TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/1 W212 1300633-2

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Veröffentlicht am 01.10.2018
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Entscheidungsdatum

01.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

W212 1300633-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Moldawien, vertreten durch RA Mag. Thomas Loos, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2018, Zl:

318752208/170871882, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 3 FPG, 46 FPG, 52 Abs. 9 FPG, 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsagehöriger Moldawiens, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 23.11.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zuvor hatte er bereits in der Slowakei einen Asylantrag gestellt.

Am 08.07.2005 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von 5 Jahren erlassen, nachdem er wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden war.

Mit Bescheid vom 18.03.2006 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gem. § 7 AsylG abgewiesen. Gleichzeitig wurde eine Ausweisung nach Moldawien erlassen. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat als unbegründet abgewiesen. Die an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde ebenfalls abgelehnt.

Nachdem der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden war, wurde am 11.11.2010 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Am 23.12.2011 wurde dem Beschwerdeführer eine Duldungskarte ausgestellt, da keine Heimreisedokumente erlangt werden konnten. Am 23.12.2012 wurde abermals eine Duldung bis 23.12.2013 erteilt.

Am 03.10.2014 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", welcher von Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl rechtskräftig abgewiesen wurde.

Die Duldungskarte wurde am 23.09.2015 bis zum 22.09.2016 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verlängert. Am 23.09.2016 wurde eine weitere Duldungskarte, gültig bis zum 22.09.2017, ausgestellt.

Mit Schreiben vom 25.07.2017 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer die Beabsichtigung der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme bezüglich seiner privaten und familiären Verhältnisse eingeräumt.

In einer Stellungnahme vom 01.08.2017 gab der Beschwerdeführer an, er sei am 23.11.2004 nach Österreich eingereist, da seine Mutter und Großmutter verstorben seien und er sich in Österreich ein besseres Leben habe aufbauen wollen. Er sei illegal eingereist, besitze kein Reisedokument und sei moldawischer Staatsbürger. Er halte sich seit 2004 durchgehend in Österreich auf. In Moldawien habe er neun Jahre die Schule besucht, aber keine Berufsausbildung absolviert. Er habe keine Familienangehörigen in Österreich und keinen Kontakt zu seinen Familienangehörigen in Moldawien. Zurzeit befände er sich in Haft, davor sei er von der evangelischen Kirche unterstützt worden. Er sei in der Kirche integriert und spiele in einem Verein Fußball. Er spreche Deutsch und habe die Prüfung A2 absolviert. Seines Wissens nach könne er nicht in sein Heimatland zurückkehren, da ihn dieses nicht akzeptiere. Er habe seine Straftaten aus finanzieller Not heraus begangen und sei nie gewalttätig gewesen.

Am 28.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer die Beabsichtigung der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zur Kenntnis gebracht. Gleichzeitig wurden Ihm die Länderfeststellungen zu Moldawien übermittelt und die Möglichkeit zur Stellungnahme geboten.

Der Beschwerdeführer wiederholte in seiner Stellungnahme vom 16.04.2018 das Vorbringen in der Stellungnahme vom 01.08.2017. Ergänzend wurde vorgebracht, dass er eine österreichische Freundin habe.

Mit Bescheid vom 21.08.2018 wurde das mit Bescheid vom 11.11.2010 verhängte unbefristete Aufenthaltsverbot von Amts wegen aufgehoben (Spruchpunkt I.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 46 FPG sei die Abschiebung nach Moldawien zulässig (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde ein auf zehn Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

Die belangte Behörde verwies darauf, dass aufgrund der Änderung der Gesetzeslage das unbefristete Aufenthaltsverbot zu beheben sei. Der Beschwerdeführer sei insgesamt 20-mal angezeigt und zehn Mal rechtskräftig verurteilt worden. Er halte sich seit 2008 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Ein Eingriff in das Recht auf Familienleben liege nicht vor, der Eingriff in das Recht auf Privatleben sei durch das Überwiegen des öffentlichen Interesses aufgrund der wiederholten Straffälligkeit gedeckt. Der Beschwerdeführer habe bis 2004 im Herkunftstaat gelebt, dort die Schule besucht und spreche die Landessprache. Er sei jung, gesund und arbeitsfähig. Es sei somit kein Grund zu erkennen, der eine Rückkehr nach Moldawien unzulässig machen würde. Aufgrund der gegen den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafen sei § 53 Abs. 1 Z 1 FPG erfüllt. Angesichts der großen Anzahl an Verurteilungen sei ein zehnjähriges Einreiseverbot gerechtfertigt. Da der Verbleib des Beschwerdeführers eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, sei einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

Gegen Spruchpunkte II. - VII. dieses Bescheids erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass das unbefristete Aufenthaltsverbot nach alter Rechtslage als Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot nach geltender Rechtslage anzusehen sei. In einem Aufhebungsverfahren werde neuerlich das Vorliegen der Voraussetzungen geprüft. Nunmehr sei über die Frage eines Aufenthaltsverbots bzw. einer Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot rechtskräftig entschieden, sodass keine neuerliche Rückkehrentscheidung erlassen werden könne.

