Eigenerklärung ihre Eignung (darunter die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) - zu diesem Zeitpunkt - ordnungsgemäß nachgewiesen.

Die Auftraggeberin habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 04.06.2018 um Aufklärung ersucht. Darin heiße es unter anderem in Punkt 1. 3) ganz kurz: "Der ASFINAG liegt ein ANKÖ-Auszug mit einem KSV-Rating von 411 vor, gefordert ist gemäß B.5 01 01 00B104A ein KSV Rating von 399 oder weniger".

Mit Aufklärung vom 07.06.2018 habe die Antragstellerin unter anderem eine aktuelle KSV-Auskunft übersendet, aus der ein Rating von (ausschreibungskonform) 391 hervorgehe. In der Folge habe die Auftraggeberin die Angebote der Antragstellerin mit Schreiben vom 02.07.2018, zugegangen am 03.07.2018, ausgeschieden.

Die beiden Ausscheidensentscheidungen seien aber klar rechtswidrig. Die von der Auftraggeberin zitierte KSV-Bewertung von über 399 Punkten sei nachweislich falsch. Diese habe niemals mehr als 399 Punkte betragen, was die Antragstellerin auch in einem weiteren Schreiben vom 06.07.2018 durch eine umfassende KSV-Auskunft dargelegt habe. Die Rating-Historie lasse erkennen, dass der Wert von 400 Punkten seit dem erstgenannten 3. Quartal 2015 nie erreicht oder überschritten worden sei. Ergänzend habe die Auftraggeberin auch einen aktuellen Auszug der Creditreform, welcher eine "gute Bonität" ausweise, sowie den Bericht zur Prüfung des Jahresabschlusses zum 28.02.2018 erhalten. Die beiden Ausscheidensentscheidungen seien sohin nicht nur inhaltlich falsch, sondern auf Basis des vorliegenden Verfahrens auch rein formal gar nicht möglich. Die Rechtswidrigkeit sei vorliegend auch evident wesentlich für den Ausgang des Vergabeverfahrens, weswegen die angefochtenen Entscheidungen für nichtig zu erklären seien.

2. Am 13.07.2018 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren.

3. Am 18.07.2018 nahm die Auftraggeberin zum Nachprüfungsantrag Stellung. Nach Darstellung des Sachverhaltes führte sie im Wesentlichen aus, dass die Bieter gemäß Punkt 1.1.26.1, Teil B.1, ihre Nachweise, etwa zur Leistungsfähigkeit, über den ANKÖ erbringen könnten. Weiters seien in Position 00B104A, Teil B.5, Leistungsverzeichnis, Anforderungen für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit festgelegt.

Die Angebotsöffnung habe am 28.05.2018 stattgefunden. Die Auftraggeberin habe am 30.05.2018 eine Abfrage der Eignungsnachweise der Antragstellerin beim Auftragnehmerkataster Österreich durchgeführt. Zum Zeitpunkt der Abfrage sei das Rating mit "411" angegeben gewesen. Laut ANKÖ Auszug sei dieses Rating seit 14.04.2018 gültig gewesen.

Die Auftraggeberin habe daraufhin der Antragstellerin mit Schreiben vom 04.06.2018 ein Ersuchen um Aufklärung zum vorliegenden Rating übermittelt. Mit Schreiben vom 07.06.2018 habe die Antragstellerin eine aktuelle KSV-Auskunft vom 06.06.2018 mit einem aktuellen Ranking von 391 übermittelt. Aus dieser Auskunft sei ersichtlich, dass die KSV-Auskunft zuletzt am 04.06.2018 überarbeitet worden sei.

In technischer Hinsicht würden - laut schriftlicher Auskunft des ANKÖ - die vom KSV an ANKÖ übermittelten Rating-Angaben über eine Schnittstelle in die ANKÖ Datenbank importiert werden. Am 28.05.2018 habe die Antragstellerin über ein KSV-Rating von "411" verfügt. Am 05.06.2018 sei eine Änderung des Ratings auf "391" erfolgt. Im Sinne der Rechtsprechung des BVA, des BVwG und des VwGH sei die Antragstellerin eindeutig auszuscheiden, da die bestandsfest geforderte Leistungsfähigkeit während des Vergabeverfahrens für einige Tage nicht gegeben gewesen sei.

Darüber hinaus sei die Antragstellerin auch gemäß § 129 Abs 2 BVergG auszuscheiden, zumal die Antragstellerin durch die vorgelegte KSV-Auskunft nicht ausreichend und nachvollziehbar aufklären habe können, weshalb ihr Rating nach dem Zeitpunkt der Angebotsöffnung bei 411 gelegen sei. Aus der vorgelegten Auskunft des KSV sei lediglich ersichtlich, dass die Bewertung des Unternehmens zuletzt am 04.06.2018 überarbeitet worden sei, somit ein paar Tage nach der Angebotsöffnung. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass die Ausscheidensentscheidungen rechtskonform erfolgt seien.

