TE Bvwg Beschluss 2018/8/7 L521 2135460-1

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Veröffentlicht am 07.08.2018
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Entscheidungsdatum

07.08.2018

Norm

VwGG §26 Abs1
VwGG §30a Abs1

Spruch

L521 2135460-1/27E

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. in der Revisionssache des XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch Dr. Christian Schmaus, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Chwallagasse 4/1, gegen das das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.06.2018, Zl. L521 2135460-1/25E, in einer Angelegenheit nach dem Asylgesetz 2005 den

BESCHLUSS

gefasst:

Die Revision wird gemäß § 30a Abs. 1 VwGG iVm § 26 Abs. 1 VwGG als verspätet zurückgewiesen.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Revisionswerber stellte im Gefolge seiner schlepperunterstützten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 09.06.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2016 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak ebenso abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Irak, in die Autonome Kurdenzone des Nordirak, gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).

2. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis vom 21.06.2018, Zl. L521 2135460-1/25E, mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zu lauten habe, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt.

3. Die gegen das vorstehend angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobene ordentliche Revision langte am 06.08.2018 beim Bundesverwaltungsgericht mittels ERV (Uhrzeit des Einlangens 14:55:37 Uhr) ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Gemäß § 30a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 22/2018, sind Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Behandlung eignen oder denen die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) sechs Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber nur mündlich verkündet wurde, jedoch mit dem Tag der Verkündung.

Gemäß § 26 Abs. 5 VwGG sind auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden.

1.2. Gemäß 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Zustellung behördlicher Dokumente (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982 idF BGBl. I Nr. 33/2018, ist eine elektronische Zustellung nach den Bestimmungen des 3. Abschnitts des Zustellgesetzes vorzunehmen, soweit die für das Verfahren geltenden Vorschriften nicht anderes bestimmen.

Im Fall einer elektronischen Zustellung mit Zustellnachweis durch einen Zustelldienst hat der Zustelldienst § 35 Abs. 1 ZustG zufolge den Empfänger unverzüglich davon zu verständigen, dass ein Dokument für ihn zur Abholung bereitliegt. Diese elektronische Verständigung ist an die dem Zustelldienst bekanntgegebene elektronische Adresse des Empfängers zu versenden. Hat der Empfänger dem Zustelldienst mehrere solcher Adressen bekanntgegeben, so ist die elektronische Verständigung an alle Adressen zu versenden; für die Berechnung der Frist gemäß Abs. 2 erster Satz ist der Zeitpunkt der frühesten Versendung maßgeblich. Die elektronische Verständigung hat jedenfalls folgende Angaben zu enthalten:

1. das Datum der Versendung,

2. die Internetadresse, unter der das zuzustellende Dokument zur Abholung bereitliegt,

3. das Ende der Abholfrist,

4. einen Hinweis auf das Erfordernis einer Signierung bei der Abholung von Dokumenten, die mit Zustellnachweis zugestellt werden sollen, und

5. einen Hinweis auf den Zeitpunkt, mit dem die Zustellung wirksam wird.

Soweit dies erforderlich ist, hat die Bundesregierung durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Verständigungsformulare zu erlassen.

Der Zustelldienst hat gemäß § 35 Abs. 3 ZustG sicherzustellen, dass zur Abholung bereitgehaltene Dokumente nur von Personen abgeholt werden können, die zur Abholung berechtigt sind und im Falle einer Zustellung mit Zustellnachweis oder einer nachweislichen Zusendung ihre Identität und die Authentizität der Kommunikation mit der Bürgerkarte (§ 2 Z. 10 E-GovG) nachgewiesen haben. Zur Abholung berechtigt sind der Empfänger und, soweit dies von der Behörde nicht ausgeschlossen worden ist, eine zur Empfangnahme bevollmächtigte Person. Identifikation und Authentifizierung können auf Grund einer besonderen Vereinbarung des Empfängers mit dem Zustelldienst auch durch eine an die Verwendung sicherer Technik gebundene automatisiert ausgelöste Signatur erfolgen. Der Zustelldienst hat alle Daten über die Verständigungen gemäß Abs. 1 und 2 und die Abholung des Dokuments zu protokollieren und dem Absender unverzüglich zu übermitteln; die Gesamtheit dieser Daten bildet den Zustellnachweis.

