Entscheidungsdatum
25.09.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
I405 2009931-1/26E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA über den Antrag von XXXX vom XXXX auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Revision gegen das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.04.2018 abgeschlossene Verfahren, Zl. I405 2009931-1/21E, beschlossen:
A) Der Wiedereinsetzungsantrag wird gemäß § 46 Abs. 1 iVm 4 VwGG
abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.04.2018, Zl. I405 2009931-1/21E, wurde die gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2014, Zl. 1021472401-14703931, erhobene Beschwerde des Antragstellers hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich Spruchpunkt III. wurde die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt III. (erster Satz) zu lauten hat:
"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt." Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III. wurde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt III. (letzter Satz) zu lauten hat:
"Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung." Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
2. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.07.2018, Ra 2018/19/0351-5, wurde dem Antragsteller die Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt.
3. Mit Bescheid der Stmk. Rechtsanwaltskammer vom 27.07.2018, Zl. Vz 0303/18, wurde der nunmehr rechtsfreundlich ausgewiesene Vertreter zur Erhebung der außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.04.2018 zur Zl. I405 2009931-1/21E, bestellt.
4. Mit Schriftsatz vom 12.09.2018 stellte der Antragsteller im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG (gemeint wohl § 46 VwGG), der sich gegen die Versäumung der Revisionsfrist wendet. Gleichzeitig wurde die außerordentliche Revision samt Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision gemäß § 30 (2) VwGG eingebracht. Hinsichtlich des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand brachte der rechtsfreundliche Vertreter des Antragstellers Folgendes vor:
"Wie aus der, zum gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beiliegend als Urkunde übermittelten, eidesstättigen Erklärung vom 12.09.2018 zu entnehmen ist, hat es (bedauerlicherweise) die seit 22 Dienstjahren beim rechtsfreundlichen Vertreter des nunmehrigen Revisionswerbers beschäftigte Kanzleikraft verabsäumt, die Umbestellung zur Erhebung der außerordentlichen Revision der Stmk. Rechtsanwaltskammer vom 27.07.2018 zur Kontrolle und Abzeichnung der Frist, dem rechtsfreundlichen Vertreter (bzw. Arbeitgeber der Kanzleikraft) in der Postsitzung vorzulegen. Aufgrund dieses (bedauerlichen) Umstandes war es dem Rechtsanwalt des nunmehrigen Revisionswerbers auch nicht möglich, eine Kontrolle und Abzeichnung der Frist vorzunehmen. Von diesem bedauerlichen Umstand hat der Rechtsanwalt sowie die involvierte Kanzleikraft am 12.09.2018 früh Morgens Kenntnis erlangt. Noch am selben Tag der Kenntnisnahme, dem 12.09.2018, wurde von der involvierten Kanzleikraft Frau Z. gegenständlich als Urkunde zur Vorlage gebrachte eidesstättige Erklärung aufgesetzt und unterfertigt sowie gegenständlicher Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG erhoben. Zur Wahrung der rechtlichen Voraussetzungen, holt der Rechtsanwalt des Revisionswerbers unter einem mit gegenständlichem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die versäumte Handlung, nämlich die Erhebung des außerordentlichen Rechtsmittels der außerordentlichen Revision gegen das Bundesverwaltungsgericht vom 30.04.2018 zur Zl. I405 2009931-1/21E nach.
Es liegt auch unter Berücksichtigung des mit eidesstättiger Erklärung der involvierten Kanzleikraft vom 12.09.2018 ein solcher Sachverhalt vor, welcher den Irrtum bzw. den Fehler der Kanzleiangestellten einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugänglich ist. Es war dem Rechtsanwalt und (nunmehrigen) rechtsfreundlichen Vertreter des Revisionswerbers trotz der Einhaltung der beruflichen Sorgfaltspflicht nicht möglich, die Frist zu kontrollieren und abzuzeichnen. Dies obwohl ausdrücklich nochmals darauf zu verweisen ist, dass es sich bei der involvierten Kanzleikraft Frau Z. um eine solche handelt, welche seit 22 Dienstjahren beim gegenständlichen rechtsfreundlichen Vertreter des Revisionswerbers (durchgehend) angestellt ist. Es ist somit auch objektiv von einer bisherigen Eignung und Bewährung der involvierten Kanzleikraft Frau Z. auszugehen, sodass letztendlich auch dem rechtsfreundlichen Vertreter des Revisionswerbers kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden vorzuwerfen ist. Insbesondere ist somit in der Kanzlei des bestellten Vertreters ein Kontrollsystem eingerichtet, welches unter normalen Umständen sämtliche Eintragungsfehler ausschalten kann. Ein Kontrollsystem, bei welchem von den Anwälten selbst der Posteingang entgegengenommen wird und auch der Eingang sämtlicher Faxnachrichten überwacht wird, ist aufgrund des Umstandes, dass die Anwälte nicht ständig in der Kanzlei anwesend sind, sondern auch bei Gericht und Behörden Verhandlungen zu verrichten haben, schlichtweg unmöglich.