4. Mit einer weiteren Stellungnahme vom 26.07.2018 führte die Antragstellerin aus, dass entgegen der Ansicht der Auftraggeberin die im Rahmen der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geforderte Ausfallswahrscheinlichkeit im "Investment Grade"-Bereich bei der Antragstellerin seit geraumer Zeit vorliege. Belegt werde dieser Umstand durch die Auskünfte von zwei anerkannten österreichischen Wirtschaftsauskunfteien, nämlich eine Auskunft der KSV1870 Information GmbH vom 05.06.2018 sowie eine Auskunft der Creditreform Wirtschaftsauskunftei Kubicki KG bzw Österreichischer Verband Creditreform vom 10.07.2018. Aus beiden Darstellungen der Entwicklung der Bonität gehe klar hervor, dass die Antragstellerin die erforderliche Bonität seit zumindest zwei Jahren ununterbrochen aufweise. Die Historie in der KSV-Auskunft lege dar, dass der KSV das im Mai 2018 aufgeschienene 411er-Rating rückwirkend auf unter 400 korrigiert habe.

Die Antragstellerin habe aus historischen Gründen ein negatives Eigenkapital, was aber seit geraumer Zeit durch eine "harte Patronatserklärung" in erheblicher Höhe des Gesellschafters ausgeglichen werde und ein Rating unter 400 bewirke. Der KSV erläutere nun, dass dieser Aspekt im Zuge einer automatisierten Rating-Überarbeitung im April 2018 vom KSV plötzlich ausgeblendet worden sei; und das obwohl dieser Aspekt dem KSV schon lange bekannt und nachgewiesen gewesen sei, die Antragstellerin also alle erforderlichen Unterlagen längst eingereicht und sich inhaltlich keine Änderung der Situation bei der Antragstellerin ergeben habe. Die Antragstellerin habe dieses unbegründet erhöht dargestellte Rating am 08.05.2018 festgestellt und (durch Herrn Ing. Mag. XXXX ) sofort telefonischen Kontakt mit dem KSV (Frau XXXX ) aufgenommen und am selben Tag nochmalig (nach erstmaliger Übermittlung im Juni 2017) den (diesbezüglich aussagekräftigen) Wirtschaftsprüfbericht des Geschäftsjahres 2016/2017 übersendet. Frau XXXX habe am 08.05.2018 angeführt, dass diese Daten unverzüglich eingespielt und das Rating wieder auf die korrekten unter 400 Punkte gestellt worden wäre.

Im Zuge nunmehriger Nachfragen habe sich herausgestellt, dass das Rating offenbar wieder nach oben gesetzt worden sei. Aufgrund der rückwirkenden Rating-Korrektur sei nicht rekonstruierbar, wann dies geschehen sei. Nach Auskunft des KSV habe die (neuerliche) Korrektur des Ratings ganz einfach von 08.05. bis 04.06.2018 in Anspruch genommen. Dies obwohl der KSV schon seit Monaten alle Unterlagen der Antragstellerin gehabt habe. Sohin liege der Wiederherstellung eines Ratings von unter 400 ganz klar nicht eine Bewertung neuer Umstände zugrunde, es handle sich bloß um die Berücksichtigung von beim KSV eigentlich schon vorliegenden und sich inhaltlich nicht geänderten Aspekten. Es stehe sohin fest, dass das in diesem Frühjahr für einige Zeit formal aufgeschienene (inhaltlich aber eben unrichtige) Rating von 411 Punkten vom KSV rückwirkend mit Ex-tunc-Wirkung getilgt worden sei.

Der Antragstellerin könne in diesem Zusammenhang auch kein Vorwurf der Untätigkeit und von Versäumnissen gemacht werden. Vielmehr habe sie aktiv darauf hingearbeitet, dass eine (letztendlich gelungene) Korrektur des Ratings beim KSV erfolgt sei. Sie habe auch auf die im Mai 2018 erhaltene Korrektur-Zusage vertrauen dürfen. Von den oben beschriebenen Abläufen habe sie erst im Zuge der nunmehrigen Ausscheidensentscheidung erfahren. Verwiesen werde diesbezüglich auf eine E-Mail-Korrespondenz zwischen Herrn XXXX , Leiter XXXX , KSV1870 Information GmbH, und Herrn DI XXXX der Antragstellerin.

Die Antragstellerin habe daher bereits zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung die von der Ausschreibung geforderte Bonität erfüllt und erfülle sie auch weiterhin, was durch die beiden angeführten Auskünfte auch für den gesamten relevanten Zeitraum (sogar doppelt) nachgewiesen sei.

Angesichts der in der Historie ersichtlichen durchgängigen Bonität ergebe sich, dass in Wahrheit nie ein Mangel vorgelegen sei und sich insofern auch kein Nachweismangel mehr ergeben könne.

Dadurch, dass die Antragstellerin mit ihren Angeboten jeweils freiwillig und ordnungsgemäß die formularmäßige Eigenerklärung der Ausschreibung abgegeben und damit diese Möglichkeit genützt habe, habe sie - unabhängig von anderen Handlungen im Verfahren - klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie sich in diesem Verfahren auf Eigenerklärungen stütze. Damit habe sie ihre Eignung zu diesem Zeitpunkt ausschreibungskonform nachgewiesen; denn die Erklärung sei - wie oben ausgeführt - auch inhaltlich richtig gewesen.

