TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/2 L515 1238490-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L515 1238490-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. der Republik Armenien, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.04.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 9 Abs. 1, § 8 Abs. 4 AsylG, § 57, § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 4 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als "bP" bezeichnet), ist eine weibliche Staatsangehörige der Republik Armenien und war bisher als subsidiär Schutzberechtigte in Österreich aufhältig.

In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal bzw. das Vorbringen der bP im Verwaltungsverfahren wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden:

" ...

-

Sie reisten im Dezember 2001 illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 13.12.2001 einen Antrag auf internationalen Schutz.

-

Sie gaben an, den Namen XXXX zu führen, armenische Staatsangehörige und am XXXX geboren zu sein.

-

Mittels Bescheid des Bundesasylamtes, Zahl: XXXX v. 16.05.2003 wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Zi 13 AsylG 2005 abgewiesen. Ihnen wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Gegen Sie wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen.

-

Gegen den gesamten Bescheid haben Sie fristgerecht Beschwerde eingebracht.

-

Mittels Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates v. 26.05.2008, Zahl: 238.490/0/29E-IX/27/03 wurde Ihre Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. abgewiesen. Hinsichtlich Spruchpunkt II. und III. wurde Ihre Beschwerde stattgegeben und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien für nicht zulässig erklärt. Ihnen wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

-

Diese wurde zuletzt mittels Bescheid des BFA v. 10.05.2016 verlängert und ist bis 23.05.2018 gültig.

-

Am 28.11.2017 langte bei der ho. Behörde ein Ansuchen um Berichtigung Ihrer persönlichen Daten ein. Hierfür wurde die erste Seite Ihres armenischen Reisepasses vorgelegt, lautend auf XXXX, geb. XXXX, ausgestellt am 31.08.2017 gültig bis 31.08.2027.

-

Sie befanden sich siebzehn Jahre, unter Verwendung falscher Daten, in Österreich.

-

Gegen Sie wurde seit 27.11.2017 ein Aberkennungsverfahren hinsichtlich Ihres Status des subsidiär Schutzberechtigten eingeleitet.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 06.03.2018 gaben Sie vor einem Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Prüfung des Aberkennungsverfahrens Folgendes an:

F: Wie gut beherrschen Sie die Deutsche Sprache?

A: Ich verstehe nicht gut Deutsch

F: Sie sind doch schon seit 2001 in Österreich

A: Ja, aber ich immer zuhause sitzen. Ich brauche Dolmetsch für Russisch

F: Sprechen Sie Russisch oder Armenisch?

A: Ich Armenisch aber sprechen Russisch

Anm: Es wird ein Dolmetscher für die Sprache Russisch bestellt. Die AW wird gebeten, inzwischen wieder im Aufenthaltsraum Platz zu nehmen.

12:00 Uhr: Der Dolmetscher, XXXX ist nun anwesend

F: Werden Sie vertreten?

A: Nein.

F: Haben Sie gegen eine der anwesenden Personen aufgrund einer möglichen Befangenheit oder aus sonstigen Gründen irgendwelche Einwände?

A: Nein.

Mir wird zur Kenntnis gebracht, dass die Angaben im Asylverfahren vertraulich behandelt werden und nicht an die Behörden Ihres Heimatlandes weitergeleitet werden.

Auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Flüchtlingsberaters und auf dessen Sprechstunden wurde ich hingewiesen, weiters wurde ich über die Möglichkeit der Beiziehung einer Vertrauensperson informiert.

Ich habe jeden Wohnsitzwechsel unverzüglich der zuständigen Meldebehörde bekannt zu geben. Sollte ich keinen Wohnsitz haben, habe ich unverzüglich einen Zustellbevollmächtigten oder Verfahrensvertreter namhaft zu machen. Sollte ich dieser Verpflichtung nicht nachkommen, erlangt ein Bescheid durch Hinterlegung Rechtskraft.

Ich nehme zur Kenntnis, dass ich am Asylverfahren mitzuwirken und meine Asylgründe glaubhaft zu machen habe. Meine Angaben sind die Basis für die Entscheidung der Asylbehörde.

Ich werde ausdrücklich belehrt, dass insbesondere falsche Angaben zur Identität oder Herkunft gerichtlich strafbar sind und gemäß § 119 Abs. 2 FPG mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden können.

Ihnen wird eine kurze Darstellung des bisherigen Ablaufs des Verfahrens gegeben und der Grund der Einvernahme (Möglichkeit eines Aberkennungsverfahrens) mitgeteilt. Information über die Amtsstundenzeiten und Akteneinsichtsmöglichkeit erfolgte.

