Entscheidungsdatum
26.09.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
G314 2205286-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, StA.:
Kosovo, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2018, Zl.: XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots zu Recht:
A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene
Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass es in Spruchpunkt VI. zu lauten hat: "Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen".
C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) beantragte erstmals am 09.04.2014 in Österreich internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit dem Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 12.06.2014, Zl. XXXX, gemäß § 5 Abs 1 AsylG zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Ungarn zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF angeordnet und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ungarn zulässig sei. Die Beschwerde des BF dagegen wurde mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 05.09.2014, W184 2009191-1, als unbegründet abgewiesen. Am 06.08.2014 reiste der BF unter Gewährung von Rückkehrhilfe selbständig in den Kosovo aus.
Am 28.01.2015 beantragte der BF neuerlich in Österreich internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er an, er sei im Kosovo mit einer Frau liiert gewesen, die sich das Leben genommen habe. Seither habe er Probleme mit ihrer Familie, von der er Morddrohungen erhalten und vor der er Angst habe. Dieser Antrag wurde mit dem Bescheid des BFA vom 04.02.2015, Zl. XXXX, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in den Kosovo zulässig sei. Die Beschwerde des BF dagegen wurde mit dem Erkenntnis des BVwG vom 27.05.2015, G306 2100570-1, als unbegründet abgewiesen. Der BF begab sich daraufhin nach Italien, wo er am 15.12.2015 internationalen Schutz beantragte und wo ihm daraufhin eine bis 15.06.2016 gültige Aufenthaltsgenehmigung ("permesso di soggiorno per stranieri") erteilt wurde. Eine weitere Aufenthaltsgenehmigung wurde ihm nicht mehr erteilt.
Am 08.04.2018 wurde der BF bei einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle in XXXX aufgegriffen, vorübergehend festgenommen, über seine Ausreiseverpflichtung informiert und aufgefordert, nachweislich freiwillig in den Kosovo zurückzukehren. Mit dem Schreiben des BFA vom 09.04.2018 wurde dem BF die Möglichkeit gegeben, eine Stellungnahme zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung und allenfalls auch eines Einreiseverbots abzugeben. Er erstattete keine Stellungnahme; es langte auch kein Nachweis über seine Ausreise ein.
Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem BF kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 FPG ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
Die Rückkehrentscheidung wurde mit dem nicht rechtmäßigen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet, dem Ablauf der Gültigkeitsdauer seines italienischen Aufenthaltstitels und dem Fehlen relevanter privater und familiärer Anknüpfungspunkte begründet. Ein beharrliches illegales Verbleiben nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens und ein länger dauernder illegaler Aufenthalt würden nach der Rechtsprechung des VwGH eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen. Die Zulässigkeit der Abschiebung in den Kosovo wurde mit dem Fehlen einer relevanten Gefährdung iSd § 50 FPG begründet. Der BF sei in seinem Herkunftsstaat ausreichend sozialisiert, mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut und beherrsche die übliche Sprache. Als junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann könne er sich dort wieder eine Existenz aufbauen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde damit begründet, dass der Verbleib des BF in Österreich die öffentliche Ordnung gefährde, sodass seine sofortige Ausreise erforderlich sei, weil er sich weder an behördliche Anordnungen noch an die österreichischen Gesetze halte, seinen Ausreiseverpflichtungen nicht nachgekommen sei und seinen Unterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten könne. Das Einreiseverbot wurde damit begründet, dass sich der BF seiner für Dezember 2015 geplanten Abschiebung durch Untertauchen entzogen habe und seiner Ausreiseverpflichtung im April 2018 nicht nachgekommen sei. Er falle daher in den Anwendungsbereich von Art 11 der Rückführungsrichtlinie (RL 2008/115/EG); es liege eine nicht bloß geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung vor. Die Nichteinhaltung der Anweisung, das Bundesgebiet bzw. den Schengenraum zu verlassen, erfülle zwar keinen der (demonstrativ aufgezählten) Tatbestände des § 53 Abs 2 FPG, sei aber geeignet, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden. Die Umgehung oder Missachtung der Vorschriften des FPG sei kein geringfügiges oder minderes Fehlverhalten und könne auch dann bei der Gefährlichkeitsprognose berücksichtigt werden, wenn es nicht zu einer (gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen) Bestrafung geführt habe. Außerdem sei der Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 6 FPG erfüllt, weil der BF nicht in der Lage sei, die Mittel für seinen Unterhalt nachzuweisen. Mangels eines Aufenthaltstitels könne er in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgehen. Er habe keinen Anspruch auf Grundversorgungsleistungen und habe sich "freiwillig in die Mittellosigkeit begeben".