Die Auftraggeberin vertrete offenbar die unrichtige Ansicht, dass die Antragstellerin nach dem "Aufklärungsersuchen" vom 04.06.2018 keine weitere Erläuterungsmöglichkeit habe. Die Judikatur vertrete die formalistische Sichtweise, dass dann, wenn ein Bieter zu seiner Eignung auf ein elektronisches Register (vor allem den ANKÖ) "verweise" oder sich darauf "berufe", dies "bereits eine (wenn auch vereinfachte) Form der Nachweiserbringung dar[stellt], weil die Nachweise zwar nicht dem Auftraggeber vorgelegt werden, aber dem Verzeichnis vorliegen müssen." Das habe die Konsequenz, dass bei Nichtentsprechen der registrierten Unterlagen nicht eine Aufforderung zur Erstvorlage gemäß § 70 Abs 3 BVergG erfolge, sondern das Herantreten an den Bieter bereits der in § 70 Abs 4 BVergG vorgesehene Auftrag zur Mängelbehebung sei. Den Entscheidungen sei gemeinsam, dass die dort betroffenen Bieter sich ausdrücklich auf den ANKÖ berufen hatten. Ein beiläufiges Berufen auf den ANKÖ könne es daher nicht geben. Im gegenständlichen Vergabeverfahren habe die Antragstellerin allerdings nur auf die Aufforderung der Auftraggeberin "Angabe des Firmencode im ANKÖ (falls vorhanden)" reagiert und diesen Code - wie eben von der Auftraggeberin gefordert - angeführt. Das stelle aber ganz eindeutig nicht ein "Berufen" oder den "Verweis" auf den ANKÖ für alle oder einzelne Eignungsaspekte dar. Abgesehen davon habe sich die Antragstellerin aber fallbezogen gerade nicht auf den ANKÖ berufen, da sie entgegen der Festlegung der Auftraggeberin unter Punkt

1.1.26.1 Teil B.1 AAB, neben dem beim ANKÖ gelisteten Firmencode nicht auch die Firmenbuchnummer bekannt gegeben habe. Selbst wenn die Auftraggeberin daher selbständig Einsicht in den ANKÖ genommen habe, sei das Herantreten an die Antragstellerin am 04.06.2018 das erstmalige Auffordern zur Vorlage von Nachweisen infolge einer Eigenerklärung gemäß § 70 Abs 3 BVergG (und gerade nicht bereits ein Mängelbehebungsauftrag gemäß § 70 Abs 4 BVergG) gewesen.

Abgesehen davon habe die Antragstellerin ihre Aufklärungschance aber nicht verloren, da das Aufklärungsersuchen keine klare und eindeutige Formulierung des Mängelbehebungsauftrages beinhalte. Die Formulierung laute lapidar: "Der ASFINAG liegt ein ANKÖ-Auszug mit einem KSV-Rating von 411 vor, gefordert ist gemäß B.5 01 01 00B104A ein KSV Rating von 399 oder weniger". Dabei fehle es schon ganz generell an näheren Angaben zu den Umständen dieses Auszugs. Weiters fehle überhaupt jegliche (und daher auch konkretisierende) Aufforderung und die Art und Weise, wie dieser (vermeintliche - siehe oben) Mangel behoben werden könne. Das Ersuchen sei auch insofern unzureichend und irreführend, als die Auftraggeberin nur auf den ANKÖ verweise, auf den sich die Antragstellerin aber gar nicht gestützt habe. Denselben Effekt habe, dass die Auftraggeberin nur auf den KSV verweise und außer Acht lasse, dass von ihr auf derselben Ebene auch andere Nachweise zugelassen worden seien. Dass die Auftraggeberin ihre eigene Aufforderung als nicht ausreichend ansehe, werde auch dadurch belegt, dass sie in den beiden Ausscheidensentscheidungen vom 02.07.2018 versuche, die Aufforderung nachträglich zu ergänzen. Für die konkrete Situation sei auch relevant, dass die Antragstellerin darauf habe vertrauen dürfen, dass - nicht nur das Rating etwa bei der Creditreform, sondern - auch das KSV-Rating zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung ausschreibungskonform dargestellt gewesen sei und daher die 411 Punkte nicht mehr aufscheinen würden. Insofern schlage die unklare Formulierung der Auftraggeberin (darunter: Zeitpunkt des zitierten Ratings mit 411 Punkten) auch unmittelbar durch.

Im Übrigen habe die Antragstellerin zur nicht näher (auch nicht datumsmäßig) beschriebenen KSV-Auskunft und zur nicht näher zum aufzuklärenden Zeitraum bzw Zeitpunkt spezifizierten Aufforderung eine (am 11.06.2018) aktuelle Auskunft vorgelegt. Reiche dies für die Auftraggeberin nicht aus, müsse sie eine weitere konkretisierte Aufforderung an die Antragstellerin richten, sohin nochmals zur Verbesserung auffordern. Die Ausscheidensentscheidungen seien sohin jedenfalls zu früh erfolgt. Die behaupteten Ausscheidensgründe gemäß § 129 Abs 1 Z 2 sowie § 129 Abs 2 BVergG würden nicht vorliegen.