F: Sind Sie psychisch bzw. physisch in der Lage der Einvernahme einwandfrei folgen zu können?

A: Ja, Es geht mir gut.

F: Haben Sie sich seit Ihrer Asylantragstellung im Dezember 2001 jemals außerhalb Österreichs aufgehalten?

A: Ich hielt mich immer in Österreich auf, seit ich hier einen Asylantrag gestellt habe.

F: Ihnen wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten mittels Bescheid vom 26.05.2008 seitens des UBAS (nunmehr BVwG, zuvor Asylgerichtshof) zugesprochen. Dieser wurde zuletzt mittels Bescheid des BFA, RD XXXX. v. 10.05.2016 verlängert und ist bis 23.05.2018 gültig.

Am 28.11.2017 langte bei der ho. Behörde ein Ansuchen um Berichtigung Ihrer persönlichen Daten ein. Hierfür wurde die erste Seite Ihres armenischen Reisepassen in Farbe vorgelegt, lautend auf XXXX, geb. am XXXX, ausgestellt am 31.08.2017, gültig bis 31.08.2027

Wo haben Sie den Reisepass ausstellen lassen?

A: In der armenischen Botschaft in Wien.

F: Welche Dokumente haben Sie vorgelegt, um diesen Reisepass ausgestellt zu bekommen?

A: Ich hatte keine Dokumente. Es wurde nur nach Armenien rückgefragt. Ich habe nichts vorgelegt.

F: Sie mussten sich doch irgendwie ausweisen können. Sie lebten in Österreich angeblich mit einer falschen Identität und ich kann dem nicht folgen, dass Sie mit falscher Identität in die Botschaft gehen und einen Reisepass ohne Vorlage von anderen Dokumenten auf einen anderen Namen erhalten

A: Ich wurde schon nach Dokumente gefragt, aber ich hatte nichts. Ich habe ihnen den Namen gegeben und die haben dies in Armenien geprüft. Dann erhielt ich den Reisepass.

F: Es musste doch Ihre Identität geprüft werden.

A: Die Botschaft hat sich mit einem Spezialisten in Armenien in Verbindung gesetzt. Ich hatte schon vorher einen Reisepass, der mir von Armenien gebracht wurde. Dieser ist aber verschwunden.

F: Wer hat Ihnen einen Reisepass gebracht?

A: Ich weiß es nicht. Wir haben einer Gruppe Geld gegeben und die haben mir den Reisepass gebracht. Ich kann keine Angaben zu dieser Gruppe machen.

F: Wann haben Sie den Pass erhalten, den Sie verloren haben?

A: Ich war damals 30 oder 40 Jahre alt.

F: Auf welchen Namen ist der RP gelaufen, den Sie verloren haben?

A: Es war der gleiche Name im alten Reisepass wie jetzt im Neuen.

F: Haben Sie den Verlust Ihres RP bei der Polizei gemeldet?

A: Ich habe ihn nicht verloren. Die Gruppe hat ihn mir weggenommen. Ich kenne die Gruppe nicht. Ich weiß nicht wer die sind. Es dürften aber Armenier sein.

F: Wenn Sie von einer Gruppe sprechen. Um wie viele Personen handelt es sich?

A: 10 oder so.

F: Wie sind Sie zu dieser Gruppe gekommen?

A: Ich bin mit dieser Gruppe nach Österreich gekommen. Sie haben mir ein Ticket besorgt. In Österreich haben sie mir meinen Pass abgenommen und sind zurück nach Armenien. Ich gebe auch an, dass diese Gruppe in Armenien ein Büro hat.

F: Wie viel haben Sie für diesen Reisepass bezahlt?

A: Für den Reisepass habe ich 40,- Euro bezahlt und für das Flugticket 500 Euro.

F: Haben Sie den Reisepass in Armenien beantragt oder wurde dieser von den Schleppern organisiert?

A: Warum provozieren Sie mich?

F: Entschuldigung? Ich provoziere Sie nicht, aber ich habe dies abzuklären und bitte Sie nun mir die Fragen zu beantworten. Schlussendlich geben Sie selbst an, seit 17 Jahren in Österreich unter falschen Daten gelebt zu haben.

F: Ich möchte gerne wissen, ob Sie jemals in Armenien die Ausstellung eines Reisepasses beantragt haben bzw. sich ausstellen ließen oder ob es sich hierbei um einen gefälschten Reisepass von den Schleppern handelt.

