TE Bvwg Beschluss 2018/8/31 L508 2193913-2

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Veröffentlicht am 31.08.2018
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Entscheidungsdatum

31.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §33

Spruch

L508 2193913-2/7Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über den Antrag des XXXX, StA. Pakistan, vertreten durch Mag. Harald PLACEK und Mag. Richard BÖHM, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 03.04.2018, Zl. XXXX beschlossen:

A)

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 05.07.2018 wird gemäß § 33 VwGVG stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Wiedereinsetzungswerber stellte am 30.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) wies mit Bescheid vom 03.04.2018, dem Wiedereinsetzungswerber durch Hinterlegung zugestellt am 09.04.2018, den Antrag auf internationalen Schutz ab, erkannte dem Wiedereinsetzungswerber den Status des subsidär Schutzberechtigten nicht zu, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und erklärte, dass die Abschiebung nach Pakistan zulässig sei.

3. Der Wiedereinsetzungswerber brachte durch seine beiden bevollmächtigen Vertreter eine Beschwerde gegen diesen Bescheid ein. Diese Beschwerde langte am 30.04.2018 beim BVwG ein. Die Beschwerde wurde erst am 18.05.2018 vom BVwG zuständigkeitshalber an das Bundesamt für Fremdenwesen uns Asyl weitergeleitet und langte folglich an diesem Tag beim BFA ein. Die Beschwerde erweist sich daher als verspätet.

4. Mit Verspätungsvorhalt vom 19.06.2018 teilte das Bundesverwaltungsgericht dem Wiedereinsetzungswerber mit, dass die Beschwerde nach der Aktenlage verspätet eingebracht worden sei. Unter einem wurde der Wiedereinsetzungswerber darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit zur Einbringung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG bestehe und dass dieser Antrag beim BVwG einzubringen wäre. Das Bundesverwaltungsgericht räumte eine zweiwöchige Frist für eine Stellungnahme ein.

5. Der Wiedereinsetzungswerber, vertreten durch seine bevollmächtigten Vertreter, brachte am 05.07.2018 die Stellungnahme zur Fristversäumung beim Bundesverwaltungsgericht ein und beantragte in dieser die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

6. Nach Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages durch das BVwG mit Schreiben vom 09.08.2018, wurde vom Wiedereinsetzungswerber, vertreten durch seine rechtsfreundlichen Vertreter, diesem grundsätzlich nachgekommen.

7. Mit Beschluss des BVwG vom 31.08.2018 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 03.04.2018 gemäß § 7 Absatz 4 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

8. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt unter Zugrundelegung der Ausführungen des Wiederaufnahmewerbers respektive dessen bevollmächtigte Vertreter im Wiedereinsetzungsantrag.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den unter Punkt I getroffenen Ausführungen.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und von den Parteien nicht beanstandeten Aktenlage fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

§ 1 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG, BGBl I. Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG bleiben unberührt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu Spruchteil A)

II.3.3. Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des § 33 Abs. 1 VwGVG binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (VwGH 24.01.1996, 94/12/0179). Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht auch nicht erwartet werden konnte (VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214). Bei der Bevollmächtigung eines Vertreters ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung nach den für den Vertreter maßgebenden Verhältnissen zu beurteilen. Das zur Versäumung führende Ereignis muss daher den Vertreter an der rechtzeitigen Vornahme der Handlung gehindert haben und für ihn unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein (vgl VwGH 17. 9. 1990, 87/14/0030; 28. 4. 1992, 92/05/0051; 23. 6. 2008, 2008/05/0122).

Ein Verschulden der Partei bzw. des Vertreters hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Eine solche liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann (z. B. VwGH 20.06.2002, 2002/20/0230), wobei an einen rechtskundigen Parteienvertreter ein höherer Sorgfaltsmaßstab anzulegen ist (z. B. VwGH 22.01.2003, 2002/04/0136).

II.3.3.1. Zu prüfen ist daher, ob die Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet hat. In der immensen Verzögerung (knapp drei Wochen) der Weiterleitung der Beschwerde durch das BVwG an das BFA ist ein Rechtsnachteil für den Wiedereinsetzungswerber entstanden, der in analoger Anwendung zu § 33 VwGVG, jedenfalls als unvorhergesehenes respektive unabwendbares Ereignis zu interpretieren ist, da das BVwG seiner sich aus § 6 AVG ergebenden Pflicht, Anbringen ohne unnötigen Aufschub der zuständigen Stelle weiterzuleiten, nicht nachgekommen.

Beim dem den Wiedereinsetzungswerber treffenden Verschulden der Einbringung der Beschwerde direkt an das BVWG handelt es sich, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei den bevollmächtigten Vertretern um mit der Rechtskunde nicht vertraute Vertreter handelt, um einen minderen Grad des Versehens, welcher die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht hindert.

Da ein Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 33 VwGVG vorliegt und die nicht fachkundigen Rechtsvertreter des Wiedereinsetzungswerbers an der direkten Einbringung der Beschwerde beim BVwG jedenfalls kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden trifft, war dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG stattzugeben. Das Verfahren ist sohin wieder beim BVwG anhängig.

Zu Spruchteil B)

II.3.4. Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die gegenständliche Entscheidung weicht auch nicht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab.

Schlagworte

Mängelbehebung, minderer Grad eines Versehens, Wiedereinsetzung,
Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L508.2193913.2.01

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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