Ein zur Abholung bereitgehaltenes Dokument gilt gemäß § 35 Abs. 5 ZustG spätestens mit seiner Abholung als zugestellt.

Gemäß § 35 Abs. 6 ZustG gilt die Zustellung als am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung bewirkt, wobei Samstage nicht als Werktage gelten. Sie gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass die elektronischen Verständigungen nicht beim Empfänger eingelangt waren, doch wird sie mit dem dem Einlangen einer elektronischen Verständigung folgenden Tag innerhalb der Abholfrist (Abs. 1 Z 3) wirksam.

1.3. Gemäß § 21 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 22/2018, können die Schriftsätze können auch im Wege des nach diesem Abschnitt eingerichteten elektronischen Rechtsverkehrs wirksam eingebracht werden. Anstelle schriftlicher Ausfertigungen der Erledigungen sowie anstelle von Gleichschriften von Eingaben, die elektronisch eingebracht worden sind, kann das Bundesverwaltungsgericht die darin enthaltenen Daten an Einschreiter, die Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr nach diesem Abschnitt einbringen, im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs übermitteln.

Ist die Zustellung im elektronischen Rechtsverkehr nach den folgenden Bestimmungen nicht möglich, kann sie gemäß § 21 Abs. 2 BVwGG auch über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des Zustellgesetzes - ZustG, BGBl. Nr. 200/1982, erfolgen.

Als Zustellungszeitpunkt elektronisch übermittelter Ausfertigungen von Erledigungen des Bundesverwaltungsgerichtes und Eingaben gemäß § 28 Abs. 1 BVwGG gilt gemäß § 21 Abs. 8 BVwGG jeweils der auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgende Werktag, wobei Samstage nicht als Werktage gelten.

2. Feststellungen:

2.1. Der Revisionswerber stellte am 09.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2016 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak ebenso abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Irak, in die Autonome Kurdenzone des Nordirak, gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).

Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 21.06.2018, Zl. L521 2135460-1/25E, mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zu lauten habe, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde.

2.2. Der Revisionswerber wurde im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Vollmacht vom 07.11.2017 durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe vertreten und hat diesen Organisationen auch Zustellvollmacht erteilt. In der Vollmacht wird auf die Möglichkeit einer "elektronischen Zustellung über BRZ" explizit hingewiesen.

2.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 21.06.2018 die elektronische Zustellung des Erkenntnisses vom 21.06.2018, Zl. L521 2135460-1/25E, an die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe verfügt. Die Zustellverfügung wurde am 22.06.2018 vollzogen und das Erkenntnis mit dem elektronischen Zustelldienst BRZ Zustellservice der Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH übermittelt. Das Dokument wurde ab dem 22.06.2018, 12:38 Uhr zur Abholung bereitgehalten und ausweislich des Zustellnachweises am 22.06.2018 um 13:14 Uhr von XXXX (zur Abholung berechtigte Person im Sinn des § 35 Abs. 3 ZustG) tatsächlich abgeholt.

2.4. Eine Zustellung des Erkenntnisses vom 21.06.2018, Zl. L521 2135460-1/25E, an die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs wurde weder verfügt, noch durchgeführt. Die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie nahmen zum Zeitpunkt der Zustellung am elektronischen Rechtsverkehr nicht teil.

3. Beweiswürdigung:

3.1. Der eingangs angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verfahrensakts der belangten Behörde sowie dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

3.2. Die Feststellungen zu den näheren Umständen der elektronischen Zustellung des Erkenntnisses vom 21.06.2018, Zl. L521 2135460-1/25E, beruhen auf dem Inhalt der diesbezüglichen Zustellverfügung vom 21.06.2018, dem Zustellnachweis vom 22.06.2018 einschließlich der Zustellungsbenachrichtigung sowie die mit Telefax vom 07.11.2017 übermittelte Vollmacht der Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe.