Der Beschwerdeführer sei aufrecht in Österreich geduldet. Aufgrund zerrütteter Familienverhältnisse und mangels legaler Beschäftigungsmöglichkeiten in Österreich sei er auf die schiefe Bahn geraten. Die Haft habe nunmehr zu einem Umdenken geführt. Er beachte alle Bewährungsauflagen, absolviere regelmäßig Freigänge, habe einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert, mache den Führerschein und hole den Hauptschulabschluss nach. Er habe sich in der evangelischen Gemeinde integriert und sei dort aktiv, ebenso in einem Fußballverein. Seit einem halben Jahr führe er eine Beiziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin. Nach der Entlassung solle ein gemeinsames Familienleben geführt werden. Der Beschwerdeführer verfüge über keine Bindungen zu Moldawien. Es wäre ihm kaum möglich sich nach 14 Jahren in Österreich dort zurecht zu finden. Im Falle einer Abschiebung drohe ihm der Entzug seiner Existenzgrundlage. Er müsse dort auf der Straße leben und liefe Gefahr zu verhungern oder zu erfrieren. Abschließend wurde § 18 Abs. 5 BFA-VG als verfassungswidrig kritisiert und die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof angeregt.

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist moldawischer Staatsbürger, seine Identität steht nicht fest.

Mit Bescheid vom 18.03.2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gem. § 7 AsylG abgewiesen. Gleichzeitig wurde eine Ausweisung nach Moldawien erlassen. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat als unbegründet abgewiesen. Die an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde ebenfalls abgelehnt.

Dem Beschwerdeführer wurden mehrere Duldungskarten, die letzte gültig bis 22.09.2017, ausgestellt.

Der Strafregisterauszug des Beschwerdeführers weist folgende Verurteilungen auf:

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vom 20.04.2005 wegen §§ 15, 127, 130 1. Fall StGB (versuchter gewerbsmäßiger Diebstahl), Freiheitsstrafe sechs Monate bedingt, Jugendstraftat

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vom 09.01.2008 wegen § 223 Abs. 2 StGB (Urkundenfälschung), Freiheitsstrafe zwei Monate bedingt

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vom 06.03.2008 wegen §§ 28a Abs. 1 5. Fall, 27 Abs. 1 1. und 2. Fall SMG, §§ 127, 223 Abs. 1, 224 StGB (Suchtgifthandel, Diebstahl, Urkundenfälschung), Freiheitsstrafe 18 Monate, davon 12 Monate bedingt

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vom 14.10.2010 wegen §§ 125, 229 Abs. 1, 127, 131, 1. Fall, 15 Abs. 1, 223 Abs. 2 1. Fall, 224 StGB, §§ 28a Abs. 1 5. Fall, 28a Abs. 3 1. Fall, 27 Abs. 1 1. und 2. Fall, 27 Abs. 1 SMG (Sachbeschädigung, Urkundenunterdrückung, räuberischer Diebstahl, versuchte Urkundenfälschung, Suchtgifthandel), Freiheitsstrafe 18 Monate

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vom 19.10.2012 wegen § 241e Abs. 3 StGB (Entfremdung unbarer Zahlungsmittel), Freiheitsstrafe zwei Monate

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vom 04.12.2012 wegen §§ 223 Abs. 2, 224 StGB (Urkundenfälschung), Freiheitstrafe vier Monate bedingt

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vom 26.09.2013 wegen §§ 127 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 2, 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG, §§ 241e Abs. 1 und 3, 229 Abs. 1, 135 Abs. 1, 223 Abs. 2, 15, 127, 130 1. Fall StGB (Suchtgifthandel, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, Urkundenunterdrückung, dauernde Sachentziehung, Urkundefälschung, versuchter gewerbsmäßiger Diebstahl), Freiheitsstrafe 16 Monate

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vom 13.02.2014 wegen §§ 229 Abs. 1, 135 Abs. 1, 241e Abs. 3, 127, 129 Z 1 StGB (Urkundenunterdrückung, dauernde Sachentziehung, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, Einbruchdiebstahl), keine Zusatzstrafe

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vom 18.02.2016 wegen §§ 229 Abs. 1, 15, 127, 130 Abs. 1 1. Fall, 241e Abs. 3, 135 Abs. 1 StGB (Urkundenunterdrückung, versuchter gewerbsmäßiger Diebstahl, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, dauernde Sachentziehung), Freiheitsstrafe sieben Monate

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vom 06.02.2017 wegen §§ 229 Abs. 1 146, 147 Abs. 1 Z 1, 15, 127, 130 Abs. 1 StGB (Urkundenunterdrückung, schwerer Betrug, versuchter gewerbsmäßiger Diebstahl), Freiheitsstrafe 28 Monate

Der Beschwerdeführer befand sich von 11.01.2008 bis 21.04.2008, von 23.12.2010 bis 09.12.2011, von 06.03.2015 bis 28.08.2015 und von 19.09.2016 bis 12.10.2016 in Strafhaft und ist seit 30.11.2016 erneut inhaftiert.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen und benötigt keine exklusiv im Bundesgebiet verfügbare medizinische Behandlung.

Er ist arbeitsfähig. Im Bundesgebiet ging der Beschwerdeführer keiner legalen Tätigkeit nach.

Der Beschwerdeführer spricht Deutsch (A2) und Moldawisch.

Im Bundesgebiet halten sich keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers auf. Er führt seit etwa einem halben Jahr eine Beziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin, ein gemeinsamer Haushalt besteht aufgrund der Inhaftierung des Beschwerdeführers nicht.

