Entscheidungsdatum
05.10.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W219 2105574-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Walter TOLAR über die Beschwerde der XXXX (vormals: XXXX ), vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH, Wienerbergstraße 11, 1100 Wien, gegen den Bescheid des Vorstandes der Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control) vom 04.03.2015, GZ V KAR G 05/12, PA 427/15, betreffend die Übermittlung von Unterlagen gemäß §§ 24 Abs. 1 und 2, 34 E-ControlG iVm § 10 GWG 2011, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 02.10.2018 zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als der Spruch des bekämpften Bescheides abgeändert zu lauten hat:
"Die XXXX hat der Energie-Control Austria das ‚ XXXX ' zwischen XXXX und XXXX vom 28.01.2015 ungeschwärzt unverzüglich zu übermitteln."
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, die beschwerdeführende Partei habe ihr
"[...] Einsicht in langfristige Gasbezugsverträge mit Take-or-Pay-Klausel und Ölpreis- bzw Hubpreis-Indexierung zu gewähren und die letztgültigen Verträge zwischen XXXX und XXXX , das sind das ‚ XXXX ' zwischen XXXX und XXXX vom 28.1.2015 sowie der ‚ XXXX ' zwischen XXXX und XXXX vom 28.1.2015, ungeschwärzt unverzüglich zu übermitteln."
In der Begründung verweist die belangte Behörde zunächst auf die Bestimmungen des Art. 41 Abs 1 lit. j und k der Richtlinie 2009/73 (Erdgasbinnenmarkt-Richtlinie), die der Regulierungsbehörde die Aufgaben zuweisen würden, Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen zu überwachen und einschlägige Fälle vor die zuständigen Wettbewerbsbehörden zu bringen bzw. restriktive Vertragspraktiken einschließlich Exklusivitätsbestimmungen zu überwachen. In Umsetzung der Richtlinie seien der belangten Behörde nach § 24 Abs. 1 Z 1 und 2 E-ControlG die Überwachung der Einhaltung aller den Marktteilnehmern durch das GWG 2011 sowie durch unmittelbar anwendbares Unionsrecht übertragenen Pflichten sowie die Wettbewerbsaufsicht über alle Marktteilnehmer zugewiesen, wobei die Zuständigkeit der allgemeinen Wettbewerbsbehörden unberührt bleibe. Weiters habe die belangte Behörde gemäß § 21 Abs. 2 E-ControlG die Aufgabe, Untersuchungen, Gutachten und Stellungnahmen über die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse im Elektrizitäts- und Erdgasbereich durchzuführen. Darüber hinaus nehme die belangte Behörde gemäß § 21 Abs. 3 E-ControlG die durch das KartellG (vgl. § 36 Abs. 4 Z 2 leg.cit.) eingeräumten Antrags- und Stellungnahmerechte wahr. Zur Erfüllung dieser Aufgaben sei die belangte Behörde gemäß § 34 E-ControlG iVm § 10 GWG 2011 befugt, in alle Unterlagen von Marktteilnehmern Einsicht zu nehmen und über alle auf ihre Tätigkeit Bezug habenden Umstände Auskunft zu verlangen. Erlange die belangte Behörde etwa Informationen von einer Wettbewerbswidrigkeit, habe sie - zur Erfüllung ihrer Aufgabe der Wettbewerbsaufsicht - ihr Antragsrecht nach dem KartellG wahrzunehmen. Ohne das Recht, Auskunft zu verlangen, könnte die belangte Behörde ihrem Gesetzesauftrag, Marktuntersuchungen durchzuführen oder die Wettbewerbsaufsicht wahrzunehmen, nicht nachkommen. Unter Verweis auf VfSlg. 16.369/2001 führt die belangte Behörde weiter aus, dass zwar Daten nicht auf Vorrat gespeichert werden dürften; dies würde den Gesetzgeber jedoch nicht daran hindern, Auskunftspflichten vorzusehen, die im Zuge konkreter Verwaltungsverfahren zur Wettbewerbsregulierung sowie sonstiger, gesetzlich vorgesehener wirtschaftsaufsichtsrechtlicher Maßnahmen erforderlich sind oder die ein Anlass sein könnten, ein derartiges Verwaltungsverfahren von Amts wegen einzuleiten.
