Entscheidungsdatum
20.09.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G313 1303108-3/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Kosovo, vertreten durch RA Mag. Johannes SCHMIDT, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.02.2017, Zl. XXXX, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit einem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: BVwG) vom 21.07.2015 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen.
2. Am 22.12.2015 wurde der verfahrensgegenständliche Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gestellt.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.11.2016 wurde gegen den BF zur Sicherung seiner Abschiebung die Schubhaft angeordnet, wobei zwar Fluguntauglichkeit, jedoch "Reisefähigkeit auf dem Landweg" festgestellt worden sei. Eine Inschubhaftnahme des BF folgte.
4. Mit Erkenntnis des BVwG vom 07.12.2016 wurde die gegen den Schubhaftbescheid erhobene Beschwerde abgewiesen und festgestellt, dass zum Entscheidungszeitpunkt die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen würden und "Reisefähigkeit auf dem Landweg" gegeben sei.
5. Gegen dieses Erkenntnis wurde Revision erhoben.
6. Die für 08.12.2016 geplante Abschiebung des BF scheiterte, weil von den ungarischen Behörden eine Beförderung des BF verweigert worden sei.
7. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 09.12.2016 wurde gegen den BF wieder zur Sicherung seiner Abschiebung die Schubhaft angeordnet und Fluguntauglichkeit und "Reisefähigkeit auf dem Landweg" bejaht.
8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: BVwG) vom 21.12.2016 wurde die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 09.12.2016 und die Anhaltung des BF in Schubhaft abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und einem amtsärztlichen Gutachten vom 14.12.2016 zufolge Reisefähigkeit des BF auch auf dem Luftweg möglich sei.
9. Gegen dieses Erkenntnis wurde fristgerecht Revision erhoben.
10. Am 27.12.2016 folgte die Abschiebung des BF in sein Herkunftsland.
11. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 20.02.2017 wurde der Antrag des BF auf Ausstellung einer Karte für Geduldete vom 22.12.2015 abgewiesen, mit der Begründung, dass die Voraussetzung für die Erteilung einer Duldung nicht gegeben seien und der Gesundheitszustand des BF behördlich hausreichend gewürdigt worden sei und nicht nur die "Ausreisefähigkeit" des BF, sondern auch eine "Abschiebung auf dem Landweg" für möglich erachtet werde.
12. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Beschwerde stattzugeben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
13. Mit Erkenntnis des VwGH vom 11.05.2017 wurde die gegen das Erkenntnis des BVwG vom 07.12.2016 erhobene Revision mit der Begründung abgewiesen, dass angesichts ärztlich festgestellter Fluguntauglichkeit und Reisefähigkeit auf dem Landweg mit ausreichender Wahrscheinlichkeit eine Abschiebung des BF möglich sei.
14. Mit Erkenntnis des VwGH vom 11.05.2017 wurde der gegen das Erkenntnis des BVwG vom 21.12.2016 erhobenen Revision im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, dass eine nähere Auseinandersetzung mit der dem BF nicht zur Kenntnis gebrachten amtsärztlichen Stellungnahme vom 14.12.2016, in welcher im Gegensatz zum Untersuchungsergebnis zwei Wochen zuvor neben Reisefähigkeit auf dem Landweg auch Reisefähigkeit auf dem Luftweg festgestellt worden sei, fehle.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist kosovarischer Staatsangehöriger.
1.2. Die der ersten Schubhaftanordnung von 30.11.2016 zugrundeliegende Rückkehrentscheidung wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 21.07.2015 rechtskräftig. Daraufhin wurde gegen ihn zur Sicherung seiner Abschiebung mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 30.11.2016, rechtskräftig mit Erkenntnis des BVwG vom 07.12.2016, und mit Mandatsbescheid vom 09.12.2016, rechtskräftig mit Erkenntnis des BVwG vom 21.12.2016, die Schubhaft verhängt.
1.3. Der BF stellte am 22.12.2015 einen Antrag auf Duldung seines Aufenthaltes im Bundesgebiet.
1.4. Der BF leidet an einer fortschreitenden Lungenkrankheit. In einem Ambulanzbericht eines Spitals vom 19.02.2016 wurde dem BF (allgemeine) Reiseunfähigkeit attestiert. In einer ärztlichen Stellungnahme eines anderen Spitals vom 14.12.2016 wurde dem BF neben Reisefähigkeit auf dem Landweg auch eine Reisefähigkeit auf dem Luftweg attestiert.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter I. angeführte Verfahrensgang und die unter II.1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie des nunmehr dem BVwG vorliegenden Gerichtsaktes.
Die der ersten Schubhaftanordnung von 30.11.2016 zugrundeliegende Rückkehrentscheidung wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 21.07.2015 rechtskräftig (AS 211ff). Der daraufhin folgende Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 30.11.2016 (AS 295ff), rechtskräftig mit Erkenntnis des BVwG vom 07.12.2016 (AS 383ff), und der weitere Mandatsbescheid vom 09.12.2016 (AS 447ff), der mit Erkenntnis des BVwG vom 21.12.2016 bestätigt wurde (AS 531ff), liegen ebenso dem vorliegenden Akteninhalt ein. Dass das Erkenntnis des BVwG vom 21.12.2016 mit Erkenntnis des VwGH vom 11.05.2017 wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben wurde, war nach Einsichtnahme in ein internes Programm feststellbar.