A: Ich habe mir den Reisepass ausstellen lassen, dieser ist echt. In Armenien gibt es das besagte Büro, wo oben steht, wer wohin fahren will. Dort habe ich nur einen Stempel in meinem Pass bekommen. Ich weiß aber nicht um welchen Stempel es sich handelt. Ich bin mit dem besagten echten Reisepass ausgereist in Begleitung der Schlepper, die mir dann in Österreich den Reisepass wieder wegnahmen. Ich gebe an, dass allen der Reisepass abgenommen wurde.

F: Besitzen Sie andere Dokumente wie Geburtsurkunde, Führerschein usw.?

A: Nein.

F: Haben Sie niemals welche besessen?

A: Führerschein habe ich nicht und brauche ich auch nicht. Eine Geburtsurkunde müsste in Armenien sein. Meine Schwägerin hat alles verkauft und ich glaube die Dokumente sind dabei verschwunden.

F: Haben Sie die Möglichkeit, andere Identitätsdokumente aufzutreiben?

A: Es kann sein, dass ich was auftreiben kann. Ich bin mir aber nicht sicher. Ich muss zuhause (Wien) schauen, was ich habe. Wenn ich etwas finde, dann schicke ich es her.

Anm.: Der AW wird hierfür eine Frist von einer Woche eingeräumt

F: Um welches Schriftstück handelt es sich bei dem weiteren vorgelegten Dokument?

A: Das ist die Bestätigung, dass ich in Armenien nicht vorbestraft bin.

F: Warum haben Sie bei der Asylantragstellung einen falschen Namen und Geburtsdatum angegeben?

A: Man hat mir gesagt, ich soll falsche Angaben machen, denn wenn ich nicht in Österreich bleiben möchte, dann kann ich woanders hin. Ich wollte auch zuerst nach Frankreich, habe es mir aber dann überlegt.

F: Warum haben Sie 17 Jahre lang zugewartet und stellen jetzt einen Antrag auf Änderung der Daten?

A: Ich hatte Angst

F: 17 Jahre Angst vor was?

A: Ich war deppat. Was soll ich machen? Ich war oft krank und war auch zwei Mal im Krankenhaus.

F: Sind Sie derzeit in ärztlicher Behandlung?

A: Nein.

F: Nehmen Sie Medikamente?

A: Nein.

F: Wo leben Sie?

A: In der XXXX in Wien. Ich lebe dort alleine. Meine Wohnung ist sehr alt und kalt, es ist schlimm. Bei der Wohnung handelt es sich um eine Privatwohnung.

F: Wie finanzieren Sie sich Ihren Lebensunterhalt in Österreich?

A: Ich erhalte Unterstützung vom Sozialamt. Ich erhalte jetzt ca. 627,-- Euro monatlich. Mir wurde gesagt, dass ich ab Mai zwischen 150 und 200 Euro mehr erhalte. Sonst erhalte ich von niemand Unterstützung.

F: Haben Sie jemals in Österreich gearbeitet?

A: Ich habe mal fast ein Jahr gearbeitet als Küchenhilfe in einer Pension in XXXX. In Armenien habe ich 20 Jahre als Verkäuferin gearbeitet, das hat gereicht.

F: Das ist aber schon sehr wenig, für einen 17jährigen Aufenthalt. Sie haben den subsidiären Schutz seit 2008 und hätten zumindest ab diesem Zeitpunkt arbeiten können.

A: Ich habe keine Arbeit vom AMS bekommen.

F: Welche Unterlagen (Dokumente, Integrationsunterlagen, Arbeitsbestätigungen, Arztbestätigungen) können Sie heute vorlegen, die Sie noch nicht vorgelegt haben?

A: Nein, aber ich schicke Ihnen etwas zu

F: Was können Sie mir schicken?

A: Ich habe Deutschkurse besucht. Drei Mal habe ich einen Deutschkurs besucht.

F: Sie werden aufgefordert binnen einer Woche alles vorzulegen, was für Ihr Verfahren wichtig ist.

A: Ich werde mich bemühen aber ich verspreche nichts. Ich gebe jedoch an, dass ich nur die Adresse der Firma aufgeschrieben habe, wo ich gearbeitet habe. Sie können aber bei der Firma nachfragen.

F: Welche Familienangehörigen oder Verwandte von Ihnen leben in Österreich?

A: Nein. Mein Sohn ist nach Armenien zurückgekehrt, da er hier keine Arbeit erhalten hat. Dort hat er sich aber mit seiner Tante zerstritten, weshalb er nach Russland gezogen ist. Er lebt jetzt in St. Petersburg.

F: Sind Sie mit Ihrem Sohn noch in Kontakt?