Die hier angeordnete Einsicht in langfristige Gasbezugsverträge mit Take-or-Pay-Klausel und Ölpreis- bzw. Hubpreis-Indexierung stehe im Zusammenhang mit der nach § 21 Abs. 3 und § 24 Abs. 1 E-ControlG sowie § 10 GWG 2011 vorgesehenen Verwaltungsaufgabe. Das Auskunftsverlangen sei notwendig, da nur durch Einsicht in ungeschwärzte Verträge geprüft werden könne, ob die Vertragsklauseln sowohl mit sektorspezifischem (also dem GWG 2011) als auch allgemeinem Wettbewerbsrecht (§§ 1, 5 KartG, Art. 101 und 102 AEUV) in Einklang stehen. Denn nur durch Zusammenschau der Laufzeit, des Geltungsbeginns des Vertrages sowie insbesondere der Preisklausel (Ölpreis- bzw. Hubpreis-Indexierung) und der Abnahmeverpflichtung (take-or-pay-Klausel) könne die wettbewerbsrechtliche Überprüfung vorgenommen werden.
Schließlich verweist die belangte Behörde darauf, dass sich der Verfassungsgerichtshof (VfSlg. 19.673/2012) bereits mit der Verfassungsmäßigkeit der genannten gesetzlichen Grundlagen auseinandergesetzt habe. Auch vom Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 27.09.2013, Zl. 2012/05/0212) sei die Vorgehensweise der belangten Behörde bereits als rechtmäßig eingestuft worden.
2. In der Beschwerde wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und in der Sache selbst erkennen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben, in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverweisen.
Der Bescheid werde in seinem gesamten Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten. Die Beschwerdeführerin erachte sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt, "dass ihr gegenüber keine bescheidmäßige Anordnung zur Offenlegung und/oder Übermittlung von Verträgen unter Berufung auf die der belangten Behörde eingeräumten Auskunfts- und Einsichtsrechte erfolgt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, darunter insbesondere, dass
ihr nicht die Vorlage langfristiger Gasbezugsverträge (darunter insbesondere der letztgültigen Verträge mit XXXX in ungeschwärzter Fassung) und damit von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen auch ihrer Geschäftspartner aufgetragen wird, wenn kein zulässiger Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 vorliegt;
der maßgebliche Sachverhalt zur Feststellung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen hinreichend ermittelt und eine Interessenabwägung vorgenommen wird, bevor die belangte Behörde den Bescheid erlässt;
der Bescheid eine gesetzeskonforme und ausreichende Bescheidbegründung enthält und insbesondere darlegt, weshalb überhaupt vom Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Offenlegung und/oder Übermittlung der im Spruch genannten Verträge ausgegangen wird und die mit Spruch aufgetragene Offenlegung und/oder Übermittlung erforderlich und angemessen ist."
Eingangs weist die Beschwerdeführerin zunächst darauf hin, die von der belangten Behörde konkret bezeichneten letztgültigen Verträge mit XXXX bereits übermittelt zu haben. Da der "Side Letter" ohnehin in ungeschwärzter Form übermittelt worden sei, werde davon ausgegangen, dass damit allenfalls bestehende Auskunftspflichten jedenfalls hinsichtlich des "Side Letters" bereits zur Gänze erfüllt worden seien. Dass für die im angefochtenen Bescheid angeordnete Offenlegung sämtlicher langfristiger Gasbezugsverträge bzw. Übermittlung auch des "Amendments" in ungeschwärzter Form keine Rechtsgrundlage bestehe, ergebe sich aufgrund folgender Erwägungen:
Im angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde zwar die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zur Auskunftspflicht der Marktteilnehmer gegenüber Regulierungsbehörden zitiert, habe aber nicht dargelegt, weshalb es in Anwendung der gebotenen Interessenabwägung notwendig, verhältnismäßig und geboten sein soll, sämtliche langfristigen Gasbezugsverträge offenzulegen und letztgültige Verträge mit XXXX in ungeschwärzter Form zu übermitteln. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde würden die Bestimmungen der §§ 21 und 24
E-ControlG für sich allein genommen keine hinreichend konkrete und tragfähige Grundlage für ein unbeschränktes Auskunfts- und Einsichtsrecht bilden. Die Einhaltung welcher konkreten, der beschwerdeführenden Partei durch das GWG 2011 oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht auferlegten Pflichten in Bezug auf die betreffenden Verträge geprüft werden solle - und somit in Erfüllung welcher konkreten Aufgabe der belangten Behörde - lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen.
