Entscheidungsdatum
06.09.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
G314 2187067-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Georg MORENT, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 12.01.2018, Zl. XXXX, betreffend die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) beantragte am 08.11.2016 einen Aufenthaltstitel gemäß § 56 Abs 1 AsylG. Er wurde am 24.05.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen und modifizierte seinen Antrag im Rahmen der Einvernahme dahin, dass er einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK beantragte.
Die Eltern des BF wurden am 12.06.2017 vor dem BFA einvernommen.
Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde der Antrag des BF gemäß § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 10 Abs 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.).
In der Beschwerde dagegen beantragt der BF, seinem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Folge zu geben, in eventu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an das BFA zurückzuverweisen, jedenfalls aber die im angefochtenen Bescheid erlassene Rückkehrentscheidung aufzuheben. Dazu bringt der BF vor, er sei 2010 in das Bundesgebiet eingereist und habe hier ab Herbst 2010 erfolgreich die Schule besucht. Er habe zunächst keinen Aufenthaltstitel gehabt, weil seiner Familie mitgeteilt worden sei, dass er als Schüler keinen benötige. Dies könne dem damals zehnjährigen BF nicht vorgeworfen werden. Seit acht Jahren kümmere sich seine Großmutter um ihn und um seine Schwester; seit vier Jahren sei sie mit der Obsorge betraut. Sie habe in diesem Zusammenhang eine Reihe von Pflichten zu erfüllen, für deren Erfüllung eine räumliche Nähe zum BF erforderlich sei. Er habe seit acht Jahren keine Anknüpfung an sein Herkunftsland mehr. In Österreich befänden sich neben seiner Großmutter, die österreichische Staatsbürgerin sei, und seiner Schwester, zu der er ein besonders inniges Verhältnis habe, sämtliche Freunde des BF. Sein Lebensmittelpunkt liege in Österreich und habe er in seinem Herkunftsland - bis auf seine Eltern, die sich nicht um ihn kümmern könnten, - weder Angehörige noch sonstige soziale Kontakte. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde habe der BF nach Ablauf seines Aufenthaltstitels im Juli 2016 nicht die fristgerechte Ausreise aus dem Bundesgebiet verweigert. Er habe Österreich gar nicht verlassen dürfen und musste den Verfahrensausgang hier abwarten. Da sich der BF seit seinem 14. Lebensjahr aufgrund der ihm erteilten Aufenthaltstitel rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe, habe er darauf vertraut, hier bleiben zu können, und seine Zukunftspläne auf Österreich ausgerichtet.
Die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 20.02.2018 einlangten.
Mit dem am 21.03.2018 beim BVwG eingelangten E-Mail erstattete der BF auftragsgemäß eine ergänzende Stellungnahme und legte eine Urkunde vor.
Feststellungen:
Der seit November 2017 volljährige BF kam in XXXX (Serbien) zur Welt und lebte bis 2010 mit seinen Eltern, seiner am XXXX geborenen Schwester XXXX, der Schwester seines Vaters und deren Ehemann in einem Haus im serbischen Ort XXXX.
Seit 2010 lebt der BF bei seiner Großmutter väterlicherseits, XXXX, die österreichische Staatsbürgerin ist und in einer Mietwohnung in XXXX lebt. Ab April 2010 besuchte er in XXXX die Schule, und zwar zunächst bis zum Schuljahr 2011/12 als außerordentlicher Schüler. Mit Ende des Schuljahres 2014/15 beendete er die allgemeine Schulpflicht. Im Schuljahr 2015/16 besuchte er die XXXX Schule, die er im Juli 2016 erfolgreich abschloss.
Mit Beschluss des zuständigen Pflegschaftsgerichts vom 11.03.2014 wurde XXXX die Obsorge für den BF und seine jüngere Schwester, die ebenfalls in XXXX die Schule besucht, mit der Begründung übertragen, dass sich seine Eltern als serbische Staatsangehörige jeweils nur drei Monate im Halbjahr in Österreich aufhalten dürften.
