TE Vwgh Beschluss 2018/11/26 Ra 2018/20/0468

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Veröffentlicht am 26.11.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, BSc, in der Rechtssache der Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 1. August 2018, Zl. W218 2169579-1/7E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (mitbeteiligte Partei: A R in W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger Afghanistans und der Volksgruppe der Hazara zugehörig, stellte am 26. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen im Wesentlichen mit der Angst vor den Taliban, weil er mit diesen in den Krieg hätte ziehen sollen sowie der Verfolgung schiitischer Hazara. Zudem brachte der Mitbeteiligte vor, an einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer rezidivierenden depressiven Störung sowie einer Somatisierungsstörung erkrankt zu sein, weshalb ein erhöhter Betreuungsbedarf bestehe. Den Kontakt zu seiner Familie, die zuletzt in der Provinz Ghazni gelebt habe, habe er verloren.

2 Mit Bescheid vom 4. August 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt IV.).

3 Dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde, der vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hinsichtlich des Spruchpunktes I. des Bescheides nicht Folge gegeben (Spruchpunkt A.I.), hinsichtlich des Spruchpunktes II. jedoch stattgegeben und dem Mitbeteiligten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt A.II.) sowie gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt A.III.) wurde. Weiters sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das BVwG - soweit für den vorliegenden Fall relevant - zusammengefasst aus, dem Mitbeteiligten sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, weil eine Rückkehr in die Herkunftsregion (u.a. aufgrund der dort gegebenen Sicherheitslage) ein reales Risiko einer Verletzung der Rechte nach Art. 2 oder Art. 3 EMRK bedeuten würde. Der Mitbeteiligte sei noch sehr jung, stamme aus einer volatilen Gegend, habe nie in Kabul oder einer großen Stadt gelebt und noch nie gearbeitet. Er leide unter massiven psychischen Problemen, weshalb er regelmäßig Medikamente nehme und in Therapie sei. Der Mitbeteiligte erwecke nicht den Eindruck, dass es ihm gelingen würde, ohne Hilfe zu Recht zu kommen. Da er den Kontakt zu seiner Familie verloren habe, verfüge er über keinerlei soziale Kontakte im Herkunftsstaat. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Mitbeteiligte im Rückkehrfall in der Lage sei, die Medikamenteneinnahme und Therapien einzuhalten.

5 Gegen die Spruchpunkte A.II. und A.III. des angefochtenen Erkenntnisses richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Soweit die Revision in der Zulässigkeitsbegründung vorbringt, das BVwG stehe mit seiner Annahme, für den Mitbeteiligten stehe keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung, im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vermag sie eine solche Abweichung nicht darzulegen, zumal das BVwG die Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative mit "massiven psychischen Problemen" des Revisionswerbers, den fehlenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und der daraus resultierenden mangelnden Sicherstellung der Fortführung der erforderlichen Behandlung begründete. Der Einschätzung des BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wonach es sich bei dem Mitbeteiligten um keinen gesunden Mann, sondern um einen Mann mit spezifischer Vulnerabilität handle, dem die infolge der Erkrankung notwendige familiäre Unterstützung im Herkunftsstaat fehle, tritt die Revision nicht substantiiert entgegen. Damit handelt es sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Mitbeteiligten getroffen wurde (vgl. zur insoweit einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes das auch in der Revision angeführte Erkenntnis VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001, und VfGH 12.12.2017, E 2068/2017).

10 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. November 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200468.L00

Im RIS seit

20.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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