TE Vfgh Beschluss 2018/12/11 UA2/2018

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Veröffentlicht am 11.12.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

B-VG Art53 Abs3, Art138b Abs1 Z7
EMRK Art8
InformationsordnungsG §6
VfGG §7 Abs1, §56i

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde gegen ein näher bezeichnetes Verhalten des BVT-Untersuchungsausschusses bzw von dessen Funktionären wegen Verspätung und Unzulässigkeit; keine Möglichkeit einer Verletzung (konkreter) Persönlichkeitsrechte durch das Verhalten des BVT-Untersuchungsausschusses; kein Recht auf Rückübermittlung der Daten vom BVT-Untersuchungsausschusses an die Staatsanwaltschaft mangels gesetzlicher Regelung; Möglichkeit der Anrufung des VfGH wegen Rechtswidrigkeit der Klassifizierung der dem Nationalrat zugeleiteten Informationen nur durch das vorlagepflichtige Organ gemäß dem InformationsordnungsG

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I.       Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1.       Der Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates fasste in seiner Sitzung vom 19. April 2018 anlässlich der Behandlung des Verlangens auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß §33 Abs1 2. Satz GOG-NR betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (im Folgenden: "BVT-Untersuchungsausschuss") folgenden grundsätzlichen Beweisbeschluss (109 BlgNR 26. GP):

"Grundsätzlicher Beweisbeschluss gemäß §24 VO-UA Abs1 und 3 VO-UA

des Untersuchungsausschusses betreffend die politische Einflussnahme auf das

Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung

(BVT-Untersuchungsausschuss)

Gemäß §24 Abs1 VO-UA hat der Geschäftsordnungsausschuss in einem grundsätzlichen Beweisbeschluss Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zu bezeichnen, die vom Untersuchungsgegenstand betroffen und daher zur vollständigen Vorlagen von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes verpflichtet sind.

Unter dem Begriff 'Akten und Unterlagen' versteht der Geschäftsordnungsausschuss nicht nur Akten im formellen Sinn, sondern auch sämtliche mit dem Beweisthema und den jeweiligen Akten im Zusammenhang stehende schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, 'Handakten', Berichte, Korrespondenzen aller Art inkl. E-Mails, Entwürfe und sonstige Aufzeichnungen einschließlich Deckblätter, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Antrags- und Verfügungsbögen, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Berichte, Protokolle von Besprechungen und Sitzungen aller Art, Inhalte elektronischer Aktenführung und dergleichen, die bei der vorlagepflichtigen Stelle vorhanden sind.

Die Übermittlung hat grundsätzlich binnen 4 Wochen zu erfolgen, bei einer mit begründeter Stellungnahme bekanntgegebenen schwierigen Aktenlage 8 Wochen. Sollte eine Klassifizierung der Stufe 2 oder höher nach dem InfOG bestehen, so hat die Übermittlung binnen 8 Wochen zu erfolgen. Im Besonderen wird auf die Bestimmungen des Informationsordnungsgesetzes verwiesen.

Die Übermittlung der Akten und Unterlagen hat soweit möglich geordnet nach den Beweisthemen 1-7, im Sinne des Verlangens 3/US XXVI. GP auf Einsetzung des BVT-Untersuchungsausschusses sowie unter Anschluss eines Aktenverzeichnisses zu erfolgen.

Darüber hinaus sind alle öffentlichen und nicht öffentlichen Dokumente sowie alle Dokumente der Klassifizierungsstufe 1 'EINGESCHRÄNKT' gemäß Informationsordnungsgesetz nach Möglichkeit in elektronischer Form (texterfasst) auf Datenträgern (nicht per E-Mail – mit Ausnahme von Leermeldungen) zu übermitteln.

Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 'VERTRAULICH', der Klassifizierungsstufe 3 'GEHEIM' und der Klassifizierungsstufe 4 'STRENG GEHEIM' gemäß Informationsordnungsgesetz sind ausschließlich in Papierform und jeweils in zweifacher Ausfertigung anzuliefern.

Jeder Vorlage ist ein Inhaltsverzeichnis beizufügen. Für die Abwicklung der Vorlage trifft die Parlamentsdirektion entsprechende Vorkehrungen und übermittelt nähere technische Anforderungen. Diese werden der Beschlussausfertigung beigeschlossen. Im Besonderen wird auf Art53 Abs2 letzter Satz B-VG hingewiesen.

Untersuchungsgegenstand

Untersuchungsgegenstand ist der Verdacht der abgestimmten, politisch motivierten Einflussnahme durch OrganwalterInnen, sonstige (leitende) Bedienstete sowie MitarbeiterInnen politischer Büros des BMI auf die Aufgabenerfüllung des BVT samt damit in Zusammenhang stehender angeblicher Verletzung rechtlicher Bestimmungen im Zeitraum der ersten zwei Funktionsperioden des aktuellen BVT-Direktors vom 01. März 2008 bis zu seiner Suspendierung am 13. März 2018 im Bereich der Vollziehung des Bundes hinsichtlich

a. des Verwendens von Daten und Informationen inkl. des Unterlassens der Löschung, des Sammelns und Auslagerns von Daten sowie deren Weitergabe an Dritte;

b. der Vollziehung des §6 PStSG und von Vorgängerregelungen (erweiterte Gefahrenerforschung und Ermittlungstätigkeit im Zusammenhang mit Extremismus, Terrorismus, Proliferation, nachrichtendienstlicher Tätigkeit und Spionage) inkl. der Ermittlungen zu rechtsextremen Aktivitäten durch das Extremismusreferat des BVT;

c. der Ausübung der Dienstaufsicht und Ermittlungen gegen Bedienstete des BVT wie Suspendierungen des Direktors und weiterer ranghoher Bediensteter;

d. der Zusammenarbeit mit den für den Verfassungsschutz zuständigen Organisationseinheiten der Landespolizeidirektionen bzw ihren Vorgängerorganisationen hinsichtlich der lita bis c;

e. der Zusammenarbeit mit anderen obersten Organen und Ermittlungsbehörden (wie der StA und der WKStA sowie dem Bundeskriminalamt, BAK, LKAs, EGS) im Hinblick auf die von diesen aus Anlass der oben genannten Rechtsverletzung geführten Ermittlungen und Hausdurchsuchungen;

sowie

f. der Besetzung leitender Funktionen und Personalauswahl (einschließlich Ernennung bzw Betrauung von MitarbeiterInnen der jeweiligen Kabinette von BundesministerInnen auf in Verbindung zum BVT stehende Stellen bzw Aufgaben).