5. Am 02.08.2018 nahm die Auftraggeberin neuerlich Stellung. Aus dem nunmehr vorgelegten E-Mail (von XXXX, Prokurist KSV, an XXXX, Abteilung Recht und Verkauf ASFINAG) gehe unzweifelhaft hervor, dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung (= eignungsrelevanter Zeitpunkt) ein Rating von 411 gehabt habe. In der Ausschreibung werde bestandfest festgelegt, dass der Bieter zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit über ein Rating von unter 399 verfügen müsse. Die Auftraggeberin sei strikt an ihre eigenen Ausschreibungsunterlagen gebunden. Wenn die Antragstellerin nun vorbringe, dass sie angeblich "seit geraumer Zeit" über die geforderte Bonität verfüge, sei dies nicht richtig. Es handle sich um eine reine Schutzbehauptung, wenn die Antragstellerin vorbringe, das Rating sei "rückwirkend" auf unter 400 korrigiert worden. Weder aus den von der Auftraggeberin vorgelegten ANKÖ-Auszügen noch aus den vorliegenden Informationen des KSV sei eine rückwirkende Korrektur des Ratings dokumentiert oder nachvollziehbar. Der KSV bestätige selbst, dass sich das Rating erst am 04.06.2018 verbessert habe. Eine vom KSV ausdrücklich und rechtsverbindlich vorgenommene rückwirkende Änderung des Ratings liege aktenkundig nicht vor. Im Sinne der Ausschreibung relevant sei somit nicht das Vorbringen der Antragstellerin, sondern das vom KSV konkret und verbindlich für den jeweiligen Stichtag bzw Zeitraum ausgewiesene Rating.

6. Am 07.08.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt. Die Antragstellerin brachte ergänzend vor, dass das Rating von 411 keine besondere Aussagekraft habe, da dieser Wert nach eigener Aussage des KSV in der Grafik vergessen worden sei. Das sei ein Beleg dafür, dass diesbezüglich keine stringente Vorgehensweise des KSV vorhanden sei, sondern vielmehr intern Unklarheiten über die Bewertung vorhanden seien. Diese Unklarheiten würden auch dadurch bestätigt, dass aktuell kein Abruf eines Ratings zur Antragstellerin beim KSV möglich sei. Weiters habe der KSV in dieser Angelegenheit mittlerweile Eigeninteressen, nämlich dahingehend, dass abhängig vom Ausgang des Nachprüfungsverfahrens Schadenersatzansprüche drohen und weiters auch generell seine Reputation und Glaubwürdigkeit in Frage gestellt sein könne.

Die Auftraggeberin führte aus, dass das vorgelegte E-Mail nochmals die Informationen bestätige, welche bereits über die ANKÖ Auszüge hätten abgerufen werden können. Im relevanten Zeitraum ab Angebotsöffnung am 28.05.2018 bis zum 04.06.2018 habe die Antragstellerin über ein Rating, das nicht den Anforderungen der Ausschreibung entspreche, verfügt. Ein Rating über 400 bedeute "ein erhöhtes Risiko" gemäß den vom KSV festgelegten Risikoklassen. Das Rating liege damit nicht im geforderten Investment Grade Bereich. Insofern werde bestritten, dass dieses Rating keine besondere Aussagekraft hätte.

Die Antragstellerin bestätigte, dass Ihrem Angebot eine KSV-Auskunft vom 03.11.2017 (letzte Überarbeitung 21.03.2017) beiliege und berief sich überdies im Rahmen der Aufklärung weiterhin auf die laut der Ausschreibung mögliche Nachweisführung durch eine andere anerkannte Wirtschaftsauskunftei, die Creditreform, welche auch zum relevanten Zeitpunkt einen ausreichenden Investment Grade aufweise. Ein Auszug der Creditreform sei der Auftraggeberin im Rahmen eines Schreibens vom 06.07.2018, welches der Auftraggeberin nach der Ausscheidensentscheidung freiwillig übersendet worden sei, übermittelt worden.

