Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers V*****, vertreten durch Dr. Ramin Mirfakhrai, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. C*****, 2. Mag. J*****, 3. E*****, 4. F*****, 5. H*****, 6. E*****, 7. I*****, 8. J*****, 9. G*****, 10. e***** GmbH, *****, 11. B*****, 12. Mag. M*****, 13. Mag. E*****, 14. M*****, 15. K*****, 16. Mag. B*****, 17. Mag. J*****, 18. R***** und 19. A*****, 2.- bis 15.- und 18.- bis 19.-Antragsgegner vertreten durch den Erstantragsgegner, wegen § 52 Abs 1 Z 4 und 5 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Juni 2018, GZ 40 R 4/18m-29, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1 Nach § 32 Abs 2 WEG können sämtliche Wohnungseigentümer (ua) einen vom Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile nach § 32 Abs 1 WEG abweichenden Aufteilungsschlüssel oder eine von der Liegenschaft abweichende Abrechnungseinheit festlegen. Solche Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Ein vereinbarter abweichender Aufteilungsschlüssel iSd § 32 Abs 2 WEG kann nicht bloß in Prozentsatzverschiebungen bestehen, sondern auch in einer den Wohnungseigentümer unmittelbar treffenden Kostentragungspflicht (5 Ob 277/01y mwN = RIS-Justiz RS0116331 [zu § 19 Abs 1 Z 2 WEG 1975 idF vor dem 3. WÄG]; 5 Ob 158/16w; E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 32 WEG Rz 34). Durch die Festsetzung einer abweichenden Abrechnungseinheit wird die
Abrechnungseinheit Liegenschaft unterteilt und der Kreis von Miteigentümern bestimmt, die die Aufwendungen für diese
Abrechnungseinheit zu tragen haben (RIS-Justiz RS0122484 [T6]).
1.2 Der Antragsteller zieht nicht in Zweifel, dass es sich bei der in Punkt VII. des Wohnungseigentumsvertrags enthaltenen Regelung, wonach er als Eigentümer der top 1 die Kosten der Erhaltung des gesamten Bereichs (also auch der Allgemeinteile) der Shedhalle seines Wohnungseigentums-objekts zur Gänze zu tragen hat, um eine Vereinbarung nach § 32 Abs 2 WEG handelt. Seine Ansicht, diese wäre dahin zu interpretierten, dass keine [Anm: gesonderte] Rücklage gebildet werden müsse, weil ihm damit nicht nur die Kostentragungs-, sondern auch die Erhaltungspflicht übertragen worden sei, findet im Wortlaut der Vereinbarung jedoch keine Deckung. Der Wohnungseigentumsvertrag und Vereinbarungen der Mit- und Wohnungseigentümer nach § 32 Abs 2 WEG 2002 sind nach dem einer objektiven Auslegung zugänglichen Wortlaut zu interpretieren (5 Ob 198/16b mwN; vgl auch RIS-Justiz RS0117165). Ausgehend davon liegt keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung des Rekursgerichts vor, wenn es in dieser Vertragsbestimmung lediglich eine Regelung über die Kostentragung sah. Die Überlegungen des Revisionsrekurswerbers zur Entscheidung 5 Ob 212/13g sind demgegenüber ebenso unerheblich, wie seine Erwägungen zum hypothetischen Parteiwillen.
2.1
Besteht eine von der Liegenschaft abweichende
Abrechnungseinheit, ist die Bildung einer gesonderten Rücklage zulässig (§ 31 Abs 4 WEG) und zweckmäßig (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²³ § 31 Rz 3; nach anderer Ansicht eine Notwendigkeit: E. M. Hausmann aaO § 31 WEG Rz 48).
2.2
Maßnahmen der (ordentlichen oder außerordentlichen) Verwaltung können nach der Rechtsprechung Gegenstand einer
Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft sein (5 Ob 161/17p; RIS-Justiz RS0130070 [T1]). Nach § 28 Abs 1 Z 1 WEG gehört die Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft iSd § 3 MRG, einschließlich baulicher Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, zur ordentlichen Verwaltung (vgl RIS-Justiz RS0114109; RS0083121). Sowohl Erhaltung, als auch Bildung der Rücklage fallen daher nach § 28 Abs 1 WEG in die Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung und sind einer Beschlussfassung der Gemeinschaft zugänglich.