Zur Lage in Moldawien wird festgestellt:

Politische Lage

Moldau hat annähernd 34.000 km² Fläche und ca. 2,9 Mio. Einwohner (ohne Transnistrien). Das Land ist eine parlamentarische Demokratie, Staatsoberhaupt ist seit 23. Dezember 2016 Präsident Igor Dodon (PSRM). Regierungschef ist seit 20. Januar 2016 Ministerpräsident Pavel Filip (PDM). Das moldauische Parlament hat eine Kammer mit 101 Sitzen. Die Regierungskoalition umfasst derzeit die Demokratische Partei (PDM - 42 Sitze), informell auch auf die Europäische Volksgruppe (GPPE, 9 Sitze). Zur parlamentarischen Opposition gehören die Partei der Kommunisten der Republik Moldau (PCRM - 6 Sitze), die Partei der Sozialisten der Republik Moldau (PSRM - 24 Sitze), die Liberal-Demokratische Partei (PLDM - 5 Sitze), die Liberale Partei (PL - 9 Sitze) und 6 Parteilose (AA 3.2018a).

Die Parlamentswahlen von 2014 genügten größtenteils den Vorgaben von OSZE, Europarat usw., obwohl lokale und internationale Beobachter Bedenken hinsichtlich der Zulassung bestimmter politischer Parteien zu den Wahlen äußerten. In Folge der Wahlen haben Parteiwechsel, begleitet von Vorwürfen betreffend politischen Druck und Bestechung, die Struktur des Parlaments und die parlamentarische Mehrheit erheblich verändert (USDOS 20.4.2018).

Das moldauische Parteiensystem umfasst eine Anzahl von Gruppierungen, die - zumindest nominell - eine ganze Reihe von politischen Ansichten repräsentieren. Doch das Parteiensystem Moldaus ist instrumentalisiert, nur mäßig stabil und hat nicht das Vertrauen der Bürger. Die überwiegende Mehrheit der moldauischen politischen Parteien sind auf einen charismatischen Parteichef ausgerichtet und funktionieren ohne innerparteiliche Demokratie. Die Themensetzung funktioniert hauptsächlich über geopolitische Bruchlinien (pro-europäisch gegen pro-russisch). Die moldauische Öffentlichkeit ist größtenteils tief von ihren demokratischen Institutionen enttäuscht (BS 2018).

Im März 2016 erklärte das moldauische Verfassungsgericht eine Regelung für verfassungswidrig, welche die Wahl des Staatspräsidenten durch das Parlament festgeschrieben hatte. Dadurch wurden die Präsidentschaftswahlen durch direkte und geheime Volksabstimmung wieder eingesetzt. Zwei Runden der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 führten zur Wahl von Igor Dodon zum Präsidenten der Republik Moldau. Laut Wahlbeobachtungsmission der OSZE waren beide Wahlgänge kompetitiv und respektierten die Grundfreiheiten. Internationale und nationale Beobachter stellten jedoch eine polarisierte und unausgewogene Medienberichterstattung, harte und intolerante Rhetorik, mangelnde Transparenz bei der Wahlkampffinanzierung und Fälle von Missbrauch administrativer Ressourcen fest (USDOS 20.4.2018).

Im Juli 2017 hat das Parlament der Republik Moldau mit den Stimmen der Regierungspartei PDM (Demokratische Partei) von Vlad Plahotniuc und der pro-russisch ausgerichteten PSRM (Partei der Sozialisten) von Präsident Igor Dodon, eine umstrittene Wahlrechtsreform beschlossen, trotz starker nationaler und internationaler Einwände. Die Reform ersetzt das bisher für Parlamentswahlen geltende Verhältniswahlrecht mit Parteilisten durch ein gemischtes System, durch das künftig 50 von 101 Abgeordneten direkt in einzelnen Wahlkreisen mit einfacher Mehrheit gewählt werden. Die Venedig-Kommission warnt davor, dass unter den politischen Verhältnissen in der Moldau vorgeblich unabhängige Kandidaten tatsächlich unter den Einfluss von Geschäftsleuten und ihrer speziellen Interessen geraten können. Das kann als Hinweis auf Vlad Plahotniuc gelesen werden, den mit Abstand vermögendsten Geschäftsmann in der Moldau. Die pro-europäische Opposition, aber auch große Teile der Zivilgesellschaft lehnen die Reform strikt ab, weil sie darin nur ein Instrument zum Machterhalt der PDM sehen. Tatsächlich hat die PDM ein Legitimitätsproblem. Bei der letzten Parlamentswahl erhielt sie lediglich 16 Prozent der Stimmen. Die Regierungsmehrheit kam nur durch 30 Überläufer aus Oppositionsparteien zustande. In Umfragen liegt die PDM seither stets bei deutlich unter 10 Prozent. Die Wahlrechtsreform geht vor allem zulasten der pro-europäischen Opposition (KAS 7.2017; vgl. FH 11.4.2018).

Ende 2017 urteilte das Verfassungsgericht, dass der Präsident suspendiert werden kann, wenn er sich weigert Neuernennungen von Regierungsmitgliedern vorzunehmen. Die Ernennung kann dann vom Parlamentspräsidenten vorgenommen werden (KAS 20.12.2017). Dodon weigerte sich in der Folge tatsächlich mehrmals neue Regierungsmitglieder zu ernennen und wurde mehrmals temporär suspendiert (BI 10.1.2018).