A: Ja.

F: Wie ist das Verhältnis zu Ihrem Sohn?

A: Sehr gut

F: Hat Ihr Sohn eine Familie?

A: Nein. Ich bin froh dass er jetzt gesund ist.

F: Arbeitet Ihr Sohn jetzt?

A: Ich weiß es nicht.

F: Wer von Ihren Familienangehörigen oder Verwandten lebt noch in Armenien?

A: Die Schwester meines Mannes lebt noch in Armenien. Sie trinkt und schimpft immer. Wir haben nichts so ein gutes Verhältnis. Seit 2 Jahren haben wir deshalb keine Kontakt mehr, weil sie immer mit mir schimpft.

F: Haben Sie selbst Geschwister?

A: Nein, jetzt nicht mehr. Ich hatte nur eine Schwester, die war Journalistin und wurde getötet.

F: Zurück zu dem neu ausgestellten Reisepass. Was haben Sie hierfür bezahlt?

A: Ich habe ca. 70,-- Euro bezahlt

F: Wäre es Ihnen möglich wieder in Armenien zu leben?

A: Nein. Weshalb ist mein Sohn nach Russland gegangen

F: Sie sagte, weil er Probleme mit seiner Tante hatte

A: Ja, aber auch weil alles so teuer ist in Armenien.

F: Warum haben Sie sich nun einen armen. Reisepass ausstellen lassen?

A: Ich wollte nach Armenien fahren um meinen Sohn zu treffen. Ich wäre dann aber auch wieder nach Österreich zurückgekommen. Ich wollte voriges Jahr nach St. Petersburg, da mein Sohn ja nun dort lebt, aber ich konnte aufgrund der falschen Identität nicht. Bei der russischen Botschaft wurden mein Pass und mein Asylausweis verglichen. Aufgrund der unterschiedlichen Daten war aber dann alles zunichte.

F: Möchten Sie abschließend noch etwas ergänzen oder berichtigen?

A: Ich möchte einen Konventionsreisepass haben.

Anm.: Der AW wird nun mitgeteilt, dass Armenien als sicherer Herkunftsstaat gilt und die aktuelle Länderinfo zu Armenien vorgehalten. Nehmen Sie bitte dazu Stellung!

A: Ich höre das alles zum ersten Mal. Die Politiker lügen alle, ich fühle mich als Opfer der Politiker. Alle sagen Armenien ist so schön und gut und das stimmt nicht. Es gibt auch keine medizinische Behandlung. Es ist alles Augen-aus-Wischerei, die Leute sterben dort, weil man zB keine OP erhält, keine Arbeit hat und Hungern muss.

..."

I.2.1. Mit im Spruch genannten Bescheid wurde der bP der Status einer subsidiär Schutzberechtigten gem. § 9 Abs. 1 AsylG aberkannt (Spruchpunkt I) und gem. § 9 Abs. 4 die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf Armenien gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 FPG mit 14 Tagen festgelegt.

I.2.2. Die belangte Behörde führte Folgendes aus:

"...

Ihre Identität steht fest. Sie haben jedoch seit Ihrer Asylantragstellung am 13.12.2001 in Österreich unter falschen Namen gelebt. Am 14.11.2017 legten Sie einen armenischen Reisepass mit Ihren richtigen Daten vor.

Sie sind Staatsangehörige von Armenien, gehören der Volksgruppe der ARMENER an und sind armenisch christlichen Glaubens.

Sie wurden in EREWAN, Armenien geboren und lebten dort gemeinsam mit Ihrer Mutter und Ihrem Sohn. Ihr Ehegatte sei bereits im Jahre 1998 verschwunden und bis zu Ihrer Ausreise nicht mehr aufgetaucht. Sie "nehmen an", er sei verstorben.

Ihre Mutter und die Schwester Ihres Mannes, zu der Sie Kontakt pflegen, leben weiterhin in Armenien. Ihr Sohn, welcher gemeinsam mit Ihnen im Jahre 2001 ins Bundesgebiet einreiste, kehrte wieder nach Armenien zurück, da er in Österreich keine Arbeit fand. Derzeit lebt Ihr Sohn in St. Petersburg, Russland. Mit Ihrem Sohn stehen Sie weiterhin in Kontakt und pflegen ein sehr gutes Verhältnis. So wollten Sie - wie Sie selbst angaben - mit Ihrem nun Originalen armen. Reisepass nach Armenien zurückkehren, um sich mit Ihrem Sohn zu treffen, die Einreise wurde aufgrund Ihrer zwei Identitäten nicht gewährt, auch am späteren Versuch nach St. Petersburg zu kommen sind Sie gescheitert.