Unter Berücksichtigung des dargelegten Sachverhalts sowie der diesbezüglich ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung steht weder aus tatsächlichen noch rechtlichen Gründen dem gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG ein Hindernis entgegen.
Unter Berücksichtigung, dass der Fehler bzw. Irrtum erstmals am 12.09.2018 erkannt wurde, ist gegenständlicher Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG auch jedenfalls als fristgerecht zu bezeichnen."
Als Beweis wurde dem Antrag eine eidesstättige Erklärung von Fr. Z. vom 12.09.2018 beigelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt A):
1. Zum vorliegend entscheidungswesentlichen Sachverhalt ist auf die unter I. getroffenen Ausführungen zu verweisen. Das Bundesverwaltungsgericht geht von dem im Wiedereinsetzungsantrag in sich widerspruchfrei dargestellten Sachverhalt aus.
2. Der gegenständliche Sachverhalt gründet sich auf die angeführten Entscheidungen, Unterlagen und Schriftsätze, welche Teil der Verfahrensakten sind.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. § 46 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung fälschlich einen Rechtsbehelf eingeräumt und die Partei den Rechtsbehelf ergriffen hat oder keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsbehelf zulässig sei.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die den Rechtsbehelf als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Erhebung der Revision bzw. der Stellung eines Antrages auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
(4) Bis zur Vorlage der Revision hat über den Antrag das Verwaltungsgericht zu entscheiden. Ab Vorlage der Revision hat über den Antrag der Verwaltungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof können dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung statt.
3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten, nicht jedoch ein Verschulden anderer Personen. Das Verschulden eines Kanzleibediensteten stellt für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder ein unabwendbares Ereignis dar, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber den Kanzleibediensteten nachgekommen ist. Der Rechtsanwalt muss gegenüber seiner Kanzlei als Hilfsapparat, dessen er sich bei Wahrnehmung der ihm durch Bevollmächtigungsvertrag übertragenen Aufgaben bedient, alle Vorsorgen treffen, die ihm nach dem Bevollmächtigungsvertrag obliegen. Insoweit der Rechtsanwalt diese Vorsorgen nicht in der Art und dem Maß getroffen hat, wie es von ihm je nach der gegebenen Situation zu erwarten war, kommt ein Verschulden an einer späteren Fristversäumnis in Betracht (vgl. VwGH 30.6.2016, Ra 2015/19/0155, mwN).
3.3. Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist diesem als Verschulden anzurechnen, wenn der Rechtsanwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber den Angestellten unterlassen hat. Der bevollmächtigte Anwalt muss den Aufgaben, die ihm aus dem Bevollmächtigungsvertrag erwachsen, auch insoweit nachkommen, als er sich zu ihrer Wahrung seiner Kanzlei als seinen Hilfsapparat bedient (vgl. VwGH 22.2.2017, Ra 2016/17/0296, 0297, mwN).
3.4. Nach dem Vorbringen des Antragstellers im Wiedereinsetzungsantrag, hat es die seit 22 Dienstjahren beim rechtsfreundlichen Vertreter des nunmehrigen Antragstellers beschäftigte Kanzleikraft verabsäumt, die Umbestellung zur Erhebung der außerordentlichen Revision der Stmk. Rechtsanwaltskammer vom 27.07.2018 zur Kontrolle und Abzeichnung der Frist, dem rechtsfreundlichen Vertreter in der Postsitzung vorzulegen. Aufgrund dieses Umstandes war es dem Rechtsanwalt des nunmehrigen Revisionswerbers auch nicht möglich, eine Kontrolle und Abzeichnung der Frist vorzunehmen.
Insofern der Rechtsanwalt auf das in der Kanzlei eingerichtete Kontrollsystem hinweist, welches unter normalen Umständen sämtliche Eintragungsfehler ausschalten könne sowie des Weiteren einwendet, dass von Rechtsanwälten nicht erwartet werden könne, dass sie selbst den Posteingang entgegennehmen und den Eingang sämtlicher Faxnachrichten überwachen, vermag er damit nicht dazutun, inwiefern er seiner Überwachungspflicht - in einer Konstellation wie der vorliegenden - nachgekommen ist und geht dies aus dem Wiedereinsetzungsantrag auch nicht hervor.
3.5. In Hinblick darauf wäre aber zumindest eine (stichprobenartige) Kontrolle des Posteinganges durch den Rechtsvertreter erforderlich gewesen. Die Frage, binnen welcher Frist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof einzubringen ist, bedarf nämlich jedenfalls einer Beurteilung durch den einschreitenden Rechtsanwalt selbst.
3.6. Damit ist bereits ausgehend vom Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag von einem nicht mehr bloß minderen Grad des Versehens des Rechtsvertreters des Antragstellers auszugehen. Wer aber einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag durch ein substantiiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft (vgl. VwGH 5.4.2018, Ra 2017/19/0557 bis 0560).
3.7. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gemäß § 46 Abs. 1 und Abs. 4 VwGG abzuweisen.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 164/2013 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision im Hinblick ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Fristversäumung, Revision, Verschulden des Vertreters,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I405.2009931.1.01Zuletzt aktualisiert am
21.12.2018