TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/20 G314 2193059-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.2018
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Entscheidungsdatum

20.09.2018

Norm

BFA-VG §18
BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G314 2193059-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, ungarische Staatsangehörige, vertreten durch Dr. Stefan EIGL, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 01.03.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen und zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF) wurde am XXXX.2017 in XXXX verhaftet und mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 12.01.2018, XXXX, wegen Suchtgiftdelikten und weiterer strafbarer Handlungen zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Mit dem Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 31.01.2018 wurde sie aufgefordert, binnen zwei Wochen zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Stellung zu nehmen. Innerhalb dieser Frist langte keine Stellungnahme ein.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen die BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein achtjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde dagegen die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt III.). Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich die BF zwar seit mehr als fünf Jahren (aber noch nicht seit zehn Jahren) durchgehend im Bundesgebiet aufhalte und hier einen ordentlichen Wohnsitz und eine Beschäftigung habe. Aufgrund der noch nicht lange zurückliegenden gravierenden Suchtgiftdelinquenz müsse trotz ihres Daueraufenthaltsrechts aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, zumal aufgrund ihrer Vorstrafe von einer hohen Rückfallwahrscheinlichkeit auszugehen sei. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Privat- und Familienleben der BF sei damit nicht verbunden.

Am 12.03.2018 langte die (verspätete) Stellungnahme der BF ein, in der sie angibt, sich seit zwölf Jahren kontinuierlich im Bundesgebiet aufzuhalten, wo sich ihr Lebensmittelpunkt befinde. Sie sei mit einem Österreicher verlobt; zu Ungarn habe sie (abgesehen von ihren Eltern) kaum Anknüpfungspunkte. Sie verfüge über ausreichende Ersparnisse und werde voraussichtlich bedingt aus der Haft entlassen werden.

Gegen den oben angeführten Bescheid richtet sich die Beschwerde der BF mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ersatzlos zu beheben, der BF in Abänderung von Spruchpunkt II. des Bescheids einen Durchsetzungsaufschub zu gewähren und der Beschwerde in Abänderung von Spruchpunkt III. die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass sie im Strafverfahren nur auf Anraten ihres Verteidigers kein Geständnis abgelegt habe, seit 2004 ihren Lebensmittelpunkt in Österreich habe und die gegen sie verhängte Haftstrafe ausreiche, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Suchtgiftkriminalität weise weder besorgniserregende Wachstumsraten auf noch habe sie zu einer gesellschaftlichen Destabilisierung geführt. Bei den Straftaten der BF fehle ein grenzüberschreitender Aspekt. Im angefochtenen Bescheid werde eine falsche (zweiwöchige) Rechtsmittelfrist angegeben. Die Feststellung, die BF könne keiner legalen Beschäftigung nachgehen, sei nicht nachvollziehbar, zumal Prostitution nicht illegal sei und sie Steuern zahle. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei unzutreffend, zumal die BF zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 20.04.2018 einlangten, und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

In der Beschwerdeverhandlung am 30.07.2018 wurden die BF und ihr Verlobter XXXX als Zeuge einvernommen. Der BF wurde eine Frist von vier Wochen zur Vorlage von Nachweisen für ihren Aufenthalt in Österreich seit 2004 eingeräumt. Innerhalb dieser Frist langte ein Schreiben der BF ein, in dem sie bat, von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots Abstand zu nehmen; die aufgetragenen Nachweise wurden jedoch nicht vorgelegt.

Feststellungen:

Die BF kam am XXXX in der ungarischen Stadt XXXX zur Welt, wo ihre Eltern und ihr jüngerer Bruder nach wie vor leben. Ihre Schwester lebt in den Niederlanden. Die Muttersprache der BF ist Ungarisch. Sie besuchte in ihrem Herkunftsstaat bis zu ihrem 18. Lebensjahr die Schule und absolvierte eine Berufsausbildung in der Gastronomiebranche.

Von September 2004 bis Februar 2005 hielt sich die BF in Österreich auf. Danach verließ sie das Bundesgebiet und hielt sich bis Mai 2011 nicht in Österreich auf. Es kann nicht festgestellt werden, wo sie während dieser Zeit lebte. Sie wies zwischen Februar 2005 und Mai 2011 keine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf und war hier nicht sozialversichert. Im Mai 2011 kehrte sie nach Österreich zurück, wo sie sich seither kontinuierlich aufhält.