Am 26.08.2014 stellte der BF (bzw. seine gesetzliche Vertreterin) einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. Daraufhin wurde ihm eine bis 29.07.2016 gültige Aufenthaltsbewilligung "Schüler" erteilt. Weitere Aufenthaltstitel wurden dem BF in Österreich nicht erteilt. Ein am 10.07.2017 gestellter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit" wurde im März 2018 zurückgezogen.
Die Eltern des BF leben in Serbien und verfügen über keinen österreichischen Aufenthaltstitel. Seit sich der BF in Österreich aufhält, besuchen seine Eltern ihn und seine Schwester regelmäßig. Sie reisen fünf bis sieben Mal im Jahr zu Besuchszwecken nach Österreich und wohnen bei ihren Besuchen ebenfalls bei XXXX.
In Serbien bewohnen die Eltern des BF gemeinsam mit dessen Tante und deren Mann das Haus, in dem sie bereits vor dem Umzug des BF nach Österreich lebten. Im Garten bauen sie Gemüse und Obst für den Eigenbedarf an. Sie gehen keiner Erwerbstätigkeit nach und werden von XXXX finanziell unterstützt.
Der BF lebt nach wie vor mit seiner Großmutter und seiner Schwester in XXXX in einem gemeinsamen Haushalt. Seine Schwester, eine serbische Staatsangehörige, ist im Besitz eines - bis 31.07.2018 gültigen - Aufenthaltstitels "Schüler". Das Verfahren über den rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrag ist noch anhängig. Der BF hat keine weiteren Angehörigen im Inland, aber einen Freundes- und Bekanntenkreis.
Die Muttersprache des BF ist Serbisch. Er verfügt über gute Deutschkenntnisse. Er hat regelmäßig telefonisch Kontakt mit seinen Eltern, die er auch immer wieder in Serbien besucht. Bei diesen Besuchen hält er sich in seinem Elternhaus auf, wo er aus Platzmangel im Wohnzimmer nächtigt. Zuletzt reiste er im Oktober 2016 nach Serbien.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er ist strafgerichtlich unbescholten. Aktuell geht er keiner Erwerbstätigkeit nach; seine Großmutter kommt für seinen Lebensunterhalt auf. Er verfügt aufgrund der Mitversicherung mit ihr über eine Krankenversicherung. Er möchte entweder eine Tischlerlehre beginnen oder bei einem Handwerksunternehmen als Bodenleger arbeiten. Er hat einen Ausbildungsplatz für eine verlängerte Lehre zum Tischler bei einem gemeinnützigen Unternehmen, das Arbeitsplätze für am Arbeitsmarkt benachteiligte Menschen in XXXX anbietet, in Aussicht, wenn ihm eine entsprechende Bewilligung erteilt wird. In seiner Freizeit spielt er (ohne Vereinsmitgliedschaft) Fußball.
Weitere soziale, berufliche oder gesellschaftliche Anbindungen des BF in Österreich liegen nicht vor. In Serbien wird er weder strafgerichtlich noch politisch oder aus anderen Gründen verfolgt.
Zur allgemeinen Lage in Serbien:
Seit 19.12.2009 können serbische Staatsangehörige für Kurzzeitaufenthalte visumfrei in den Schengen-Raum einreisen. Am 21.01.2014 begannen Beitrittsverhandlungen zwischen Serbien und der Europäischen Union. In Serbien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen. Serbien gilt in mehreren Mitgliedstaaten der EU als sicherer Herkunftsstaat.
Trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage und der hohen Arbeitslosigkeit in Serbien ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert.
Seit Oktober 2000 konnte der Staat Ansprüche auf Sozialbeihilfe wieder erfüllen; das System stabilisierte sich nachhaltig. Die Voraussetzungen richten sich nach den jeweils beantragten Sozialleistungen. Allgemein gilt: Die Person muss serbische Staatsangehörige mit gültigem Personalausweis, arbeitslos und bei der staatlichen Arbeitsagentur an ihrem Wohnort registriert sein oder sich in einem Mindestlohn-Beschäftigungsverhältnis befinden. Anspruchsberechtigt sind darüber hinaus alleinerziehende Elternteile, Menschen mit Behinderungen, ältere Personen, Minderjährige und Waisen.