Die Republik Moldau erlebte im Jahr 2017 deutliche Anzeichen eines demokratischen Rückschritts und kam internationalen und nationalen Verpflichtungen bzw. Reformvorhaben nur zum Schein nach. Die Zeiten, in denen Moldau als Erfolgsgeschichte der europäischen Integration galt, sind vorbei. Das Verschwinden von einer Milliarde Dollar aus dem nationalen Bankensystem (2014) und die erbitterte Auflösung der Regierungskoalition, die dem Bankenskandal folgte, zerstörten viel von dem positiven Bild, das Moldau seit 2009 von sich aufzubauen verstanden hatte. Gerade die Rolle der Demokratischen Partei (PDM) wird in diesem Zusammenhang sehr kritisiert. Deren Vorsitzender, der Oligarch Vlad Plahotniuc, hatte es nach 2014 geschickt verstanden, seine Partei trotz einer bescheidenen demokratischen Legitimation von 16% bei den Parlamentswahlen 2014 zur wichtigsten politischen Kraft des Landes zu machen und diese Macht zu festigen, nicht zuletzt auch durch Einführung eines neuen Wahlsystems (JF 10.1.2018).

Demokratisch gewählte politische Vertreter haben in der Republik Moldau nur eine begrenzte Entscheidungsgewalt. Politische und wirtschaftliche Interessengruppen spielen eine große, wenn nicht eine entscheidende Rolle in Gesetzgebung und staatlichen Entscheidungsprozessen. Bestimmte politische Vertreter auf lokaler und zentraler Ebene neigen dazu, ihre politischen Ämter zu missbrauchen, um ihre Geschäftsinteressen zu schützen. Auf der anderen Seite gibt es Gruppen, die de facto die Politik des Landes mit wenig Legitimität beherrschen. Zum Beispiel, der Oligarch und Parteichef Vlad Plahotniuc. Premierminister Pavel Filip ist ein langjähriger Geschäftspartner von Plahotniuc und verdankt ihm die Position als Ministerpräsident. Plahotniuc ist der Hauptsponsor und Chef der Demokratischen Partei und hat ein Reihe anderer Abgeordneter dazu gebracht zu ihm überzulaufen, was ihm eine parlamentarische Mehrheit gibt. Andere moldauische Politiker scheinen unter dem Einfluss externer Akteure zu stehen, so hat Russlands Einfluss auf Präsident Igor Dodon zugenommen (BS 2018). Manche NGOs bezeichnen Moldau daher als "captured state", nicht zuletzt, weil Vladimir Plahotniuc auch einen Großteil der moldauischen Medien besitzt. Es wird angenommen, dass Plahotniuc, der keine öffentlichen Ämter bekleidet, vielen Regierungsmitgliedern nahe steht und Einfluss auf die Leiter von Strafverfolgungs- und Justizbehörden ausübt (CoE 25.9.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.2018a): Republik Moldau, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/moldau-node/moldau/201826, Zugriff 14.5.2018

-

BI - Balkan Insight (10.1.2018): Dodon Response to Suspension Puzzles Moldova's Socialists,

http://www.balkaninsight.com/en/article/dodon-response-to-suspension-puzzles-moldova-s-socialists-01-10-2018, Zugriff 22.5.2018

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.5.2018

-

CoE-PACE - Council of Europe - Parliamentary Assembly (25.9.2017):

New threats to the rule of law in Council of Europe member States:

selected examples,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1410260/1226_1506435068_new-threats-to-the-rule-of-law-in-council-of-europe-member.pdf, Zugriff 23.5.2018

-

FH - Freedom House (11.4.2018): Nations in Transit 2018 - Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1429175.html, Zugriff 22.5.2018

-

JF - Jamestown Foundation (10.1.2018): A Year in Review:

Oligarchic Power Consolidation Defines Moldova's Politics in 2017, https://www.ecoi.net/de/dokument/1421482.html, Zugriff 22.5.2018

-

KAS - Konrad Adenauer Stiftung (7.2017): Wahlrechtsänderung in der Moldau gegen Venedig-Kommission und EU verabschiedet, http://www.kas.de/moldau/de/publications/49655/, Zugriff 22.5.2018

-

KAS - Konrad Adenauer Stiftung (20.12.2017): Regierungsumbildung in der Republik Moldau, http://www.kas.de/wf/de/33.51173/, Zugriff 22.5.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 15.5.2018