Während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet war die BF vorwiegend in verschiedenen Bordellbetrieben als Prostituierte erwerbstätig. Im Mai 2011, im August 2016 und im November 2016 war sie jeweils für einige Tage als Arbeiterin vollversichert erwerbstätig. Zwischen Oktober 2014 und August 2016 war sie als Escort Girl selbständig erwerbstätig und im Rahmen dieser Tätigkeit sozialversichert. Weitere Zeiten, in denen die BF in Österreich sozialversichert war, können nicht festgestellt werden. Ab November 2016 arbeitete sie von Österreich aus als Übersetzerin für ihre Mutter, die in Ungarn ein Unternehmen für Arbeitskleidung führt. Der BF wurde nie eine Anmeldebescheinigung ausgestellt.

In Ungarn ist die BF strafgerichtlich unbescholten. In Österreich wurde sie zwei Mal strafgerichtlich verurteilt. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 15.04.2015, XXXX, wurde sie wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB zu einer für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt, weil sie den Führerschein einer Kollegin unterdrückt hatte. Das Strafverfahren wegen weiterer Straftaten nach §§ 231, 229 StGB wurde unter Bedachtnahme auf diese Verurteilung gemäß § 192 Abs 1 Z 1 StPO eingestellt. Im September 2015 wurde ein Strafverfahren gegen die BF wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 und 2 SMG für eine zweijährige Probezeit gemäß §§ 35, 37 SMG vorläufig eingestellt.

Am XXXX.2017 wurde die BF verhaftet und in Folge in Untersuchungshaft genommen. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 12.01.2018, XXXX, wurde sie zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt; die Probezeit der zuvor gewährten bedingten Strafnachsicht wurde auf fünf Jahre verlängert. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass die BF im Zeitraum Frühjahr 2015 bis April 2017 einer Freundin Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28 b SMG) übersteigenden Menge (rund 1 kg Methamphetamin), das großteils zum gewinnbringenden Verkauf bestimmt war, überließ (Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG), Anfang 2017 Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigenden Menge (500 g Methamphetamin) zum Verkauf an unbekannte Abnehmer mit sich führte (Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG) sowie von Herbst 2013 bis Ende April 2017 Methamphatamin, Cannabis und Speed erwarb, (großteils zum Eigenkonsum) besaß und einem anderen kostenlos zum Konsum überließ (Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, teils Abs 2 SMG). Außerdem forderte sie ihre Freundin zwischen Ende April 2017 und Mitte Juni 2017 in wiederholten Angriffen dazu auf, in der Hauptverhandlung zu ihren Gunsten falsch auszusagen (Versuch der Bestimmung zum Vergehen der falschen Beweisaussage nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 StGB) sowie dazu, auszusagen, sie hätten das Methamphetamin von XXXX bezogen, obwohl sie wusste, dass er nichts damit zu tun hatte, wodurch er der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt werden sollte, indem er des Verbrechens des Suchtgifthandels falsch verdächtigt werden sollte (Versuch der Bestimmung zum Verbrechen der Verleumdung nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall, 297 Abs 1 zweiter Fall StGB). Dass es letztlich nicht dazu kam, war nicht dem Zutun der BF, sondern der Weigerung ihrer Freundin zuzurechnen. Bei der Strafzumessung wertete das Strafgericht das teilweise (untergeordnete) Geständnis als mildernd, das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen sowie den längeren Deliktszeitraum hingegen als erschwerend.

Die BF verbüßt derzeit die über sie verhängte Freiheitsstrafe in verschiedenen österreichischen Justizanstalten; gegenwärtig wird sie in der Justizanstalt XXXX angehalten. Das urteilsmäßige Strafende ist am 27.04.2021. Die BF hofft auf eine bedingte Entlassung Ende 2019, nach der Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe. Sie wird im gelockerten Vollzug (ohne Verschließung der Aufenthaltsräume oder der Tore am Tage) angehalten und arbeitet als Vorarbeiterin in der Wäscherei der Justizanstalt.

Die BF ist gesund und arbeitsfähig, ledig und hat keine Sorgepflichten. Sie hat weder Vermögen noch Sorgepflichten. Sie spricht gut Deutsch. Sie ist seit 2014 mit dem in XXXX lebenden, derzeit beschäftigungslosen österreichischen Staatsbürger XXXX liiert, der sie regelmäßig in der Justizanstalt besucht. Das Paar hat vor, zu heiraten, wenn die BF aus der Haft entlassen wird. Sie wird während der Haft auch von ihren Eltern und Geschwistern besucht. In Österreich leben auch Freunde und Bekannte der BF. Nach der Haftentlassung hat sie vor, im Gastgewerbe zu arbeiten.