Der Bescheid wurde dem BF aufgrund seines unbekannten Aufenthalts durch Hinterlegung im Akt (§§ 8 Abs 2, 23 Abs 2 ZustG) am 16.08.2018 zugestellt, zumal eine Abfrage im Zentralen Melderegister (ZMR) keine aktuelle Wohnsitzmeldung ergab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 05.09.2018 samt Beschwerdeergänzung vom 06.09.2018 mit den Anträgen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu, dahin abzuändern, dass dem BF ein Aufenthaltsberechtigung gemäß §§ 55 oder 57 AsylG erteilt werde, in eventu, die Rückkehrentscheidung aufzuheben und die Abschiebung in den Kosovo für unzulässig zu erklären, in eventu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an das BFA zurückzuverweisen sowie allenfalls das Einreiseverbot zu beheben, in eventu, die Dauer angemessen zu reduzieren. Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass er unbescholten sei und versuche, sich in die Gesellschaft einzugliedern. Von ihm gehe keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr aus. Er verfüge in Österreich über ein soziales Umfeld, habe Freunde, die ihn unterstützten, und sei mit einer in XXXX lebenden rumänischen Staatsangehörigen liiert, die er fast jeden Tag treffe und mit der er zusammenziehen wolle. Eine Abschiebung in den Kosovo und ein dreijähriges Einreiseverbot würden Art 8 EMRK verletzen. Das BFA hätte die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG prüfen müssen. Bei einer Rückkehr in den Kosovo wäre der BF einer realen Gefahr iSd Art 2 und 3 EMRK ausgesetzt, weil er dort um sein Leben fürchte. Das sei auch der Grund, warum er der Ausreiseverpflichtung noch nicht nachgekommen sei. Der Beschwerde sei wegen der drohenden Verletzung von Art 3 und Art 8 EMRK die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG zuzuerkennen.
Am XXXX.2018 wurde der BF neuerlich in Linz aufgegriffen und festgenommen. Bei seiner Einvernahme vor dem BFA am 20.08.2018 stellte er einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, den er bei seiner Erstbefragung und bei seiner Einvernahme vor dem BFA am 03.09.2018 mit denselben Fluchtgründen wie 2015 (Verfolgung durch die Familie seiner Ex-Freundin, die Suizid begangen habe) begründete. Ihm sei seit 2012 bekannt, dass er deshalb nicht in den Kosovo zurückkehren könne. Andere Gründe für eine unmenschliche Behandlung oder Strafe, die Todesstrafe oder irgendwelche Sanktionen würden ihm bei seiner Rückkehr in den Kosovo nicht drohen. Er habe keine Probleme mit dem kosovarischen Staat. Es gebe seit dem letzten Asylverfahren weder Neuigkeiten betreffend die Fluchtgründe noch andere Gründe für die neuerliche Asylantragstellung.
Mit dem Bescheid des BFA vom 04.09.2018, Zl. XXXX, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 20.08.2018 gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde dem BF am 05.09.2018 durch eigenhändige Übergabe zugestellt.
Das BFA legte dem BVwG die Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.08.2018 und die Akten des Verwaltungsverfahrens (offenbar irrtümlich unter Bezugnahme auf § 68 AVG) vor, beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und informierte das BVwG darüber, dass der BF wiederholt nicht bei der abendlichen Standeskontrolle in der Grundversorgungsstelle (ErstaufnahmestelleXXXX) anwesend gewesen sei. Die Beschwerde und die Akten langten am 10.09.2918 beim BVwG ein.
Feststellungen:
Der BF kam in XXXX im heutigen Kosovo zur Welt. Er besuchte dort zwölf Jahre lang die Schule und absolvierte eine Ausbildung zum Mechaniker. Anschließend war er in seinem Herkunftsstaat als Mechaniker erwerbstätig. Er verfügt über einen am 08.02.2012 ausgestellten und bis 07.02.2022 gültigen kosovarischen Reisepass.
