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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
BAO §280 Abs1 liteBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Kitzbühel Lienz in 6370 Kitzbühel, Im Gries 9, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 7. Februar 2018, Zl. RV/3100571/2017, betreffend Kapitalertragsteuer für die Jahre 2007 bis 2011 (mitbeteiligte Partei: V GmbH in Liquidation in W, vertreten durch die Keppert, Hallas & Partner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG
in 1060 Wien, Theobaldgasse 19), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 In den Streitjahren 2007 bis 2011 war YY einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der mitbeteiligten GmbH. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass der Alleingesellschafter Einkünfte aus einem Beratungsvertrag mit der S und einem Vertrag mit der C über die mitbeteiligte Partei abgerechnet habe. Nach Ansicht des Prüfers seien die Einkünfte dem YY zuzurechnen und die Erträge der mitbeteiligten Partei daher entsprechend zu kürzen. Auch fänden sich in der Buchhaltung der mitbeteiligten Partei Aufwendungen, die mit den nicht ihr, sondern dem Gesellschafter zugerechneten Erträgen in Zusammenhang stünden, die gleichfalls aus dem Rechenwerk der mitbeteiligten Partei auszuscheiden seien.
2 Zudem stellte der Prüfer fest, dass die mitbeteiligte Partei Privataufwendungen für ihren Gesellschafter getragen habe (u.a. Eintrittskarten für den Opernball sowie in allen Streitjahren Steuerberatungsaufwendungen betreffend "die Stiftungskonstruktion des Gesellschafters sowie Leistungen für den Privatbereich des Gesellschafters und seiner Ehefrau").
3 Sowohl die Aufwendungen, die der Erzielung der dem Gesellschafter zugerechneten Einnahmen gedient haben, als auch die Privataufwendungen wurden vom revisionswerbenden Finanzamt auf Basis der Feststellungen der Außenprüfung als verdeckte Ausschüttungen an den Alleingesellschafter qualifiziert und der mitbeteiligten Partei mit Haftungsbescheiden vom 19. Dezember 2016 Kapitalertragsteuer für die Jahre 2007 bis 2011 vorgeschrieben.
4 Die mitbeteiligte Partei erhob Beschwerde gegen die genannten Bescheide und beantragte nach Ergehen einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung die Entscheidung durch das Verwaltungsgericht.
5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis hob das Bundesfinanzgericht die Haftungsbescheide gemäß § 279 BAO ersatzlos auf. Die Bescheide des Finanzamtes beruhten auf der Sachverhaltsfeststellung der Abgabenbehörde, dass nicht die mitbeteiligte Partei, sondern YY als Einzelunternehmer alleiniger Träger der Erwerbstätigkeit gewesen sei, die zu den Einkünften aus dem Beratungsvertrag mit der S und dem Vertrag mit der C geführt hätten. Das Finanzamt habe auf Basis der Feststellungen der Außenprüfung sämtliche Erlöse sowie die damit unmittelbar wirtschaftlich verbundenen Aufwendungen aus der Einkommensermittlung der mitbeteiligten Partei ausgeschieden. Nur ein pauschal ermittelter Mindestaufwand sei im Einkommen der mitbeteiligten Partei belassen und als Betriebsausgabe anerkannt worden, weil die mitbeteiligte Partei noch in anderen Projekten engagiert gewesen sei, die jedoch zu keinem wirtschaftlichen Erfolg geführt hätten. Die Besteuerung des Einkommens der mitbeteiligten Partei sei mit den in Rechtskraft erwachsenen Körperschaftsteuerbescheiden bereits abgeschlossen. Soweit Aufwendungen nicht im Einkommen der mitbeteiligten Partei erfasst seien, könnten sie nicht als überhöhter Aufwand verdeckte Ausschüttungen darstellen. Die vom Finanzamt als verdeckte Ausschüttungen qualifizierten Aufwendungen stünden mit der Beratertätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang, da sie aus den Erlösen der Beratung finanziert worden seien. Nachdem aber die Beratertätigkeit von der Abgabenbehörde nicht als Einkunftsquelle der mitbeteiligten Partei anerkannt worden sei, sei es ausgeschlossen, dass die strittigen Beträge als überhöhte Aufwendungen verdeckte Ausschüttungen darstellten. Sie seien nicht Teil jenes Einkommens, das die mitbeteiligte Partei in den Streitjahren bezogen und gemäß § 7 Abs. 1 KStG 1988 zu versteuern habe. Aus diesem Grund seien die Haftungsbescheide aufzuheben. Nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei die Frage, ob alle Aufwendungen, die aus dem Einkommen der mitbeteiligten Partei ausgeschieden worden seien, im Rahmen der Einkommensermittlung des YY als Betriebsausgaben abzugsfähig seien.
