TE Bvwg Beschluss 2018/10/4 L515 2133783-2

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Veröffentlicht am 04.10.2018
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Entscheidungsdatum

04.10.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L515 2133781-2/4E

L515 2133783-2/4E

BESCHLUSS

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2018, Zl. XXXX erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. am XXXX, StA. der Republik Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG nicht rechtmäßig. Der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2018, Zl. XXXX wird aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2018, Zl. XXXX erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, am XXXX geb., StA. der Republik Georgien, vertreten durch die Mutter XXXX, geb. am XXXX, diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG nicht rechtmäßig. Der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2018, Zl. XXXX wird aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" und "bP2" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich erstmals am 19.10.2015 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

Zum damaligen Zeitpunkt reisten sie gemeinsam mit dem Gatten der bP1 bzw. Vater der bP2 ein. Auch dieser Stelle einen Antrag auf internationalen Schutz

bP1 ist die Mutter von bP2.

Die damaligen Anträge begründeten sie mit dem Umstand, dass der Gatte der bP1 bzw. Vater der bP2 an Multipler Sklerose erkrankt sei und in Georgien keine adäquate Behandlung gefunden hätte.

I.2.1. Die Anträge der bP und des Gatten der bP1 bzw. Vaters der bP2 auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen festgelegt.

I.2.2. Gegen diese Bescheide wurden Beschwerden eingebracht, welche mit ho. Erkenntnis vom 9.4.2018 in allen Spruchpunkten abgewiesen wurden. Dagegen eingebrachte Revisionen wurden mit Beschluss des VwGH vom 14.8.2018 zurückgewiesen.

I.3. Die bP1 und bP2 wurden am 24.8.2018 nach Georgien abgeschoben. Eine Abschiebung des Gatten der bP1 bzw. Vaters der bP2 unterblieb laut Aktenlage aus gesundheitlichen Gründen.

I.4.1.Die bP kehrten nunmehr nach Österreich zurück und beriefen sich auf ihre ursprünglichen Gründe. Weiters brachte die bP1 vor, als alleinstehende Frau mit Kind würde sie in der georgischen Gesellschaft bzw. in ihrer Herkunftsregion geächtet und wäre sie auch Anzüglichkeiten ausgesetzt.

Der Gatte der bP1 bzw. Vater der bP2 sei zwischenzeitig ein Pflegefall und auf die Pflege der bP1 angewiesen.

I.4.2. Im Rahmen einer am 26.9.2018 stattgefundenen Einvernahme wurde in Bezug auf die bP der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF gemäß § 12a Absatz 2 AsylG aufgehoben.

Dies wurde damit begründet, dass sich die bP im Wesentlichen auf ihre bisherigen Gründe stützen, welche bereits rechtskräftig als nicht rechtlich qualifiziert wurden. Die Anträge seien daher voraussichtlich gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Da die weiteren in § 12a Abs. 2 AsylG genannten Voraussetzungen vorliegen würden, werde der faktische Abschiebeschutz aberkannt.

In Bezug auf die Begründung im Detail wird auf den Akteninhalt bzw. den angefochtenen Bescheid verwiesen.

I.5. Der Gatte der bP1 bzw. Vater der bP2 stellte -soweit aus der Aktenlage ersichtlich- keinen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellung:

Die relevanten Feststellungen ergeben sich aus dem bereits beschriebenen Verfahrenshergang.

Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass die bP nach rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens nach Georgien abgeschoben wurden und wieder nach Österreich zurückkehrten. Der Gatte der bP1 bzw. Vater der bP2 wurde krankheitshalber nicht abgeschoben. Dem Ermittlungsergebnis der bB ist nicht entnehmbar, ob nach dem Dafürhalten der bB in Bezug auf ihn das Abschiebehindernis wegfiel, oder ob dieses -vorübergehend oder womöglich auf Dauer- nach wie vor besteht.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der oben festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften, sowie von den Verfahrensparteien nicht bestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der bB sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

3.1.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die bB in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Zu Spruchteil A)

3.2.1. Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG 2005 idgF lautet:

(1) ...

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) - (6) ..."

3.2.2. Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes " betitelte § 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.2.3. Einzelfallspezifisch ergibt sich hieraus folgendes:

3.2.3.1. Aufgrund der im gegenständlichen Fall nicht geklärten Abschiebbarkeit des Gatten der bP1 bzw. des Vaters der bP2 kann nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit die Prognoseentscheidung zur Frage getroffen werden, ob eine (neuerliche) Abschiebung frt bP eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK durch den Eingriff in deren Familienleben darstellt.

3.23.2. Da schon in Bezug auf den oa. Punkt die Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht vorliegen, konnte eine Prüfung der weiteren Voraussetzungen unterbleiben, zumal diese kumulativ vorliegen müssen und war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht. Ebenso orientiert sich das ho. Gericht an der höchstgerichtlichen Judikatur zu § 12a AsylG.

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung, Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig,
Familienangehöriger, geänderte Verhältnisse, Transportfähigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L515.2133783.2.00

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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