Zutreffend sei zwar, dass die belangte Behörde auf Grundlage der § 10 GWG 2011 und § 34 E-ControlG Auskünfte verlangen könne und ihr entsprechende Einsichtsrechte zukommen würden, diese Bestimmungen seien aber restriktiv und in Abwägung der damit verbundenen Grundrechtseingriffe auszulegen. Demnach hätte aus dem angefochtenem Bescheid unmittelbar hervorgehen müssen, dass (und weshalb) die geforderte Offenlegung und/oder Übermittlung der betreffenden Verträge für die Wahrnehmung der Überwachungs- und Aufsichtsbefugnisse durch die belangte Behörde tatsächlich erforderlich und insoweit auch angemessen gewesen sei. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde habe der VfGH mit den genannten Erkenntnissen keineswegs eine schrankenlose Auskunftspflicht der Marktteilnehmer bestätigt. Aus diesen gehe vielmehr hervor, dass nicht nur die Rechtsgrundlage sondern auch die jeweilige bescheidmäßige Anordnung der Behörde im konkreten Einzelfall den Anforderungen des § 1 Abs. 2 DSG 2000 genügen müsse. Der angefochtene Bescheid würde aber gerade diesen Anforderungen nicht genügen.
Dadurch, dass der belangten Behörde neben dem Kartellgericht keine umfassende Zuständigkeit in Bezug auf die allgemeine Wettbewerbsaufsicht eingeräumt, sondern ihr lediglich aufgrund spezieller gesetzlicher Vorschriften mit der nötigen Bestimmtheit eine entsprechende Kompetenz zugewiesen werde, für die Beschwerdeführerin aber nicht ersichtlich sei, inwiefern es sich bei der Prüfung der Verträgen um eine solche Kompetenz der belangten Behörde handeln würde, werde durch die Inanspruchnahme dieser Zuständigkeit somit auch das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG verletzt, da die Prüfung von Verträgen nach den allgemeinen kartellrechtlichen Bestimmungen dem Kartellgericht vorbehalten sei.
Im vorliegenden Fall fehle es an einer entsprechenden Berechtigung zur Datenerhebung. Mangels Erforderlichkeit der betreffenden Daten könne im vorliegenden Fall auch ihre Herausgabe nicht erzwungen werden.
Die belangte Behörde habe die erforderliche Verhältnismäßigkeitsprüfung unterlassen. Bei den Verträgen, deren Offenlegung im bekämpften Bescheid gefordert werde, handle es sich um langfristige Gasbezugsverträge mit großen internationalen Erdgaslieferanten. Aufgrund von vertraglichen Verschwiegenheitspflichten sei der beschwerdeführenden Partei eine Offenlegung dieser Verträge und insbesondere aller darin enthaltenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse untersagt, es sei denn, dass eine konkrete Verpflichtung zur Offenlegung kraft Gesetzes oder Verordnung bestehe. Die geforderte Offenlegung greife in das Grundrecht auf Datenschutz nicht nur der Beschwerdeführerin, sondern auch ihrer Lieferanten als Vertragspartner ein. Der beschwerdeführenden Partei könne nicht zugemutet werden, einen Verstoß gegen bestehende Geheimhaltungspflichten zu riskieren, zumal sie auf das Bestehen guter Geschäftsbeziehungen zu den internationalen Erdgaslieferanten angewiesen sei.
