TE OGH 1984/7/4 8Ob572/84

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Veröffentlicht am 04.07.1984
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei (Gegner der gefährdeten Partei) G*****, vertreten durch Dr. Klaus Galle, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und gefährdete Partei A*****, vertreten durch Dr. Martha Friedmann, Rechtsanwältin in Wien, wegen einstweiliger Verfügung infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 6. Februar 1984, GZ 15 R 14/84-72, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 15. November 1983, GZ 5 Cg 72/81-63, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte und gefährdete Partei begehrte im Rahmen des von ihrem Mann eingeleiteten Scheidungsverfahrens, ihrem Mann mittels einstweiliger Verfügung 1.) die Bezahlung vorläufigen Unterhalts in der Höhe von 5.000 S aufzutragen (ON 12 der Akten) und 2.) ihr den PKW Volkswagen Rabbit-Diesel (*****) zur ausschließlichen Benützung zuzuweisen (ON 39 der Akten) sowie ihren Mann zu verhalten, der Umschreibung des Zulassungsscheins auf sie zuzustimmen und ihr diese Urkunde auszufolgen (ON 49 der Akten).

Das Erstgericht trug dem Gegner der gefährdeten Partei die Leistung einstweiligen Unterhalts von 700 S monatlich unter Abweisung des Mehrbegehrens auf (Punkte I. und II.1.); den auf Zuweisung des PKW und Umschreibung sowie Ausfolgung des Zulassungsscheins gerichteten Antrag wies es ab (Punkte II.2. und 3.).

Das Gericht zweiter Instanz gab dem gegen die Abweisung des Antrags auf Zuweisung des PKW und Umschreibung sowie Ausfolgung des Zulassungsscheins (Punkte II.2. und 3.) gerichteten Rekurs der gefährdeten Partei nicht Folge. Dem gegen die Bewilligung einstweiligen Unterhalts (Punkt I.) erhobenen Rekurs des Gegners der gefährdeten Partei hingegen gab es dahin Folge, dass es den Antrag auf Zuspruch einstweiligen Unterhalts zur Gänze abwies. Außerdem sprach das Rekursgericht unter Hinweis auf die §§ 500, 528 ZPO aus, dass der von der Entscheidung über den Rekurs der gefährdeten Partei betroffene Wert des Streitgegenstands 60.000 S nicht übersteigt. Schließlich ergänzte das Rekursgericht diesen Beschluss durch den Ausspruch, dass der Rekurs gegen Punkt 2. (einstweiliger Unterhalt) nicht zulässig sei (§§ 500 Abs 3, 502 Abs 4 Z 1, 526 Abs 3, 528 Abs 2 ZPO, §§ 402 und 78 EO).

Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichts in Ansehung beider Begehren, also in seinem bestätigenden und abändernden Teil richtet sich das als „Revisionsrekurs bzw. außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichnete Rechtsmittel der gefährdeten Partei samt Ergänzung (Zulassungsbeschwerde und außerordentlicher Revisionsrekurs) mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid im Sinne der Wiederherstellung der vom Erstgericht erlassenen einstweiligen Verfügung und Erlassung der auf Zuweisung des PKW sowie Umschreibung und Auslieferung des Zulassungsscheins gerichteten einstweiligen Verfügung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revisionsrekurse sind unzulässig.

1.) Zu den begehrten Verfügungen über den PKW:

Diesbezüglich liegen gleichlautende Entscheidungen der Vorinstanzen vor. Auf das Verfahren über einstweilige Verfügungen findet auch § 78 EO Anwendung. Damit gelten auch die Bestimmungen der §§ 514 bis 528 ZPO. Nach § 528 Abs 1 Z 1 ZPO ist aber – von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen – ein Revisionsrekurs gegen zwei gleichlautende Entscheidungen unzulässig (Fasching IV 456; SZ 20/91; EFSlg 14.560 uva), und zwar unabhängig vom Wert des von der Bestätigung betroffenen Streitgegenstands oder Teil des Streitgegenstands (3 Ob 160/83; 7 Ob 503/84).