Dass das Erkenntnis vom 21.06.2018, Zl. L521 2135460-1/25E, am 22.06.2018 um 13:14 Uhr von einer zur Abholung berechtigte Person tatsächlich abgeholt wurde, ergibt sich insbesondere aus dem Inhalt des Zustellnachweises, zumal gemäß § 35 Abs. 3 ZustG die zur Abholung bereitgehaltene Dokumente nur von Personen abgeholt werden können, die zur Abholung berechtigt sind und diese ihre Identität und die Authentizität der Kommunikation mit der Bürgerkarte (§ 2 Z. 10 E-GovG) nachgewiesen haben. Da im Zustellnachweis (mit der Uhrzeit 13:14 Uhr des 22.06.2018) eine namentlich bestimmte Person aufscheint, bedeutet dies, dass das Dokument zur angegebenen Zeit von dieser Person nach Identifizierung tatsächlich abgeholt wurde, zumal die Identifizierung im Zuge der Abholung erfolgt und technische Voraussetzung dafür ist.

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1. Für die folgende rechtliche Beurteilung ist eine exakte Differenzierung zwischen dem elektronischen Rechtsverkehr (im folgenden kurz ERV) einerseits (siehe dazu insbesondere die §§ 89a ff des Gerichtsorganisationsgesetzes - GOG) und der elektronischen Zustellung andererseits (siehe dazu den 3. Abschnitt der ZustG) geboten.

Der Gesetzgeber bringt zunächst mehrfach zum Ausdruck, dass der ERV und die elektronische Zustellung mittels elektronischer Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des ZustG nicht gleichzusetzen sind. So nennt etwa die VwGH-elektronischer-Verkehr-Verordnung (VwGH-EVV), BGBl. II Nr. 360/2014 idF BGBl. II Nr. 421/2016 in deren § 1 Abs. 1 Z. 1 die Einbringung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs und in Z. 2 die Einbringung über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des Zustellgesetzes - ZustG als gleichwertige Alternativen. Die Verordnung des Bundeskanzlers über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten (BVwG-EVV), BGBl. II Nr. 515/2013 idF BGBl. II Nr. 222/2016 folgt ebenfalls diesem Gedanken.

§ 89a Abs. 3 GOG sieht ebenso vor, dass wenn die Zustellung im elektronischen Rechtsverkehr nach den folgenden Bestimmungen nicht möglich ist, diese auch über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnitts des Zustellgesetzes erfolgen kann.

Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die Zustellung im elektronischen Rechtsverkehr nicht mit der Zustellung mittels elektronischer Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des ZustG gleichzusetzen ist

4.2. Fallbezogen wurde die Zustellung des Erkenntnisses vom 21.06.2018, Zl. L521 2135460-1/25E, an die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe verfügt, da die Vertreter des Revisionswerbers in ihrer Vollmacht zum Ausdruck gebracht haben, dass eine elektronische Zustellung (so auch die Überschrift des 3. Hauptstücks des ZustG) im Wege des Zustelldienstes des Bundesrechenzentrums möglich ist. Das Bundesrechenzentrum (BRZ Zustelldienst) ist ein gemäß § 30 ZustG mit Bescheid vom 03.03.2009 zugelassener Zustelldienst.

Auf den Zustellvorgang sind daher die §§ 28 ff des 3. Abschnitts des ZustG anzuwenden.

Eine Zustellung mittels ERV an die Vertretung des Revisionswerbers liegt nicht vor, sie wurde weder verfügt, noch durchgeführt (und wäre auch technisch nicht möglich, da die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH am elektronischen Rechtsverkehr nicht teilnehmen).

4.3. § 35 ZustG sieht hinsichtlich der hier gegenständlichen elektronischen Zustellung mit Zustellnachweis durch einen Zustelldienst einerseits vor, dass die Zustellung - ungeachtet des tatsächlichen Abrufs - als am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung als bewirkt gilt, wobei Samstage nicht als Werktage gelten (§ 35 Abs. 6 ZustG).

Jedoch normiert § 35 Abs. 5 ZustG davon abweichend, dass ein zur Abholung bereitgehaltenes Dokument spätestens mit seiner Abholung als zugestellt gilt. § 35 Abs. 5 ZustG stellt damit auf den Zeitpunkt der (tatsächlich erfolgten) Abholung ab, während § 35 Abs. 6 ZustG eine mit § 17 Abs. 3 3. Satz vergleichbare Regelung enthält, dass die Zustellwirkung ungeachtet des tatsächlichen Zukommens des Dokuments am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung (die im Ergebnis mit der Verständigung über die Hinterlegung des § 17 ZustG vergleichbar ist) als bewirkt gilt. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die Abs. 6 und 7 des § 35 ZustG weitere Fallkonstellationen behandeln, die im gegebenen Kontext jedoch nicht von Interesse sind.