Weitere wesentliche familiäre oder soziale Bindungen der BF in Österreich können nicht festgestellt werden, ebenso wenig eine weitergehende berufliche oder gesellschaftliche Integration.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG. Entscheidungswesentliche Widersprüche bestehen nicht.

Die Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den Angaben der BF, dem Strafurteil und den Informationen aus öffentlichen Registern (Strafregister, Fremdenregister, Zentrales Melderegister, Versicherungsdatenauszug).

Die Feststellungen zur Identität der BF und zu ihren persönlichen und finanziellen Verhältnissen beruhen auf den entsprechenden Feststellungen im vorliegenden Strafurteil vom 12.01.2018, die mit den Angaben der BF in Einklang stehen. In der Beschwerdeverhandlung gab sie an, dass ihre Eltern und ihr Bruder in Ungarn lebten, ihre Schwester in den Niederlanden und dass ihre Muttersprache Ungarisch sei. Auch die Feststellungen zur Ausbildung der BF folgen ihren plausiblen und grundsätzlich gut nachvollziehbaren Angaben dazu.

Die BF behauptet konsistent, sich seit 2004 durchgehend in Österreich aufzuhalten. Dem kann nicht gefolgt werden, zumal zwischen Februar 2005 und Mai 2011 weder eine Wohnsitzmeldung (laut Zentralen Melderegister) noch eine Sozialversicherung (laut Versicherungsdatenauszug) bestanden, was die BF in der Beschwerdeverhandlung bestätigte. Hätte sie sich tatsächlich auch während dieser Zeit im Inland aufgehalten und hier (wie sie angab) als Prostituierte gearbeitet, müsste es ihr möglich sein, dies durch entsprechende schriftliche Unterlagen (Meldebestätigungen, Anmeldebescheinigung, Miet- oder Dienstverträge, Einkommensteuerbescheide, Meldungen bei der Sozialversicherung) oder die Vorlage des Gesundheitsbuchs, in dem die für Sexarbeiter vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen dokumentiert werden, zu belegen. Bei einem Aufenthalt und einer Erwerbstätigkeit im Inland hätte sich die BF um die entsprechenden Meldungen und Kontrollen kümmern müssen. Auch wenn Bordellbetreiber wirklich - wie sie das vor dem BVwG schilderte - Steuer(voraus)zahlungen für sie übernommen hätte, hätte sie zumindest Nachweise dafür oder die von ihr trotzdem abzugebenden Steuererklärungen vorlegen können. Da aber überhaupt keine Urkunden vorgelegt wurden, obwohl der BF dafür noch in der Beschwerdeverhandlung eine Frist eingeräumt worden war, und auch keine anderen Beweisergebnisse für einen ununterbrochenen Inlandsaufenthalt der BF ab 2004 vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass sie sich während des fraglichen Zeitraums nicht im Bundesgebiet aufhielt. Mangels entsprechender Beweisergebnisse kann nicht festgestellt werden, wo sie sich in dieser Zeit aufhielt. Ab Mai 2011 liegen dagegen nahezu durchgehend Hauptwohnsitzmeldungen vor, sodass das Gericht (wie auch schon das BFA im angefochtenen Bescheid) davon ausgeht, dass sich die BF seither im Bundesgebiet aufhält.

Der Aussage der BF, sie habe in Österreich in Laufhäusern und Bars als Prostituierte gearbeitet, kann gefolgt werden, obwohl laut Versicherungsdatenauszug nur zwischen 2014 und 2016 eine selbständige und nur an wenigen Tagen eine unselbständige Erwerbstätigkeit nachvollzogen werden können, zumal sie durch Nebenwohnsitzmeldungen in diversen Bordellbetrieben ab Juni 2011 untermauert wird. Die Versicherungszeiten der BF werden anhand des Versicherungsdatenauszugs festgestellt, dessen Richtigkeit sie bei der Beschwerdeverhandlung bestätigte. Die Feststellungen zu ihrer Tätigkeit ab November 2016 beruhen ebenfalls auf ihrer Darstellung vor dem BVwG. Im Strafurteil wird ihre Beschäftigung mit "Escort Service und Dolmetscherin" angegeben, was damit und mit ihren Angaben zu ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit von 2014 bis 2016 gut in Übereinstimmung gebracht werden kann.