Sicherheitslage

Die Republik Moldau ist Teil der im Mai 2009 ins Leben gerufenen "Östlichen Partnerschaft der EU", die das Land näher an die EU heranführen soll. Am 27. Juni 2014 wurde in Brüssel das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Republik Moldau unterzeichnet, das am 1. Juli 2016 vollständig in Kraft trat. Zentraler Kern des Abkommens ist die Einrichtung einer Tiefen und umfassenden Freihandelszone (Deep and Comprehensive Free Trade Area - DCFTA), in deren Rahmen eine schrittweise Annäherung moldauischer Rechtsvorschriften an EU-Rechtsvorschriften und Standards erfolgen soll. Die Beziehungen zur Russischen Föderation bleiben für die Republik Moldau von zentraler Bedeutung, unter anderem wegen der Abhängigkeit der Republik Moldau von russischen Gaslieferungen und der großen Bedeutung des russischen Marktes für moldauische Exporte, insbesondere Agrarprodukte. Ein erheblicher Teil der moldauischen Gastarbeiter lebt in der Russischen Föderation. Seit 2013 hat die Russische Föderation Handelsrestriktionen gegen Moldau verhängt. Während die moldauische Regierung an einer pro-europäischen Ausrichtung des Landes festhält, bemüht sich Präsident Dodon um eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland, z.B. durch Erleichterungen bei den Handelsrestriktionen. Die OSZE unterhält seit 1993 eine Mission in Chi?inau. Die Republik Moldau ist seit 1994 Partner der NATO. Die moldauische Verfassung schreibt die bündnispolitische Neutralität des Landes vor. Moldau nimmt innerhalb dieses Rahmens aktiv am NATO-Programm "Partnerschaft für den Frieden" teil und beteiligt sich mit Soldaten am KFOR-Einsatz. Im Dezember 2017 eröffnete die NATO ein Verbindungsbüro in Chisinau. (AA 3.2018c).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.2018c): Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/moldau-node/-/202836, Zugriff 15.5.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Das Gesetz garantiert eine unabhängige Justiz, dennoch sind Fälle fehlenden Respekts von Regierungsvertretern für die richterliche Unabhängigkeit weiterhin ein Problem. Dasselbe gilt für Korruption im Justizwesen. Der Prozess gegen den früheren Premierminister Vlad Filat, der wegen angeblicher Korruption und Einflussnahme im Zusammenhang mit dem Bankbetrug 2014 zu neun Jahren Haft verurteilt wurde, warf Fragen über die Unparteilichkeit von Staatsanwaltschaft und Justiz auf. 68% der befragten Bürger gaben an, dass das Recht auf ein faires Verfahren in Moldau nur in geringem Umfang oder gar nicht existiere. Viele der Befragten glauben auch, dass die Justiz selektiv agiere und von Korruption betroffen sei. Es kommt weiterhin zu selektiver Strafverfolgung von Amtsträgern aus politischen Gründen. Gegen NGOs gerichtete Maßnahmen, die Absetzung eines Richters und Verhaftungen von Staatsbeamten wegen angeblich erfundener Anklagen haben ebenfalls Bedenken ausgelöst. Spezielle Richter sind für die Durchsetzung eines gerichtlichen Ethik-Kodex und die Untersuchung von Fällen von richterlichem Fehlverhalten oder ethischen Verstößen verantwortlich. Sie berichten dem Obersten Richterrat (Superior Council of Magistrates). Im Jahr 2016 hat der Disziplinarausschuss dieses Rates 86 Disziplinarmaßnahmen eingeleitet und 13 Sanktionen verhängt, darunter sechs Verwarnungen und sieben Warnungen. Trotz einer erheblichen Zunahme der Disziplinarmaßnahmen nach der Reform des Disziplinarausschusses des Rates, wurden die meisten Vorwürfe zurückgewiesen. Das Gesetz garantiert die Unschuldsvermutung, in der Praxis wird diese aber nicht immer respektiert, was sich gelegentlich auch in Wortmeldungen von Richtern äußert. Es gibt die gesetzliche Möglichkeit gegen Menschenrechtsverletzungen gerichtlich vorzugehen, gegebenenfalls bis hin zum EGMR. Die Urteile in solchen Fällen fallen aber oft bescheiden aus und werden nicht immer umgesetzt. Urteile des EGMR hingegen werden in der Regel prompt erfüllt. Die Zahl der Beschwerden vor dem EGMR hat in Vergleich zu den Vorjahren abgenommen (USDOS 20.4.2018).

Auch wenn sich der Rechtsrahmen im Laufe der Jahre verbessert hat, lassen die Unabhängigkeit der Richter und die Anwendung der Rechtsvorschriften viel zu wünschen übrig. Im Jahr 2017 bestand das Hauptproblem in der selektiven Anwendung der Gesetze. Aufgrund des Fehlens wirklicher Reformen im Justizwesen hat die EU im Oktober 2017 Kürzungen des Budgethilfeprogramms für die Justiz angekündigt, weil die Fortschritte der Regierung unzureichend waren und die Behörden die EU-Auflagen nicht erfüllt hatten (FH 11.4.2018).

Das Recht auf ein faires Verfahren wird unter anderem auch von der Befangenheit von Richtern und Korruption in der Justiz geschmälert. Die Justiz in Moldau ist weiterhin höchst korrupt und ist dem Business und politischen Gruppen gegenüber dienstbar, derzeit vor allem dem Oligarchen und Parteichef Vlad Plahotniuc gegenüber. Die politisierte Justiz wird oft als Mittel gegen politische Rivalen Plahotniucs eingesetzt. Im Februar 2016 wurde das lang erwartete Gesetz über die Generalstaatsanwaltschaft verabschiedet, was aber nicht die Ernennung eines Plahotniuc gegenüber loyalen Generalstaatsanwalts im Dezember 2016 verhinderte. Im September 2016, haben Antikorruptionsbehörden 15 Richter wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen, ein bis dahin beispielloser Schritt. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Inhaftierung dieser fünfzehn Richter auch politisch motiviert war (BS 2018). 2017 wurde eine Richterin wurde aufgrund einer Stellungnahme der Geheimdienste entlassen. Am 5. Dezember 2017 erklärte das Verfassungsgericht die Rechtsvorschrift über die Überprüfung von Richtern durch den Informations- und Sicherheitsdienst für verfassungswidrig. Trotz dieser Entscheidung wies der Oberste Richterrat die Berufung der Richterin gegen ihre Entlassung ab. (EC 3.4.2018)