Zur Berufung auf den ANKÖ führte die Auftraggeberin aus, dass es der Auftraggeberin unbenommen bleibe, im Rahmen der Angebotsprüfung im Wege des ANKÖ das KSV Rating eines Bieters abzufragen, selbst wenn sich die Antragstellerin nicht auf den ANKÖ berufen habe. Dies wurde seitens der Antragstellerin nicht in Abrede gestellt, allerdings habe dies keinen Einfluss auf die Frage, ob das Herantreten an den Bieter, in diesem Fall das Nachfordern von Unterlagen, ein Vervollständigen im Sinne der Eigenerklärung bezwecke oder bereits ein Mängelbehebungsauftrag sei.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde Herr XXXX , Leiter der Abteilung XXXX der KSV1870 Information GesmbH, einvernommen. Dieser bestätigte, dass aufgrund eines Rechercheauftrages eines Kunden eine Neubewertung der Antragstellerin mit einem Rating von 411 am 13.04.2018 erfolgte und dass dieses Rating am 04.06.2018 wiederum abgeändert und auf 391 herabgesetzt worden sei. Eine rückwirkende Änderung der Bewertung sei damit nicht erfolgt. Eine Bewertung erlange nach Abschluss einer Recherche Gültigkeit und bleibe bis zu einer neuen Bewertung aufrecht. Auf die Frage, weshalb der Wert von "411" in der Historie der Antragstellerin nicht aufscheinen würde, verwies der Zeuge auf technische Gründe bei der grafischen Darstellung. Es könne nur ein Wert pro Quartal dargestellt werden. Der Zeuge konnte nicht angeben, welche Werte allgemein in der Rating-Historie aufscheinen würden. Der Herabsetzung auf 391 Punkte sei eine Kontaktaufnahme durch den kaufmännischen Leiter der Antragstellerin mit der zuständigen Teamleiterin, Frau XXXX , vorausgegangen. Die Antragstellerin habe im Zuge dessen die Bilanz per 28.02.2017 für das Geschäftsjahr 2016/17 inklusive Gewinn- und Verlustrechnung übermittelt. Diese Informationen seien dem KSV zuvor nicht bekannt gewesen. Zum Inhalt des Gespräches könne er keine Angaben machen, da er bei diesem Gespräch nicht anwesend gewesen sei. Da er nicht selbst der Bearbeiter gewesen sei, könne er auch über die Umstände der Bewertungsvorgänge (Datum des Rechercheauftrages, Häufigkeit der Kontakte zwischen der Antragstellerin und dem KSV nach dem 08.05.2018, Dauer der jeweiligen Recherchen, Einholen einer Selbstauskunft) und über die diesen Bewertungen jeweils konkret zugrunde gelegten Unterlagen und Daten keine detaillierten Angaben machen. Grundlage der neuerlichen Bewertung mit 391 Punkten per 04.06.2018 könne aber nicht ausschließlich die Bilanz gewesen sein, da nicht ausschließlich auf Grundlage der Bilanz bewertet werde. Grundsätzlich würden 20 Faktoren in das KSV-Rating einfließen.

7. Am 08.08.2018 übermittelte die Antragstellerin eine weitere Stellungnahme, in welcher sie ausführte, dass der Auftrag zur "Rating-Recherche" bei der Antragstellerin, welche zu einem (weiterhin unerklärten) Rating von 411 geführt habe und welches Rating dann auch für die Antragstellerin ungewöhnlich lange bis kurz nach der Angebotsöffnung aufrechterhalten worden sei, von einem auf der Produktseite direkten Konkurrenten erteilt worden sei. Ungeklärt sei der Umstand, weshalb die Antragstellerin überhaupt ein verschlechtertes Rating erhalten habe, obwohl sich im Gegensatz zu früheren KSV-Ratings die wirtschaftliche Situation verbessert habe. Dies sei ein weiterer Beleg dafür, dass der Ratingwert "411" nicht mit der nötigen vergaberechtlichen Sicherheit versehen sei. Darüber hinaus sei ein Berufen auf alternative Nachweismöglichkeiten auch zu einem späteren Zeitpunkt bzw auch jetzt möglich, da die Antragstellerin erst nach Ende der Angebotsfrist und auch nach der "Aufklärung", datiert mit 07.06.2018, von der Situation rund um ihr KSV-Rating erfahren habe.

8. Am 10.08.2018 nahm die Antragstellerin erneut zu der ihrer Ansicht nach nicht nachvollziehbaren Bewertung durch den KSV Stellung und legte weitere Unterlagen vor. Demnach könnten - wie aber seitens des Zeugen ausgeführt worden sei - weder das negative Eigenkapital noch der hohe Bilanzverlust ausschlaggebend für das Rating mit 411 gewesen sein; das Eigenkapital habe sich kontinuierlich verringert, der Bilanzverlust habe abgenommen und der Jahresüberschuss habe sich deutlich verbessert; dies sei aus der im Firmenbuch öffentlich zugänglichen verkürzten Bilanz - auch bereits im April 2018 - ersichtlich gewesen und daher nicht neu. Es habe keine Logik, dass sich trotz all dieser Punkte das Rating von Februar 2014 mit 383 Punkten bis April 2018 auf 411 Punkte verschlechtert habe. Der Erklärungsversuch, weshalb das Rating mit 411 nicht in der Rating-Historie aufscheine, nämlich dass dies technisch nicht möglich sei, sei unglaubwürdig. Auch wenn der Zeuge versuche, dies zu bestreiten, bleibe die Antragstellerin dabei, dass das Rating rückwirkend getilgt worden sei. Es sei eigenartig, dass das Rating ausgerechnet während und bis knapp nach Ende der Angebotsfrist für ein paar Wochen überhöht gewesen sei und dass der KSV die Online-Abrufbarkeit der Antragstellerin vor der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgesetzt habe, obwohl dies wohl ohne Einfluss auf die Bonität der Antragstellerin sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Sachverhalt:

Aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen, der bezugnehmenden Beilagen, der vorgelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens sowie der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wird folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:

Die Auftraggeberin, die ASFINAG Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG, schrieb im März 2018 die gegenständliche Leistung "A10 Salzburg, rVMZ St. Michael, Erweiterung und Erneuerung" in einem offenen Verfahren nach dem Bestbieterprinzip aus (CPV-Code: 45316210-0; 34996000-5; 34923000-3). Der geschätzte Auftragswert beträgt EUR 3.285.206,10 (einschließlich Option) ohne USt.