2.2. Zur Person des BF und zu seinem Gesundheitszustand:
2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum) und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
2.2.2. Dass der BF an einer Lungenkrankheit leidet, ergab sich aus dem Akteninhalt.
Mit einem Ambulanzbefund vom 19.02.2016 wurde ihm deswegen (allgemeine) Reiseunfähigkeit attestiert (AS 615 f). Mit einem vom Amtsarzt bestätigten Arztbefund eines anderen Spitals vom 14.12.2016 wurde hingegen Fluguntauglichkeit des BF festgestellt (AS 527).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1
B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.
Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.
Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (Waffenverbot), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebraucht macht.
3.2. Von der belangten Behörde angewandtes Recht:
3.2.1. Der mit "Duldung" betitelte § 46a FPG lautet:
"§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange
1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;
2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;
3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder
4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;
es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an.
(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.
(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe liegen jedenfalls vor, wenn er
1. seine Identität verschleiert,
2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder
3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.
(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn
1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;
2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;
3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder
4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.
Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.
(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet."
Der mit "Verbot der Abschiebung" betitelte § 50 FPG lautet:
§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht."
3.3. Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren und der Bescheid erweisen sich in einigen Punkten als mangelhaft:
3.3.1. Der angefochtene Bescheid begründete die Abweisung des Antrages des BF auf Duldung seines Aufenthaltes im Bundesgebiet folgendermaßen:
"Sie beantragten eine Ausstellung einer Karte für Geduldete unter Berufung auf die Voraussetzungen des § 46a Abs. 1 Z. 3 FPG. Derartige Voraussetzungen liegen jedoch in Ihrem Fall nicht vor.
Ihr Vorbringen bezüglich ihres Gesundheitszustandes wurde in allen behördlichen Verfahren ausreichend gewürdigt.
Auf Grund ihrer aktenkundigen und vorgelegten medizinischen Befunde wurden von behördlicher Seite Untersuchungen veranlasst, und konnte nicht nur eine Ausreisefähigkeit, sondern auch festgestellt werden, dass eine Abschiebung auf dem Luftweg möglich ist.
Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass ihre Abschiebung gemäß § 50 FPG unzulässig gewesen wäre.
Da in Ihrem Fall somit die Voraussetzung der Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z. 3 FPG nicht vorliegt, war Ihr Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete somit gemäß § 46a Abs. 4 FPG abzuweisen."
Im angefochtenen Bescheid wurde zwar auf behördlich veranlasste ärztliche Untersuchungen des BF hingewiesen, nicht jedoch die konkreten Untersuchungsergebnisse angeführt, auf welche die dem BF attestierte "Reisefähigkeit" sowohl auf dem Land- als auch auf dem Luftweg gestützt wurden.
Bezüglich der Feststellung, die Abschiebung des BF sei nicht unzulässig, fehlt eine nähere Auseinandersetzung mit dem Gesundheitszustand und der Reisefähigkeit des BF, der, wie er in seiner Beschwerde betont, an einer fortschreitenden Lungenerkrankung leidet, gegen das Spital, das seine Flugtauglichkeit bescheinigt habe, zuvor wegen angeblicher Falschbehandlung ein Schiedsverfahren eingeleitet habe, und dies der belangten Behörde am 01.09.2016 auch mitgeteilt habe. Mit der belangten Behörde sei am 30.11.2016 vereinbart worden, dass der BF nicht mehr von diesem, sondern von einem anderen Spital, dessen Ambulanzbericht mit dem BF attestierter Fluguntauglichkeit vom Amtsarzt für richtig befundet worden sei, auf seine Reisefähigkeit untersucht werden soll. Der BF sei jedoch daraufhin zweimal vom Spital, gegen das ein Schiedsverfahren geführt worden sei, und nicht vom vereinbarten Spital untersucht worden.
Vor dem Hintergrund dieses Beschwerdevorbringens fehlt im angefochtenen Bescheid jedenfalls eine nähere Auseinandersetzung mit (amts-)ärztlichen Befunden zum Gesundheitszustand und zur "Reisefähigkeit" des BF.
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).
Zusammenfassend ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie hinsichtlich der Abweisung des Antrages des BF auf Duldung vom 22.12.2015 die für die Begründung des Bescheides erforderliche Sorgfalt vermissen lässt und diese damit nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung entspricht (vgl. § 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).
Die belangte Behörde hat notwendige Ermittlungen, welche für ihre Entscheidung jedoch notwendig gewesen wären unterlassen - bzw. hat sie diese nur ansatzweise durchgeführt.
3.3.2. Es hat sich nicht ergeben, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das BVwG selbst im Interesse der Raschheit gelegen wäre, zumal nichts darauf hindeutet, dass die erforderliche Feststellung durch das BVwG selbst, verglichen mit der Feststellung durch die belangte Behörde nach Zurückverweisung der Angelegenheit, mit einer wesentlichen Zeitersparnis und Verkürzung der Verfahrensdauer verbunden wäre.
Schließlich liegt auch kein Anhaltspunkt dahingehend vor, dass die Feststellung durch das BVwG selbst im Vergleich zur Feststellung durch die Verwaltungsbehörde mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.
Aus den dargelegten Gründen war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da im gegenständlichen bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Duldung, Ermittlungspflicht, gesundheitliche Beeinträchtigung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G313.1303108.3.00Zuletzt aktualisiert am
19.12.2018