Das Justizministerium koordinierte die Ausarbeitung einer neuen Strategie für die Reform des Justizsektors 2018-2024, jedoch ohne angemessene Konsultation der Interessengruppen. Im Bereich Unabhängigkeit der Justiz sind noch Anstrengungen erforderlich um ein transparentes und leistungsorientiertes Auswahlverfahren für Richter und mehr Transparenz des Obersten Richterrates zu erreichen. Von der EU empfohlene Verfassungsänderungen zur Erhöhung der Transparenz, Verantwortlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz und des Verfassungsgerichts, wurden nicht vom Parlament beschlossen, das Gesetz wurde aber im Jänner 2018 wieder vor das Parlament gebracht. Der Oberste Rat der Staatsanwälte war 2017 wegen fehlenden Budgets und Personals nicht voll funktionsfähig (EC 3.4.2018).

Quellen:

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.5.2018

-

EC - European Commission (3.4.2018): Association Implementation Report on Moldova,

https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/association_implementation_report_on_moldova.pdf, Zugriff 23.5.2018

-

FH - Freedom House (11.4.2018): Nations in Transit 2018 - Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1429175.html, Zugriff 22.5.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 15.5.2018

Sicherheitsbehörden

Die nationale Polizei ist die primäre Strafverfolgungsbehörde und für die innere Sicherheit, die öffentliche Ordnung, den Verkehr, die Migration und den Schutz der Grenzen zuständig. Sie ist in die Kriminalpolizei und Ordnungspolizei unterteilt und untersteht dem Innenministerium. Die Sicherheitskräfte werden effektiv von den zivilen Behörden kontrolliert. Das Ministerium erzielte bescheidene Fortschritte bei der Umsetzung von Reformen zur Bekämpfung von Missbrauch und Korruption. Obwohl die Behörden Berichten über Amtsmissbrauch in Sicherheitsbehörden und anderswo nachgehen, werden selten Beamte erfolgreich wegen Menschenrechtsverletzungen, Korruption oder Komplizenschaft beim Menschenhandel angeklagt und bestraft (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 15.5.2018

Allgemeine Menschenrechtslage

Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen zählen Folter in Gefängnissen und psycho-neurologischen Einrichtungen; harte Haftbedingungen; willkürliche Festnahme oder Inhaftierung; Verweigerung eines fairen öffentlichen Verfahrens; Einschränkungen der Medienfreiheit, Korruption; Fälle von Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen in Betreuungseinrichtungen; und Menschenhandel. Eine Vielzahl nationaler und internationaler Menschenrechtsgruppen operiert im Allgemeinen ohne staatliche Beschränkungen und untersucht Menschenrechtsfälle und veröffentlicht ihre Ergebnisse. Regierungsstellen sind einigermaßen kooperativ und offen für deren Vorstellungen. Es gibt eine voll funktionsfähige Ombudsstelle der Regierung. Das Parlament verfügt auch über einen eigenen ständigen Ausschuss für Menschenrechte und interethnische Beziehungen (USDOS 20.4.2018).

Die Menschenrechtslage hat sich 2017 verschärft. Die der Polizei und der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sind im Vergleich zu Anwälten und Menschenrechtsverteidigern unverhältnismäßig hoch. Untersuchungshaft wird in etwa 80 Prozent der beantragten Fälle vom Richter auch verhängt. Nach Ansicht von Anwälten wird die vorläufige Festnahme in vielen Fällen dazu verwendet, Verdächtige einzuschüchtern oder notwendige Beweismittel zu beschaffen und aufzuzeigen, dass Alternativen zur Festnahme nicht funktionieren (FH 11.4.2018).

Auf offizieller Ebene ist die Republik Moldau verpflichtet, die Bürgerrechte zu achten, die gesetzlich kodifiziert sind. Trotz positiver Entwicklungen in dieser Hinsicht über die letzten Jahre hinweg, werden Grundfreiheiten immer noch oft verletzt. Dies betrifft das Fehlen fairer Verfahren, Hassreden, das Recht auf sozialen Schutz und Gesundheitsversorgung, schlechte Bedingungen in Gefängnissen, Menschenhandel und die Rechte sexueller Minderheiten und der Roma-Gemeinschaft. Und obwohl moldauische Gesetze Folter verbieten, gibt es Berichte über Verletzungen des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit, einschließlich Fälle des Todes von Gefangenen oder Häftlingen (BS 2018).