Bezeichnung der betroffenen Organe

Folgende Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper sind gemäß §24 Abs3 VO-UA vom Untersuchungsgegenstand betroffen und haben daher gemäß §24 Abs1 VO-UA unter Bedachtnahme auf §24 Abs3 letzter Satz und §27 VO-UA ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Sinne der Anforderungen an die Vorlage von Akten und Unterlagen vollständig vorzulegen:

Nach dem Bundesministeriengesetz 1986 idgF:

1. das Bundeskanzleramt

2. das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

3. das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung

4. das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

5. das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres

6. das Bundesministerium für Finanzen

7. das Bundesministerium für Inneres

8. das Bundesministerium für Landesverteidigung

9. das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus

10. das Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport

11. das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

12. das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

jeweils samt aller nachgeordneten Dienststellen und sonstige ihnen unterstehende Einrichtungen sowie deren etwaige Vorgängerstellen und -einrichtungen sowie

13. die Finanzprokuratur

14. der Rechnungshof

15. die Volksanwaltschaft

16. die Präsidentschaftskanzlei

17. die Nationalbank

18. die Finanzmarktaufsicht

19. die Landesregierung des Landes Burgenland

20. die Landesregierung des Landes Kärnten

21. die Landesregierung des Landes Niederösterreich

22. die Landesregierung des Landes Oberösterreich

23. die Landesregierung des Landes Salzburg

24. die Landesregierung des Landes Steiermark

25. die Landesregierung des Landes Tirol

26. die Landesregierung des Landes Vorarlberg

27. die Landesregierung des Landes Wien

28. das Bundesverwaltungsgericht

29. die Generalprokuratur

30. die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit

31. der/die Rechtsschutzbeauftragte nach §47a StPO

32. der/die Rechtsschutzbeauftragte nach §91a SPG

Begründung

Die im vorliegenden Beweisbeschluss genannten Organe haben die im Folgenden genannten gesetzlichen Kompetenzen in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand ausgeübt, sind daher von diesem betroffen und werden daher zur vollständigen Aktenvorlage im Sinne des §24 VO-UA verpflichtet:

Sämtliche dem Untersuchungsgegenstand zuzuordnenden Akten und Unterlagen, unabhängig von Darstellungsform und Datenträger, sind von allen Ministerien dem Untersuchungsausschuss vorzulegen. Dies gilt auch für untergeordnete Organisationseinheiten.

Das Bundesministerium für Inneres und darin insbesondere die Generaldirektion für öffentliche Sicherheit, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung samt den Landesämtern für Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt, das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität sowie Landespolizeidirektionen samt ihrer für Verfassungsschutz zuständigen Organisationseinheiten und das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung; sowie

das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz und darin insbesondere die Staatsanwaltschaft, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft; und

die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit und darin insbesondere das Landesgericht für Strafsachen Wien; sowie

das Bundesverwaltungsgericht waren direkt mit dem Untersuchungsgegenstand befasst.

Das Bundeskanzleramt sowie das Bundesministerium für Öffentlichen Dienst und Sport können politisch motivierte Einflussnahme auf das BVT ausüben und sind zudem seit der letzten Novelle zum Bundesministeriengesetz mit der Kompetenz ausgestattet, Auskünfte unmittelbar vom BVT einzuholen.

Die übrigen Ressorts können eventuell Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand haben oder Einflussnahmen auf das BVT ausgeübt haben und waren allesamt zumindest im Zuge der Ausübung von Kompetenzen der Bundesregierung mit dem Untersuchungsgegenstand befasst.

Die Finanzprokuratur vertritt und vertrat die Bundesministerien und andere Organe in rechtlichen Fragen, welche auch im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen könnten.

Der Rechnungshof ist für die Gebarungskontrolle zuständig, welche auch den Untersuchungsgegenstand betreffen kann. Insbesondere hat der Rechnungshof das BVT bereits geprüft.

Die Volksanwaltschaft prüft Missstände in der Verwaltung, weshalb Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand vorliegen können.

Der Bundespräsident vertritt die Republik nach außen und ernennt die Beamten, weshalb Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand vorliegen können.

Die Nationalbank könnte insbesondere hinsichtlich der Überlassung und Verwendung von Geldern als 'Lösegelder' befasst sein und sohin Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand haben.

Die Finanzmarktaufsicht führt als eines ihrer deklarierten Ziele die Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung und könnte somit ebenfalls Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand haben.

Auch die Generalprokuratur als Wahrerin des Gesetzes und die Rechtsschutzbeauftragten könnten Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand haben."

2.       Mit Schreiben vom 20. April 2018 forderte der Präsident des Nationalrates – in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des BVT-Untersuchungsausschusses – den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (im Folgenden: "BMVRDJ") unter Bezugnahme auf den grundsätzlichen Beweisbeschluss des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrates zur Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes auf.

3.       Mit Schreiben vom 11. Mai 2018 – mit dem auch ein Konsultationsverfahren iSd §58 Abs2 der Verfahrensordnung für Parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) angeregt und in der Folge eingeleitet wurde – übermittelte der BMVRDJ dem Präsidenten des Nationalrates unter anderem einen Erlass des BMVRDJ vom 27. April 2018 an die zur Aktenvorlage verpflichteten Stellen über die Vorlage näher bezeichneter strafrechtlicher (die beschwerdeführenden Parteien betreffender) Verfahrensakten der Staatsanwaltschaft Linz, der Oberstaatsanwaltschaft Linz, der Staatsanwaltschaft Wien, der Oberstaatsanwaltschaft Wien sowie der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (im Folgenden: "WKStA") im Umfang des Untersuchungsgegenstandes.

4.       Mit Schreiben vom 30. Mai 2018 – in der Parlamentsdirektion eingelangt am 4. Juni 2018 – übermittelte die Oberstaatsanwaltschaft Wien dem BVT-Unter-suchungsausschuss den von der WKStA im Amtshilfeweg weitergeleiteten, "das Beweisthema des Beweisbeschlusses des BVT-Untersuchungsausschusses betreffende[n]" näher bezeichneten Ermittlungsakt der Staatsanwaltschaft Linz in elektronischer Form mit der Klassifizierung Stufe 1 ("geheim") gemäß §4 des Bundesgesetzes über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates (Informationsordnungsgesetz – InfOG), weil sich "im Ermittlungsakt sensible Daten eines Rechtsanwalts gemäß §9 RAO befinden". Aus dem Schreiben der Oberstaatsanwaltschaft Wien geht weiters hervor, dass im Akt erliegende Daten (darunter mehrere 100.000 E-Mails) der beschwerdeführenden Parteien im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft Linz, der Oberstaatsanwaltschaft Linz und dem BMVRDJ nicht in die Formate "pdf, word oder excel" konvertiert worden seien, weil dies eines unverhältnismäßigen Aufwandes bedurft hätte bzw aus technischen Gründen – weil es sich beispielsweise um Filme handle – nicht möglich gewesen sei.

5.       Mit Schreiben vom 22. Juni 2018 an die Zweite Präsidentin des Nationalrates – der die Vorsitzführung im BVT-Untersuchungsausschuss gemäß §5 Abs2 zweiter Satz VO-UA übertragen worden war – teilte der BMVRDJ im Hinblick auf die "vom Untersuchungsausschuss begehrte[...] Konvertierung der bereits im jeweiligen Originalformat vorgelegten" Daten der beschwerdeführenden Parteien mit, dass der Inhalt dieser Daten selbst nicht Gegenstand des Verfahrens der WKStA in der "BVT-Causa" sei, sondern lediglich der allenfalls missbräuchliche Umgang mit diesen Daten. Soweit solche Daten zu Ermittlungszwecken der Staatsanwaltschaft Linz übertragen worden und Teil des Ermittlungsaktes der Staatsanwaltschaft Linz geworden seien, seien sie dem BVT-Untersuchungsausschuss im "pdf-Format" übermittelt worden. Darüber hinaus bestehe nach Ansicht des BMVRDJ keine Verpflichtung zur Konvertierung der Daten. Es sei zudem zu bedenken, dass diese Daten nach den einschlägigen Gerichtsbeschlüssen dem Anwaltsgeheimnis unterlägen.