Rückkehrer erhalten nach Abschluss der Registrierung bei den Wohnortbehörden und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder Anmeldung als Arbeitssuchende kostenfreien Zugang zur Gesundheits- und Sozialversorgung. Die Registrierung erfolgt nicht automatisch, sondern muss von den Betreffenden selbst unter Vorlage entsprechender Dokumente beantragt werden. Die Sozialhilfesätze haben mit der Steigerung der Lebenshaltungskosten nicht Schritt gehalten. Außerdem erfolgt die Auszahlung der Sozialhilfe in Abhängigkeit von der Haushaltslage mitunter unregelmäßig.
Die Gesundheitssituation in Serbien ist stabil; es bestehen keine größeren epidemiologischen Besorgnisse. Das Gesundheitssystem des Landes leidet unter einem Mangel an finanziellen Mitteln und Investitionen, bietet den Bürgern jedoch die Möglichkeit einer medizinischen Basisversorgung. Es gibt eine gesetzliche Pflicht-Krankenversicherung, für deren Inanspruchnahme eine Registrierung notwendig ist. Ärztliche Notfallversorgung ist jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Bestimmte Krankheitsbilder (z.B. AIDS, Psychosen, rheumatisches Fieber und dessen Auswirkungen, maligne Erkrankungen, Diabetes, Epilepsie ua), Berufskrankheiten und Verletzungen am Arbeitsplatz werden kostenfrei und unabhängig vom Status des Patienten behandelt. Lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen, bestimmte Impfungen und gezielte präventive Untersuchungen sind kostenlos. Es gibt nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien nicht oder nur schlecht behandelt werden können. Ausgebildetes medizinisches Personal ist vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren, Medikamenten ist gewährleistet.
Falls Rückkehrer nach Serbien nicht wissen, wo sie nach ihrer Rückkehr unterkommen sollen, können sie für maximal 14 Tage in eine von vier Notunterkünften verwiesen werden. Faktisch setzt die Regierung (inoffiziell) auf die im Allgemeinen funktionierenden verwandtschaftlichen Beziehungen der Betroffenen im Gastland. Ein gültiger Personalausweis ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme jeglicher Berechtigungen (medizinische Versorgung, Arbeit, Bildung etc). Ein Rückkehrer kann unter Vorlage eines Reisedokuments nach der Ankunft in Serbien für 30 bis maximal 60 Tage medizinische Notfallhilfe ohne Entrichtung einer Beteiligungsgebühr in Anspruch nehmen. Innerhalb dieser Zeit muss ein Antrag auf allgemeine Krankenversicherung gestellt werden. Nach Ablauf dieser Zeit muss der Rückkehrer einen Versicherungsantrag gestellt haben, ansonsten besteht kein Versicherungsschutz und alle in Anspruch genommenen Leistungen müssen selbst bezahlt werden.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und der Gerichtsakten des BVwG. Entscheidungswesentliche Widersprüche liegen nicht vor.
Die Feststellungen beruhen vorwiegend auf den Angaben des BF in seinem ursprünglichen Antrag, bei seiner Einvernahme vor dem BFA und in der Beschwerde sowie auf den von ihm vorgelegten Unterlagen und der ergänzenden Stellungnahme vom 21.03.2018.
Die Identität des BF wird durch seinen (dem BVwG in Kopie vorliegenden) unbedenklichen serbischen Reisepass und den ebenfalls in Kopie vorliegenden unbedenklichen Auszug aus dem serbischen "Matrikelbuch der Geborenen" belegt. Eine Kopie aus dem (österreichischen) Reisepass von XXXX wurde vorgelegt.
Die Feststellung der Schulbildung des BF erfolgt anhand seiner Angaben gegenüber dem BFA und der vorgelegten Zeugnisse. Die Feststellungen zur Obsorgeübertragung an XXXX und zu den Gründen dafür basieren auf dem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX von 11.03.2014. Die Feststellungen zur in Österreich lebenden Schwester des BF werden anhand dieses Beschlusses, des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts XXXX vom 08.07.2015 sowie der sie betreffenden Auszüge aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) und aus dem Fremdenregister getroffen. Aus dem ZMR ergeben sich übereinstimmende Hauptwohnsitzmeldungen des BF, seiner Großmutter und seiner Schwester ab September 2011, sodass auf einen gemeinsamen Haushalt geschlossen werden kann.