6 Da die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine verdeckte Ausschüttung vorliege, durch die Judikatur ausreichend beantwortet sei, sei die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Finanzamts. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Rechtzeitigkeit der Revisionserhebung bezweifelt und deren Zulässigkeit verneint.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Soweit die mitbeteiligte Partei die Rechtzeitigkeit der Revision in Zweifel zieht, weil ihr das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts bereits am 9. Februar 2018 zugestellt worden sei, ist ihr zu erwidern, dass das angefochtene Erkenntnis dem revisionswerbenden Finanzamt nach dem Ausweis der Verwaltungsakten - wie in der Revision angegeben - (erst) am 14. Februar 2018 zugestellt wurde. Die Revisionsfrist endete daher am 28. März 2018, sodass die am 27. März 2018 zur Post gegebene Revision rechtzeitig erhoben wurde.
10 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesfinanzgericht vertrete die (unzutreffende) Ansicht, dass durch die Zurechnung aller wesentlichen Einkünfte einer Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter generell kein Raum für eine verdeckte Ausschüttung verbleibe, weil in solchen Fällen die von der Kapitalgesellschaft für ihren Gesellschafter übernommenen Aufwendungen immer in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der dem Gesellschafter zugerechneten Einkunftsquelle stünden. Möglicherweise sei das Bundesfinanzgericht aktenwidrig - der von ihm als entscheidungsrelevant angenommene Sachverhalt könne jedoch nur schwer nachvollzogen werden - davon ausgegangen, dass die nach den Feststellungen der Außenprüfung ausschließlich privat veranlassten Aufwendungen des Gesellschafters ebenso mit der Beratertätigkeit in Zusammenhang stünden wie die übrigen in die Bemessungsgrundlage für die verdeckten Ausschüttungen eingegangenen Aufwendungen. Das Bundesfinanzgericht habe pauschalierend einfach alle Aufwendungen als in Zusammenhang mit den strittigen Einkünften stehend beurteilt und damit auch seine amtswegige Ermittlungspflicht verletzt.
11 Die Revision ist zulässig und auch berechtigt. 12 Gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer bei
inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer). Zu den abzugsteuerpflichtigen Kapitalerträgen gehören auch verdeckte Ausschüttungen (vgl. für viele VwGH 28.5.2015, Ro 2014/15/0046).
13 Verdeckte Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form unter welcher Bezeichnung auch immer gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde (vgl. VwGH 22.5.2014, 2011/15/0003).
14 Ein steuerlich anzuerkennender Vorteilsausgleich schließt die Annahme einer verdeckten Ausschüttung aus. Davon ist auszugehen, wenn dem Vorteil, den eine Körperschaft ihrem Anteilsinhaber einräumt, ein Vorteil gegenübersteht, den der Anteilsinhaber seinerseits der Körperschaft gewährt (vgl. Renner/Strimitzer/Vock, KStG 1988, 25. Lfg, § 8 Tz 185, mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Voraussetzung für einen steuerlich anzuerkennenden Vorteilsausgleich ist grundsätzlich eine eindeutige Vereinbarung über den Ausgleich der gegenseitigen Vorteilszuwendungen (vgl. VwGH 16.12.2010, 2007/15/0013).
15 Die Prüfung der inhaltlichen Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof setzt das Vorliegen einer Entscheidung voraus, in dessen Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst werden (vgl. VwGH 27.6.2018, Ra 2016/15/0061). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Erkenntnis nicht.
16 Den vom Bundesfinanzgericht ersatzlos behobenen Haftungsbescheiden betreffend Kapitalertragsteuer der Jahre 2007 bis 2011 lag u.a. die Feststellung des Finanzamts zu Grunde, dass die mitbeteiligte Partei "Beratungsaufwand" betreffend die "Stiftungskonstruktion des Gesellschafters sowie Leistungen für den Privatbereich des Gesellschafters und seiner Ehefrau" und weitere im einzelnen angeführte Aufwendungen des Gesellschafters als Betriebsausgabe verbucht habe. Übernimmt eine Körperschaft Aufwendungen der privaten Lebensführung des Gesellschafters oder einer dem Gesellschafter nahestehenden Person, liegt eine verdeckte Ausschüttung vor (vgl. VwGH 23.2.2010, 2005/15/0148, 0149; Kirchmayr in Leitner, Handbuch verdeckte Gewinnausschüttung, 85).
17 Das Bundesfinanzgericht hat nicht festgestellt, dass die Übernahme jener Kosten, die vom Finanzamt als private Aufwendungen des Gesellschafters beurteilt worden waren, seiner Ansicht nach betrieblich veranlasst gewesen wäre. Es hat das Vorliegen verdeckter Ausschüttungen mit der Begründung verneint, dass "die von der Abgabenbehörde als verdeckte Ausschüttungen qualifizierten Aufwendungen (...) mit der Beratertätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang (stehen), da sie aus den Erlösen der Beratung finanziert wurden".