6.       Mit Schreiben vom 8. Juli 2018 an die Vorsitzende des BVT-Untersuchungs-ausschusses – (und mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben an den Verfahrensrichter und den Verfahrensanwalt des BVT-Untersuchungs-ausschusses vom 10. Juli 2018 sowie mit einem weiteren Schreiben vom 11. Juli 2018 an die Vorsitzende, den Verfahrensrichter und den Verfahrensanwalt des BVT-Untersuchungsausschusses) beantragten die beschwerdeführenden Parteien, allenfalls dem BVT-Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellte Daten unkopiert an die Staatsanwaltschaft Linz rückzuübermitteln bzw im Falle der Nichtrückübermittlung die Daten als streng geheim (Klassifizierung Stufe 4 nach dem Informationsordnungsgesetz) zu klassifizieren.

7.       Mit Schreiben vom 8. Juli 2018 an den BMVRDJ beantragten die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen, die die beschwerdeführenden Parteien betreffenden Daten der Staatsanwaltschaft Linz dem BVT-Untersuchungs-ausschuss nicht zu übermitteln, bei bereits erfolgter Übermittlung den BVT-Untersuchungsausschuss zur Rückübermittlung zur Verfügung gestellter Daten aufzufordern bzw im Falle der Nichtrückübermittlung die Daten als streng geheim (Stufe 4) iSd §4 InfOG zu klassifizieren.

8.       Mit Schreiben vom 10. Juli 2018 teilte der BMVRDJ den beschwerdeführenden Parteien unter anderem mit, dass den Anträgen sowohl auf Unterbleiben einer Datenübermittlung an den BVT-Untersuchungsausschuss bzw auf Rückforderung der bereits übermittelten Daten als auch auf Klassifizierung der Daten mit der Stufe 4 iSd §4 InfOG nicht entsprochen werde. Sowohl nach dem Inhalt des (grundsätzlichen) Beweisbeschlusses des Nationalrates als auch nach den Ergebnissen der Konsultationsgespräche habe der gesamte Akt des Verfahrens der Staatsanwaltschaft Linz dem BVT-Untersuchungsausschuss vorgelegt werden müssen; der BMVRDJ habe der Vorsitzenden des BVT-Untersuchungsausschusses mitgeteilt, dass eine Konvertierung der Daten der beschwerdeführenden Parteien in das "pdf-Format" entgegen der Forderung des BVT-Untersuchungs-ausschusses nicht in Betracht komme. Die Daten der beschwerdeführenden Parteien seien vom Anwaltsgeheimnis umfasst und lägen – soweit die Daten aus Ermittlungsgründen für das Verfahren der Staatsanwaltschaft Linz übertragen worden seien – ohnehin bereits als Teil des Ermittlungsaktes in lesbarer Form dem BVT-Untersuchungsausschuss vor. Die Vorlage des Aktes an den BVT-Untersuchungsausschuss stelle für sich genommen keinen Grund für dessen Um- oder Neuklassifizierung dar, zumal die Regelungen für den BVT-Untersuchungsausschuss, insbesondere das Informationsordnungsgesetz, strenge Schutzstandards vorsehe.

9.       In ihrer auf Art138b Abs1 Z7 B-VG gestützten Beschwerde machen die beschwerdeführenden Parteien die Verletzung in mehreren als Persönlichkeitsrechte bezeichneten Rechten durch das Verhalten des BVT-Untersuchungs-ausschusses selbst bzw dessen Funktionäre geltend. Die beschwerdeführenden Parteien stellen die Anträge,

"der Verfassungsgerichtshof möge

a. die Anforderung der Daten der Kanzlei [...] durch den BVT-Untersuchungs-ausschuss vom BMVRDJ;

b. das Beharren auf der Aktenvorlage trotz ausdrücklicher Mitteilung durch den Bundesminister für Justiz, dass die Daten nicht dem Untersuchungsgegenstand unterfallen;

c. die fortlaufende Besitznahme, Verwahrung und Verwertung dieser Daten durch den BVT-Untersuchungsausschuss sowie deren Zugänglichmachung an die Mitglieder des BVT-Untersuchungsausschusses;

d. die Nichterledigung des Antrags auf Rückübermittlung der Daten an die Staatsanwaltschaft Linz durch die Funktionäre,

e. die Nichterledigung des Antrags, der BVT-Untersuchungsausschuss möge gemäß §6 Abs1 InfOG einen Vorschlag auf Umstufung der Daten auf die Stufe STRENG GEHEIM (Stufe 4) an den Präsidenten des Nationalrats erstatten, durch die Funktionäre,

für rechtswidrig erklären".

10.      Die beschwerdeführenden Parteien begründen ihre Beschwerde im Wesentlichen wie folgt:

"1. Beschwerdegegenstand

Diese Beschwerde erfolgt im Kontext des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, eingesetzt am 20.4.2018 (in der Folge 'BVT-Untersuchungsausschuss' oder 'Untersuchungsausschuss').

Gegenstand des BVT-Untersuchungsausschusses sind die angeblichen Verletzungen von rechtlichen Bestimmungen durch das BVT unter anderem betreffend das Verwenden von Daten und Informationen inkl. des Unterlassens der Löschung, des Sammelns und Auslagerns von Daten sowie deren Weitergabe an Dritte, auch zum Faktum '[...]'.

Der BVT-Untersuchungsausschuss hat rechtswidrig vom Bundesminister für Justiz Daten der Kanzlei [...] angefordert und sich übermitteln lassen. Der Bundesminister für Justiz hat – wissend, dass diese Daten nicht zum Untersuchungsgegenstand gehören (siehe seine ausdrücklichen Ausführungen an die Beschwerdeführer vom 10.7.2018, Beilage 2) – dem Wunsch des Untersuchungsausschusses Rechnung getragen und Daten, die dem Anwaltsgeheimnis unterliegen, ohne entsprechende Klassifizierung (§4 InfOG) übermittelt.

Dem BVT Untersuchungsausschuss ist bekannt, dass die vom Bundesminister für Justiz übermittelten Daten dem Anwaltsgeheimnis unterliegen und daher von diesem rechtswidrig weitergeleitet wurden. Trotz der ausdrücklichen Mitteilung durch den Bundesminister an ihn, dass die Daten dem Untersuchungsgegenstand nicht unterfallen (siehe Beilage 2), hat der Untersuchungsausschuss auf Übermittlung der Daten bestanden.

Diese Daten der Kanzlei [...] enthalten hochsensible, dem Anwaltsgeheimnis unterfallende Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Kanzlei [...] und deren Mandanten, sowie Informationen zum höchstpersönlichen Lebensbereich von Dr. [...] und anderen für die Kanzlei [...] tätigen Personen und der Mandanten.