Der BF und seine Eltern schildern die (Besuchs-)Kontakte zwischen ihnen vor dem BFA nachvollziehbar und im Wesentlichen übereinstimmend, sodass entsprechende Feststellungen getroffen werden können. Die Feststellung, dass die Eltern des BF mehrmals im Jahr nach Österreich kommen, konnte anhand ihrer übereinstimmenden Angaben in Zusammenschau mit der Vielzahl an Ein- und Ausreisestempel in ihren Reisepässen getroffen werden. Der Aussage des BF, dass seine Eltern nur selten nach XXXX kämen, kann vor diesem Hintergrund kein Glauben geschenkt werden.
Die Feststellungen zu den Lebensumständen der Eltern des BF in Serbien sowie ihren finanziellen Verhältnissen ergeben sich aus den in diesen Punkten übereinstimmenden Angaben des BF und seiner Eltern.
Die Feststellungen zum Aufenthalt des BF in Österreich ab 2010 basieren auf seinen durch die vorgelegten Schulzeugnisse untermauerten Angaben vor dem BFA in Zusammenschau mit den Aussagen seiner Eltern sowie auf den Feststellungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 08.07.2015. Laut ZMR bestanden ab Jänner 2010 immer wieder Nebenwohnsitzmeldungen des BF bei XXXX als Unterkunftgeberin; seit 08.09.2011 besteht durchgehend eine Hauptwohnsitzmeldung an ihrer Anschrift. Aus der Hauptwohnsitzmeldung des BF bei XXXX zwischen 2003 und 2008 wird hingegen keine Feststellung abgeleitet, weil es für einen Inlandsaufenthalt des BF während dieser Zeit keine anderen Anhaltspunkte gibt und sich insbesondere der BF selbst nicht auf einen Aufenthalt in Österreich vor 2010 beruft.
Die beantragte und dem BF schließlich erteilte Aufenthaltsbewilligung "Schüler" wurde vorgelegt. Sie ist im Fremdenregister dokumentiert und ergibt sich auch aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts XXXX vom 08.07.2015. Die Antragstellung betreffend die Aufenthaltsbewilligung "Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit" und die Antragszurückziehung ergeben sich aus dem Fremdenregister sowie aus den Angaben des BF in der Stellungnahme vom 21.03.2018. Es liegen keine Beweisergebnisse dafür vor, dass dem BF davor oder nach Juli 2016 ein weiterer Aufenthaltstitel erteilt wurde.
Die Mitversicherung des BF mit seiner Großmutter wird anhand des Versicherungsdatenauszugs, des Schreibens der XXXX Gebietskrankenkasse vom 07.05.2014 und der E-Card festgestellt. Der Versicherungsdatenauszug belegt auch, dass er in Österreich nie erwerbstätig war.
Aus der Stellungnahme der XXXXgmbH vom 31.08.2016 ergibt sich die für den BF in Aussicht stehende Lehrstelle. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um einen integrativen Betrieb, ein gemeinnütziges Unternehmen der Sozialwirtschaft mit arbeitsmarktpolitischem Auftrag mit dem Unternehmensziel, Arbeitsplätze für am Arbeitsmarkt benachteiligte Menschen zu vermitteln und zu schaffen (siehe XXXX, Zugriff am 04.09.2018).
Es gibt keine Beweisergebnisse für gesundheitliche Probleme des BF. Zwar ergibt sich aus den vorgelegten Zeugnissen, dass er nach dem Lehrplan der Sonderschule unterrichtet wurde und dass eine verlängerte Lehre in einem integrativen Betrieb erfolgen soll. Da der BF aber trotz einer entsprechenden Aufforderung des BVwG kein Vorbringen zu den Gründen dafür erstattete, ist davon auszugehen, dass weder eine Behinderung noch eine andere Gesundheitsbeeinträchtigung oder eine sonstige Einschränkung der Arbeitsfähigkeit besteht. Letztere kann daher aufgrund seines erwerbsfähigen Alters und der angestrebten Beschäftigung (Tischlerlehre oder Tätigkeit als Bodenleger) festgestellt werden.