Die Muttersprache des BF ist Albanisch, er spricht aber auch etwas Deutsch. Er ist Moslem.
Seine Eltern und zwei seiner Geschwister leben im Kosovo, ebenso seine ehemalige Lebensgefährtin mit den gemeinsamen, 2008 bzw. 2011 geborenen Kindern. Eine seiner Schwestern lebt in Deutschland; 2012 wurde ihm für einen Besuch bei ihr ein von 08.09.2012 bis 07.10.2012 gültiges Schengen-Visum ausgestellt. Weitere Visa wurden ihm nicht erteilt. XXXX, der Schwager des BF, lebt in XXXX. Zwischen Februar 2015 und Dezember 2015 war der BF mit Hauptwohnsitz in XXXX bei ihm als Unterkunftgeber gemeldet; darüber hinaus liegen im Bundesgebiet (abgesehen von Meldungen in Grundversorgungsstellen im April/Mai 2014 und in der Erstaufnahmestelle XXXX ab 20.08.2018) keine Wohnsitzmeldungen vor.
Ein Bruder des BF lebt in Italien. Zu ihm begab sich der BF Ende 2015, sodass seine für Dezember 2015 geplante Abschiebung aus Österreich nicht durchgeführt werden konnte. In Italien beantragte der BF internationalen Schutz und erhielt als Asylwerber eine von 15.12.2015 bis 15.06.2016 gültige Aufenthaltsgenehmigung ("permesso di soggiorno per stranieri"). Eine weitere Aufenthaltsgenehmigung wurde ihm nicht erteilt. Der BF wohnte in XXXX und war in Italien als Mechaniker erwerbstätig. Er hielt sich zwischendurch immer wieder vorübergehend in Österreich auf.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er war in Österreich nie legal erwerbstätig und verfügte nur von 09.04.2014 bis 14.04.2014 und von 29.01.2015 bis 08.02.2015 über eine gesetzliche Krankenversicherung als Asylwerber. Er ist mit dem in XXXX wohnhaften kosovarischen Staatsangehörigen XXXX befreundet, ohne dass eine wechselseitige Abhängigkeit besteht. Seit ca. einem Jahr ist er mit der in XXXX wohnhaften und dort erwerbstätigen rumänischen Staatsangehörigen XXXX liiert; ein gemeinsamer Haushalt besteht nicht.
Bei der Kontrolle am XXXX.2018 hatte der BF ein Kraftfahrzeug ohne Lenkberechtigung gelenkt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn eine Geldstrafe von EUR 365 verhängt. Anschließend kehrte er nach Italien zurück und reiste am 16.08.2018 wieder in das Bundesgebiet ein, wo er sich bis 19.08.018 bei XXXX aufhielt.
Nach seinem neuerlichen Asylantrag bezog der BF Leistungen aus der Grundversorgung. In seinem Grundversorgungsquartier (Erstaufnahmestelle XXXX) war er häufig nicht anwesend, weil er bei XXXX nächtigte. Ab 07.09.2018 hielt er sich nicht mehr in diesem Grundversorgungsquartier auf. Am 20.08.2018 verfügte er - abgesehen von Bargeld von EUR 75 - über keine finanziellen Mittel.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten. Gegen ihn besteht seit März 2016 eine Aufenthaltsermittlung des Bezirksgerichts XXXX wegen des Verdachts des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen. Er hat in Österreich keine weiteren, über die Feststellungen hinausgehenden familiären oder sozialen Bindungen und ist hier weder beruflich noch gesellschaftlich integriert. Auch in anderen Staaten, für die die Rückführungsrichtlinie gilt, können keine weiteren familiären, sozialen oder gesellschaftlichen Bindungen des BF festgestellt werden.
Der BF hat bei seiner Rückkehr in den Kosovo dort keine Sanktionen zu befürchten. Er wird dort weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen Gründen verfolgt. Er hatte keine Probleme mit den dortigen Behörden; solche sind auch bei seiner Rückkehr nicht zu befürchten. Ebensowenig ist zu befürchten, dass er nach seiner Rückkehr im Kosovo in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten wird.