Die Ausschreibungsunterlagen lauten auszugsweise wie folgt:

B.1 Allgemeine Ausschreibungsbedingungen:

1.1.26.1. Eignungskriterien

Es reicht vorerst aus, dass der Bieter/die Bietergemeinschaft erklärt, dass er/sie das Vorliegen der in den Ausschreibungsunterlagen angeführten Eignungsanforderungen bestätigt (Erklärung des Bieters) und seine/ihre Befugnisse im Formblatt "Eigenerklärung des Bieters" anführt.

Auf Verlangen des AG sind die geforderten Eignungsnachweise jedoch unverzüglich, spätestens binnen 7 Tagen vorzulegen. Von jenen Bietern, die für den Zuschlag in Frage kommen, wird der AG den Nachweis der Eignung jedenfalls verlangen.

Das Alter der geforderten Nachweise darf 12 Monate nicht überschreiten. Stichtag ist das Ende der Angebotsfrist. Für den Nachweis der Eignung ist die Abgabe einer Kopie ausreichend. Über Verlangen des AG ist der Nachweis mittels einer beglaubigten Abschrift zu führen.

Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass die mögliche Nachweiserbringung durch den Bieter betreffend die Eignung Befugnis, die Zuverlässigkeit und die Leistungsfähigkeit gemäß § 70 Abs. 4 BVergG im Wege des Auftragnehmerkataster Österreich (ANKÖ) möglich ist. Dafür sind seitens des Bieters der beim ANKÖ gelistete Firmencode und die Firmenbuchnummer bekannt zu geben.

Sollten im ANKÖ die vom AG geforderten Nachweise nicht vollständig verfügbar sein bzw. die Inhalte dieser Nachweise nicht den Ausschreibungsbestimmungen entsprechen, so hat der Bieter die fehlenden bzw. unvollständigen Nachweise dem AG (nach Aufforderung) zu übermitteln.

Die Möglichkeit der Nachweiserbringung im Sinne des § 76 BVergG wird durch diese Bestimmungen nicht berührt.

Folgende Nachweise gemäß §§ 70 ff BVergG werden vom AG verlangt:

[...]

Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

Der Bieter muss nachweisen, dass seine finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gegeben ist.

Formblatt "Eigenerklärung des Bieters":

Mit Abgabe unseres Angebotes erkläre(n) ich (wir), dass ich (wir) die vom Auftraggeber in der gegenständlichen Ausschreibung verlangten Eignungskriterien erfülle(n) und die darin festgelegten Nachweise auf Aufforderung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 7 Tagen beibringen kann (können).

Ich / Wir verfüge(n) über folgende Befugnis(se):

Nr. Befugnis Unternehmen (bei Bietergemeinschaften und/oder Subunternehmern)

Nr.

Befugnis

Unternehmen (bei Bietergemeinschaften und/oder Subunternehmern)

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Angabe des Firmencode im ANKÖ (wenn vorhanden):

Nr. Unternehmen Firmencode im ANKÖ

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Unternehmen

Firmencode im ANKÖ

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B.5

Leistungsverzeichnis

00 Projektspezifische Bestimmungen

[...]

00B1 Ausschreibungsbestimmungen

[...]

00B104 Eignung

00B104A KSV Rating

Zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bieters ist ergänzend zumindest folgendes nachzuweisen:

Die Ausfallswahrscheinlichkeit des Bieters muss im "Investment Grade"-Bereich liegen. Dies bedeutet, dass

a) die Ausfallswahrscheinlichkeit des Bieters gemäß dem Rating des KSV (KSV1870 Information GmbH) als "gering" (Rating von 399 oder weniger) beurteilt wird, oder

b) die Ausfallswahrscheinlichkeit des Bieters durch eine andere anerkannte Wirtschaftsauskunftei im "Investment Grade"-Bereich beurteilt wird, dies entspricht

• bei Moodys einem Rating von Baa3 oder besser bzw.

• bei Standard&Poor's und Fitch einem Rating von BBB- oder besser.

Besteht kein Rating einer anerkannten Wirtschaftsauskunftei, so kann das interne Rating eines Kreditinstitutes herangezogen werden, das die Ausfallswahrscheinlichkeit des Bieters äquivalent zu der unter

a) oder b) angegebenen Ausfallswahrscheinlichkeit beurteilt.

Dieser Nachweis ist durch Beilage folgender Unterlagen zu führen:

aktuelle Bonitätsauskunft des Kreditschutzverbandes von 1870 oder einer gleichwertigen Einrichtung oder durch Vorlage einer Erklärung, über welches Rating der Bieter verfügt.