Schon die Anforderung und nunmehrige Besitznahme und Verwahrung durch den BVT-Untersuchungsausschuss verletzt somit die Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführer.

Um die Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte zu minimieren, haben die Beschwerdeführer zahlreiche Anträge (insbesondere auf Rückübermittlung der Daten und/oder eine strengere Klassifizierung gemäß §4 InfOG) an die 'Funktionäre' des Untersuchungsausschusses (§56i Abs1 VfGG) gestellt. Vom Schicksal dieser Anträge wurde uns keine Mitteilung gemacht. Erst durch eine Pressemitteilung (siehe Beilage 1) wurde uns bekannt, dass der Ausschuss die Anträge abgelehnt hat. Dadurch wurden die Beschwerdeführer in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt.

[...]

Primär gegen die Nichtbehandlung bzw Abweisung der Anträge richtet sich daher die nachfolgende

Beschwerde

an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z7 B-VG iVm §56i VfGG

wegen der Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführer.

2. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Es sei darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführer erst durch die Presseaussendung vom 31.08.2018 (Beilage 1) davon erfahren haben, dass die Funktionäre des Untersuchungsausschusses, sowie dieser selbst in ihrem rechtswidrigen Verhalten verharren und die Anträge der Beschwerdeführer abgelehnt haben:

'In der Folge berief die U-Ausschuss-Vorsitzende Bures Mitte Juli eilig eine Sitzung der Fraktionsführer ein. Doch es blieb beim Versuch, die Verwendung der Kanzleiunterlagen einschränken zu lassen. Alle anderen Fraktionen sprachen sich dagegen aus. Auch für die SPÖ war das Thema damit vom Tisch.' (siehe Beilage 1)

Die Beschwerdeführer müssen daher jetzt davon ausgehen, dass sämtliche ihrer Anträge abschlägig oder gar nicht behandelt wurden.

Die sechswöchige Beschwerdefrist des §56i Abs2 VfGG ist daher jedenfalls gewahrt.

Nur zur Klarstellung sei darauf hingewiesen: Die Nichterledigung bzw die Abweisung der Anträge ist jedenfalls als 'Verhalten' iSd §56i Abs2 VfGG zu qualifizieren, von dem die Beschwerdeführer erst am 31.8.2018 Kenntnis erhalten haben.

Auch wenn die rechtswidrige Anforderung, Besitznahme, Verwendung, Verwertung und Falsch-Klassifizierung ebenfalls als Verhalten gewertet würden, ändert dies nicht[s] daran, dass die Nichterledigung bzw Abweisung der Anträge ein relevierbares Verhalten iSd §56i Abs2 VfGG ist. Eine andere Interpretation wäre ein klarer Verstoß gegen Art13 EMRK, da sonst ein wirksamer Rechtsbehelf gegen die Verletzungen der Persönlichkeitsrechte nicht einmal theoretisch bestünde.

Da der Untersuchungsausschuss und seine Funktionäre die Beschwerdeführer im Unklaren darüber gelassen haben, wie sie mit den von ihnen dargelegten Bedenken und Anträgen umzugehen gedenken, war es den Beschwerdeführern auch nicht möglich, auf dieses rechtswidrige Verhalten zu reagieren (§56i Abs2 letzter Satz VfGG). Denn: Die Beschwerdeführer sind davon ausgegangen, dass in diesem außerordentlichen grundrechtssensitiven Bereich die Funktionäre – welche den ausdrücklichen, in der VO-UA festgeschriebenen gesetzlichen Auftrag haben, die Grundrechte der Beschwerdeführer bestmöglich zu schützen – den unmittelbar anwendbaren Art13 EMRK beachtend, auf die Anträge der Beschwerdeführer reagieren würden. Die totale Funkstille haben die Beschwerdeführer als Indiz dafür gewertet, dass die Funktionäre rechtmäßig handeln.

3. Einleitende Bemerkungen

Die Beschwerdeführer haben davon Kenntnis erlangt und wurde ihnen dies auch durch ein Schreiben des Herrn Bundesministers Dr. Josef Moser vom 10.7.2018 (Beilage 2) bestätigt, dass die Staatsanwaltschaft Linz als nachgeordnete Behörde auf Veranlassung des Bundesministers Datenträger mit Daten der Beschwerdeführer an den BVT-Untersuchungsausschuss übermittelt hat.

Dazu heißt es im Schreiben von Bundesminister Dr. Moser konkret:

'Die von Ihnen angesprochenen Datenträger, insbesondere USB-Sticks, waren als physische Beilagen den Anzeigen bzw BVT-Berichten angeschlossen und wurden daher mit der elektronischen Kopie des Ermittlungsaktes in jenem Originalformat, in dem sie von der Staatsanwaltschaft Linz verwahrt wurden, dem Untersuchungsausschuss vorgelegt'.

Dem Bundesminister war bekannt, dass die von ihm übermittelten Unterlagen nicht zum Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses gehören; es war ihm auch bekannt, dass das Oberlandesgericht Linz mehrmals ausgesprochen hat, dass die Staatsanwaltschaft Linz als die ihm nachgeordnete Behörde zur Wahrung des Anwaltsgeheimnisses verpflichtet ist. Er hat diese Tatsachen auch ausdrücklich dem Untersuchungsausschuss mitgeteilt:

'Gegenstand des BVT-Verfahrens ist somit u.a. die Frage des allfälligen weiteren Verbleibes Ihrer Kanzleidaten im Bereich des BVT an sich, nicht jedoch der konkrete Inhalt der Daten, wie Sie in Ihrem Schreiben zutreffend ausführen.'

'Der Untersuchungsausschuss hat den von mir im Konsultationsverfahren vorgebrachten Einwand, dass bestimmte Akten nicht vorzulegen seien, weil sie mangels BVT-Beteiligung an den Ermittlungen nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst sind, ausdrücklich verworfen und insbesondere bei den namentlich genannten Aktenvorgängen jedenfalls auf einer vollständigen Aktenvorlage bestanden.'

Weiter heißt es im Schreiben des Bundesministers, dass damit 'die Verantwortung für die Datensicherheit diesbezüglich auf den Untersuchungsausschuss übergeht.'

[...]

Damit ist eine geradezu kafkaeske Paradoxie die rechtsstaatlich unhaltbar ist, eingetreten:

Denn gerade jene Daten, deren rechtswidrige Verwendung und die Unterlassung deren Löschung durch den Untersuchungsausschuss untersucht werden sollen liegen nun dem Untersuchungsausschuss, und somit dessen Mitgliedern und damit einer breiten Öffentlichkeit, vor.

Anstatt sich damit zu begnügen, die rechtswidrigen Vorgänge betreffend die Datenverwendung zu untersuchen, hat sich der Untersuchungsausschuss völlig ohne Grund und in Überschreitung des Untersuchungsgegenstandes – dazu weiter unten ausführlich – diese Daten einverleibt und sie somit einer breiten medialen Publizität ausgesetzt.

Diese Publizität ist wie oben geschildert bereits eingetreten.

