TE OGH 1984/4/12 8Ob538/84

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Veröffentlicht am 12.04.1984
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Michael Pongracz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Helmut Mühlgassner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 339.088,21 S sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 20. Jänner 1984, GZ 2 R 6/84-7, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 14. November 1983, GZ 33 Cg 695/83-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 8. 9. 1983 erließ das Erstgericht über Antrag des Klägers gegen den Beklagten einen auf Zahlung von 339.088,21 S sA gerichteten Wechselzahlungsauftrag.

Nach dem beim Akt erliegenden Zustellnachweis wurde der Beklagte vom Zusteller beim ersten Zustellversuch am 14. 9. 1983 nicht angetroffen; es wurde daher eine Aufforderung nach § 21 Abs 2 ZustG in den Briefkasten eingeworfen. Da der Beklagte auch beim zweiten Zustellversuch am 15. 9. 1983 nicht angetroffen wurde, wurde eine Hinterlegungsanzeige nach § 17 Abs 2 ZustG in den Briefkasten eingeworfen und das zuzustellende Schriftstück am 15. 9. 1983 beim Postamt hinterlegt. Von dort gelangte es als nicht behoben am 6. 10. 1983 an das Erstgericht zurück.

Das Erstgericht bestätigte am 6. 10. 1983 die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des gegen den Beklagten erlassenen Wechselzahlungsauftrags.

Der Beklagte beantragte die Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit mit der Begründung, er sei am Tag der Hinterlegung ortsabwesend gewesen und die Zustellung sei daher nichtig. Von dieser nichtigen Zustellung habe er erst anlässlich eines Exekutionsvollzugs zu E ***** des Bezirksgerichts Klosterneuburg Kenntnis erhalten.

Das Erstgericht hob die Bestätigung der Vollstreckbarkeit auf. Es stellte aufgrund einer vom Beklagten vorgelegten Bestätigung fest, dass dieser in der Zeit vom 13. bis 16. 9. 1983 beruflich in Salzburg tätig war. Da somit die Zustellung (Hinterlegung) gesetzwidrig erfolgt sei, sei gemäß § 7 Abs 3 EO die Bestätigung der Vollstreckbarkeit aufzuheben.

Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs des Klägers gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es den Antrag des Beklagten auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung abwies.

Das Rekursgericht führte im Wesentlichen aus, dass auf den hier zu prüfenden Zustellvorgang, der nach dem 1. 3. 1983 stattgefunden habe, das Zustellgesetz (BGBl 1982/200) Anwendung finde. Da nach dem Inhalt des unbedenklichen Rückscheins nicht nur der erste Zustellversuch vom 14. 9. 1983, sondern auch der zweite vom 15. 9. 1983 vergeblich geblieben sei, sei nach § 17 ZustG zu hinterlegen gewesen (§ 21 Abs 1 ZustG). § 17 Abs 3 ZustG schreibe vor, dass die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten sei. Eine hinterlegte Sendung gelte zwar nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch werde die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb de Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden konnte.

Da der Beklagte spätestens am 17. 9. 1983 (einem Samstag) an die Abgabestelle zurückgekehrt sei, habe er die hinterlegte Sendung am Montag, dem 19. 9. 1983, beheben können. Spätestens mit diesem Tag sei somit die Zustellung rechtswirksam geworden.

Damit seien aber die Voraussetzungen für eine Aufhebung der vom Erstgericht erteilten Vollstreckbarkeitsbestätigung nach § 7 Abs 3 EO nicht gegeben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Diesem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.

Der Beklagte führt in seinem Revisionsrekurs im Wesentlichen aus, dass er nie von einer versuchten Zustellung Kenntnis erlangt hätte; es fehlten ausreichende Feststellungen hinsichtlich des Zustellvorgangs, insbesondere in der Richtung, dass dem Beklagten eine Verständigung über den Hinterlegungsvorgang zugekommen wäre.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Nach den Vorschriften des § 21 Abs 2 ZustG und des § 17 ZustG hinterlegte Sendungen gelten bei Einhaltung der im Gesetz im einzelnen normierten Vorgangsweise des Zustellers unter den im § 17 Abs 3 ZustG umschriebenen Umständen als zugestellt. § 17 Abs 4 ZustG ordnet ausdrücklich an, dass die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig ist, wenn die im § 17 Abs 2 ZustG oder die im § 21 Abs 2 ZustG genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Zustellung des Wechselzahlungsauftrags an den Beklagten durch Hinterlegung ist daher nicht entscheidend, ob die Aufforderung nach § 21 Abs 2 ZustG oder die Verständigung von der Hinterlegung nach § 17 Abs 2 ZustG dem Beklagten tatsächlich zukam, sondern ob der Zusteller nach den Vorschriften des § 21 Abs 2 ZustG und des § 17 Abs 1 und Abs 2 ZustG vorging. Dass dies der Fall war, ergibt sich aus dem im Akt erliegenden Zustellnachweis, dessen Inhalt eingangs wiedergegeben wurde. Bei diesem Zustellnachweis handelt es sich um eine öffentliche Urkunde. Er begründet die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs, doch ist der Einwand der Unrichtigkeit zulässig (Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht 118 Anm 3 zu § 22 ZustG; 3 Ob 137/83 ua). Mit seiner in erster Instanz aufgestellten Behauptung, dass er von der hier in Frage stehenden Zustellung des Wechselzahlungsauftrags erst anlässlich eines Exekutionsvollzugs des Bezirksgerichts Klosterneuburg Kenntnis erhalten habe, hat aber der Beklagte den ihm obliegenden Gegenbeweis gegen die inhaltliche Richtigkeit des vorliegenden Zustellnachweises nicht angetreten, weil sich dieser Behauptung ein fehlerhaftes Vorgehen des Zustellorgans nicht entnehmen lässt. Soweit dem Vorbringen des Beklagten in seinem Revisionsrekurs eine derartige Behauptung zu entnehmen wäre, könnte wegen des auch im Rekursverfahren herrschenden Neuerungsverbots nicht darauf eingegangen werden.

Im Übrigen hat das Rekursgericht zutreffend auf die Bestimmung des § 17 Abs 3 letzter Satz ZustG verwiesen, aus der sich ergibt, dass im vorliegenden Fall die Zustellung des Wechselzahlungsauftrags an den Beklagten spätestens mit 19. 9. 1983 wirksam erfolgte; der Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung am 6. 10. 1983 haftet daher kein Rechtsirrtum an.

Dem Revisionsrekurs des Beklagten musste unter diesen Umständen ein Erfolg versagt bleiben.

Gemäß den §§ 40, 50 ZPO hat der Beklagte die Kosten seines erfolglosen Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Textnummer

E123557

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00538.840.0412.000

Im RIS seit

20.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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