[...]

Am 08.05.2018 erlangte die Antragstellerin im Rahmen einer Selbstauskunft Kenntnis davon, dass ihr KSV-Rating 411 betragen würde. Sie nahm daraufhin mit der KSV1870 Information GmbH (Frau XXXX ) Kontakt auf und übermittelte dieser die Bilanz per 28.02.2017 für das Geschäftsjahr 2016/17 inklusive Gewinn- und Verlustrechnung. Am 04.06.2018 wurde das Rating der Antragstellerin von 411 auf 391 Punkte verbessert.

Die Antragstellerin legte fristgerecht ein Hauptangebot sowie ein Alternativangebot. Die Angebotsöffnung fand am 28.05.2018 statt.

Den Angeboten der Antragstellerin ist jeweils das Formblatt "Eigenerklärung des Bieters" angeschlossen. Darin führt die Antragstellerin unter der Rubrik "Angabe des Firmencode im ANKÖ (wenn vorhanden)" den Firmencode der XXXX an. Den Angeboten ist darüber hinaus jeweils eine Auskunft der KSV1870 Information GmbH (KSV-Auskunft) vom 03.11.2017 angeschlossen. Diese weist ein Rating von 391 aus. Die letzte Überarbeitung hat demnach am 21.03.2017 stattgefunden.

Am 30.05.2018 nahm die Auftraggeberin eine Abfrage beim Auftragnehmerkataster Österreich (ANKÖ) betreffend die Antragstellerin vor. Dem ANKÖ-Auszug ist ein KSV-Rating von 411 zu entnehmen. Die letzte Änderung hat demnach am 14.04.2018 stattgefunden.

Am 04.06.2018 richtete die Auftraggeberin das nachstehende, auszugsweise wiedergegebene Schreiben an die Antragstellerin:

Aufforderung zur Aufklärung gemäß § 126 BVergG idgF

1. Nachforderung von eignungsrelevanten Unterlagen

Im Zuge der Prüfung der Eignungskriterien wurde festgestellt, dass in Ihrem Angebot / im ANKÖ, auf den Sie verweisen, nachfolgend angeführte Eignungsnachweise fehlen oder das Kriterium "nicht älter als 12 Monate am Abgabetermin der Angebote" nicht erfüllen. Wir ersuchen Sie daher, nachfolgend angeführte Bestätigungen vorzulegen:

Für das Unternehmen XXXX :

1. [...]

3. Der ASFINAG liegt ein ANKÖ-Auszug mit einem KSV-Rating von 411 vor; gefordert ist gemäß B.5 01 01 00B104A ein KSV Rating von 399 oder weniger.

Wir ersuchen Sie, angeführte Unterlagen innerhalb der angegebenen Frist nachzureichen. Wir weisen Sie darauf hin, dass Ihr Angebot ausgeschieden wird, sofern Sie diesem Ersuchen innerhalb der Ihnen gemäß der Vergabeplattform gestellten Frist nicht nachkommen.

Die Antragstellerin übermittelte am 07.06.2018 eine KSV-Auskunft, gemäß Auftrag vom 06.06.2018, geliefert am 06.06.2018, welche ein Rating von 391 aufweist. Demnach hat die letzte Überarbeitung am 04.06.2018 stattgefunden. Die Antragstellerin führte dazu aus:

"3) Aktuelle KSV-Rating

Das KSV Rating wurde von uns abgefragt. Sie finden im Anhang "Anlage 1 -KSV Auskunft XXXX 06.06.2018" das aktuelle Rating. Dieses beläuft sich auf 391 und ist damit unter 399 Punkten."

Am 03.07.2018 übermittelte die Auftraggeberin hinsichtlich des Haupt- und des Alternativangebotes jeweils das nachstehende Schreiben (datiert 02.07.2018) an die Antragstellerin:

"Begründung über das Ausscheiden von Angeboten gemäß § 129 Abs. 3 BVergG 2006

Nach erfolgter Prüfung war Ihr Angebot aus folgenden Gründen auszuscheiden:

Modul 3: Fehlen der Leistungsfähigkeit

• Weil die zur konkreten Leistungserbring erforderliche finanzielle und wirtschaftliche Leitungsfähigkeit nicht gegeben ist. Die Ausscheidensentscheidung begründet sich wie folgt:

Sie wurden am 04.06.2018 aufgefordert ein KSV Rating mit 399 oder weniger vorzulegen. Dies insb deshalb, weil ihr Rating zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe lt. ANKÖ - Auszug vom 30.05.2018 bei 411 (erhöhtes Risiko) lag.

Sie haben dazu am 11.06.2018 einen Nachweis über ein Rating von 391 übermittelt. Dieses Rating beinhaltet ein Lieferdatum von 06.06.2018 und enthält ein Überarbeitungsdatum durch den KSV 1870 vom 04.06.2018. Sie haben kein Rating mit 399 oder weniger zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe übermittelt.