Die rechtswidrige Datenweitergabe an den BVT-Untersuchungsausschuss wird nun auch medial auf dem Rücken der Beschwerdeführer ausgeschlachtet:

Dies ist ein bislang noch nicht dagewesener rechtsstaatlicher Super-GAU, der das Anwaltsgeheimnis und die übrigen Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführer mit Füßen tritt. Dies ist des Rechtsstaats Österreich absolut unwürdig und wirft auch im internationalen Kontext ein desaströses Licht auf den österreichischen Grundrechtsschutz.

Mit anderen Worten: Der Untersuchungsausschuss perpetuiert nicht nur, sondern verstärkt sogar die rechtswidrigen Vorgänge, zu deren Untersuchung er eigentlich eingesetzt wurde.

Die Beschwerdeführer, die natürlich an einer Aufklärung der rechtswidrigen Vorgänge im BVT durch den Untersuchungsausschuss interessiert sind, haben aber im Gegenzug durch den Untersuchungsausschuss eine weitere und verstärkte rechtswidrige Verwendung und Verwertung ihrer Daten und deren öffentlichkeitswirksame Verbreitung zu gewärtigen. Dies ist weder Sinn noch Zweck des Untersuchungsausschusses.

Diesen weiteren Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte durch das Aufklärungsorgan Untersuchungsausschuss – der im Licht der gesamten Historie zur rechtswidrigen Datenverwendung durch das BVT – tatsächlich kafkaesk und eines Rechtsstaats absolut unwürdig ist, relevieren die Beschwerdeführer mit der vorliegenden Beschwerde.

ZU DEN BESCHWERDEGRÜNDEN IM EINZELNEN

4. Zu den Daten und zu den Persönlichkeitsrechten der Beschwerdeführer

Wenn im Zuge dieser Beschwerde von 'Daten' die Rede ist, so sind damit die Daten der Kanzlei [...] gemeint, die vor Jahren widerrechtlich in fremde Hände gelangt sind und dann anonym an verschiedene Empfänger gesendet wurden. So gelangte auch die Staatsanwaltschaft Linz in den Besitz dieser Daten.

Das OLG Linz hat in mehreren Entscheidungen (3.2.2016, ON 747-749 zu StA Linz, 6 St 60/15t; 7 Bs 91/16f, 25.11.2016; 7 Bs 144/16z, 25.11.2016; 7 Bs 183/17m, 27.12.2017; 7 Ns 6/18p – 7 Ns 7/18k, 9.5.2018) festgestellt, dass die Staatsanwaltschaft Linz dafür verantwortlich ist, das Anwaltsgeheimnis hinsichtlich dieser Daten zu schützen.

Die im Zuge des ehemaligen Strafverfahrens gegen Dr. [...] erfolgten Beschlagnahmeversuche wurden rechtskräftig durch zwei Oberlandesgerichtsentscheidungen und durch eine Entscheidung des zuständig gewesenen Gerichts in Luxemburg für rechtswidrig erklärt. Damit wurde auch die Verwendung dieser Daten als unzulässig qualifiziert.

Sämtliche Daten, welche nunmehr dem Untersuchungsausschuss zugeleitet wurden, stammen daher entweder aus dem rechtswidrig zustande gekommenen Aktenbestand der Strafverfolgungsbehörden in Linz oder von den zahllosen anonymen Eingaben der seinerzeitigen Rechtsvertreter von [...], welche an die Strafverfolgungsbehörden und auch den ehemaligen Bundesminister für Justiz Prof. Dr. Brandstetter (welcher selbst [...] auch vertreten hatte) gingen. Sie sind also allesamt Ergebnis und Ausfluss rechtswidriger Vorgänge.

Die Daten enthalten streng vertrauliche Informationen aus dem Mandatsverhältnis mit den Klienten der Kanzlei [...]. Diese Daten sind – wie das OLG Linz mehrfach festgestellt hat – durch das Anwaltsgeheimnis sehr streng vor einer öffentlichen Preisgabe geschützt. Dieser Schutz ist auch verfassungsrechtlich durch die Art6 und 8 EMRK und das Datenschutzgesetz verankert. Zudem enthalten die Daten auch hoch sensible Informationen betreffend den höchstpersönlichen Lebensbereich, sowie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sowohl der Mandanten, der Kanzlei [...] und der für sie tätigen Personen (wie zB Dr. [...]) – auch diese Informationen sind verfassungsrechtlich sehr streng geschützt (vgl zB Art1 1. ZPEMRK, Art8 EMRK, Art5 StGG).

Das Interesse am Schutz dieser Daten – als Ausfluss des verfassungsgesetzlich verankerten Anwaltsgeheimnisses und des verfassungsgesetzlich verankerten Schutzes von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und Informationen des höchstpersönlichen Lebensbereiches – ist daher klar als Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführer im Sinn des §56i VfGG zu werten.

5. Zur Rechtswidrigkeit der Anforderung der Daten durch den BVT-Unter-suchungsausschuss

Eine Vorlagepflicht von Behörden an den Untersuchungsausschuss nach Art53 Abs3 B-VG besteht nur im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes. Dies hat der Verfassungsgerichtshof bereits klar judiziert (VfGH 15.6.2015, UA2/2015, 2.10).

Zum definierten Untersuchungsgegenstand des BVT-Untersuchungsausschusses zählen u.a. die angeblichen Verletzungen von rechtlichen Bestimmungen durch das BVT unter anderem betreffend das Verwenden von Daten und Informationen inkl. des Unterlassens der Löschung, des Sammelns und Auslagerns von Daten sowie deren Weitergabe an Dritte, auch zum Faktum '[...]' (vgl Anlage 1, 109 der Beilagen XXVI. GP-Ausschussbericht NR – Anlage 1-Untersuchungsgegenstand, lita sowie Beweisthema Punkt 1).

Gegenstand des Untersuchungsausschusses sind somit die Vorgänge rund um die Datenverwendung – nicht aber die Daten bzw deren Inhalt selbst. Das ergibt sich schon aus einer Verbalinterpretation der Definition des Untersuchungsgegenstands.

Diese Rechtsansicht wird von Herrn Bundesminister Dr. Moser in seinem Schreiben vom 10.7.2018 – siehe oben – ausdrücklich bestätigt.

Der Herr Bundesminister führt in seinem Schreiben weiter in extenso aus, wieso es dennoch zu einer Übermittlung der Daten an den Untersuchungsausschuss kam: Der Untersuchungsausschuss habe die Einwände des BMVRDJ in Hinblick auf den Umfang des Untersuchungsgegenstandes ausdrücklich verworfen und auf einer vollständigen Aktenvorlage bestanden.

Mit diesem Vorgehen hat der Untersuchungsausschuss klar rechtswidrig und außerhalb des Rechtsrahmens gehandelt: Er hat auf der Übermittlung der Daten der Kanzlei [...] beharrt, obwohl diese Daten und deren Inhalt nicht unter den definierten Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses zu subsumieren sind und sogar das BMVRDJ den Untersuchungsausschuss auf diesen Umstand hingewiesen hat (!).