Quellen:

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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.5.2018

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FH - Freedom House (11.4.2018): Nations in Transit 2018 - Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1429175.html, Zugriff 22.5.2018

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 16.5.2018

Bewegungsfreiheit

Die Gesetze garantieren Reisefreiheit innerhalb und außerhalb des Landes und die moldauischen Behörden respektieren diese Rechte generell. Obwohl die Bürger im Allgemeinen frei reisen und in das Land zurückkehren können, gab es einige Einschränkungen bei der Auswanderung. Vor der Auswanderung verlangt das Gesetz, dass alle ausstehenden finanziellen Verpflichtungen mit anderen Personen oder juristischen Personen beglichen werden. Die Regierung setzt diese Anforderung aber nicht streng durch. Das Gesetz sieht auch vor, dass nahe Verwandte, die finanziell von einem potenziellen Auswanderer abhängig sind, zustimmen müssen, bevor der potenzielle Auswanderer das Land verlassen darf. Die Behörden setzen auch dieses Gesetz nicht durch (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 16.5.2018

Grundversorgung und Wirtschaft

Gemäß dem Nationalen Antikorruptionszentrum macht die Schattenwirtschaft 30 Prozent des Bruttosozialprodukts aus. Rund 30 Prozent der arbeitenden Bevölkerung arbeitet im informellen Sektor und mehr als die Hälfte dieser Jobs findet sich in der Landwirtschaft (USDOS 20.4.2018).

Die Republik Moldau hat eine in weiten Teilen freie Marktwirtschaft. Als Teil des Assoziierungsabkommens mit der EU ist die Einrichtung einer Vertieften und Umfassenden Freihandelszone (Deep and Comprehensive Free Trade Area - DCFTA) vereinbart worden. Diese Freihandelszone sieht die schrittweise Annäherung moldauischer Rechtsvorschriften an EU-Rechtsvorschriften vor und ermöglicht eine enge Anbindung an den EU-Binnenmarkt. Die Republik Moldau ist eines der ärmsten Länder Europas. Die EU ist größter Handelspartner. So stammten 2017 49,4% der Importe aus der EU und 25% aus den GUS-Staaten. Exporte gingen zu 65,8% in die EU und 19% in die GUS. Die Republik Moldau ist weiterhin in hohem Maß auf Russland als Energielieferant und wichtigem Absatzmarkt für Agrarerzeugnisse sowie Rücküberweisungen dort lebender Gastarbeiter angewiesen. 48,8% der Beschäftigten arbeiteten 2017 im Dienstleistungssektor, 35,2% in der Landwirtschaft und 16% in der Industrieproduktion sowie Bauwirtschaft. Die Republik Moldau rangiert beim Human Development Index (2016) auf Rang 107 von 188 Ländern. Das Stadt-Land-Gefälle ist beträchtlich. In den meisten Dörfern fehlt der Anschluss an das Wasser- und Abwassersystem, Straßen und Wege sind oft unbefestigt. Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie häusliche Gewalt sind keine Seltenheit. Zahlreiche Dörfer sind verlassen. Eltern gehen vielfach als Arbeitsmigranten ins Ausland und lassen Kinder und alte Menschen zurück. Die Rücküberweisungen der fast 1.000.000 Auslands-Moldauer belaufen sich auf ein Viertel des BIP. Dies stabilisiert den inländischen Konsum, allerdings fehlen qualifizierte Arbeitskräfte für nachhaltiges produktives Wachstum in Inland. Die Arbeitslosenrate wurde für 2017 mit 3,2 Prozent angegeben. Diese Zahl berücksichtigt weder die Migranten noch die erhebliche Schattenwirtschaft. Das monatliche Durchschnittsgehalt von knapp 270 Euro reicht zum Leben nicht aus. Auf den Dörfern wird daher häufig Subsistenzwirtschaft betrieben, und in den Städten sind Mehrfach- und Gelegenheitsjobs die Regel (AA 3.2018f).

Die Effizienz des moldauischen Sozialhilfesystems ist aufgrund der schlechten finanziellen Lage des Landes weiterhin sehr eingeschränkt. Auch die gleiche Verteilung der Sozialleistungen ist weiterhin ein Problem. Bestimmte Gruppen (Richter, Beamte, Abgeordnete) haben bessere Pensionsregelungen, wie niedrigeres Rentenalter. Die Zielgenauigkeit der Leistungen bleibt ebenfalls ein Problem. Das System hat in den letzten zehn Jahren eine Reihe von Reformen zweifelhafter Wirksamkeit durchlaufen. Bestimmte Wohlfahrtseinrichtungen arbeiten immer noch nach sowjetischem Muster. Das ineffiziente Pensionssystem steht kurz vor dem Zusammenbruch, weil die Bevölkerung überaltert (staatliche Ausgaben 2015: fast 8% des BIP). Dabei sind die Rentenzahlungen niedrig (im Durchschnitt nicht mehr als 65 USD pro Monat, was etwa 10 USD unter dem moldauischen Existenzminimum liegt). Das Niveau der Arbeitslosenunterstützung ist ebenfalls unzureichend und entspricht der durchschnittlichen Rente. Angesichts der Ineffizienz der sozialen Sicherheitsnetze sind Geldüberweisungen von Verwandten aus dem Ausland die einzige wirksame Unterstützung für viele Moldauer, besonders in ländlichen Gebieten. Die Situation von Rentnern ist sehr schlecht, da 89% der Rentner erklären, dass ihr Einkommen entweder nicht ausreichend ist , um die Grundbedürfnisse zu decken, oder nur die absolut notwendigen Ausgaben erlaubt (BS 2018).