Fallbezogen wurde das der Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH mittels eines elektronischen Zustelldienstes zugestellte Erkenntnisses vom 21.06.2018, Zl. L521 2135460-1/25E, in Anbetracht des Zustellnachweises erwiesenermaßen von einer zur Abholung berechtigten und auch namentlich identifizierten Person (siehe dazu im Detail § 35 Abs. 3 ZustG) am 22.06.2018 um 13:14 Uhr tatsächlich abgeholt. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes wurde das Erkenntnis vom 21.06.2018, Zl. L521 2135460-1/25E, deshalb gemäß § 35 Abs. 5 ZustG am 22.06.2018 dem Revisionswerber (im Wege seiner zustellungsbevollmächtigen Vertretung) zugestellt.

An diesem Ergebnis vermag in Anbetracht des klaren Gesetzeswortlautes (arg. "spätestens") des § 35 Abs. 5 ZustG dessen Abs. 6 nichts zu ändern, betrifft doch dieser Absatz erkennbar nur jene Fälle, in denen das Dokument nicht umgehend abgerufen wird und deshalb das Bedürfnis nach einem anderen fristauslösenden Tatbestand - wie in § 17 Abs. 3 ZustG - besteht. Die Systematik ist mit der physischen Zustellung vergleichbar - kommt es zur physischen Zustellung an der Abgabestelle an den Empfänger (oder eine Ersatzzustellung), ist die Zustellung mit der Ausfolgung bewirkt. Nur im Fall der Hinterlegung besteht die Notwendigkeit, einen anderen Zeitpunkt als fristauslösend zu bestimmen. In demselben Verhältnis stehend sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Abs. 5 und 6 des § 35 ZustG zu sehen. Während § 35 Abs. 5 ZustG auf den tatsächlichen Abruf abstellt (der gemäß § 35 Abs. 3 ZustG exakt zu protokollieren ist und in den Zustellnachweis aufgenommen wird), sieht Abs. 6 eine hilfsweise Regelung für den Fall vor, dass der tatsächliche Abruf nicht unmittelbar erfolgt und das Dokument zum Abruf bereitgehalten werden muss.

Dieses Verständnis gebietet sich nicht nur aufgrund des Gesetzeswortlautes, sondern auch aufgrund der Verordnung der Bundesregierung über die Formulare für Zustellvorgänge, BGBl. Nr. 600/1982 idF BGBl. II Nr. 34/2018, und des darin festgelegten Inhaltes der Verständigung über die Bereithaltung eines behördlichen Dokuments zur Abholung zu § 35 Abs. 1 und 2 ZustG.

Im bezughabenden Formular (Anhang 7 der Verordnung) ist angeführt (Hervorhebung nicht im Original):

"3. Grundsätzlich treten die Rechtswirkungen der Zustellung (zB der Beginn des Laufes von Rechtsmittelfristen) am ersten Werktag nach Versendung der ersten Verständigung ein (es sei denn, Sie haben das Dokument schon vorher abgeholt; vgl. Punkt 4). Samstage gelten nicht als Werktage.

Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn die Verständigungen nicht bei Ihnen einlangen, doch wird sie mit dem dem Einlangen einer Verständigung folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam.

4. Das Dokument gilt spätestens mit der Abholung als zugestellt."

Mithin vertritt auch die Bundesregierung in der dem Rechtsbestand angehörenden Verordnung über die Formulare für Zustellvorgänge, dass die tatsächliche Abholung des bereitgehaltenen Dokuments die Rechtswirkungen der Zustellung auslöst.

Schließlich gehen auch Kolonovits/Muzak/Stöger, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts10, Rz 228/10, davon aus, dass ein zur Abholung bereitgehaltenes Dokument gemäß § 35 Abs. 5 ZustG spätestens mit seiner Abholung als zugestellt gilt. Die Abs. 6 und 7 des ZustG würden (demgegenüber) vorsehen, dass auch eine Nichtabholung binnen gewisser Fristen eine gültige Zustellung bewirke.