2.3 Der Antragsteller beruft sich auf eine Gesetzwidrigkeit (§ 24 Abs 6 WEG) der von der Mehrheit beschlossenen Rücklage für die Erhaltung der allgemeinen Teile der Shedhalle seines Wohnungseigentumsobjekts, die er im Wesentlichen damit begründet, dass er danach sowohl zur allgemeinen als auch zur gesonderten Rücklage beizutragen habe. Damit zeigt er aber schon deshalb keine Fehlbeurteilung des Rekursgerichts auf, weil die Vereinbarung einer abweichenden Abrechnungseinheit für die Shedhalle und die Bildung einer Rücklage für diese hier keineswegs bedeutet, dass er von den (übrigen) Aufwendungen der Liegenschaft befreit wäre. Dass er diese einschließlich der Beiträge zur Rücklage im Verhältnis seiner Miteigentumsanteile zu tragen hat, folgt aus § 32 Abs 1 WEG. Naturgemäß kann der Aufwand für Erhaltungsarbeiten, die zwar ihrer Art nach feststehen, aber noch nicht durchgeführt sind, nur geschätzt werden. Dem trägt § 31 Abs 1 WEG Rechnung, wonach bei der Festlegung der Beiträge zur Rücklage auf die voraussichtliche Entwicklung der Aufwendungen Bedacht zu nehmen ist. Warum daraus eine Fehlbeurteilung des Rekursgerichts abzuleiten wäre, das die beschlossene Dotierung der Sonderrücklage in Anbetracht des Sanierungsbedarfs als angemessen beurteilte, bleibt nach den Ausführungen des Revisionsrekurswerbers unklar. Soweit er damit argumentiert, dass „die übrigen Wohnungseigentümer über den Kopf des Antragstellers Erhaltungsmaßnahmen beschließen“ könnten, und dabei offensichtlich für ihn nicht abschätzbare Kosten fürchtet, ist er auf die §§ 28, 29 WEG sowie § 30 Abs 1 Z 1 WEG zu verweisen, der jedem Wohnungseigentümer die Möglichkeit eröffnet, in Bezug auf die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft auch gegen den grundsätzlich maßgebenden Mehrheitswillen aufzutreten und gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
3.1 Inwieweit es den Revisionsrekursgrund des § 66 Abs 1 Z 2 AußStrG begründen soll, weil das Rekursgericht in seiner Entscheidung auf eine Urkunde in besser lesbarer Form Bezug nahm, die zwar mit der Rekursbeantwortung vorgelegt wurde, aber bereits im erstgerichtlichen Akt enthalten war, ist nicht nachvollziehbar.
3.2 Nach der vom Rekursgericht als unbedenklich übernommenen Feststellung des Erstgerichts ist der Schlupfkeller ein allgemeiner Teil des Hauses, zumal sich darin Revisionsöffnungen für den Hauskanal befinden. Von diesen Feststellungen weicht der Revisionsrekurswerber ab, wenn er in seiner Rechtsrüge nach wie vor den Standpunkt vertritt, dieser Keller sei seinem Wohnungseigentumsobjekt zuzuordnen.
Soweit er sich dazu auf Ergebnisse eines Beweissicherungsverfahrens beruft, aus welchen sich für seinen Standpunkt günstigere Feststellungen ableiten lassen sollen, übersieht er, dass der Oberste Gerichtshof auch in Außerstreitsachen nicht Tatsacheninstanz ist (RIS-Justiz RS0108449 [T2]). Fragen der Beweiswürdigung können daher nicht an ihn herangetragen werden (RIS-Justiz RS0007236).
4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Textnummer
E123510European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00160.18T.1003.000Im RIS seit
27.12.2018Zuletzt aktualisiert am
24.10.2019