2.) Zum Begehren auf Leistung vorläufigen Unterhalts:

Zur Begründung ihres Antrags brachte die Beklagte vor, der Kläger beziehe als Angestellter der „D*****“ monatlich 30.000 S, während sie als Beamtin beim Außenamt lediglich 12.144,60 S erhielte; hierin seien jedoch 2.397,60 S Überstundenpauschale enthalten; es sei ihr jedoch in Zukunft nicht möglich, Überstunden zu leisten.

Der Gegner der gefährdeten Partei sprach sich gegen die Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung aus.

Der vom Erstgericht als bescheinigt angenommene Sachverhalt lässt sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Die Streitteile leben seit November 1980 getrennt. Der Kläger ist seit Mitte 1979 bei D***** Gesellschaft mbH in der S***** in V***** beschäftigt. In der Zeit von Oktober 1981 bis Oktober 1983 bezog er einschließlich Urlaubszahlungen und Weihnachtsremunerationen einen Nettoverdienst von 625.680,62 S. Seit April 1982 ist die Beklagte Verwaltungsattaché am Österreichischen Kulturinstitut in Rom. In der Zeit von Oktober 1981 bis Oktober 1983 hatte sie einschließlich einer Leistung aus Anlass eines Dienstjubiläums ausschließlich der Aufwandentschädigung wegen ihres Dienstes am Österreichischen Kulturinstitut in Rom einen Nettoverdienst von insgesamt 388.059,30 S. Die Aufwandentschädigung stieg von April 1982 im Betrag von 11.739,60 S auf 16.063,80 S im September 1983.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Begehrens ging das Erstgericht davon aus, dass nach ständiger Rechtsprechung der Teilnahme an den im § 94 ABGB für die Unterhaltsbemessung für maßgeblich erklärten Lebensverhältnissen bei unterschiedlichem Einkommen im Allgemeinen dann ausreichend entsprochen werde, wenn der geringer verdienende Eheteil mit 40 % am gesamten Einkommen partizipiere. Gehe man vom bescheinigten Sachverhalt aus, dass die Beklagte die Aufwandentschädigung, die sie aufgrund ihrer auswärtigen Dienststelle in Rom erhalten habe, zur Gänze für die ihr hiedurch erwachsenen Auslagen verbraucht habe, so verblieben ihr für den Zeitraum von Oktober 1981 bis Oktober 1983 ein gesamtes Nettoeinkommen von 388.059,30 S, dem für den gleichen Zeitraum ein Gesamteinkommen des Klägers von 625.680,62 S gegenüberstehe. Eine Aufteilung dieser Summen auf die Anzahl der Monate (25) ergebe ein monatliches Nettoeinkommen des Klägers von 25.027,22 S und ein solches der Beklagten von 15.522,37 S. 40 % der Summe dieser beiden Beträge ergebe 16.219,75 S. Da dieser Betrag um etwa 700 S höher sei als der tatsächlich auf die Klägerin ohne Berücksichtigung der Aufwandentschädigung entfallende monatliche Verdienst, sei der Klägerin ein monatlicher Unterhaltsbetrag von 700 S zuzusprechen und das Mehrbegehren abzuweisen gewesen.