Zusammenfassend ist in Anbetracht des Gesetzeswortlautes, des Wortlautes der Verordnung der Bundesregierung über die Formulare für Zustellvorgänge und der zitieren Lehrmeinung nicht davon auszugehen, dass § 35 Abs. 6 ZustG im vorliegenden Fall überhaupt heranzuziehen wäre und weiterhin von einer Zustellung durch tatsächliche Abholung am 22.06.2018 auszugehen. Insbesondere wäre der Hinweis der Bundesregierung "es sei denn, Sie haben das Dokument schon vorher abgeholt" nicht nur unnötig, sondern auch falsch, wenn § 35 ZustG ein anderes als das beschriebene Begriffsverständnis zugrunde gelegt würde.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass in den Materialen zu § 35 ZustG (RV BlgNR 294 23. GP, 24) - nur - der Fall angesprochen wird, dass die Abs. 6 oder 7 par.cit. zur Wirksamkeit der Zustellung zu einem früheren Zeitpunkt als die tatsächliche Abholung führen könne. Dass der gegenteilige Fall auch möglich ist, wird damit jedoch nicht ausgeschlossen und halten die Materialien als Grundsatz selbst fest, dass nach § 35 Abs. 5 ZustG ein zur Abholung bereitgehaltenes Dokument spätestens mit seiner Abholung - innerhalb der Abholfrist (Abs. 1 Z. 3) - als zugestellt gelten soll.

Bei diesem Ergebnis erweist sich die am 06.08.2018 mittels ERV beim Bundesverwaltungsgericht eingelangte Revision als verspätet, da die sechswöchige Frist zur Erhebung der Revision bereits am 03.08.2018 endete.

4.4. Der Vollständigkeit halber ist auf § 21 Abs. 8 BVwGG einzugehen, der fallbezogen nicht anzuwenden ist.

§ 21 BVwGG dient ausweislich der Materialien der Einführung des ERV - und nicht der Zustellung im Wege elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des ZustG - beim Bundesverwaltungsgericht, wie er zeitlich parallel auch beim Verwaltungsgerichtshof eingeführt wurde (RV BlgNR 2008 24. GP, 5).

§ 21 Abs. 2 BVwGG sieht dementsprechend auch explizit vor, dass dann, wenn die Zustellung im elektronischen Rechtsverkehr nach den folgenden Bestimmungen nicht möglich ist, auch über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des ZustG erfolgen kann. Im gegenständlichen Fall gelangte § 21 Abs. 2 BVwGG zu Anwendung - die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe nehmen am ERV derzeit nicht teil, sodass eine Zustellung im elektronischen Rechtsverkehr nicht möglich war und auf eine elektronische Zustellung mittels Zustelldienst nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des ZustG zurückgegriffen wurde.

§ 21 Abs. 8 BVwGG bezieht sich dem folgend nur auf Zustellungen von elektronisch übermittelten Ausfertigungen von Erledigungen des Bundesverwaltungsgerichtes im Sinn des § 21 Abs. 1 BVwGG im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs und nicht auf Dokumente, die nach dem

3. Hauptstück des ZustG elektronisch zugestellt werden.

Die Richtigkeit dieser Auslegung ergibt sich einerseits aus dem Wortlaut von § 21 Abs. 8 BVwGG selbst, zumal darin explizit auf § 21 Abs. 1 BVwGG und damit nur auf im elektronischen Rechtsverkehr übermittelte Dokumente Bezug genommen wird. Der Klammerausdruck "(Abs. 1)" in Abs. 8 kann eben sinnvoller nur so verstanden werden, dass § 21 Abs. 8 BVwGG nur elektronisch übermittelter Ausfertigungen von Erledigungen des Bundesverwaltungsgerichtes und Eingaben erfasst, die im Sinn des § 21 Abs. 1 BVwGG im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht oder übermittelt werden.