Mit Beharrung auf Ausfolgung der Daten – außerhalb des Untersuchungsgegenstandes – hat der Untersuchungsausschuss daher klar die Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführer verletzt. Der Untersuchungsausschuss hat bewusst in Kauf genommen, dass mit der angeforderten Ausfolgung die Daten durch die Öffentlichkeitswirksamkeit des Untersuchungsausschusses an einen infiniten Adressatenkreis sichtbar gemacht werden – und damit die schon jahrelange Verletzung der Rechte der Beschwerdeführer durch den Untersuchungsausschuss sogar noch verstärkt wird.

6. Zur Rechtswidrigkeit der weiteren Besitznahme, Verwendung und Verwertung der Daten durch den BVT-Untersuchungsausschuss sowie der Zugänglichmachung an die Mitglieder des BVT-Untersuchungsausschusses

Der Herr Bundesminister führt in seinem Schreiben aus, 'dass die Verantwortung für die Datensicherheit diesbezüglich an den Untersuchungsausschuss übergeht'.

Dieser Verantwortung wird – wie die Beschwerdeführer seit 31.8.2018 wissen – der Untersuchungsausschuss nicht gerecht.

Die Daten wurden vom BMVRDJ nur mit der Klassifizierungsstufe 1 gemäß InfOG eingestuft. Diese Einstufung ist viel zu niedrig: Denn damit sind die Daten nicht ausreichend geschützt.

Ihre widerrechtliche Weitergabe durch Mitglieder des Untersuchungssausschusses wäre nicht einmal strafbewehrt! Nur die widerrechtliche Weitergabe von Daten der Klassifizierungsstufen 3 und 4 ist gemäß §18 InfOG strafbewehrt – für die Kategorien darunter besteht ein strafrechtlicher Persilschein.

Trotz dieser zu niedrigen Klassifizierung durch das BMVRDJ und der ausdrücklichen Aufforderungen durch die Beschwerdeführer (siehe unten), die Persönlichkeitsrechte (Anwaltsgeheimnis, höchstpersönliche Informationen etc) der Beschwerdeführer zu schützen, perpetuiert der Untersuchungsausschuss den illegalen Zustand und hat bis heute keine Maßnahmen zum wirksamen Schutz der Persönlichkeitsrechte getroffen. Die Konsequenz ist die tatsächliche unkontrollierbare Publizität der Daten – die mit der oben zitierten Presseaussendung ihren Lauf nimmt.

Die Beschwerdeführer sehen sich daher durch den Untersuchungsausschuss selbst (vgl Art138b Abs1 Z7 lita B-VG) in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt.

7. Zur Nichterledigung von Anträgen der Beschwerdeführer an Funktionäre des Untersuchungsausschusses zur Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte

Die Beschwerdeführer haben mehrere Anträge an die Frau Vorsitzende des BVT-Untersuchungsausschusses, Zweite Präsidentin des NR Bures, an den Verfahrensrichter, Senatspräsident d. OLG Wien Dr. [...] sowie an den Verfahrensanwalt, RA Dr. [...], gerichtet.

[...]

Diesen Funktionären wurde auch die von Minister Moser kommunizierte Rechtsansicht, dass die Daten nicht dem Untersuchungsgegenstand unterfielen, mitgeteilt.

[...]

Vorsitzende, Verfahrensrichter und Verfahrensanwalt sind Funktionäre des Untersuchungsausschusses im Sinn des §56i Abs1 VfGG iVm Art138b Abs1 Z7 litc B-VG – eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführer durch diese Funktionäre ist leg cit ebenfalls beim Verfassungsgerichtshof mit Beschwerde relevierbar.

8. Nichterledigung des Antrags auf Rückübermittlung der Daten an die Staatsanwaltschaft Linz durch die Funktionäre

Mit Schreiben Beilage 4, Beilage 5 und Beilage 6 wurden gegenüber allen drei Funktionären beantragt, die Daten an die Staatsanwaltschaft Linz rückzuübermitteln.

Dies war ein absolut logischer Schritt – denn damit hätten die Rechtswidrigkeit der Aufforderung zur Übermittlung und die tatsächlich erfolgte rechtswidrige Übermittlung ansatzweise ausgeglichen und 'rückgängig' gemacht werden können. Durch die Rückübermittlung wären die Daten im Untersuchungsausschuss nicht mehr exponiert gewesen.

Die Funktionäre sind dem diesbezüglichen Antrag bislang nicht nachgekommen und haben daher die Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführer verletzt.

9. Nichterledigung des Antrags, der Untersuchungsausschuss möge einen Vorschlag an den Präsidenten des NR auf Umstufung der Daten auf die Klassifizierungsstufe 4 (Streng Geheim) stellen

Mit Schreiben Beilage 5, Beilage 6 und Beilage 7 wurden gegenüber allen drei Funktionären beantragt, darauf hinzuwirken, dass der Untersuchungsausschuss gem §6 Abs1 InfOG dem Präsidenten des Nationalrats einen Vorschlag zur Höherstufung der Daten auf die Stufe 4 unterbreite. Dies wäre der einzig adäquate Weg gewesen, wie der Untersuchungsausschuss das höchstmögliche Schutzniveau für die Daten hätte herstellen können.

Die durch die Staatsanwaltschaft Linz erfolgte Klassifikation auf Stufe 1 vermag aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen:

(i) Einerseits handelt es sich bei den Daten um dem Anwaltsgeheimnis und dem Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs sowie der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse unterfallende Informationen – allesamt verfassungsgesetzlich geschützt. Die Daten verdienen damit nicht irgendeinen 'niederrangigen' Schutz, sondern den bestmöglichen.

(ii) Da es sich um abertausende, dem Berufsgeheimnis der Rechtsanwälte unterfallende Daten von mit dem Gegenstand des Untersuchungsausschusses in keiner Weise beteiligter Dritter handelt, [...] würde das Bekanntwerden dieser Informationen iSd §4 Abs1 Z4 InfOG eine schwere Schädigung dieser Interessen wahrscheinlich machen und ist daher die Klassifizierung in Stufe 4 iSd §4 Abs1 Z4 iVm §5 Abs2 InfoG unbedingt notwendig.

Die vier Klassifizierungsstufen des §4 Abs1 InfOG unterscheiden sich bloß dahingehend, dass Stufe 1 von keiner Interessensschädigung ausgeht, die Stufe 2 von einer schlichten Schädigung, die Stufe 3 von einer erheblichen Schädigung und die Stufe 4 von einer schweren Schädigung der in §4 Abs1 Z1 InfOG dargestellten Interessen.

Es muss nicht ernsthaft lange begründet werden, dass die Interessen der Beschwerdeführer Interessen sind, die im Sinn des §4 Abs1 Z1 InfOG 'überwiegende berechtigte Interessen' darstellen.

Der Nationalrat hat durch die Abfassung des InfOG seinen Abgeordneten im vorliegenden Zusammenhang einen strafrechtlichen Freibrief ausgestellt, indem der strafrechtliche Schutz u.a. des §121 StGB ('Verletzung von Berufsgeheimnissen') für Dokumente, die bloß in den Stufen 1 oder 2 klassifiziert sind, durch §18 Abs1 InfOG außer Kraft gesetzt und durch §18 Abs2 InfOG auch Journalisten, die über derartiges berichten, straffrei gestellt.

Mit anderen Worten: Für die Klassifizierungsstufen 1 und 2 gibt es einen strafrechtlichen Persilschein zu Lasten der Beschwerdeführer. Hierdurch wird dem 'Handel mit Dokumenten der Beschwerdeführer zwischen Nationalratsabgeordneten und Journalisten' der Weg geebnet.

Wenn gleichzeitig in Betracht gezogen wird, dass auslösend für diesen BVT-Untersuchungsausschuss das anonyme Unterlagenkonvolut war, welches behauptet hatte, geschützte Daten der Beschwerdeführer hätten ihren Weg in den Klub der ÖVP im Nationalrat gefunden und ein Sektionschef des BMI dafür sorge, dass IT-Experten diese Daten durchsuchen könnten, rundet sich das Bild ab ('mal y soit qui mal y pens[e]').

Es sei nur am Rande erwähnt, dass dem Erstbeschwerdeführer vor Beschlussfassung dieses Untersuchungsausschusses mitgeteilt wurde, er möge den Klubobmann der SPÖ dazu bewegen, den Untersuchungsausschuss fallen zu lassen, ansonsten würde dies dem Erstbeschwerdeführer sehr schaden.

(iii) Sollte sich der Untersuchungsausschuss zur Zulässigkeit der Klassifizierung auf Stufe 1 auf den Bericht des Geschäftsordnungsausschusses (441 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP) stützen, ist klar festzuhalten, dass die auf S. 3 dieses Berichts angeführte Aufstellung von Beispielen für die einzelnen Klassifizierungsstufen rechtlich nicht korrekt und zudem verfassungswidrig ist. Denn gemäß diesem Bericht werden – gesetzwidrig – nur die unmittelbaren Verluste von Menschenleben, die unmittelbare Gefährdung der Stabilität Österreichs und eine langfristige Schädigung der österreichischen Wirtschaft für die Klassifizierungsstufe 4 als ausreichend angesehen – dies kommt in der Praxis nie vor. Verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten wie dem Anwaltsgeheimnis wird nicht Rechnung getragen und diese der geringsten Stufe überlassen. Der Geschäftsordnungsausschuss hat sich mit dieser interpretativen Einordnung eben ein bewusst breites Feld an strafrechtlich sanktionslosem (siehe oben) Spielraum eingeräumt. Diese eigenmächtige Interpretation des InfOG ist mit dem Verfassungsrang, in dem das Anwaltsgeheimnis und der Schutz der Geschäfts/Betriebsgeheimnisse sowie der höchstpersönlichen Daten stehen, unvereinbar.

Durch Nichterledigung des entsprechenden Antrags der Beschwerdeführer, auf eine Höherstufung der Daten auf Stufe 4 hinzuwirken, haben die Funktionäre daher die Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführer verletzt."

11.      Am 2. Oktober 2018 stellten die beschwerdeführenden Parteien einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß §20a VfGG an den Verfassungsgerichtshof. In diesem begehren die beschwerdeführenden Parteien, der Verfassungsgerichtshof möge mit Beschluss anordnen, dass die dem Nationalrat vom BMVRDJ zugeleiteten Daten der beschwerdeführenden Parteien vom BVT-Untersuchungs-ausschuss bzw von der Parlamentsdirektion rückübermittelt und bereits erfolgte Verarbeitungsschritte im Hinblick auf diese Daten rückgängig gemacht würden, in eventu, dass Organe des Nationalrates jegliche Verarbeitung dieser Daten zu unterlassen hätten, eine Einsichtnahme in diese Daten nicht zulässig sei und bereits erfolgte Verarbeitungsschritte im Hinblick auf diese Daten rückgängig gemacht würden.

12.      Der Präsident des Nationalrates erstattete eine Äußerung, in der er die Zulässigkeit der Beschwerde bestreitet und den Beschwerdebehauptungen in der Sache wie folgt entgegentritt:

"I. Zur Frage der Zulässigkeit der Beschwerde:

a. Allgemeines

Gemäß Art138b Abs1 Z7 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch ein Verhalten eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates (lita), eines Mitgliedes eines solchen Ausschusses in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrates (litb) oder gesetzlich zu bestimmender Personen in Ausübung ihrer Funktion im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss (litc) in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet.

Zufolge §56i Abs3 VfGG hat die Beschwerde die Bezeichnung des angefochtenen Verhaltens und, soweit dies zumutbar ist, die Angabe, wer es gesetzt hat, den Sachverhalt, die Bezeichnung der Persönlichkeitsrechte, in denen der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet, die erforderlichen Beweise sowie die Angaben zu enthalten, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob das Verhalten rechtzeitig angefochten wurde.

Der Verfassungsgerichtshof ist im Beschwerdeverfahren gemäß Art138b Abs1 Z7 B-VG an die geltend gemachten Rechtsverletzungen gebunden. Es ist ihm verwehrt, das Verhalten des Untersuchungsausschusses sowie der Mitglieder und der Funktionäre von Amts wegen in jede Richtung anhand sämtlicher in Betracht kommender Persönlichkeitsrechte zu prüfen (vgl zB VfGH 8.10.2015, UA8/2015, Rz 31).

Die Beschwerdeführer bringen vor, dass sie sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt erachten, weil es sich bei den Daten, die dem Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) übermittelt wurden, um hochsensible, dem Anwaltsgeheimnis unterfallende Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Kanzlei [...] und deren Mandanten sowie Informationen zum höchstpersönlichen Lebensbereich u.a. des Erstbeschwerdeführers handle. Die Beschwerde richtet sich '[p]rimär gegen die Nichtbehandlung bzw Abweisung der Anträge' an die 'Funktionäre' des Untersuchungsausschusses, aber auch gegen die Anforderung, Besitznahme, Verwahrung und Verwertung der Daten durch den BVT-Untersuchungsausschuss.

Zur Beschwerdelegitimation wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerde rechtzeitig sei, weil die Beschwerdeführer erst durch einen Pressebericht vom 31. August 2018 erfahren hätten, dass 'die Funktionäre des Untersuchungsausschusses, sowie dieser selbst in ihrem rechtswidrigen Verhalten verharren und die Anträge der Beschwerdeführer abgelehnt haben'. Die Nichterledigung bzw Abweisung der Anträge sei als bekämpfbares 'Verhalten' iSd §56i Abs2 VfGG zu qualifizieren. Die Funktionäre hätten – 'den unmittelbar anwendbaren Art13 EMRK beachtend' – auf die Anträge der Beschwerdeführer reagieren müssen.