18 Diese Begründung vermag die angefochtene Entscheidung
nicht zu tragen.
19 Die mitbeteiligte Partei hat Einnahmen aus
Beraterverträgen erklärt, die von der Abgabenbehörde nicht ihr, sondern ihrem Alleingesellschafter zugerechnet wurden. Stehen wie bei der vorliegenden (vom Finanzamt angenommenen) Sachverhaltskonstellation die Leistungen des Gesellschafters (Überlassung der von ihm erzielten Beratereinnahmen) in unmittelbarem Zusammenhang mit Gegenleistungen der mitbeteiligten Partei (Übernahme der Kosten zur Erzielung der nämlichen Einnahmen aus der Beratertätigkeit), kann von einem konkludenten Vorteilsausgleich ausgegangen werden, sodass in der diesbezüglichen Kostenübernahme vom Bundesfinanzgericht zu Recht das Vorliegen verdeckter Ausschüttungen verneint wurden. Ein derartiger in der Sache gelegener Zusammenhang liegt bei den sonstigen vom Finanzamt festgestellten Kostenübernahmen (etwa von Steuerberatungskosten des Gesellschafters und seiner Ehefrau oder für den Besuch des Opernballes) nicht vor. Insoweit hat das Bundesfinanzgericht die Rechtslage verkannt.
20 Soweit das Bundesfinanzgericht davon ausgeht, dass die sonstigen privaten Kostenübernahmen aus "Einnahmen der Beratertätigkeit finanziert" worden seien, kann ihm aber auch auf Tatsachenebene nicht gefolgt werden, weil dem angefochtenen Erkenntnis auch die Annahme zu Grunde liegt, dass die mitbeteiligte Partei "noch in anderen Projekten engagiert" gewesen sei. Dazu wird auf Feststellungen des Prüfers verwiesen, in denen angeführt ist, dass die mitbeteiligte Partei nach Ausscheiden der strittigen Erlöse aus den Beraterverträgen ihres Gesellschafters (auch noch) "eigene" Einnahmen und Umsätze erwirtschaftet habe. Der Umstand, dass die übrigen Geschäfte "zu keinem
wirtschaftlichen Erfolg geführt" haben, steht der Annahme verdeckter Ausschüttungen nicht entgegen. Verdeckte Ausschüttungen setzen das Vorliegen eines Gewinnes nicht voraus (vgl. Jakom/Marschner EStG, 2018, § 27 Tz 47; Doralt/Ruppe, Steuerrecht I11, Tz 977).
21 Dass die strittigen privaten Kostenübernahmen aus den Erträgen der Beraterverträge des Gesellschafters "finanziert" worden seien, stellt somit eine Behauptung des Bundesfinanzgerichtes dar, welcher eine Fundierung im konkret festgestellten Sachverhalt fehlt, die aber auch nicht geeignet ist, das Vorliegen einer nicht kapitalertragsteuerpflichtigen Einlagenrückzahlung - wie in der Beschwerde moniert - rechtlich zu begründen. Weder hat das Bundesfinanzgericht festgestellt, dass eine Vereinbarung über einen auch die Übernahme privater Kosten einschließenden Vorteilsausgleich zwischen der mitbeteiligten Partei und ihrem Alleingesellschafter bestanden habe, noch wurde festgestellt, dass die mitbeteiligte Partei seit ihrem Bestehen ausschließlich über Einnahmen aus den strittigen Beraterverträgen verfügt hätte. Liegt kein ausreichender Nachweis über die Einlagenrückzahlung vor, ist im Zweifel von einer (verdeckten) Ausschüttung auszugehen (vgl. Kirchmayr, Besteuerung von Beteiligungserträgen, 163).
22 Ungeachtet entsprechender Einwände der mitbeteiligten Partei in der Beschwerdeschrift lässt die angefochtene Entscheidung auch nicht erkennen, ob das Bundesfinanzgericht die rechtliche Beurteilung des Finanzamtes über die Zurechnung der Einkünfte aus den in Rede stehenden Verträgen an den Gesellschafter teilt. Sollte das Bundesfinanzgericht auf Grund des von ihm festgestellten Sachverhalts zum Ergebnis gelangen, dass die strittigen Einkünfte aus den beiden Beratungsverträgen ohnedies - wie erklärt - der mitbeteiligten Partei zuzurechnen wären, erwiese sich das angefochtene Erkenntnis jedenfalls als rechtswidrig, weil in diesem Fall das Vorliegen eines Vorteilsausgleichs oder einer Einlagenrückzahlung in Ansehung der Übernahme privater Aufwendungen des Gesellschaftes durch die mitbeteiligte Partei von vornherein ausscheidet.
23 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen prävalierender Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 22. November 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018150037.L00Im RIS seit
08.11.2019Zuletzt aktualisiert am
08.11.2019