Das moldauische System der sozialen Sicherheit umfasst die traditionellen Bereiche medizinische Versorgung, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Alter, Arbeitsunfall/Krankheit, Familie, Mutterschaft, Invalidität und Hinterbliebene. Das System stützt sich auf kollektive Finanzierung durch Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern und durch den Staatshaushalt. Laut amtlicher Statistik aus dem Jahr 2015 verfügt Moldau über eine aktive Bevölkerung von

1.265.600. Es ist nicht klar, welcher Prozentsatz der Bevölkerung tatsächlich vom Sozialsystem erfasst wird. 2015 erhielten 279.330 Personen Krankengeld und 679.877 Altersrenten. Es kann davon ausgegangen werden, dass Leistungen für Arbeitslose und Rentner nicht ausreichend sind. Bei der Sozialhilfe gab es Verbesserungen, aber auf niedrigem Niveau. (CoE 1.2018).

Die Beschäftigungsquote betrug im Jahr 2016 40,8%. Die offizielle Arbeitslosigkeit sank auf 4,2%, die Jugendarbeitslosigkeit war aber doppelt so hoch. Doch ca. ein Drittel der arbeitenden Bevölkerung ist in der informellen Wirtschaft tätig (36,3%); rund ein Fünftel der Arbeitskräfte arbeitet im Ausland (rund 800 000 Bürger). Die Beschäftigung in Moldawien basiert weitgehend auf Landwirtschaft, Sektoren mit geringer Produktivität und Handwerk. Das neue Gesetz zur Reform des Rentensystems ist am 1. Januar 2017 in Kraft getreten und wird seit April 2017 umgesetzt. Es sieht einen neuen Berechnungsmechanismus für Renten vor, sowie ein einheitliches Pensionsantrittsalter von 63 Jahren für Männer und Frauen (derzeit 62 bzw. 57 Jahre) mit einem Übergangszeitraum von zehn Jahren. (EC 3.4.2018).

Das Recht auf soziale Sicherheit ist im nationalen Rechtsrahmen geregelt. Die Mechanismen zur Erfüllung dieses Rechts bestehen in einer Reihe von Zahlungen und Dienstleistungen der sozialen Sicherheit. Die Gesamtzahl der Personen, die irgendeine Art von Sozialversicherungszahlung erhalten, beträgt 711.700 Personen. Das Existenzminimum für 2016 betrug 1.799,2 Lei (90 USD). Für den gleichen Zeitraum betrug die Höhe der Rente für Personen im Rentenalter 1.301,1 Lei (oder 87,0% des Mindestlohns), die Höhe der monatlichen Beihilfe für Kinder unter 3 Jahren für Versicherte betrug 1.234,3 Lei (oder 84,1% des Existenzminimums), die Höhe der monatlichen Beihilfe für Kinder unter 1,5 Jahren für nicht versicherte Personen betrug 540,0 Lei (oder 36,8% des Existenzminimums), die Höhe der Renten für Behinderung betrug 933,4 Lei (oder 51,87% des Existenzminimums). In diesem Zusammenhang ist klar, dass die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge nicht das Mindestnutzungsniveau deckt. 1999 bis 2017 hatten die Eltern, die sich um ihre schwerbehinderten Kinder kümmerten, nicht den Status einer versicherten Person. Dies bedeutet, dass dieser Zeitraum nicht als Beitrag zum Sozialversicherungsfonds anerkannt wird und daher nicht von Sozialrenten profitiert (Ombudsmann 2017).

Quellen:

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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.5.2018

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CoE-ECSR - Council of Europe - European Committee of Social Rights (1.2018): European Committee of Social Rights Conclusions 2017; Moldova,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1425569/1226_1519804343_cr-2017-mda-eng.pdf, Zugriff 23.5.2018

-

EC - European Commission (3.4.2018): Association Implementation Report on Moldova,

https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/association_implementation_report_on_moldova.pdf, Zugriff 23.5.2018

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Ombudsmann - People's Advocate of the Republic of Moldova (2017):

Alternative Report of the People's Advocate (Ombudsman) of the Republic of Moldova to the UN Committee on Economic, Social and Cultural Rights on the situation of economic, social and cultural rights in the Republic of Moldova, https://www.ecoi.net/en/file/local/1408979/1930_1505467947_int-cescr-nhs-mda-28723-e.doc, Zugriff 24.5.2018

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 16.5.2018

Medizinische Versorgung

Mit der Unabhängigkeit im Jahre 1991 erbte die ehemalige Sowjetrepublik Moldau das Gesundheitssystem sowjetischer Prägung (Semashko-System), das an die neuen Verhältnisse angepasst werden musste. Die Verfassung von 1994 garantiert das Recht auf Gesundheit und eine kostenlose Basisbehandlung durch den Staat. 2001 wurde die verpflichtende Krankenversicherung geschaffen und 2004 landesweit eingeführt. Die staatliche Garantie eines universellen Zugangs zu medizinischer Basisversorgung wurde überarbeitet und durch die verpflichtende Krankenversicherung ergänzt. Die primäre Gesundheitsversorgung in Moldau basiert auf den familienmedizinischen Zentren und Gesundheitszentren, mit Ordinationen und Gesundheitsbüros in den ländlichen Gegenden. Seit Anfang 2008 sind diese verwaltungstechnisch autonom, davor unterstanden sie dem nächstgelegenen Bezirkskrankenhaus. Die sekundäre Versorgung umfasst spezialisierte ambulante und stationäre Behandlung in Bezirks- und städtischen Krankenhäusern. In Chisinau gibt es davon unabhängige spezialisierte ambulante Betreuung durch örtliche medizinische Verein

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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