Aufgrund der bestandsfest gewordenen Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen (vgl Punkt 00B104A des Leistungsverzeichnisses) war aber ein Rating (bereits zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung) unter 400 gefordert. Die geforderte finanzielle bzw wirtschaftliche Leistungsfähigkeit konnte durch ihr Unternehmern daher leider nicht nachgewiesen werden.

Ihr Angebot war daher gem § 129 Abs 1 Z 2 BVergG und § 129 Abs 2 BVergG auszuscheiden."

Am 06.07.2018 richtete die Antragstellerin ein Schreiben an die Auftraggeberin, in welchem sie auf das aktuellste Unternehmensprofil des KSV vom 05.06.2018 verwies. Dieses zeigt durchgängig seit dem dritten Quartal in der dargestellten Historie ein Rating unter 400. Weiters bezog sie sich auf eine aktuelle Bewertung der Creditreform vom 22.06.2018.

Am 10.07.2018 brachte die Antragstellerin die gegenständlichen Nachprüfungsanträge beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Es wurde weder ein Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.

II.2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den eingangs (unter II.1.) angeführten Beweismitteln. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der vorliegenden Unterlagen des Vergabeverfahrens keine Bedenken ergeben. Die Feststellungen finden Deckung in den von den Verfahrensparteien eingebrachten Schriftsätzen, den bezugnehmenden Beilagen sowie den Vergabeunterlagen und den Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die Aussagen des in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen XXXX betreffend den Zeitraum, in welchem bei der Antragstellerin ein KSV-Rating von 411 vorgelegen ist, stehen in Einklang mit den betreffenden Auskünften aus dem ANKÖ (vom 28.05. und 30.05.2018) sowie mit der Auskunft des Prokuristen des KSV. Auch seitens der Antragstellerin wird mehrfach vorgebracht, dass das Rating von 411 ungewöhnlich lange bis nach der Angebotsöffnung aufrechterhalten worden sei. Demgegenüber beruft sich die Antragstellerin allerdings auch darauf, dass das Rating schließlich rückwirkend auf 391 verbessert worden sei, zumal auch die wirtschaftliche Entwicklung der Antragstellerin eine Verschlechterung auf 411 keinesfalls nahelege, was sich überdies aus der KSV-Historie ergebe. Tatsächlich weist diese Historie kein Rating mit 411 Punkten aus. Der Zeuge konnte dies zwar nicht nachvollziehbar erklären, denn entgegen seiner Erklärung, es könne nur ein Wert pro Quartal dargestellt werden, werden im 2. Quartal 2018 der Rating-Historie der Antragstellerin zwei Werte aufgezeigt. Dennoch ist aufgrund der vorliegenden ANKÖ-Auszüge, der Angaben des Prokuristen des KSV, der Korrespondenz des Zeugen mit der Antragstellerin und den insofern übereinstimmenden und gleichbleibenden Aussagen des Zeugen davon auszugehen, dass das Rating des KSV im Zeitraum von 14.04.2018 bis 04.06.2018 bei 411 Punkten lag.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1.Anzuwendendes Recht

Am 21.08.2018 ist das Bundesvergabegesetz 2018, BGBl I, Nr 65/2018, in Kraft getreten. Dessen § 376 lautet auszugsweise:

§ 376. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme der Einträge im Inhaltsverzeichnis zu den §§ 62, 66, 232, 237, 367 und 368 und der §§ 54 Abs. 2, 62 samt Überschrift, 66 samt Überschrift, 223 Abs. 2, 232 samt Überschrift, 237 samt Überschrift, 367 samt Überschrift, 368 samt Überschrift und des 2. Abschnittes von Anhang VIII samt Überschrift mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Zugleich tritt das Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006, außer Kraft.

(2) ...

(3) ...

(4) Für das Inkrafttreten der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2018 neu gefassten Bestimmungen gilt Folgendes: Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 bereits eingeleiteten Vergabeverfahren sind nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren sind vom Bundesverwaltungsgericht nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Hinsichtlich der Vergabeverfahren, die zum Zeitpunkt gemäß Abs. 1 und 2 bereits beendet sind, richtet sich die Durchführung von Feststellungsverfahren nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage.

(5) ...

In den Erläuternden Bemerkungen (EBRV 69 BlgNR XXVI. GP) wird hierzu ausgeführt: Wenn ein Vergabeverfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits eingeleitet war, ist es nach den materiellrechtlichen Vorschriften des BVergG 2006 zu Ende zu führen; wenn im Zusammenhang mit einem solchen Vergabeverfahren nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes ein Rechtsschutzverfahren anhängig gemacht wird, dann sind für das Rechtsschutzverfahren die Regelungen des 4. Teiles dieses Bundesgesetzes anzuwenden. (Prüfungsmaßstab für die Beurteilung, ob eine Rechtswidrigkeit vorliegt oder nicht, bleiben allerdings die Bestimmungen des BVergG 2006.) Ist ein Rechtsschutzverfahren hingegen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits anhängig, ist dieses Rechtsschutzverfahren gemäß Abs. 4 nach den Bestimmungen des BVergG 2006 fortzuführen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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