3. Mit Schriftsatz vom 08.04.2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Gleichzeitig erstattete die belangte Behörde eine Äußerung, in der sie den Beschwerdeargumenten entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Insbesondere bringt die belangte Behörde vor, der Vorwurf, wonach im bekämpften Beschied nicht begründet worden sei, warum die Offenlegung notwendig sei, entbehre jeglicher Grundlage. Ausdrücklich sei im Bescheid darauf hingewiesen worden, dass nur ungeschwärzte Vertragsklauseln betreffend Laufzeit zum Geltungsbeginn des Vertrages, betreffend die Preisklausel (Ölpreis- bzw. Hubpreis-Indexierung) und betreffend Abnahmeverpflichtung (take-or-pay-Klausel) eine Prüfung nach § 24 Abs. 1 Z 1 E-ControlG ermöglichten, denn eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung iSd § 24 E-ControlG könne nur durch Zusammenschau dieser Bestimmungen vorgenommen werden. Und weiter:
"... [S]o könnten zB hohe Abnahmeverpflichtungen (take-or-pay-Klauseln) bei kurzer Vertragsdauer unproblematisch sein; umgekehrt wäre eine zB 20-jährige Vertragsdauer noch nicht wettbewerbsrechtlich problematisch, wenn keine oder nur eine geringe Verpflichtung zur Abnahme des Gases bestünde; weiters könnte der Preis zB mit einer Ölpreis-Indexierung allenfalls rechtmäßig sein, wenn keine Abnahmeverpflichtung bestünde - aus diesem Grund ist das Zusammenspiel von Preis, Abnahmeverpflichtung, Geltungsdauer bzw. Inkrafttreten des Vertrages sowie Laufzeit des Gasbezugsvertrages ... für eine wettbewerbsrechtliche Prüfung von höchster Relevanz."
4. Mit Schriftsatz vom 27.07.2015 replizierte die beschwerdeführenden Partei auf diese Äußerung und wiederholte im Wesentlichen die Beschwerdeargumente.
5. Mit Schriftsatz vom 03.08.2018 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass die beschwerdeführende Partei nunmehr eine andere Firmenbezeichnung führe.
6. Am 02.10.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Auf das dortige Vorbringen der Verfahrensparteien wird in der Folge im jeweiligen Zusammenhang eingegangen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Schreiben vom 03.02.2015, AZ V KAR G 05/12, forderte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei (noch unter ihrer damaligen, mittlerweile geänderten Firmenbezeichnung) gemäß § 10 GWG 2011 iVm § 24 und 34 E-ControlG auf, die (wie der belangten Behörde aus Medienberichten bekannt geworden sei) neu ausverhandelten langfristigen Gasbezugsverträge mit XXXX binnen einer Woche zu übermitteln, um überprüfen zu können, ob die Verträge mit dem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht im Einklang stehen.
Nach Erstreckung der Frist übermittelte die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 12.02.2015 zwei Dokumente über Verträge (und zwar langfristige Gasbezugsverträge) zwischen ihr selbst und XXXX , nämlich einerseits das Dokument
"Amendment XXXX " und andererseits das Dokument
"Side Letter XXXX ",
beide datiert mit 28.01.2015.
Nur das erstgenannte Dokument wurde mit Schwärzungen vorgelegt, und zwar an Stellen betreffend Laufzeit, Geltungsbeginn, Preisklauseln (Ölpreis- bzw. Hubpreis-Indexierung) und Abnahmeverpflichtung (take-or-pay-Verpflichtung).
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt der Verwaltungsakten sowie dem Vorbringen der Verfahrensparteien und sind unstrittig.
Insbesondere hat die Beschwerdeführerin - auch während der mündlichen Verhandlung - nicht bestritten, dass die geschwärzten Stellen des Vertragsdokuments "Amendment ..." die Themengebiete Laufzeit, Geltungsbeginn, Preisklauseln (Ölpreis- bzw. Hubpreis-Indexierung) und Abnahmeverpflichtung (take-or-pay-Verpflichtung) betreffen und dass es sich insgesamt um langfristige Gasbezugsverträge handelt.
Die belangte Behörde wiederum ist dem Vorbringen der Beschwerde, dass das Dokument "Side Letter ..." bereits vollständig und ungeschwärzt vorgelegt wurde, nicht entgegengetreten.
Die Änderung der Firmenbezeichnung ergibt sich aus dem offenen Firmenbuch.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Richtlinie 2009/73/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, ABl. L 211, lautet auszugsweise:
Artikel 41
Aufgaben und Befugnisse der Regulierungsbehörde
(1) Die Regulierungsbehörde hat folgende Aufgaben:
...
i) Sie überwacht den Grad der Transparenz - auch im Fall der Großhandelspreise - und gewährleistet, dass die Erdgasunternehmen die Transparenzanforderungen erfüllen.
j) Sie überwacht den Grad und die Wirksamkeit der Marktöffnung und den Umfang des Wettbewerbs auf Großhandels- und Endkundenebene, einschließlich Erdgasbörsen, Preise für Haushaltskunden (einschließlich Vorauszahlungssysteme), Versorgerwechselraten, Abschaltraten, Gebühren für Wartungsdienste, Durchführung von Wartungsdiensten und Beschwerden von Haushaltskunden, sowie etwaige Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen, sie stellt relevante Informationen bereit und bringt einschlägige Fälle vor die zuständigen Wettbewerbsbehörden.
k) Sie überwacht etwaige restriktive Vertragspraktiken einschließlich Exklusivitätsbestimmungen, die große Nichthaushaltskunden daran hindern können, gleichzeitig mit mehreren Anbietern Verträge zu schließen, oder ihre Möglichkeiten dazu beschränken, und setzt gegebenenfalls die nationalen Wettbewerbsbehörden von solchen Praktiken in Kenntnis.
...
(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Regulierungsbehörden mit den erforderlichen Befugnissen ausgestattet werden, die es ihnen ermöglichen, die in den Absätzen 1, 3 und 6 genannten Aufgaben effizient und rasch zu erfüllen. Hierzu muss die Regulierungsbehörde unter anderem über folgende Befugnisse verfügen:
Zu diesem Zweck muss die Regulierungsbehörde unter anderem über folgende Befugnisse verfügen:
...
b) Durchführung von Untersuchungen zum Funktionieren der Erdgasmärkte und Entscheidung über und Verhängung von notwendigen und verhältnismäßigen Maßnahmen zur Förderung eines wirksamen Wettbewerbs und zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Funktionierens des Marktes. Die Regulierungsbehörde erhält gegebenenfalls auch die Befugnis zur Zusammenarbeit mit der nationalen Wettbewerbsbehörde und Finanzmarktregulierungsbehörden oder der Kommission bei der Durchführung einer wettbewerbsrechtlichen Untersuchung;
c) Anforderung der für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben maßgeblichen Informationen bei den Erdgasunternehmen, einschließlich Begründungen für Verweigerungen des Zugangs Dritter und sonstiger Informationen über Maßnahmen zur Stabilisierung der Netze;
..."
Das Gaswirtschaftsgesetz 2011 - GWG 2011, lautet auszugsweise:
"Auskunfts- und Einsichtsrechte
§ 10. Erdgasunternehmen, Hub-Dienstleistungsunternehmen, Bilanzgruppenkoordinatoren, der Betreiber des Virtuellen Handelspunktes, Verteilergebietsmanager und Marktgebietsmanager sind verpflichtet, den Behörden, einschließlich der Regulierungsbehörde, jederzeit Einsicht in alle betriebswirtschaftlich relevanten Unterlagen und Aufzeichnungen zu gewähren sowie Auskünfte über alle, den jeweiligen Vollzugsbereich betreffenden Sachverhalte zu erteilen. Diese Pflicht zur Duldung der Einsichtnahme und Erteilung der Auskunft besteht ohne konkreten Anlassfall auch dann, wenn diese Unterlagen oder Auskünfte zur Klärung oder zur Vorbereitung der Klärung entscheidungsrelevanter Sachverhalte in künftig durchzuführenden Verfahren erforderlich sind. Insbesondere haben Erdgasunternehmen, Hub-Dienstleistungsunternehmen, Bilanzgruppenkoordinatoren, der Betreiber des Virtuellen Handelspunktes, Verteilergebietsmanager und Marktgebietsmanager alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die der Behörde eine sachgerechte Beurteilung ermöglichen. Kommt das Erdgasunternehmen dieser Verpflichtung nicht nach, kann die Behörde ihrer Beurteilung eine Schätzung zugrunde legen."
Das E-Control-Gesetz lautet auszugsweise:
"Aufgaben der Regulierungsbehörde
§ 21. ...
(2) Die E-Control macht Untersuchungen und erstattet Gutachten und Stellungnahmen über die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse im Elektrizitäts- und Erdgasbereich.
(3) Die E-Control nimmt die den Regulatoren durch das Bundesgesetz gegen Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz 2005 - KartG 2005), BGBl. I Nr. 61/2005, eingeräumten Antrags- und Stellungnahmerechte wahr.
...
Überwachungs- und Aufsichtsfunktion
§ 24. (1) Der E-Control sind im Rahmen der Elektrizitäts- bzw. Erdgasaufsicht, unbeschadet der Zuständigkeiten der allgemeinen Wettbewerbsbehörden, nachstehende Aufsichts- und Überwachungsaufgaben zugewiesen:
1. Überwachung der Einhaltung aller den Marktteilnehmern durch das ElWOG 2010, GWG 2011, das Bundesgesetz, mit dem die Ausübungsvoraussetzungen, die Aufgaben und die Befugnisse der Verrechnungsstellen für Transaktionen und Preisbildung für die Ausgleichsenergie geregelt werden, BGBl. I Nr. 121/2000, und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen sowie durch unmittelbar anwendbares EU-Recht übertragenen Pflichten;
2. Wettbewerbsaufsicht über die Marktteilnehmer, insbesondere Netzbetreiber, hinsichtlich Gleichbehandlung;
3. Überwachung der Entflechtung.
4. Überwachung des Handels mit Energiegroßhandelsprodukten auf nationaler Ebene sowie die Überwachung der Einhaltung aller durch die Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 auferlegten Pflichten und Verbote.
...
Auskunfts- und Einsichtsrechte
§ 34. Die E-Control ist bei Erfüllung ihrer Aufgaben befugt, in alle Unterlagen von Marktteilnehmern, Netzbetreibern, Speicherunternehmen, Bilanzgruppenverantwortlichen sowie Bilanzgruppenkoordinatoren Einsicht zu nehmen und über alle auf ihre Tätigkeit Bezug habenden Umstände Auskunft zu verlangen. Die Auskunftspflicht umfasst insbesondere auch die laufende Bekanntgabe von Daten zur Evidenzhaltung von Unterlagen, die der Erfüllung der Aufsichtstätigkeit dienen."
Das Kartellgesetz 2005 - KartG 2005 lautet auszugsweise:
"Antragsprinzip
§ 36. (1) Das Kartellgericht entscheidet grundsätzlich nur auf Antrag.
...
(2) Zum Antrag auf Prüfung von Zusammenschlüssen, auf nachträgliche Maßnahmen nach § 16 Z 1, auf eine Feststellung nach § 28 Abs. 1a Z 1 sowie auf Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern sind nur die Bundeswettbewerbsbehörde und der Bundeskartellanwalt berechtigt. Das Kartellgericht darf keine höhere Geldbuße und kein höheres Zwangsgeld verhängen als beantragt.
...
(4) In allen anderen Fällen sind zum Antrag berechtigt:
...
2. durch bundesgesetzliche Vorschriften zur Regulierung bestimmter Wirtschaftszweige eingerichtete Behörden (Regulatoren),
..."
Zu A)
3.2. Die Beschwerde bringt im Kern vor, der bekämpfte Bescheid ordne die Vorlage ungeschwärzter Vertragsdokumente deshalb in rechtswidriger Weise an, weil er - unter Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz - ohne konkrete gesetzliche Ermächtigung bzw. ohne Prüfung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit erlassen worden sei.
Was die angeordnete Vorlage des Dokuments "Amendments ..." betrifft, kann sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Ansicht aus folgenden Gründen nicht anschließen:
Gemäß § 21 Abs. 3 E-ControlG gehört es zu den Aufgaben der belangten Behörde als Regulierungsbehörde, die den Regulatoren durch das KartG 2005 eingeräumten Antrags- und Stellungnahmerechte wahrzunehmen. § 36 Abs. 1 KartG 2005 sieht vor, dass das Kartellgericht grundsätzlich nur auf Antrag entscheidet, wobei Abs. 4 Z 2 leg.cit. insbesondere die E-Control zu solchen Anträgen berechtigt.
Gewissermaßen vorgelagert - nämlich um in die Lage zu kommen, solche Anträge stellen zu können - hat die E-Control in Wahrnehmung der Aufsichts- und Überwachungsaufgaben gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 und 2 E-ControlG, ua. zur Wettbewerbsaufsicht, insbesondere vor dem Hintergrund des Art. 41 Richtlinie 2009/73/EG, hier insbesondere der durch Abs. 1 lit. j und k leg.cit. umschriebenen Aufgaben, Informationen über mögliche Wettbewerbswidrigkeiten nachzugehen.
§ 10 GWG wiederum sieht vor, dass Erdgasunternehmen verpflichtet sind, der Regulierungsbehörde jederzeit Einsicht in alle betriebswirtschaftlich relevanten Unterlagen und Aufzeichnungen zu gewähren sowie Auskünfte über alle, den jeweiligen Vollzugsbereich betreffenden Sachverhalte zu erteilen. Diese Pflicht zur Duldung der Einsichtnahme und Erteilung der Auskunft besteht gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung "ohne konkreten Anlassfall auch dann, wenn diese Unterlagen oder Auskünfte zur Klärung oder zur Vorbereitung der Klärung entscheidungsrelevanter Sachverhalte in künftig durchzuführenden Verfahren erforderlich sind."
Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid dargelegt, dass die ungeschwärzte Vorlage der in Rede stehenden langfristigen Gaslieferungsverträge erforderlich ist, um ihre Aufgabe wahrzunehmen, Informationen über mögliche wettbewerbsrechtlich problematische Vertragspraktiken nachzugehen, um allenfalls entsprechende Anträge an das Kartellgericht zu stellen. Schon im Bescheid selbst hat die belangte Behörde offengelegt, dass nur durch Zusammenschau der (geschwärzten) Bestimmungen über die Laufzeit und den Geltungsbeginn des Vertrages sowie der Preisklausel (Ölpreis- bzw. Hubpreis-Indexierung) und der Klausel über eine Abnahmeverpflichtung (take-or-pay-Klausel) eine wettbewerbsrechtliche Überprüfung vorgenommen werden könne. Zu denken ist hier etwa an mögliche Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen iSd Art. 41 Abs. 1 lit. j Richtlinie 2009/73/EG bzw. restriktive Vertragspraktiken einschließlich Exklusivitätsbestimmungen iSd lit. k leg.cit.
Wenn die Beschwerde einwendet, dass die Prüfung von Verträgen nach den allgemeinen kartellrechtlichen Bestimmungen dem Kartellgericht vorbehalten sei, so übersieht sie, dass - wie erwähnt - das Kartellgericht grundsätzlich nur auf Antrag insbesondere der E-Control entscheidet. Schon die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Antrag an das Kartellgericht gestellt werden soll, setzt - wie die Behörde im Bescheid plausibel dargelegt hat - die Kenntnis der geschwärzten Vertragsklauseln voraus. Diese Kenntnis ist also erforderlich zur "Klärung oder Vorbereitung der Klärung entscheidungswesentlicher Sachverhalte in künftigen Verfahren", sodass die Aufforderung zur Vorlage der ungeschwärzten Verträge durch § 10 GWG iVm § 21 Abs. 3 und § 24 Abs. 1 und 2 und § 34 E-ControlG gedeckt ist.
Die Verhältnismäßigkeit dieses Eingriffs in das Grundrecht auf Datenschutz kann nicht dadurch in Frage gestellt sein, dass die beschwerdeführende Partei in den offen zu legenden Verträgen eine Verschwiegenheitsverpflichtung gegenüber ihrem Vertragspartner eingegangen sein mag; vielmehr ist die Verhältnismäßigkeit insbesondere dadurch gewahrt, dass die belangte Behörde der Amtsverschwiegenheit unterliegt (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall im Bereich des Elektrizitätsmarktes bereits VfSlg. 19.673/2012; vgl. insgesamt auch VwGH 27.09.2013, Zl. 2012/05/0212).
Dass das zwischenzeitige Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung - VO (EU) 2016/679 zu einer anderen Beurteilung in diesem Punkt zwingen würde, hat die beschwerdeführende Partei in der Verhandlung in den Raum gestellt, aber nicht im Detail erläutert und ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich.
3.3. Der Beschwerde war daher nur insoweit stattzugeben, als der Spruch des bekämpften Bescheides abzuändern war, um klar zu stellen, dass aufgrund dieses Erkenntnisses ausschließlich das Dokument "Amendment ..." ungeschwärzt vorzulegen ist, zumal das Dokument "Side letter ..." bereits ungeschwärzt vorgelegt wurde.
Im Übrigen war die Beschwerde abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Entscheidung folgt vielmehr dem Erkenntnis VwGH 27.09.2013, Zl. 2012/05/0212, das einen ähnlich gelagerten Fall aus dem Bereich des Elektrizitätsmarkts betraf, bzw. dem Erkenntnis des VfGH VfSlg. 19.673/2012.
Schlagworte
Amtsverschwiegenheit, Aufsicht, Aufsichtsrecht, Auskunftsbegehren,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W219.2105574.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.12.2018