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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FlKonv Art33;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der S S, (geb. 19.12.1971), in Wien, vertreten durch Czerwenka & Partner, Rechtsanwälte KEG in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. Oktober 1997, Zl. SD 1065/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. Oktober 1997 wurde die Beschwerdeführerin, eine armenische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Die Beschwerdeführerin, die am 17. Oktober 1993 gemeinsam mit ihrem Gatten mit Hilfe eines Schleppers (also illegal) in das Bundesgebiet eingereist sei, habe am 19. Oktober 1993 einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. November 1993 und im Instanzenzug mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Dezember 1993 (rechtswirksam erlassen am 21. Dezember 1993) abgewiesen worden sei. Die Beschwerdeführerin habe sich vor ihrer Einreise in der Tschechischen Republik aufgehalten und sei dort vor Verfolgung sicher gewesen. Sie habe somit nie über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 AsylG verfügt. Da die Beschwerdeführerin weder im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 AsylG gewesen sei noch über eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz verfüge, seien die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG gegeben. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden die Ausweisung zu verfügen, sofern dem nicht § 19 FrG entgegen stehe.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 leg. cit. betreffe, so sei auf Grund der illegalen Einreise und des zwar tolerierten, aber rechtswidrigen Aufenthaltes von keiner relevanten Integration der Beschwerdeführerin auszugehen. Auf Grund der Tatsache, dass sie im Bundesgebiet ein Kind zur Welt gebracht habe und sich auch ihr Mann hier aufhalte, sei von einem Eingriff in ihr Familienleben auszugehen gewesen, wobei sich dieser insofern relativiere, als sich auch die Angehörigen der Beschwerdeführerin unrechtmäßig in Österreich aufhielten. Gegen ihren Gatten sei bereits ein Aufenthaltsverbot erlassen worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien von der Beschwerdeführerin in gravierender Weise missachtet worden. Zu ihren Ungunsten falle nicht nur ins Gewicht, dass sie sich seit vier Jahren illegal im Bundesgebiet aufhalte, sondern auch, dass sie ihren unrechtmäßigen Aufenthalt ungeachtet der rechtskräftigen Abweisung ihres Antrags nach dem Aufenthaltsgesetz fortgesetzt habe. Die dadurch bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten gewesen seien, als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet. Dieses Abwägungsergebnis werde noch durch den Umstand verstärkt, dass die Beschwerdeführerin rechtens nicht in der Lage sei, ihren Aufenthalt in Österreich von hier aus zu legalisieren. Somit sei die Ausweisung der Beschwerdeführerin im Grunde des § 19 FrG zu Recht verfügt worden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zugrunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde. Die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt vorliegend daher nicht zum Tragen.
2. Die Beschwerdeführerin lässt unbestritten, dass ihr (unmittelbar nach ihrer Einreise gestellter) Asylantrag mit dem unter I.1. genannten Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Dezember 1993 abgewiesen und ihr weiters keine Aufenthaltsbewilligung nach dem AufG erteilt worden sei. Ihr (erkennbares) Vorbringen, sie sei gemäß § 7 AsylG zum Aufenthalt in Österreich berechtigt, geht schon deshalb fehl, weil eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 - so eine solche bestanden hätte - jedenfalls mit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens durch den vorgenannten Ministerialbescheid geendet hätte (§ 7 Abs. 3 leg. cit.), zumal die Beschwerde nicht behauptet, dass einer (allfälligen) gegen diesen negativen Asylbescheid gerichteten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei.
3. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei als Flüchtling im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention anzusehen, Art. 33 dieser Konvention sei unmittelbar anwendbar und gehe als "Sonderrecht" gegenüber dem FrG vor, was die Anwendbarkeit des § 17 FrG auf die Beschwerdeführerin ausschließe, ist ebenfalls nicht zielführend. Art. 33 GFK hat nämlich nicht die Ausweisung (mit dem Begriffsinhalt einer Ausreiseverpflichtung, wie dies auf § 17 FrG zutrifft), sondern das Refoulement-Verbot (Z. 1) und die Refoulement-Befugnis (Z. 2) zum Gegenstand (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1998, Zl. 97/18/0533, mwH). Im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung ist von der Behörde auf eine allfällige Gefährdungs- und/oder Bedrohungssituation im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 (die zuletzt genannte Bestimmung verweist auf Art. 33 Z. 1 der genannten Konvention) nicht Bedacht zu nehmen. Zur Prüfung der Frage, ob in Ansehung der Beschwerdeführerin eine derartige Situation vorliege, stand dieser vielmehr ein eigenes Verfahren zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat zur Verfügung (§ 54 FrG). Vor diesem Hintergrund kann das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend ihre Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder § 37 Abs. 2 FrG in ihrem Heimatland bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides außer Betracht bleiben.
Weiters ist anzumerken, dass gemäß § 9 Abs. 1 AsylG § 17 FrG nur auf Flüchtlinge, die Asyl haben, sowie auf Asylwerber, die eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung haben (§ 7 AsylG) und auf Fremde mit befristeter Aufenthaltsberechtigung (§ 8 AsylG) nicht zur Anwendung kommt. Da die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die rechtskräftige Abweisung ihres Asylantrags weder als Flüchtling mit Asyl noch als Asylwerber anzusehen ist, und sich weder aus ihrem Vorbringen noch aus dem Verwaltungsakt ein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass sie zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Besitz einer befristeten Aufenthaltsberechtigung der besagten Art gewesen wäre, kommt auch von daher § 17 FrG im Fall der Beschwerdeführerin zum Tragen.
4. Die von der belangten Behörde durchgeführte Abwägung nach § 19 FrG erweist sich entgegen der Beschwerde nicht als rechtsirrig. In Anbetracht der im angefochtenen Bescheid genannten familiären Beziehungen der Beschwerdeführerin und der Dauer ihres Aufenthalts in Österreich hat die belangte Behörde zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in die von § 19 FrG geschützten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin angenommen. Ebenso zutreffend ist die belangte Behörde aber zur Auffassung gelangt, dass die Beschwerdeführerin durch ihren unberechtigten Aufenthalt in der Dauer von etwa vier Jahren das aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH) gravierend verletzt hat. Dabei fällt - mit der Behörde - zu Ungunsten der Beschwerdeführerin weiters ins Gewicht, dass sie auch nach der - unbestrittenen - Abweisung ihres Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht aus Österreich ausreiste, und sich nach dem angefochtenen Bescheid auch ihre Angehörigen - was die Beschwerde nicht in Zweifel zieht - unberechtigt in Österreich aufhielten. Von daher kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertreten hat, dass die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet.
Auf dem Boden des Gesagten ist auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte den bekämpften Bescheid im Lichte des § 19 FrG - als Folge mangelhafter Beweisergebnisse - nicht ausreichend begründet, nicht zielführend, zumal der von der Beschwerde dazu ins Treffen geführte Gesichtspunkt, dass es für die Beschwerdeführerin auf Grund der "politischen Lage" in ihrem Heimatland unzumutbar sei, dorthin zurückzukehren, ein gegebener Zusammenhang rechtlich irrelevant ist, weil mit einer Ausweisung nicht (auch) ausgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde.
5. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. September 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998180193.X00Im RIS seit
20.11.2000