TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/15 W154 2115686-1

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Veröffentlicht am 15.10.2018
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Entscheidungsdatum

15.10.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §52
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76
VwGVG §35
VwGVG §40

Spruch

W154 2115686-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX, StA. Kosovo, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.08.2015, Zahl: 741041905, und die Anhaltung in Schubhaft vom 26.08.2015 bis 07.09.2015 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 FPG stattgegeben und der angefochtene Mandatsbescheid aufgehoben.

Gleichzeitig wird die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 26.08.2015 bis 07.09.2015 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 35 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Kostenersatz wird abgewiesen.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Eingabegebühr wird als unzulässig zurückgewiesen.

III. Der Antrag auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger des Kosovo, stellte am 13.05.2004 im Bundesgebiet einen Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.10.2005, Zahl: 04 10.419-BAL, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.), weiters wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach "Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo", gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 zulässig sei (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach "Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo" ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 4.11.2011, Zl. B8 266.230-0/2008/6E, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in Republik Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt II), gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen (Spruchpunkt III).

2. Im Dezember 2011 wurde der Beschwerdeführer in den Kosovo abgeschoben.

3. Am 03.03.2015 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 4.03.2015 sowie seiner Einvernahme am 30.03.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) legte der Beschwerdeführer seine ID Karte vor und gab im Wesentlichen an, gesund zu sein, sich nicht in ärztlicher Behandlung oder Therapie zu befinden und keine Medikamente zu nehmen. Sein Reisepass befinde sich in Ungarn, weil er dort einen Asylantrag gestellt habe. Der Beschwerdeführer spreche ein wenig Deutsch, habe eine Freundin in Österreich, deren Familiennamen ihm nicht geläufig sei und deren Geburtsdatum er nicht kenne. Sie sei ca. 50 Jahre alt und lebe in einem näher genannten Dorf, die genaue Adresse könne er nicht angeben. Er sei bei seinem Bruder gemeldet und seine Freundin komme ihn immer besuchen. Im Bundesgebiet habe der Beschwerdeführer eine volljährige Tochter, zwei Brüder samt deren Kernfamilien und die Kinder eines weiteren Bruders. Seine Mutter sowie ein weiterer Bruder und Verwandte befänden sich im Kosovo. Von Beruf sei der Beschwerdeführer Maurer, habe auch hier in Österreich als solcher gearbeitet und eine Beschäftigungsbewilligung gehabt. Weitere private Interessen, wie Grundstücke, Firmen oder Aktien habe er hier nicht, sei in keinen Vereinen tätig, besuche keine Kurse, lebe von der Grundversorgung und arbeite derzeit nicht. Auch verfüge er über keine Vermögenswerte, wie Schmuck, Bargeld oder Wertgegenstände.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 13.06.2015, Zl. IFA 741041905/150229329, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 03.03.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt III.); zudem wurde einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Die dagegen erhobene Beschwerde gegen die Spruchpunkte II, III, IV samt Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung langte beim Bundesamt am 19.06.2015 ein und wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.09.2015, GZ G306 2109538-1/4E, gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 52 Abs. 2 Z 2 iVm. Abs. 9 und § 55 FPG, §§ 55 und 57 AsylG 2005 sowie § 18 Abs. 1 Z 1 BFA VG als unbegründet abgewiesen.

4. Am 18.08.2015 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde davon in Kenntnis gesetzt, dass er am 26.8.2015 um 15:00 Uhr in Effektuierung des Bescheides auf dem Luftweg in den Kosovo abgeschoben werden solle.

5. Am 26.08.2015 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z. 1 BFA-VG festgenommen und von dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er, von der an diesem Tag geplanten Abschiebung gewusst zu haben, er hätte am selben Tag ("heute") mit dem Bundesamt telefoniert. Weiters bestätigte er, am 17.08.2015 über seine Abschiebung Bescheid bekommen zu haben. Vorgehalten, dass ihn die Polizei am 23.08.2015 an seiner Meldeadresse hätte abholen wollen und nicht angetroffen habe, erklärte er, bei einer Freundin gewesen zu sein und davon nichts gewusst zu haben. Er hätte nicht daran gedacht, seinem Bruder oder Neffen mitzuteilen, wo er sich aufhalte. Er sei gesund und könne reisen. In den Kosovo wolle er nicht zurück, er würde es mit einem Visum noch einmal probieren.

6. Mit gegenständlichem Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 26.08.2015 - vom Beschwerdeführer am selben Tag übernommen - wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG aF iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dies begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass dem Beschwerdeführer am 13.6.2015 der abweisende Asylbescheid samt Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausgefolgt worden sei. Am 19.06.2015 habe er eine Beschwerde gegen die Spruchpunkte II, III und IV dieses Bescheides eingebracht, am 9.07.2015 sei die Rückkehrentscheidung durchsetzbar geworden. Am 18.08.2015 habe der Beschwerdeführer die Information über seine geplante Abschiebung am 26.08.2015 erhalten. Am 23.08.2015 hätte er sich seiner angeordneten Festnahme entzogen, indem er sich nicht mehr an seiner Adresse aufgehalten habe. Am 26.08.2015 habe er telefonisch mit dem Bundesamt Kontakt aufgenommen und sich in die Regionaldirektion Linz begeben, wo er am selben Tag festgenommen worden sei.

Das Bundesamt stellte fest, dass seitens des Bundesverwaltungsgerichts im zugrundeliegenden Asylverfahren der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung erteilt worden und gegenständliche Rückkehrentscheidung somit durchsetzbar sei. Der Beschwerdeführer habe sich seiner angekündigten Abschiebung am 26.08.2015 entzogen und halte sich aktuell nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er sei unionsrechtlich nicht aufenthaltsberechtigt und sein persönliches Verhalten stelle zurzeit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar.

Zu seinem bisherigen Verhalten führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer schlepperunterstützt und ohne gültiges Reisedokument nach Österreich widerrechtlich eingereist sei. Er gehe seit seiner Einreise keiner Erwerbstätigkeit nach und es bestehe keine begründete Aussicht auf einen legalen Broterwerb in Österreich. Am 18.08.2015 sei er über seine geplante Abschiebung informiert worden. Laut Erhebungen der zuständigen Polizeiinspektion habe er sich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr an seiner Meldeadresse aufgehalten und sich am 23.08.2015 durch dieses Verhalten der Festnahme und in weiterer Folge der geplanten Abschiebung am 26.08.2015 entzogen. Erst nach Verstreichen des Zeitpunktes der geplanten Abschiebung habe sich der Beschwerdeführer beim Bundesamt gemeldet und angegeben, dass er sich zumindest ab dem 23.08.2015 nicht mehr an seiner Meldeadresse sondern bei einer Freundin aufgehalten habe, wobei er die genaue Anschrift dieses Aufenthaltsortes nicht nennen habe können. Des Weiteren habe er angegeben, an eine Verständigung seiner Verwandten bezüglich seines Aufenthaltsortes nicht gedacht zu haben und nicht in sein Herkunftsland zurückzuwollen. Da er kein gültiges Reisedokument besitze, könne er Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen. Er habe die österreichische Rechtsordnung missachtet, indem er widerrechtlich eingereist sei und sich bewusst der geplanten Abschiebung entzogen habe. Seine Asylantragsstellung sei aufgrund wirtschaftlicher Gründe erfolgt. Er verfüge nicht über ausreichend Barmittel, um seinen Unterhalt zu finanzieren, gehe keiner legalen Beschäftigung nach und sei in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

7. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt. Diese Verfahrensanordnung wurde vom Beschwerdeführer am 26.08.2015 nachweislich übernommen.

8. Am 7.09.2015 wurde der Beschwerdeführer begleitet in den Kosovo abgeschoben.

9. Am 12.10.2015 langte beim Bundesverwaltungsgericht die gegen den gegenständlichen Mandatsbescheid des Bundesamtes sowie gegen die Anordnung der Schubhaft und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 26.08.2015 bis zur Abschiebung am 7.09.2015 gemäß § 22a BFA-VG erhobene Beschwerde ein. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer am 18.08.2015 davon in Kenntnis gesetzt worden sei, dass er am 26.08.2015 um 15:00 Uhr in Effektuierung des Bescheides auf dem Luftweg in den Kosovo abgeschoben werden solle. Er habe sich selbst um Unterstützung durch die Rückkehrhilfe der Caritas bemüht, weil er selbstständig in den Kosovo ausreisen habe wollen. Zu diesem Zweck habe er sich am 20.08.2015 und am 21.08.2015 bei der Caritas Rückkehrhilfe eingefunden, die zweimal telefonisch Kontakt mit dem Bundesamt aufgenommen habe. Da der Beschwerdeführer mit seinem Bruder gestritten habe, habe er dessen Wohnung am 23.08.2015 verlassen und sei zu seiner Freundin gezogen. Am 26.08.2015 habe er sich vormittags selbst bei der Regionaldirektion Linz gemeldet und sei im Anschluss dorthin gefahren, wo er sogleich festgenommen und über ihn die Schubhaft verhängt worden sei.

Auch sei unrichtig, dass der Beschwerdeführer seit seiner Einreise am 3.03.2015 keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Er habe aufgrund einer Beschäftigungsbewilligung ab dem 8.04.2015 legal als Landarbeiter bei einer näher genannten Firma mit Bruttoverdienst von € 1119 monatlich gearbeitet. Dies sei bereits in der bei der belangten Behörde eingebrachten Beschwerde vom 17.06.2015 dargelegt worden. Festzuhalten sei, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer überhaupt nicht befragt habe, ob dieser über finanzielle Mittel verfüge. Richtig sei, dass der Beschwerdeführer über die geplante Abschiebung informiert worden sei. Unrichtig sei jedoch, dass er sich einer Festnahme am 23.08.2015 entzogen hätte. Dies würde voraussetzen, dass ihm die geplante Festnahme bekannt gewesen wäre, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Auch habe der Beschwerdeführer über die Caritas Rückkehrhilfe bereits am 20.08.2015 und am 21.08.2015 mit der belangten Behörde Kontakt aufgenommen. Am 26.08.2015 habe er sich überdies bereits am Vormittag zur Regionaldirektion Oberösterreich des Bundesamtes begeben. Dem Abschiebungsauftrag der belangten Behörde vom 20.08.2015 zufolge hätte die Abschiebung des Beschwerdeführers am 26.08.2015 erst um 15:00 Uhr, also am Nachmittag stattfinden sollen. Von einer Person, die sich dem behördlichen Verfahren wissentlich entziehen möchte, sei jedenfalls nicht zu erwarten, dass diese von sich aus die Behörde aufsuche. Zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer über kein gültiges Reisedokument verfügt habe, sei anzuführen, dass dieser einen kosovarischen Personalausweis und einen kosovarischen Führerschein vorgelegt habe. Die belangte Behörde habe im Asylbescheid vom 13.06.2015 selbst umfangreiche Feststellungen zu den Familienangehörigen des Beschwerdeführers getroffen, weshalb es umso weniger nachvollziehbar sei, dass sie im angefochtenen Schubhaftbescheid zum Schluss komme, der Beschwerdeführer sei in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Die belangte Behörde sei in Kenntnis der Beschäftigungsbewilligung des Beschwerdeführers vom 08.04.2015 gewesen, ebenso habe sie im Asylbescheid vom 30.06.2015 festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Österreich bereits als Maurer gearbeitet habe. Bei Berücksichtigung des Akteninhalts hätte die Behörde darüber hinaus feststellen müssen, dass der Beschwerdeführer bereits zwischen 1990 und 2011 in Österreich aufhältig gewesen sei und mit entsprechenden Beschäftigungsbewilligungen als Saisonarbeiter gearbeitet habe. Weiters habe es die belangte Behörde unterlassen, zumutbare Ermittlungen zur Prüfung des Sicherungsbedarfes anzustellen. Der Beschwerdeführer habe in seiner Einvernahme am 26.08.2015 angegeben, sich bei seiner Freundin aufgehalten zu haben. Er habe zwar nicht die genaue Adresse auswendig gekannt, hätte jedoch die Telefonnummer seiner Freundin jederzeit bekannt geben können.

In der Beschwerde wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung unter der Einvernahme des Beschwerdeführers und der Freundin als Zeugin zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen; den bekämpften Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und Anhaltung in Schubhaft vom 26.08.2015 bis 07.09.2015 in rechtswidriger Weise erfolgt sei; in eventu die ordentliche Revision zuzulassen. Des Weiteren wurde aufgrund des unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatzes in Bezug auf Art. 47 GRC beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge dem Beschwerdeführer unentgeltlich einen Verfahrenshelfer beigegeben, in eventu die ordentliche Revision zulassen; den Beschwerdeführer von der Eingabegebühr gemäß § 2 Abs. 1 BuL- Eingabengebühr Verordnung befreien, in eventu die ordentliche Revision zulassen; dem Beschwerdeführer etwaige Dolmetschkosten ersetzen und im Falle eines Obsiegens der Behörde den Beschwerdeführer vom Ersatz des Aufwandersatzes im Sinne der VwG- Aufwandsersatzverordnung befreien, in eventu die ordentliche Revision zulassen; dem Beschwerdeführer Aufwendungen gemäß VwG-Aufwandsersatzverordnung ersetzen; in eventu die ordentliche Revision zulassen.

10. In der Beschwerdevorlage wurde seitens der belangten Behörde auf die Ausführungen im Schubhaftbescheid verwiesen und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und Kosten im verzeichneten Ausmaß zuzusprechen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Kosovo, besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Der Beschwerdeführer, stellte am 13.05.2004 im Bundesgebiet einen Asylantrag. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 4.11.2011, Zl. B8 266.230-0/2008/6E, wurde dieser in zweiter Instanz gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Republik Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt II), gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen (Spruchpunkt III). Im Dezember 2011 wurde der Beschwerdeführer in den Kosovo abgeschoben.

Am 03.03.2015 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 13.06.2015, Zl. IFA 741041905/150229329, wurde dieser bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt III.); zudem wurde einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Die dagegen erhobene Beschwerde gegen die Spruchpunkte II, III, IV samt Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung langte beim Bundesamt am 19.6.2015 ein und wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 2.9.2015, GZ G306 2109538-1/4E, gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 52 Abs. 2 Z 2 iVm. Abs. 9 und § 55 FPG, §§ 55 und 57 AsylG 2005 sowie § 18 Abs. 1 Z 1 BFA VG als unbegründet abgewiesen.

Gegen den Beschwerdeführer bestand somit eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

Am 18.08.2015 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde davon in Kenntnis gesetzt, dass er am 26.8.2015 um 15:00 Uhr in Effektuierung des Bescheides auf dem Luftweg in den Kosovo abgeschoben werden solle.

Am 23.08.2015 wurde der Beschwerdeführer an seiner Meldeadresse von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht angetroffen.

Am 26.08.2015 nahm der Beschwerdeführer von sich aus telefonisch mit dem Bundesamt Kontakt auf und begab sich in die Regionaldirektion Linz, wo er am selben Tag festgenommen und nach einer Einvernahme mittels Mandatsbescheides die Schubhaft über ihn angeordnet wurde.

Am 07.09.2015 wurde der Beschwerdeführer begleitet in den Kosovo abgeschoben.

Im Bundesgebiet sind zwei Brüder des Beschwerdeführers samt ihren Kernfamilien, die Kinder eines weiteren Bruders sowie eine volljährige Tochter des Beschwerdeführers aufhältig. Der Beschwerdeführer war an der Wohnadresse eines seiner Brüder in Österreich gemeldet, von diesem war er auch finanziell unterstützt worden. Zudem hat der Beschwerdeführer eine Freundin im Bundesgebiet. Zwischenzeitlich verrichtete der Beschwerdeführer legal eine Tätigkeit als Erntehelfer.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes und des Asylgerichtshofes sowie aus der Einsicht in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung und das zentrale Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid):

3.2.1. § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt."

§22a BFA-VG bildet sohin im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

Materielle Rechtsgrundlage:

Gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft) sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Gemäß Abs. 2 Z 1 leg cit. aF darf die Schubhaft nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist. Gemäß Abs. 3 leg cit. liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z. 1 vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist unter anderem insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (Z 1); ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendenden Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat (Z 3); ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt (Z 4); ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde (Z 5); der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (Z 9).

Hinsichtlich der Anwendung eines gelinderen Mittels ist § 77 FPG maßgeblich:

§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. [...]

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

3.2.3. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfestellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessne Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Dem Gesichtspunkt einer "sozialen Verankerung in Österreich" kommt im Zusammenhang mit der Verhängung der Schubhaft wesentliche Bedeutung zu. Dabei kommt es u.a. entscheidend auf das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit oder auf die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes an (VwGH vom 30. August 2011, 2008/21/0107). Je länger somit der Fremde bereits in Österreich ist und je stärker er hier sozial verwurzelt ist, desto stärker müssen auch die Hinweise und Indizien für eine vorliegende Fluchtgefahr sein. Dabei ist zu beachten, dass Mittellosigkeit und fehlende soziale Integration in Bezug auf (noch nicht lange aufhältige) Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, allein noch keine tragfähigen Argumente für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs sind (VwGH vom 28. Mai 2008, 2007/21/0233).

3.2.4. Zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft bestand gegen den Beschwerdeführer eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

Der Beschwerdeführer war in Österreich bei einem seiner Brüder aufrecht gemeldet, der ihn im Vorfeld auch finanziell unterstützt hatte. Auch war der Beschwerdeführer zwischenzeitlich als Erntehelfer legal im Bundesgebiet tätig. Am 18.08.2015 wurde er über die für den 26.08.2015 geplante Abschiebung informiert. Am 23.08.2015 wurde er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an seiner Meldeadresse nicht angetroffen. Weitere Versuche, den Beschwerdeführer dort ausfindig zu machen, erfolgten seitens der belangten Behörde jedoch nicht.

Es ist den Beschwerdeführer nicht anzulasten, dass er sich zum Zeitpunkt der geplanten Festnahme am 23.08.2015 nicht an seiner Meldeadresse aufgehalten hatte, weil er davor nicht von der geplanten Festnahme informiert worden war. Zudem nahm der Beschwerdeführer am Tag seiner geplanten Abschiebung von sich aus Kontakt mit dem Bundesamt auf und begab sich selbstständig in die Regionaldirektion Linz, was eindeutig gegen den Versuch unterzutauchen spricht. Dort erklärte er zwar, nicht in die Heimat zurückzuwollen, gab jedoch gleichzeitig an, es mit einem Visum noch einmal zu versuchen, was dafürspricht, dass er sich zunächst einer Abschiebung nicht widersetzen würde. Zudem hat der Beschwerdeführer mehrere Verwandte sowie eine Freundin im Bundesgebiet und war zwischenzeitlich legal als Saisonarbeiter tätig. In einer Gesamtschau lässt sein Verhalten im konkreten Fall nicht den Schluss zu, dass er untertauchen und sich einer Abschiebung entziehen hätte wollen.

Da er sich weiterhin bis zum erneuten Abschiebetermin bei seiner Freundin oder einem seiner Verwandten aufhalten hätte können, war insgesamt nicht von einem Sicherungsbedarf auszugehen und die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft somit rechtswidrig.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Kostenbegehren):

Sowohl der Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da der Beschwerdeführer vollständig obsiegte, steht ihm nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz seiner Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Der Beschwerdeführer stellte zudem den Antrag auf Zuspruch der Eingabegebühr.

Ein solcher Antrag ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen - es gibt dementsprechend keine rechtliche Grundlage für eine solche Befreiung bzw. einen solchen Zuspruch. Die Eingabegebühr ist zudem in § 35 Abs. 4 VwGVG nicht als Aufwendung definiert und insofern auch nicht ersatzfähig. Im Übrigen kann eine finanzielle Belastung iHv 30 Euro auch nicht als unüberwindliche oder unverhältnismäßige Hürde zur Wahrnehmung eines Rechtsmittels angesehen werden.

Der Antrag auf Zuspruch der Eingabegebühr war daher zurückzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt III. (Zurückweisung des Antrags auf Beigabe eines Verfahrenshelfers):

In der Beschwerde wurde beantragt, dem Beschwerdeführer einen unentgeltlichen Verfahrenshelfer nach Maßgabe des § 40 VwGVG und Art. 47 GRC beizugeben.

Dem Beschwerdeführer wurde im gegenständlichen Verfahren gemäß § 52 BFA-VG von Amts wegen ein kostenloser Rechtsberater zur Seite gestellt, der hier auch als dessen bevollmächtigter Vertreter auftritt.

Das erkennende Gericht geht davon aus, dass durch die Bestellung eines Rechtsberaters und im Hinblick auf dessen in § 52 Abs. 2 BFA-VG geregelten Aufgabenbereich eine zweckmäßige und ausreichende Wahrung der Interessen der beschwerdeführenden Partei auch nach Maßgabe unionsrechtlicher Bestimmungen (vor allem im Lichte des Art. 47 der GRC) gewährleistet ist, selbst wenn dieser Rechtsberater nicht zusätzlich mit der umfassenden Vertretung im Sinne des § 10 AVG bevollmächtigt worden wäre.

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ist weder aus § 40 VwGVG, noch aus § 52 BFA-VG, noch aus den in der Beschwerde angeführten unionsrechtlichen Bestimmungen ein Anspruch auf die Bestellung eines weiteren Verfahrenshelfers (zusätzlich zum Rechtsberater) ableitbar. Um ein den Grundrechten entsprechendes Verfahren zu gewährleisten, werden die Interessen durch den von Amts wegen bestellten Rechtsberater ausreichend wahrgenommen.

Der Antrag auf Beigabe eines kostenlosen Verfahrenshelfers war daher als unzulässig zurückzuweisen.

3.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Befreiungsantrag, Beschäftigungsbewilligung, Eingabengebühr,
Erwerbstätigkeit, Kooperation, Kostenersatz, Rechtswidrigkeit,
Schubhaftbeschwerde, Unterkunft, Verfahrenshilfe, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2115686.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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