Das Fehlen einer Anmeldebescheinigung ergibt sich aus dem Fremdenregister. Auch die BF selbst behauptet nicht, dass ihr eine solche ausgestellt wurde.

Die Unbescholtenheit der BF in ihrem Herkunftsstaat wurde im Strafurteil vom 12.01.2018 festgestellt. Ihre strafgerichtlichen Verurteilungen und die zugrundeliegenden strafbaren Handlungen sowie die Strafzumessungsgründe können anhand des Strafurteils, aus dem auch die weiteren gegen sie geführten Strafverfahren hervorgehen, anhand des Strafregisters und der Vollzugsinformation festgestellt werden. Die Straftat, die der vorangegangenen Verurteilung zugrunde lag, wurde von der BF in der Beschwerdeverhandlung geschildert. Aus letzterer ergibt sich - übereinstimmend mit ihren Wohnsitzmeldungen in Justizanstalten und der Vorhaftanrechnung laut Strafurteil - auch der Vollzug der Freiheitsstrafe. Die Anhaltung im gelockerten Vollzug ergibt sich ebenfalls aus der Vollzugsinformation und ist angesichts des Erstvollzugs gut nachvollziehbar. Die Arbeit des BF während der Strafhaft wurde von ihr bei der Beschwerdeverhandlung dargelegt und ergibt sich auch aus der von der Justizanstalt übermittelten Besucherliste.

Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand der BF beruhen darauf, dass sie während des Strafvollzugs arbeitet, sich selbst als gesund bezeichnet und keine Hinweise auf gesundheitliche Einschränkungen hervorgekommen sind. Die Deutschkenntnisse des BF folgen aus ihren Angaben dazu und sind insbesondere deshalb plausibel, weil sie vor dem BVwG weitgehend auf Deutsch, ohne Dolmetscher, vernommen werden konnte.

Die Feststellungen zur Beziehung zwischen der BF und ihrem Verlobten basieren auf ihren weitgehend übereinstimmenden Angaben in der Beschwerdeverhandlung. In der Besucherliste sind mehrere seiner Besuche in der Justizanstalt XXXX dokumentiert, ebenso ein Besuch der Eltern der BF.

Aufgrund des langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet ist davon auszugehen, dass die BF hier auch Freundschaften geknüpft hat, wobei Anhaltspunkte für ein besonderes Naheverhältnis zu konkreten Personen fehlen. Sie schilderte bei der Beschwerdeverhandlung ihr Vorhaben, nach ihrer Entlassung im Gastgewerbe zu arbeiten. Dies ist aufgrund ihrer Ausbildung glaubhaft und schlüssig.

Das Verfahren hat keine Anhaltspunkte für eine über die Feststellungen hinausgehende Integration oder Anbindung der BF in Österreich ergeben.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag der BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Die BF weist in der Beschwerde zutreffend darauf hin, dass in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheids eine kürzere als die gesetzliche Beschwerdefrist angegeben ist. Dies führt aber gemäß § 61 Abs 2 AVG lediglich dazu, dass ein Rechtsmittel als rechtzeitig eingebracht gilt, wenn es innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht wurde, und hat daher hier aufgrund der jedenfalls rechtzeitig eingebrachten Beschwerde der BF keine weitere Konsequenz.

Die BF ist als Staatsangehörige von Ungarn EWR-Bürgerin iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG.

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (so etwa, wenn der EWR-Bürger zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurde), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.

§ 67 FPG setzt Art 28 der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG; vgl § 2 Abs 4 Z 18 FPG) um. Diese mit "Schutz vor Ausweisung" betitelte Bestimmung lautet:

"(1) Bevor der Aufnahmemitgliedstaat eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt, berücksichtigt er insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.

(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.

(3) Gegen Unionsbürger darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, wenn sie

a) ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder

b) minderjährig sind, es sei denn, die Ausweisung ist zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist."

Nach dem 24. Erwägungsgrund der Freizügigkeitsrichtlinie soll der Schutz vor Ausweisung in dem Maße zunehmen, wie Unionsbürger und ihre Familienangehörigen in den Aufnahmemitgliedstaat stärker integriert sind.