Das Vorliegen eines Freundeskreises und die Freizeitbeschäftigung des BF ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA. Das Bestehen eines Freundeskreises kann auch aus der Aufenthaltsdauer in Verbindung mit dem Schulbesuch in Österreich abgeleitet werden.
Serbischkenntnisse des BF sind aufgrund seiner Herkunft und der in Serbien verbrachten Jahre seiner Kindheit und der dort verbrachten Schulzeit plausibel. Die guten Deutschkenntnisse können aufgrund seines Schulbesuches in Österreich sowie des Umstands, dass er vor dem BFA problemlos ohne Dolmetscher einvernommen werden konnte, festgestellt werden. Im Abschlusszeugnis der Polytechnischen Schule wurde der BF im Pflichtgegenstand "Deutsch" mit "Gut" beurteilt. Seine Unbescholtenheit ergibt sich aus dem Strafregister.
Anhaltspunkte für über die getroffenen Feststellungen hinausgehende Integrationsmomente oder Anbindungen des BF in Österreich sind nicht aktenkundig, sodass von deren Fehlen auszugehen ist. Es gibt auch keine Anhaltspunkte für eine Verfolgung des BF in Serbien, zumal er sich zuletzt 2016 dort aufhielt, wie die Ein- und Ausreisestempel in seinem Reisepass zeigen.
Die Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien beruhen auf den vom BF nicht konkret beanstandeten Länderinformationen der Staatendokumentation, die unter detaillierter Angabe der jeweiligen Quellen in den angefochtenen Bescheid aufgenommen wurden. Dabei wurden Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Angaben zu zweifeln. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderfeststellungen werden in dieser Entscheidung zur Wahrung der Übersichtlichkeit nur auszugsweise wiedergegeben. Zu den Quellenangaben im Einzelnen wird auf den angefochtenen Bescheid verwiesen. Die Feststellung, dass in Serbien keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen herrschen, beruht auf dem Fehlen von Berichten über derartige Konflikte und auf der grundsätzlich stabilen Sicherheitslage dort.
Rechtliche Beurteilung:
Der BF ist als Staatsangehöriger von Serbien Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Gemäß § 55 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn dies gemäß
§ 9 Abs 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des
Art 8 EMRK geboten ist.
§ 58 AsylG regelt das Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß §§ 55 ff AsylG. Gemäß § 58 Abs 5 AsylG sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG persönlich beim BFA zu stellen. Gemäß § 58 Abs 8 AsylG hat das BFA im verfahrensabschließenden Bescheid über die Zurück- oder Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG abzusprechen.
Gemäß § 10 Abs 3 AsylG und § 52 Abs 3 FPG ist die Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG grundsätzlich mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, durch die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration
(Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen. Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Bei der Beurteilung, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens des BF geboten ist, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt. Maßgeblich sind dabei etwa die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, sowie die Bindungen zum Heimatstaat (vgl VwGH 15.03.2016, Ra 2016/19/0031). Dabei muss ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden werden. In die gebotene Gesamtbeurteilung sind alle gemäß Art 8 EMRK relevanten Umstände seit der Einreise des Fremden einzubeziehen.
Die Anwendugn dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt zeigt, dass sich der BF seit mehr als acht Jahren kontinuierlich im Bundesgebiet aufhält. Sein Aufenthalt war großteils nicht rechtmäßig. Insbesondere verblieb er nach dem Ablauf seines Aufenthaltstitels im Juli 2016 im Inland, obwohl ihm keine weitere Aufenthaltsgenehmigung erteilt wurde und weder Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG noch die Beschwerde gegen die Entscheidung darüber ein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen (vgl §§ 58 Abs 13 AsylG, 16 Abs 5 BFA-VG). Der BF hielt sich daher von 2010 bis August 2014 (erstmalige Antragstellung) und wieder seit Juli 2016 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Zwar kann ihm der unrechtmäßige Aufenthalt bis zum Erreichen der Volljährigkeit im November 2017 nicht wesentlich zum Vorwurf gemacht werden (vgl. VwGH 22.02.2017, Ra 2017/19/0001), bei der Abwägung ist aber auch zu berücksichtigen, dass er objektiv nur knapp zwei Jahre lang rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt.