Sie leiden an keiner schwerwiegenden lebensbedrohenden physischen oder psychischen Erkrankung oder sonstigen Beeinträchtigung. Sie sind weder in ärztlicher Behandlung, noch nehmen Sie Medikamente. Sie selbst führten an, dass es Ihnen gut ginge.

Seit Zuerkennung subsidiären Schutzes durch den unabhängigen Bundesasylsenat v. 26.05.2008, Zahl: 238.490/0/29E-IX/27/03 haben Sie an keinen Deutschkursen, ehrenamtlichen Tätigkeiten oder an anderen Integrationsmaßnahmen teilgenommen. Sie sind weder Mitglied in einem Verein oder Organisation in Österreich und einer Arbeit gehen Sie ebenfalls nicht nach.

Des Weiteren verstehen und sprechen Sie die deutsche Sprache schlecht. So benötigten Sie nach 17jährigem Aufenthalt in Österreich weiterhin einen Dolmetsch. Gemäß Ihren Aussagen vor dem BFA, besuchten Sie Deutschkurse und waren auch ein knappes Jahr als Küchenhilfe tätig, was Ihnen gereicht habe. Ihre Aussagen konnten Sie, aufgrund fehlender Bestätigungen, nicht belegen, auch eine AJ-Web Anfrage verlief negativ.

In Ihrem privaten Umfeld hat sich seit Zuerkennung des subsidiären Schutzes nichts geändert. Familienangehörige oder Verwandte in Österreich haben Sie nicht. Sie leben in keiner Partnerschaft.

Sie leben derzeit in einer Privatwohnung in Wien. Sie erhalten Unterstützung vom Sozialamt.

In Österreich sind strafrechtlich unbescholten.

Ihnen wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten vom unabhängigen Bundesasylsenat zugesprochen (nunmehr BVwG, zuvor Asylgerichtshof). Das UBAS stützt sich auf Ihren, zum Zeitpunkt der Entscheidung, schlechten, gesundheitlichen Zustand, welcher die Außerlandesschaffung erschweren hätte können und Sie einer Gefährdungssituation ausgesetzt wären.

Festgestellt werden konnte, dass der Sachverhalt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes nun nicht mehr vorliegt.

Sie konnten keine Tatsachen vorbringen, warum eine Rückkehr für Sie unmöglich wäre. Festgestellt werden konnte, dass Sie sich den armenischen Reisepass lediglich deshalb ausstellen ließen, um Ihren Sohn ihn Armenien bzw. auch in St. Petersburg besuchen zu können.

Abschließend konnte auch festgestellt werden, dass Sie dem Vorhalt zur Lage in Ihrem Heimatland nicht substantiiert entgegengetreten sind.

...

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Armenien in eine existenzbedrohende Notlage geraten würden. So verfügen Sie nicht nur über ein familiäres Netzwerk, sondern hätten auch Unterstützung seitens des Staates zu erwarten, zumal Ihr Herkunftsstaat über ein funktionierendes Sozialsystem verfügt.

Eine mögliche zukünftige Bedrohung muss objektiv in Bezug zum Antragsteller gegeben sein. Sie konnten durch keinerlei Schilderungen oder Beweisvorlagen diese zukünftige Bedrohung untermauern.

Es konnte festgestellt werden, dass Sie gemeinsam mit Ihrer Familie, in Ihrem vertrauten, sozialen Umfeld leben könnten. Aufgrund des gut funktionierenden Sozialsystems in Armenien, hätten Sie eine Sozialunterstützung sowie eine Pension zu erwarten.

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 52a BFA-VG z.B. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens im Heimatland gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimaland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen.

(http://www.caritas-wien.at/hilfe-einrichtungen/asylmigrationintegration/beratung-fuer-asylwerberinnen/rueckkehrhilfe/

...

Aufgrund des vorgelegten armenischen Reisepasses steht Ihre Original Identität nun fest.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und zur Religionszugehörigkeit sowie zu Ihrem Privat- und Familienleben, stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften und schlüssigen Angaben im Verfahren im Zuge der neuerlichen Einvernahme vor dem Bundesamt, sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprache Russisch.

Die Feststellungen zu Ihrem Gesundheitszustand beruhen auf Ihre gleichlautenden und somit glaubhaften bisherigen Aussagen.

Die restlichen Feststellungen Ihre Person betreffend ergaben sich auf Grund Ihrer gleichbleibenden, schlüssigen und glaubhaften Aussagen sowie aus der Aktenlage.