Bei Unionsbürgern, die nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Daueraufenthaltsrecht iSd § 53a NAG und Art 16 Freizügigkeitsrichtlinie erworben haben, ist nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots der in Art 28 Abs 2 Freizügigkeitsrichtlinie und § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen (VwGH 19.05.2015, Ra 2014/21/0057). Ein Aufenthaltsverbot gegen Personen, denen das Recht auf Daueraufenthalt zukommt, setzt demnach voraus, dass ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Der auch in Art 83 Abs 1 AEUV angeführte illegale Drogenhandel ist als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet ist, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und kann damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen, mit denen nach der Freizügigkeitsrichtlinie eine Ausweisung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Dies ist aufgrund einer individuellen Prüfung des konkreten Falls zu klären. Auch Straftaten, die die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar bedrohen, führen nicht zwangsläufig zur Ausweisung des Betroffenen. Eine Ausweisungsverfügung setzt voraus, dass das persönliche Verhalten des Betroffenen eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Im Allgemeinen muss daher eine Neigung des Betroffenen bestehen, sein Verhalten in Zukunft beizubehalten (EuGH Rs C-348/09).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Mangels eines zehnjährigen kontinuierlichen Aufenthalts der BF im Bundesgebiet ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG hier nicht maßgeblich.

Da der Gefährdungsmaßstab des § 66 Abs 1 letzter Halbsatz FPG ("schwerwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit") erfüllt ist, kann dahingestellt bleiben, ob der BF das Recht auf Daueraufenthalt gemäß § 53a NAG zukommt und ob es durch den Vollzug der mehrjährigen Freiheitsstrafe zum Abreißen ihrer hier geknüpften Integrationsbande und damit zur Unterbrechung ihres inzwischen über siebenjährigen Aufenthalts gekommen ist (vgl EuGH 17.04.2018, C-316/16, C-424/16).

Aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung der BF zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe sowie der Wirkungslosigkeit einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe und der vorläufigen Einstellung eines Strafverfahrens wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften hat das BFA hier zu Recht das Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Ordnung und damit der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots bejaht. Der BF sind nicht nur mehrere, zum Teil schwerwiegende Verstöße gegen das SMG über einen langen Tatzeitraum hinweg anzulasten, sondern auch gravierende strafbare Handlungen gegen die Rechtspflege. Der Umstand, dass sie in Bezug auf das Verbrechen des Suchtgifthandels nur eine einzige Abnehmerin hatte, entlastet sie nicht (zumal der gewinnbringende Weiterverkauf von ihrem Vorsatz umfasst war). Der Handel und die Vorbereitung des Handels mit großen Suchtgiftmengen zeigen - auch ohne grenzüberschreitende Komponente - ein sozialschädliches Verhalten und eine beträchtliche kriminelle Energie. Nach der Rechtsprechung des VwGH handelt es sich bei Suchtgiftdelinquenz um ein besonders verpöntes Fehlverhalten, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist (vgl VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014), zumal Delikte iSd § 28a SMG, auf denen die zweite Verurteilung der BF (auch) beruht, qualifizierte Formen der Suchtgiftkriminalität sind.

Aufgrund des langen Tatzeitraums, der wiederholten Verstöße gegen das SMG und der Versuche der BF, ihre Abnehmerin zu Verleumdung und Falschaussage anzustiften, um der Verantwortung für ihre Straftaten zu entgehen, kann derzeit trotz ihrer konkreten, realistischen Pläne für die Zeit nach der Haftentlassung keine positive Zukunftsprognose für sie erstellt werden. Sie wird den Wegfall der durch ihre strafgerichtliche Verurteilung indizierten Gefährlichkeit erst durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe unter Beweis stellen müssen. Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist nämlich grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).

Die Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, ist angesichts der massiven negativen Konsequenzen des Konsums illegaler Drogen ein Grundinteresse der Gesellschaft, insbesondere zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung. Das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot ist daher zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit und der Rechte und Freiheiten anderer dringend geboten.

Das Aufenthaltsverbot greift zwar nicht in das Familienleben, wohl aber in das Privatleben der BF ein. Bei der aus diesem Grund vorzunehmenden Interessenabwägung iSd § 9 BFA-VG sind ihr Aufenthalt im Bundesgebiet als Unionsbürgerin seit Mai 2011 sowie die Kontakte zu ihrem Verlobten und zu anderen in Österreich lebenden Freunden und Bekannten zu berücksichtigen. Für die BF sprechen außerdem ihre guten Deutschkenntnisse und ihre Erwerbstätigkeit im Inland. Ihrem daraus resultierenden erheblichen persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich stehen jedoch das Fehlen der strafgerichtlichen Unbescholtenheit und das große öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgifthandel, gegenüber.