Dazu ist im Einzelnen auszuführen:

b. Zum Beschwerdegegner:

Anzumerken ist, dass es sich beim Präsidenten des Nationalrates nicht um einen Funktionär iSd §56i Abs1 VfGG handelt, dessen Verhalten mittels Beschwerde gemäß Art138b Abs1 Z7 B-VG bekämpft werden kann. Er ist ex lege Partei des Verfahrens (§56i Abs4 VfGG), aber kein 'Beschwerdegegner'. Der Präsident des Nationalrates hat im konkreten Fall zwar den grundsätzlichen Beweisbeschluss noch als Vorsitzender des BVT-Untersuchungsausschusses gemäß §26 Abs1 VO-UA an die betreffenden Organe übermittelt, dann aber die Vorsitzführung gemäß §5 Abs2 zweiter Satz VO-UA an die Zweite Präsidentin des Nationalrates übertragen (dokumentiert in der Auszugsweisen Darstellung der konstituierenden Sitzung des BVT Untersuchungsausschusses; Bekanntgabe der Zweiten Präsidentin betreffend Übertragung der Vorsitzführung). Eine Rechtswidrigkeit der – noch durch den Präsidenten des Nationalrates als Vorsitzenden erfolgten – Übermittlung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses wurde von den Beschwerdeführern nicht behauptet. Abgesehen davon kommt dem/der Vorsitzenden eines Untersuchungsausschusses im Zusammenhang mit der Übermittlung des vom Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates (GO-Ausschuss) gefassten grundsätzlichen Beweisbeschlusses an die betreffenden Organe keine inhaltliche Prüfungskompetenz zu, sondern besteht ex lege die Verpflichtung zur Übermittlung.

c. Zum Beschwerdegegenstand:

Soweit sich die Beschwerde auf die Aktenanforderung 'durch den BVT-Untersuchungsausschuss' (lita) bezieht, erweist sie sich nicht nur als falsch, sondern im Hinblick auf Art138b Abs1 Z7 B-VG iVm §56i Abs2 VfGG auch als unzulässig: Der grundsätzliche Beweisbeschluss wird gemäß §3 Abs5 VO-UA vom GO-Ausschuss gefasst. In Bezug auf ein Verhalten des GO-Ausschusses ist eine Beschwerde gemäß Art138b Abs1 Z7 B-VG jedoch nicht vorgesehen.

Das in der Beschwerde relevierte 'Beharren auf der Aktenvorlage' durch den BVT-Untersuchungsausschuss (litb) ist – wie unten unter Punkt II.b. näher ausgeführt – de facto nicht erfolgt, weshalb auch insoweit kein bekämpfbares Verhalten iSd Art138b Abs1 Z7 B-VG gegeben ist.

Es ist auch zweifelhaft, ob es sich bei der 'fortlaufende[n] Besitznahme, Verwahrung und Verwertung' der Daten durch den BVT-Untersuchungsausschuss sowie deren 'Zugänglichmachung an die Mitglieder des BVT-Untersuchungs-ausschusses' (litc) um ein 'Verhalten' iSd §56i VfGG handelt, das mittels Beschwerde gemäß Art138b Abs1 Z7 B-VG bekämpft werden kann. Die Beschwerde rügt in diesem Teil (Punkt 6 auf Seite 9 der Beschwerde) nämlich einzig die nicht hinreichende Klassifizierung der Informationen. Die Klassifizierung erfolgt aber durch das informationspflichtige Organ. Der Untersuchungsausschuss hat selbst keine Befugnis zur Umstufung, lediglich ein Vorschlagsrecht (aber keine Verpflichtung, siehe unten Punkt II.c.). Vor diesem Hintergrund ist auch zu diesem Beschwerdepunkt kein bekämpfbares Verhalten des Untersuchungsausschusses iSd Art138b Abs1 Z7 B-VG iVm §56i VfGG ersichtlich.

Inwiefern das Verhalten des jeweiligen Funktionärs (Vorsitzende, Verfahrensrichter, Verfahrensanwalt) hinsichtlich der Nichtbehandlung der Anträge auf 'Rückübermittlung der Daten an die Staatsanwaltschaft Linz' (litd) und in Bezug auf die Erstattung eines Vorschlags betreffend eine Umstufung der Informationen (lite) ein Verhalten in Ausübung seiner Funktion im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss (§56i Abs1 VfGG) darstellen kann, ist nicht nachvollziehbar, zumal solche Anträge gesetzlich nicht vorgesehen sind und den Funktionären hierfür auch in der Sache keine Kompetenz zur Erledigung/Entscheidung zukommt. Dementsprechend wurden die Anträge im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss weder tatsächlich behandelt noch wären sie zu behandeln gewesen.

d. Zur Rechtzeitigkeit:

Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde beträgt gemäß §56i Abs2 VfGG sechs Wochen und beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von dem Verhalten erlangt hat; wenn er aber durch dieses Verhalten behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung.

Dem Beschwerdevorbringen fehlen insgesamt ausreichende Angaben, um beurteilen zu können, ob die einzelnen Verhalten rechtzeitig mittels Beschwerde bekämpft wurden. Es erfolgt nämlich keine Auseinandersetzung mit dieser Frage unter Bezugnahme auf die verschiedenen Beschwerdepunkte.

Soweit überhaupt ein bekämpfbares Verhalten vorliegt, dürfte die sechswöchige Frist im gegenständlichen Fall aber bereits abgelaufen sein:

Die Beschwerdeführer waren spätestens seit 11. Juli 2018 in Kenntnis der bekämpften (behaupteten) Verhalten 'Anforderung der Daten' (lita), 'Beharren auf der Aktenvorlage' (litb) und 'Besitznahme, Verwahrung und Verwertung' der Daten durch den BVT-Untersuchungsausschuss sowie 'deren Zugänglichmachung an die Mitglieder des BVT-Untersuchungsausschusses' (litc). In ihrem Schreiben vom 11. Juli 2018 (Anlage 1) haben sich die Beschwerdeführer auf das Schreiben des Herrn Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (im Folgenden: HBM) vom 10. Juli 2018 (Anlage 2) bezogen und demnach bereits am 11. Juli 2018 Kenntnis von den oben genannten, bekämpften 'Verhalten' gehabt. Damit ist die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß §56i Abs2 VfGG diesbezüglich also bereits abgelaufen.

Es kann zudem nicht angenommen werden, dass sich die Stellung eines gesetzlich nicht vorgesehenen Antrags an die Funktionäre des Untersuchungsausschusses auf die Beschwerdefrist auswirkt – das hätte nämlich zur Konsequenz, dass jede Antragstellung die Beschwerdefrist de facto nach Belieben verlängern bzw eine neue Beschwerdefrist auslösen könnte. Die Beschwerde gemäß Art138b Abs1 Z7 B-VG ist das einzige gesetzlich vorgesehene Rechtsmittel im Fall von Verletzungen in Persönlichkeitsrechten im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses. Weitere Antragsrechte Betroffener sind (mit Ausnahme der hier nicht einschlägigen Rechte von Auskunftspersonen) in Zusammenhang mit der Tätigkeit von Untersuchungsausschüssen weder im B-VG noch im GOG-NR vorgesehen. Die Beschwerdeführer können sich daher im Hinblick auf die Berechnung der Beschwerdefrist nicht auf die Antragstellung bzw Nichterledigung ihrer Anträge oder einen diesbezüglichen Pressebericht berufen. Die Nichterledigung gesetzlich nicht vorgesehener Anträge durch die Funktionäre des BVT-Untersuchungsausschusses (litd und e) ist kein fristauslösendes Verhalten iSd §56i Abs2 VfGG. Im Übrigen wäre auch unklar, ab welchem Zeitpunkt eine Nichterledigung solcher Anträge (Säumnis) bekämpfbar wäre.

e. Zum Vorliegen eines hinreichend konkretisierten Beschwerdevorbringens:

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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