Das Rekursgericht billigte die Beurteilung des Begehrens auf Zuspruch vorläufigen Unterhalts durch das Erstgericht nach österreichischem Sachrecht. Die von der Beklagten bezogene Auslandzulage gliedere sich gemäß § 21 Abs 1 GehG 1956 in die Kaufkraft-Ausgleichszulage und die Auslandsverwendungszulage. Beide Zulagen stellten eine Aufwandentschädigung dar (§ 21 Abs 5 leg cit), seien einem dienstlichen Zweck zugeordnet und sollten der Beklagten den Mehraufwand ersetzen, der sich in Ausübung des Dienstes in Rom notwendigerweise ergäbe (Repräsentations-verpflichtungen, höherer Aufwand für Wohnung, Transport etc). Die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu § 1327 ABGB habe vielfach betont, dass als entgangener Verdienst (eines Beamten) nur die Differenz zwischen der Reisezulage und dem daraus zu bestreitenden Mehraufwand für die Verpflegung anzusehen sei. Für den konkreten Fall habe die Rechtsprechung anderer Rechtsmittelgerichte auch noch die Auffassung vertreten, dass die als Kaufkraft-Ausgleichszulage und Auslandsverwendungszulage bezogenen Beträge ungeachtet ihrer Unpfändbarkeit gemäß § 3 LohnPfG in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden müssten. Grundsätzlich bestehe hier nämlich ein Zielkonflikt, weil die mit Hilfe dieser Auslandszulage beschafften Waren und Dienstleistungen vielfach zu jenen gehörten, die als ein typisches äußeres Kennzeichen eines gehobenen Lebensstandards zu werten seien. Einer der wesentlichen Grundsätze des Unterhaltsrechts sei es jedoch, den anderen Ehegatten an den Annehmlichkeiten dieser Lebensverhältnisse teilhaben zu lassen. Andererseits seien aber diese Auslagen zweckgebunden und dienten sie letztlich der würdigen Repräsentation der Republik Österreich im Ausland. Dieser Zielkonflikt könne aber nur dort auftreten, wo ein Diplomat als Unterhaltsschuldner zur Zahlung eines Geldbetrags herangezogen werden sollte. Im vorliegenden Fall sei es aber nicht die Beklagte, die ihrem Ehegatten einen solchen Beitrag entrichten solle, vielmehr stelle sie selbst ein solches Begehren. Die Außerachtlassung der Auslandszulage und des dadurch erhöhten Lebensstandards beim Vergleich der Gehälter der Ehegatten liefe aber auf eine doppelte Begünstigung der Ehefrau hinaus. Dass der Beklagten auch unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze ein Anspruch auf einstweiligen Unterhalt zustünde, werde von ihr selbst nicht ernstlich behauptet. Der Rekurs der klagenden Partei erweise sich somit als berechtigt. In Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung sei daher der Antrag auf Zuspruch einstweiligen Unterhalts zur Gänse abzuweisen gewesen.

Den zur Frage der Zulässigkeit des Rekurses im Hinblick darauf, dass der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstands 25.200 S beträgt (§ 58 Abs 1 JN) vorgenommenen Ausspruch begründete das Rekursgericht damit, dass die unterhaltsrechtliche Behandlung von Zulagen und Entschädigungen zur Abgeltung von Mehraufwand bereits vom Obersten Gerichtshof behandelt worden sei und im Übrigen nur Bemessungsfragen Gegenstand des Verfahrens gewesen seien.

Demgegenüber vertritt die Beklagte in ihrem Revisionsrekurs den Standpunkt, dass das Rekursgericht die von ihr bezogene Aufwandentschädigung zu Unrecht in die Bemessungsgrundlage einbezogen habe. Insoweit sie meint, es liege hier eine Entscheidung vor, die von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme, übersieht sie, dass die von ihr in ihrem Rechtsmittel relevierte Frage zum Komplex der Unterhaltsbemessung gehört, und die durch § 502 Abs 2 Z 1 ZPO normierte Rechtsmittelbeschränkung, nämlich der Ausschluss einer Anfechtung der Entscheidung zweiter Instanz auch für einstweilige Verfügungen, mit denen ein gesetzlicher Unterhalt vorläufig bemessen wird, gilt (Judikat 60 neu Rechtssatz V, SZ 27/177). Da die Beklagte auch in ihrem ergänzten Rechtsmittel das Vorliegen einer anderen den Grund des Anspruchs betreffenden erheblichen Rechtsfrage nicht behauptet, erweist sich ihr Revisionsrekurs auch in Ansehung des Begehrens auf Leistung vorläufigen Unterhalts als unzulässig.

Der Revisionsrekurs war daher hinsichtlich beider Begehren zurückzuweisen.

Textnummer

E123553

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00572.840.0704.000

Im RIS seit

20.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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