Es bestehen nach wie vor starke Bindungen der BF zu ihrem Heimatstaat. Sie spricht Ungarisch, hat Bezugspersonen, namentlich ihre Eltern, in Ungarn und verbrachte dort ihre Schulzeit und die prägenden Jahre ihrer Kindheit und Jugend. Es wird ihr daher ohne große Probleme möglich sein, sich wieder in die dortige Gesellschaft zu integrieren, zumal sie die für die Zeit nach der Haftentlassung beabsichtigte Berufstätigkeit in der Gastronomie auch dort ausüben kann.

Die Kontakte zu ihrem Verlobten, die derzeit bereits durch den Strafvollzug eingeschränkt sind, können auch über Telefon, E-Mail und Internet sowie im Rahmen von Besuchen in Ungarn oder in anderen, nicht vom Aufenthaltsverbot betroffenen Staaten erfolgen. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist sogar eine Trennung von einem österreichischen Ehepartner gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (zuletzt VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0191). Aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung der BF ist daher eine Trennung von ihrem Verlobten wegen des großen öffentlichen Interesses an der Beendigung ihres Aufenthalts hinzunehmen. Auch die anderen privaten Kontakte der BF in Österreich können durch diverse Kommunikationsmittel und durch wechselseitige Besuche außerhalb Österreichs gepflegt werden. Der mit der Erlassung des Aufenthaltsverbots verbundene Eingriff in das Privatleben der BF ist daher grundsätzlich verhältnismäßig. Im Ergebnis überwiegt trotz starker Bezugspunkte in Österreich das öffentliche Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung ihr persönliches Interesse an einem Verbleib.

Es bedarf in Hinblick auf die schwerwiegende Delinquenz der BF eines angemessenen Zeitraums der Beobachtung ihres Wohlverhaltens, um sicherzustellen, dass sie im Bundesgebiet keine Straftaten mehr begehen wird. Die achtjährige Dauer des Aufenthaltsverbots ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden, obwohl der Strafrahmen nicht ausgeschöpft wurde und dem nunmehrigen Erstvollzug eine erhöhte spezialpräventive Wirkung zu attestieren ist. Ein Aufenthaltsverbot in dieser Dauer ist - in Anbetracht der mehrjährigen Freiheitsstrafe, der Verstöße gegen das SMG und gegen die Rechtspflege sowie der offenen Probezeit - notwendig, um eine nachhaltige Änderung des Verhaltens und ihrer Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken, zumal bei einer über fünfjährigen Freiheitsstrafe schon ein unbefristetes Aufenthaltsverbot möglich gewesen wäre.

In einer Gesamtbetrachtung kommt daher unter Bedachtnahme auf die in § 67 Abs 1 FPG iVm § 9 BFA-VG und Art 28 Abs 1 RL 2004/38/EG festgelegten Kriterien weder eine Aufhebung des Aufenthaltsverbots noch eine Reduktion der Dauer in Betracht. Letzteres scheidet vor allem angesichts der Gefahren des Handels mit einem gefährlichen Suchtgift in (über-)großer Menge trotz der privaten Bindungen der BF im Inland aus. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Da die BF während eines langen Tatzeitraums trotz offener Probezeit straffällig wurde und insbesondere massiv gegen das SMG verstieß, ist ihre sofortige Ausreise nach dem Strafvollzug im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig. Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubs gemäß § 70 Abs 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG ist vor diesem Hintergrund korrekturbedürftig, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids unbegründet ist.

Zu Spruchteil C): Unzulässigkeit der Revision:

Die bei der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0033). Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose (VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0022; 20.10.2016, Ra 2016/21/0284). Die Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG dabei an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Antragsbegehren, Aufenthaltsverbot, aufschiebende Wirkung,
aufschiebende Wirkung - Entfall, EU-Bürger, Gefährdungsprognose,
mangelnder Anknüpfungspunkt, öffentliches Interesse, strafrechtliche
Verurteilung, Suchtgifthandel, Urkundenunterdrückung, Verbrechen,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G314.2193059.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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