TE Vwgh Beschluss 2018/12/3 Ra 2018/11/0232

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Veröffentlicht am 03.12.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
FSG 1997 §26 Abs3 Z2;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4;
IG-L 1997 §14;
VStG §19;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Schick sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Mag. Dr. H S in M, vertreten durch die bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Donau-City-Straße 11, gegen Spruchpunkt I. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 18. September 2018, Zl. LVwG-AV-837/001-2014, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mödling), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit einer in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung vom 15. April 2014 war dem Revisionswerber eine Übertretung des § 30 Abs. 1 Z 4 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) iVm § 3 Abs. 1 der IG-L Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung des Landeshauptmanns von Steiermark, LGBl. Nr. 87/2011, angelastet worden, weil er am 4. April 2014 um 17:39 Uhr an einer näher bestimmten Stelle auf der A2-Südautobahn die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 71 km/h überschritten habe.

2 Mit dem angefochtenen Spruchpunkt I. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts vom 18. September 2018 wurde dem Revisionswerber in Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde gemäß § 26 Abs. 3 Z 2 iVm § 7 Abs. 3 Z 4 FSG die Lenkberechtigung für sechs Wochen entzogen; die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die erwähnte Strafverfügung entfalte zwar keine Bindung auch hinsichtlich des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung, doch bestünden keinerlei Zweifel am festgestellten Ausmaß, zumal die mit einem technischen Messgerät festgestellte Geschwindigkeit 171 km/h betragen habe. Dies ergebe sich aus den der Anzeige angeschlossenen Radarfotos und sei auch nicht substantiiert bestritten worden.

Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers sei nicht entscheidend, dass Grundlage der Geschwindigkeitsbeschränkung das IG-L gewesen sei, weil das FSG nicht auf die Rechtsgrundlage einer Geschwindigkeitsbeschränkung abstelle. Gestützt auf das Erkenntnis VwGH 28.2.2017, Ra 2017/11/0002, kam das Verwaltungsgericht zu dem Schluss, es liege eine bestimmte Tatsache iSd. § 7 Abs. 3 Z 4 FSG, also eine Überschreitung der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h, die mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde, vor, was gemäß § 26 Abs. 3 Z 2 FSG zwingend zu einer Entziehung der Lenkberechtigung im Ausmaß von sechs Wochen zu führen habe. Da das Gesetz eine fixe Entziehungsdauer für die festgestellte Geschwindigkeitsübertretung normiere, sei keine Wertung iSd. § 7 Abs. 4 FSG vorzunehmen, weshalb auch die seit der Tat verstrichene Zeit und das Verhalten des Revisionswerbers in dieser Zeit keine Rolle spiele. Da zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens im Mai 2014 weitaus weniger als ein Jahr verstrichen sei, widerspreche die Entziehung auch nicht der hg. Judikatur.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vom Verwaltungsgericht gemeinsam mit den Verfahrensakten vorgelegte außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).

6 In der Zulässigkeitsbegründung bringt der Revisionswerber zunächst vor, es fehle hg. Rechtsprechung zur Frage, ob eine Strafverfügung die Führerscheinbehörde auch dann "dem Grunde nach bindet, wenn diese auf eine rechtswidrig auf § 14 IG-L iVm § 3 VBA-VO Stmk gestützte Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf 100 km/h zurückgeht". Diese Bedenken berühren keine vom Verwaltungsgerichtshof im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösende Rechtsfrage, weil damit ein Widerspruch der verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung zu den ihr zugrunde liegenden generellen Rechtsnormen geltend gemacht wird, zu dessen Beurteilung aber der Verfassungsgerichtshof zuständig ist (vgl. etwa VwGH 8.3.2018, Ra 2018/11/0038 bis 0041, mwN).

7 Als zweiten Zulässigkeitsgrund nennt der Revisionswerber ein "Abweichen von der Rsp des VwGH, dass im Fall der Bestreitung des Ausmaßes einer Geschwindigkeitsüberschreitung die Führerscheinbehörde den Sachverhalt zu ermitteln und begründete Feststellungen dazu zu treffen hat". Wie sich aus den Revisionsausführungen zu diesem Punkt ergibt, bestreitet der Revisionswerber nicht, dass er die vom Verwaltungsgericht festgestellte Geschwindigkeit von 171 km/h eingehalten hat, sondern lediglich, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h rechtmäßig war. Ein Abweichen von der in der Revision zitierten hg. Judikatur (VwGH 12.4.1999, 98/11/0272; 20.2.2001, 98/11/0306, 28.6.2001, 99/11/0155; 24.6.2003, 2003/11/0122), in der jeweils das Sachverhaltselement der eingehaltenen Geschwindigkeit und die daraus resultierende Überschreitung strittig war, ist daher nicht ersichtlich.

8 Den dritten und letzten Zulässigkeitsgrund erblickt der Revisionswerber in einem "Abweichen von der Rsp des VwGH, wonach eine überlange Verfahrensdauer ... gemäß § 19 VStG als Milderungsgrund zu berücksichtigen und insoweit eine Entziehung eines Führerscheins bei einer solchen Verfahrensdauer unzulässig ist". Damit übersieht der Revisionswerber, dass es sich beim Entziehungsverfahren nach dem FSG nicht um ein Verwaltungsstrafverfahren handelt (vgl. dazu VfGH 14.3.2003, G 203/02 u.a.). Soweit der Revisionswerber für seinen Standpunkt, dass die Entziehung nicht lange Zeit nach der Tatbegehung bei anschließendem Wohlverhalten erfolgen darf, auf VwGH 17.12.1998, 98/11/0227 (VwSlg. 15.059 A/1998) hinweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass in diesem Erkenntnis auf den Zeitraum zwischen Tat und Einleitung des Entziehungsverfahrens abgestellt wird, wie dies auch das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis getan hat (zu den Besonderheiten der Entziehung der Lenkberechtigung in den Fällen des § 26 Abs. 1 bis 3 FSG vgl. VwGH 17.11.2009, 2009/11/0023; 23.3.2004, 2004/11/0008, und zur Entziehung wegen einer länger zurückliegenden strafbaren Handlung überdies nochmals VfGH 14.3.2003, G 203/02 u.a.).

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Dezember 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018110232.L00

Im RIS seit

20.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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