Die Feststellungen zu Ihrer persönlichen und familiären Situation ergeben sich aus Ihren schlüssigen und gleichlautenden Angaben im Rahmen des Verfahrens.

Die Feststellungen bezüglich fehlender familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich, ergeben sich aus Ihren diesbezüglichen Angaben im Verfahren und werden der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt.

Wie bereits festgestellt, sind Sie seit Ihrer Asylantragstellung am 13.12.2001 in Österreich lebend, haben bis dato ein knappes Jahr gearbeitet, was für Sie völlig ausreichend war und fühlten sich auch nicht bemühsigt, die Sprache des Landes Österreich anzueignen. So benötigten Sie für die Einvernahme am 06.03.2018 einen Dolmetscher.

Dass Sie der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ergibt sich aus den Einvernahmen, Ihren eigenen Angaben und dem Umstand, dass Sie keinerlei Nachweise Ihrer Sprachfähigkeiten vorgelegt haben und an keinem Deutschkurs oder sonstigen Integrationsmaßnahme teilgenommen haben.

Trotz Gewährung einer Frist brachten Sie keine Nachweise vor, welche die Teilnahme an Deutschkursen und an Integrationsmaßnahmen belegen würden. Die Behörde geht davon aus, dass fehlende Engagements bei Integrationsmaßnahmen keine vollwertige Integration in die österreichische Gesellschaft bedeuten.

Weitere Integrationsbemühungen waren nicht ersichtlich und machten Sie auch nicht geltend.

Derzeit wohnen Sie in Österreich in einer Privatwohnung und sind arbeitslos. Sie leben vom Sozialsystem Österreichs.

Die Feststellung, dass Sie in Österreich unbescholten sind, ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters.

...

Ihnen wurde wie aus dem oa. Verfahrensgang nachvollziehbar erläutert, der Schutz eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Die Feststellung, dass Sie den subsidiären Schutz lediglich deshalb erhielten, weil Sie zum Zeitpunkt der Entscheidung an schweren Symptomen als Folge einer traumatisierenden Erfahrung litten und ein Abbruch, Ihrer damaligen Therapie, mit hoher Wahrscheinlichkeit für Ihre psychische Verfassung, negative Folgen hätte haben können, ergibt sich aus dem vorliegenden Akteninhalt, sowie aus dem Bescheid des UBAS.

Wie bereits festgestellt werden konnte, liegt der Sachverhalt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes nun nicht mehr vor.

So sind Sie nun gesund, benötigen keine medikamentöse oder ärztliche Therapie mehr. Hierbei wird aber auch festgehalten, dass Sie über ein familiäres Netzwerk im Herkunftsstaat verfügen, von denen Sie durchaus auch Unterstützung erwarten können, weshalb Sie auch im Falle einer Rückkehr in keiner existenzbedrohenden oder lebensbedrohenden Situation wären. Zumindest könnten Sie Unterstützung seitens Ihres Sohnes, mit dem Sie ein gutes Verhältnis haben, erwarten und auch Unterstützung vom Sozialsystem Armeniens fordern. Auch fungieren - wie ebenso bereits festgestellt - mehrere Hilfsorganisationen in Ihrem Herkunftsstaat, an die Sie sich wenden können.

Es konnten aufgrund der angeführten Umstände keine Gründe erkannt werden, die einer Rückkehrentscheidung, auch unter Einbeziehung sonstiger berücksichtigungswürdiger Gründe, entgegenstehen würden.

So wird hier nochmals dezidiert festgehalten, dass Sie selbst beabsichtigten ua. auch nach Armenien zur reisen, wo Sie Ihren Sohn treffen wollten und lediglich daran scheiterten, dass Sie über zwei Identitäten verfügen, da Sie in Österreich unter falschen Namen lebten.

Ebenso wird nochmals festgehalten, dass Armenien zu den sicheren Herkunftsstaaten zählt.

Die weiteren diesbezüglichen Feststellungen ergeben sich aus dem Ermittlungsverfahren, dem Akteninhalt, Ihren glaubhaften Angaben und Ihren vorgelegten Unterlagen.

...

Die Feststellungen zum Herkunftsland, denen Sie nicht substantiiert entgegengetreten sind, basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz zur Objektivität verpflichtet. Die Qualität ihrer Arbeit wird auch durch die vom Staatendokumentationsbeirat beschlossenen und erarbeiteten Standards der Staatendokumentation sichergestellt. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

...

Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen. Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation in Ihrem Herkunftsland ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte "notorische" Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. "Offenkundig" ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder "allgemein bekannt" (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch "bei der Behörde notorisch" (amtsbekannt) geworden ist; "allgemein bekannt" sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen - ohne besondere Fachkenntnisse - hergeleitet werden können (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die in einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleich lautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorität nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen.

..."

I.2.2. Zur allgemeinen Lage in der Republik Armenien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Armenien bzw. der Herkunftsregion der bP von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der armenische Staat grundsätzlich gewillt und befähigt ist, sich auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich diese zwar in manchen Bereichen als problematisch darstellen, sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt, zumal die bP von diesen Problempunkten nicht betroffen ist. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Armenien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung -auch in Bezug auf psychische Erkrankungen- ist flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass die Voraussetzungen, welche zur Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass dem Sohn der bP seinerzeit Asyl gewährt wurde, weil der Angehöriger der Zeugen Jehovas ist. Die bP wäre aufgrund der Angehörigeneigenschaft zum Sohn, sowie aufgrund "psychologischer" Probleme gefährdet gewesen.

Die bP hätte von sich aus ihren Namen richtiggestellt.

Zum Zeitpunkt der Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wäre ihr aufgrund ihres schlechten psychischen Zustandes die Wichtigkeit der Richtigstellung des Namens nicht bewusst gewesen.

Die bP sei in Österreich "gut integriert" und wäre in Armenien der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt. Ebenso würden sich keine Gründe ergeben, welche gegen eine Aberkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten sprechen. Im gegenständlichen Fall wären auch das Alter der bP, deren Gesundheitszustand und der mehr als zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet zu berücksichtigen.

I.4. Das Vorbringen in der Beschwerdeschrift stellt die letzte Äußerung der bP im Verfahren zum gegenständlichen Antrag bzw. zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet dar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Bei der bP handelt es sich um einen im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenierin, welche aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammt und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennt.

Die bP1 ist eine ältere, im Wesentlichen gesunde Frau mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreichgesicherten Existenzgrundlage.

Verwandte leben nach wie vor in Armenien. Der Sohn der bP, welchem in Österreich Asyl gewährt wurde, kehrte wieder nach Armenien zurück und verlegte im Anschluss wegen privater Zerwürfnisse den Wohnsitz nach St. Petersburg.

Die bP hat als armenische Staatsbürgerin Zugang zum armenischen Sozial- und Gesundheitssystem und ist in Armenien pensionsberechtigt.

Die bP habt in Österreich keine Verwandten und lebt auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen. Sie möchte ihr weiteres Leben in Österreich gestalten und hält sich seit ihrer Einreise, der anschließenden Antragstellung und der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten im Bundesgebiet auf.

Die bP bestreitet ihren Lebensunterhalt durch Leistungen der öffentlichen Hand und ging in den 17 Jahren, in denen sie sich im Bundesgebiet befindet im Wesentlichen keiner Beschäftigung nach. Die bP hat zwar in der Vergangenheit einige Deutschkurse besucht, räumt aber selbst ein, nicht gut Deutsch zu sprechen.

Die bP verfügt über keine relevanten sozialen Anknüpfungspunkte und lebte die überwiegende Zeit im Bundesgebiet unter falscher Identität. Erst, als sie sich entschloss nach Armenien bzw. in die Russische Föderation reisen zu wollen, stellte sie ihre Identität im Eigeninteresse richtig.

Der bP wurde ursprünglich aufgrund ihres Gesundheitszustandes subsidiärer Schutz gewährt. Zwischenzeitig hat sich der Gesundheitszustand der bP erheblich verbessert und sie bedarf keiner medizinischer Behandlung.

Die Identität der bP steht (nunmehr) fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Armenien

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an.

Die Republik Armenien ist zwischenzeitig ein sicherer Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG.

II.1.3. Behauptete Rückkehrhindernisse in den Herkunftsstaat

Das ursprünglich bestehende Rückkehrhindernis, nämlich der vom Unabhängigen Bundesasylsenat angenommene schlechte Gesundheitszustand der bP liegt nicht mehr vor.

Die bP ist zwar zwischenzeitig eine ältere Frau, sie verfügt aber dennoch in Armenien über eine Existenzgrundlage, zumal in Armenien nach wie vor Verwandte leben, sie einen volljährigen Sohn hat und sie Zugang zum armenischen Sozial- und Gesundheitswesen findet.

2. Beweiswürdigung

II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und dem seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmittel in Form eines nunmehr vorgelegten nationalen Identitätsdokuments.

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.

Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

Die Ausführungen der bB sind für sich als tragfähig anzusehen und stellten die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

Da sich die bP seit Einbringung der Beschwerdeschrift nicht mehr äußerte, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Änderung eintrat, zumal die bP eingehend über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer ihnen bekannten Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätte, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Dies gilt insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen der wirtschaftlichen Umstände der bP, welche diese der Behörde bzw. dem Gericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen hat (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua; VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601 VwGH 15.11.1994, 94/07/0099; vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78 und VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Da die bP keinerlei Mitteilungen diese Richtung erstattete, kann das ho. Gericht daraus den Schluss ziehen, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde vorlag, keine Änderung eintrat.

Zu den Beschwerdeangaben ist festzuhalten, dass es sich hierbei im Wesentlichen um substanzlose und über erhebliche Strecken nicht nachvollziehbare Behauptungen handelt oder diese aus sonstigen Gründen ins Leere gehen:

Wenn vorgetragen wird, dass dem Sohn der bP seinerzeit Asyl gewährt wurde, weil der Angehöriger der Zeugen Jehovas ist und die bP wäre aufgrund der Angehörigeneigenschaft zum Sohn, sowie aufgrund "psychologischer" Probleme gefährdet gewesen, ist dem entgegenzuhalten, dass der Sohn nach Armenien zurückkehrte und dort sichtlich keinen Repressalien ausgesetzt war, in Armenien keine Sippenhaftung praktiziert wird und der hier anzuwendende Maßstab die Annahme eine Zukunftsprognose darstellt, zumal des Rechtsinstitut nicht dazu dient, in der Vergangenheit erlittenes Ungemach zu kompensieren, sondern viel mehr vor entsprechenden Gefahren in der Zukunft zu schützen.

Zum Vorbringen, die bP hätte von sich aus ihren Namen richtiggestellt, ist anzuführen, dass dies sichtlich erst dann erfolgte, als sich das Auftreten der bP unter falscher Identität im Bundesgebiet zu ihrem Nachteil auswirkte.

Wenn die bP vorbringt, in Österreich "gut integriert" zu sein, ist vom genauen Gegenteil auszugehen: Die bP bringt selbst vor, nicht selbsterhaltungsfähig zu sein und ergibt sich aus ihrem Vorbringen bzw. dem Akteninhalt, dass sie die überwiegende Zeit aktiv keinerlei Anstalten setzte, um ihre Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen, auch zu jenem Zeitpunkt, als sie sich noch nicht im Pensionsalter befand. Auch räumt sie selbst ein, nicht gut Deutsch zu sprechen und war sie nicht in der Lage die Einvernahme trotz ihres 17jährigen Aufenthalt in Österreich nicht in der deutschen Sprache zu führen, obwohl zur Bewältigung der Einvernahme kein qualifizierten Kenntnisse über allfälliges Spezialvokabular erforderte. Die vorgelegten Kursbestätigungen spiegeln ihre aktuellen Deutschkenntnisse, welche im Einvernahmeprotokoll der bB zu entnehmen sind (diesem kommt die Beweiskraft des § 15 AVG zu) keinesfalls wider.

Weiters räumte die bP selbst ein, über keinerlei relevante Soziale Anknüpfungspunkte zu verfügen ("[I]ch immer nur zu Hause sitzen").

Zum Einwand, sie wäre in Armenien der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt, ist festzuhalten, dass es sich hierbei um eine pauschale Behauptung handelt.

Das Vorbringen, es würden sich keine Gründe ergeben, welche gegen eine Aberkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten sprechen und im gegenständlichen Fall auch der Gesundheitszustand der bP zu berücksichtigen wäre, wird festgestellt, dass die bP selbst angibt, keine ärztliche Behandlung (mehr) zu benötigen und geht das ho. Gericht davon aus, dass ihr der Zugang zu medizinscher Behandlung in Armenien grundsätzlich offen steht. Zum Alter der bP ist festzuhalten, dass sie sich offenbar in einem rüstigen Zustand befindet und von einer Vergreisung nicht gesprochen werden kann. Ebenso ergibt sich aus den der bP zur Kenntnis gebrachten Länderfeststellungen, dass in Armenien Altenpflegeheime und mobile Pflegedienste bestehen.

Ebenso ist aufgrund der ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahrens durch die bB und aufgrund des Fehlens von Hinweisen auf gegenteilige Umstände davon auszugehen, dass im gegenständlichen Fall das Neuerungsverbot gem. § 20 (1) BFA-VG gilt.

3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, sicherer Herkunftsstaat

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 13 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Armenien als sicherer Herkunftsstaat.

II.3.1.5.1. Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen

Gem. dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten