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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §55;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache des K O in L, vertreten durch Mag. Alexander Fuchs, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. September 2018, I403 2167033- 2/2E, betreffend Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005, Erlassung einer Rückkehrentscheidung ua. (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19. Juli 2017 wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen Ghanas, vom 7. Juni 2016 auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigen abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 11. August 2017 abgewiesen.
3 Am 11. Juni 2018 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, der mit Bescheid des BFA vom 12. Juli 2018 gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen sowie festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ghana zulässig sei und ihm gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise gewährt.
4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des BVwG wurde die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen. Weiters sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Begründend stellte das BVwG im Wesentlichen fest, dass in Ghana die Mutter, die Schwestern und ein Sohn des Revisionswerbers lebten. In Ghana habe er die Schule besucht und in der Landwirtschaft als Hilfsarbeiter gearbeitet. In Österreich habe der Revisionswerber zwei Kinder (Zwillinge), die am 12. Jänner 2018 geboren seien. Deren Mutter sei Staatsangehörige Ugandas und - wie die beiden gemeinsamen Kinder - anerkannter Flüchtling. Die Kinder lebten mit der Mutter im gemeinsamen Haushalt in Linz. Der Revisionswerber habe einen davon getrennten Haushalt mit einem Bekannten; zwischen dem Revisionswerber und der Mutter bzw. seinen Kindern bestehe "kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis". Der Revisionswerber verkaufe in Linz Straßenzeitungen, habe einen Deutschkurs besucht - ein Deutschzertifikat habe er nicht vorlegen können - und halte sich seit etwa zwei Jahren in Österreich auf.
6 In rechtlicher Hinsicht führte das BVwG aus, dass das schützenswerte Familienleben iSd Art. 8 EMRK durch die getrennte Haushaltsführung, das Nichtbestehen eines finanziellen Abhängigkeitsverhältnisses sowie das Entstehen der familiären Beziehung erst nachdem sich der Revisionswerber seines ungewissen Aufenthaltes bewusst hätte sein müssen, relativiert sei. Eine Trennung des Revisionswerbers von seinen Kindern erscheine auch aufgrund des Umstandes, dass kein gemeinsamer Wohnsitz vorliege, zumutbar. Dem Revisionswerber sei es möglich, die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten.
7 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Der Revisionswerber bringt in seiner Zulässigkeitsbegründung vor, dass das Familienleben iSd Art. 8 EMRK das Verhältnis zwischen Eltern und deren Kindern auch dann umfasse, wenn es kein Zusammenleben gebe.
12 Dazu ist auszuführen, dass das BVwG ohnedies vom Bestehen eines Familienlebens ausging; dass das Familienleben von einer über das vom BVwG angenommene Ausmaß hinausgehenden Intensität gewesen wäre, bringt der Revisionswerber nicht vor.
13 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist die im Rahmen der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze erfolgte, nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 3.10.2017, Ra 2016/22/0056, Pkt. 4.2., mwN).
14 Die Revision legt nicht dar, dass die erfolgte Interessenabwägung des BVwG - unter Bedachtnahme auf die Umstände des hier gegebenen Falles unter gewichtender Abwägung des öffentlichen Interesses mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen und auch mit Blick auf das Kindeswohl (vgl. dazu jüngst VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0108) - nicht im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
15 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018220257.L00Im RIS seit
31.12.2018Zuletzt aktualisiert am
04.02.2019