Zugunsten des BF sind die mit seiner minderjährigen Schwester und seiner Großmutter, einer österreichischen Staatsbürgerin mit serbischen Wurzeln, in Österreich vorhandenen familiären Verbindungen zu berücksichtigen. Diese werden jedoch dadurch relativiert, dass der BF sie in Kenntnis seines unsicheren Aufenthaltsstatus führte, zumal ihm nie ein Aufenthaltstitel zur Niederlassung erteilt wurde, sondern vielmehr eine Aufenthaltsbewilligung für einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet zum Zweck des Schulbesuchs, der nicht zur Niederlassung berechtigt (vgl §§ 2 Abs 2 und 3, 8 Abs 1 Z 12, 63 NAG). Er durfte daher nicht von einer Erlaubnis zu einem nicht bloß vorübergehenden Verbleib im Bundesgebiet ausgehen. Auch seine Schwester verfügt nur über eine befristete Aufenthaltsbewilligung als Schülerin und nicht über einen Aufenthaltstitel zur Niederlassung. Da der BF volljährig ist, ist die Obsorge für ihn erloschen (§ 183 Abs 1 ABGB), sodass sein Aufenthalt in Österreich nicht (mehr) erforderlich ist, um die räumliche Nähe zur obsorgeberechtigten Großmutter zu gewährleisten und ihr die Ausübung der mit der Obsorge zusammenhängenden Pflichten zu ermöglichen.
Unter Privatleben iSd Art 8 EMRK ist nach der Rechtsprechung des EGMR das Netzwerk persönlicher, sozialer und ökonomischer Beziehungen zu verstehen, die das Privatleben eines jeden Menschen ausmachen. In diesem Zusammenhang sind die Sozialkontakte des BF, die er während seines Aufenthalts im Inland geknüpft hat, zu berücksichtigen, insbesondere die Freundschaften mit in Österreich lebenden Personen.
Der volljährige BF kann den Kontakt zu seiner Großmutter, zu seiner minderjährigen Schwester und den im Bundesgebiet lebenden Freunden auch ohne die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels einerseits durch wechselseitige Besuche in Österreich und in Serbien und anderseits über diverse Kommunikationsmittel (Telefon, E-Mail, Internet) aufrecht halten. Seine Großmutter kann ihn auch in seinem Herkunftsstaat weiterhin finanziell und - durch Besuche und anderweitige Kontakte - auch anderweitig unterstützen.
Es ist von einer gewissen Integration des BF auszugehen, die sich an seinen Deutschkenntnissen, der zum Teil im Inland absolvierten Schulausbildung und an der Aussicht auf eine Lehrstelle zeigt. Der Umstand, dass der BF einen Arbeitsplatz in Aussicht hat, ist zwar ein Anhaltspunkt für seine Integrationsbemühungen (vgl VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005), belegt aber seine Selbsterhaltungsfähigkeit nicht, zumal er aktuell keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und es sich bei der in Aussicht stehenden Beschäftigung um eine Lehrstelle mit einer entsprechend geringen Lehrlingsentschädigung handelt.
Der BF hat nach wie vor enge Bindungen zu seinem Herkunftsstaat, wo seine Eltern, zu denen er häufig telefonisch und persönlich Kontakt hat, sowie seine Tante und ihr Mann leben. Die Eltern des BF besuchten ihn und seine Schwester regelmäßig in Österreich und wohnen bei ihren durchschnittlich alle zwei Monate ("ca. fünf bis sieben Mal pro Jahr") stattfindenden Besuchen bei der Großmutter des BF, wo auch der BF lebt. Es ist daher jedenfalls nicht zu einer völligen Entfremdung gekommen, zumal die Obsorge nicht deshalb an die Großmutter des BF übertragen wurde, weil seine Eltern sein Wohl gefährdet hätten. Der BF wurde in Serbien geboren, hat dort bis 2010 im Familienverband gelebt und bis dahin die Schule besucht, ist mit den Gepflogenheiten vertraut, spricht die Landessprache. Er hat immer noch eine - allenfalls beengte bzw. provisorische - Wohnmöglichkeit in seinem Elternhaus, wo er auch vor seinem Umzug nach Österreich gemeinsam mit den jetzt dort lebenden Personen wohnte.
Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (vgl VwGH 26.11.2009, 2008/18/0720). Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (vgl VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253).
Durch den jahrelangen, nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Inland liegt ein objektiver Verstoß des BF gegen die öffentliche Ordnung im Bereich des Fremdenrechts vor. Er gab bei seiner Einvernahme durch das BFA an, dass "es immer vorgesehen war, auf Dauer in Österreich zu bleiben". Nach höchstgerichtlicher Judikatur ist bei einer derartigen, von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug" dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen. In einem solchen Fall ist sogar die Trennung von einem österreichischen Ehepartner gerechtfertigt (VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0191; siehe auch 20.10.2016, Ra 2016/21/0271).
Entscheidungswesentliche, den Behörden zuzurechnende überlange Verfahrensverzögerungen liegen nicht vor.
Da dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt, insbesondere der Verhinderung der Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung, ist das BFA trotz des mehrjährigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet, seiner zum Großteil im Inland absolvierten Schulbildung und seines Familien- und Privatlebens in Österreich zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass seine persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich weniger schwer wiegen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen. Die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels ist daher trotz gewisser Integrationsmomente nicht zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens geboten.
In einem Verfahren nach § 55 AsylG ist eine amtswegige Prüfung gemäß § 57 AsylG nicht vorgesehen (VwGH 27.07.2017, Ra 2017/22/0007), sodass die Behörde zu Recht keine solche Prüfung vornahm.
Die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG liegen nicht vor, sodass gemäß § 10 Abs 3 AsylG iVm § 52 Abs 3 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist. Die Gründe, warum die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig ist, decken sich mit den Überlegungen zur Abweisung des Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist daher als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder die Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK verletzt würden oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung des BF nach Serbien angesichts der festgestellten Situation dort mangels konkreter Anhaltspunkte für deren Unzulässigkeit zulässig. Der BF ist gesund und arbeitsfähig und wird daher in der Lage sein, in seiner Heimat, wo er auch Zugang zu den vorhandenen (wenn auch bescheidenen) öffentlichen Leistungen und zur Gesundheitsversorgung hat, wieder für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, ohne in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten, allenfalls auch mit Hilfe seiner dort verbliebenen Eltern. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell in Serbien - auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage dort - nicht vor. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist daher ebenfalls nicht korrekturbedürftig.
Gemäß § 55 FPG wird zugleich mit einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Diese beträgt - abgesehen von Fällen, in denen besondere Umstände vorliegen, die hier aber nicht behauptet wurden - 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheids. Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.
§ 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung sogar dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Zwar kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks durch Einvernahme des Fremden in der Beschwerdeverhandlung bei der Bewertung der integrationsbegründenden Umstände im Rahmen der Interessenabwägung sowie bei der Zukunftsprognose eine besondere Bedeutung zu (vgl VwGH 23.06.2015, Ra 2015/22/0026). Daraus ist aber keine generelle Pflicht zur Durchführung einer Beschwerdeverhandlung abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechender Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben
(vgl VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).
Da hier der Sachverhalt anhand der Aktenlage und des Beschwerdevorbringens geklärt ist und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine andere Entscheidung möglich wäre, kann die beantragte Verhandlung entfallen. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal ohnehin von der Richtigkeit der Behauptungen des BF über sein Privat- und Familienleben und seine Integrationsbemühungen ausgegangen wird.
Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG war nicht zuzulassen, weil es sich bei der Interessenabwägung gemäß Art 8 EMRK, die das Schwergewicht der Beschwerde bildet, um eine typische Einzelfallbeurteilung handelt.
Schlagworte
Interessenabwägung, öffentliches Interesse, Resozialisierung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G314.2187067.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.12.2018