Dieselbe Systematik liegt dem GOG und dem VwGG zugrunde: § 89d Abs. 2 GOG sieht als Zustellungszeitpunkt elektronisch übermittelter gerichtlicher Erledigungen und Eingaben Sim Sinn des § 89a Abs. 2 GOG (wobei technisch in identer Form auf einen Klammerausdruck zurückgegriffen wird) den jeweils der auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgende Werktag, wobei Samstage nicht als Werktage gelten, vor. Erledigungen und Eingaben Sim Sinn des § 89a Abs. 2 GOG können ob der Systematik und der Überschrift des § 89a GOG [Elektronische Eingaben und Erledigungen (elektronischer Rechtsverkehr)] nur als solche des elektronischen Rechtsverkehrs verstanden werden, zumal § 89a Abs. 3 GOG wiederum vorsieht, dass wenn Zustellung im elektronischen Rechtsverkehr nach den folgenden Bestimmungen des GOG nicht möglich sind, solche auch über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnitts des ZustG erfolgen können. Noch klarer ist § 75 Abs. 2 VwGG, welcher sich ebenfalls nur auf elektronisch übermittelter Ausfertigungen von Erledigungen des Verwaltungsgerichtshofes und Eingaben im Sinn des § 72 Abs. 1 VwGG bezieht. § 72 Abs. 1 VwGG erfasst wiederum explizit nur Schriftsätze und Ausfertigungen von Erledigungen, die im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs übermittelt werden. Auch das VwGG enthält im Übrigen in § 72 Abs. 2 den Hinweis, dass die Zustellung auch über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des ZustG erfolgen kann, wenn sie im elektronischen Rechtsverkehr nach den folgenden Bestimmungen nicht möglich ist.

Die einheitliche Systematik spricht dafür, dass der Gesetzgeber mit den (weitgehend inhaltsgleichen) Bestimmungen § 75 Abs. 2 VwGG, § 89d Abs. 2 GOG und § 21 Abs. 8 BVwGG nur eine Regelung des Zustellungszeitpunktes elektronisch übermittelter Ausfertigungen von mittels ERV übermittelten Erledigungen schaffen wollte. Dass mit diesen Bestimmungen auch § 35 Abs. 5 ZustG bei einer nicht per ERV, sondern über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des ZustG vorgenommenen elektronischen Zustellung derogiert werden soll, ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes aus den vorstehenden Erwägungen nicht anzunehmen.

Auch der Wortlaut der Verweise in den § 89a Abs. 3 GOG, § 72 Abs. 2 VwGG und § 21 Abs. 2 BVwGG spricht dafür, dass diesfalls nur das 3. Abschnittes des ZustG einschlägig sein solle (arg. "sie auch über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des Zustellgesetzes - ZustG, BGBl. Nr. 200/1982, erfolgen"; Hervorhebung nicht im Originial). Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass der Zustellungszeitpunkt in einem solchen Fall nicht nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des ZustG geregelt sein soll, hätte er dies explizit anordnen müssen.

Die vorstehende Auslegung ist auch zur Vermeidung eines unsachlichen Ergebnisses erforderlich. Würde nämlich § 21 Abs. 8 BVwGG im gegenständlichen Fall zu einer Fristverlängerung führen, wären die Empfänger elektronisch zugestellter Dokumente der Verwaltungsbehörden schlechter gestellt als die Empfänger elektronisch zugestellter Dokumente der Gerichte. Eine sachliche Begründung dafür ist nicht erkennbar.

4.5. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.09.2017, Ro 2017/18/0002 bis 0003, steht der hier vertretenen Rechtsauffassung nicht entgegen, da der Verwaltungsgerichtshof der rechtlichen Beurteilung in diesem Beschluss einerseits eine Zustellung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs zugrunde gelegt hat (Rz 7) und andererseits nur von der Zustellung der elektronische Verständigung über die Bereithaltung eines elektronischen Dokuments zur Abholung - und nicht von der tatsächlich erfolgten Abholung - ausgegangen wurde (Rz 2). Dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.09.2017 legt demnach ein anderer Sachverhalt zugrunde, zumal im vorliegenden Fall keine Zustellung per ERV vorliegt und auch die erfolgte Abholung des Dokumentes am 22.06.2018 festgestellt wird.

4.6. Die Revision ist den vorstehenden Ausführungen zufolge gemäß § 30a Abs. 1 VwGG iVm § 26 Abs. 1 VwGG als verspätet zurückzuweisen.

Da die Revision gemäß § 30a Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen ist, war über den in der Revision gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht mehr abzusprechen.

Dieser Beschluss ist gemäß § 30a Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zu erlassen. Der Wortlaut der zitierten Bestimmung steht einem an die Partei gerichteten Verspätungsvorhalt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, sodass ein solcher nicht zu verfügen war.

Schlagworte

elektronische Zustelladresse, Fristversäumung, Revision, Verspätung,
Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L521.2135460.1.01

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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