Zur allgemeinen Lage im Kosovo:
Der Kosovo ist eine Republik mit parlamentarischer Demokratie. Die Verfassung enthält neben den Grundwerten moderner europäischer Verfassungen und dem Prinzip der Gewaltenteilung umfassenden Schutz, zum Teil Privilegien für die anerkannten Minderheiten. Das Mandat der EU-Rechtsstaatsmission EULEX mit dem Auftrag, die kosovarischen Behörden beim Aufbau eines multiethnischen Justiz-, Polizei- und Zollwesens zu unterstützen und an rechtsstaatliche EU-Standards heranzuführen, wurde bis Juni 2018 verlängert.1
Im Norden Kosovos (Gemeinden Zubin Potok, Leposavic, Zvecan und Nord-Mitrovica) hat sich die Lage seit den gewalttätigen Zusammenstößen Ende Juli 2011 weitgehend beruhigt, sie bleibt aber angespannt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es erneut zu isolierten sicherheitsrelevanten Vorkommnissen kommt. Im restlichen Teil Kosovos ist die Lage grundsätzlich ruhig und stabil.
Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. Ein effizientes Disziplinarverfahren gegen Richter und Staatsanwälte ist vorhanden. Das Justizwesen weist trotz gewisser Fortschritte noch erhebliche Mängel auf. Es gibt immer wieder Berichte über Korruption, politische Einflussnahme und mangelnde Effizienz im Gerichtswesen.
Insbesondere außerhalb der größeren Städte sind nicht selten Racheakte aus verschiedenen Gründen zu beobachten, die landläufig als "Blutrache" bezeichnet und ohne Beachtung der einschränkenden Regeln des Kanun beharrlich betrieben werden, zum Teil mit blutigen oder tödlichen Folgen. Beteiligte an solchen Taten werden verfolgt, angeklagt und verurteilt. Die Praxis der Blutrache ist durch die Verfassung und die geltenden Gesetze verboten. Exekutivorgane sind verpflichtet, Schutz für bedrohte Personen zu gewährleisten. Blutrachemotivierte Verbrechen werden von Gerichten als erschwerende Umstände bei der Bestrafung berücksichtigt. Bei einer Bedrohung aufgrund einer Blutfehde kann man sich an die Polizei, die im Kosovo einen guten Ruf verfügt, wenden, die jedoch keinen 24-Stunden-Schutz anbieten kann. Blutrachemorde werden untersucht und verfolgt, wobei die Strafen üblicherweise zwischen 15 und 25 Jahren Gefängnis liegen.
Es gibt Polizeistationen im ganzen Land, wo man Anzeigen erstatten kann. Anzeigen können auch beim Büro der Staatsanwaltschaften, bei der EULEX-Staatsanwaltschaft und beim Ombudsmann eingereicht werden. Die Kriminalität, mit Ausnahme der organisierten Kriminalität und der Korruption, ist rückläufig und niedriger als im gesamteuropäischen Vergleich.
Das Verbot der Anwendung der Todesstrafe sowie das Verbot der Folter und unmenschlicher Behandlung sind in der kosovarischen Verfassung verankert. Es sind keine Fälle von Folter durch staatliche Stellen bekannt, ebenso wenig Fälle von unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung.
Der Kosovo hat strenge Antikorruptionsgesetze und es gibt zahlreiche Antikorruptionsinstitutionen. Die Behörden waren allerdings nicht fähig, Fälle von Korruption erfolgreich zu untersuchen, zu verfolgen und zu bestrafen.
Es gibt keine Hinweise auf staatliche Repressionen oder Menschenrechtsverletzungen. Probleme beim Aufbau eines funktionierenden Justizsystems sowie einer effizienten Verwaltung, aber auch das hohe Maß an Korruption beeinflussen jedoch den Schutz zentraler Menschenrechte. Das Anti-Diskriminierungsgesetz wird nicht konsequent angewendet. Es kommt immer wieder zu einzelnen Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen, denen in der Regel durch Nichtregierungsorganisationen, den Ombudsmann und auch durch staatliche Stellen nachgegangen wird. Zahlreiche nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen können ohne Einschränkungen seitens der Regierung ihren Aufgaben nachgehen, Menschenrechtsfälle untersuchen und die Ergebnisse darüber publizieren.
Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Meinungs- und Pressefreiheit sind durch die kosovarische Verfassung garantiert. Diese Rechte können generell ohne staatliche Einschränkungen wahrgenommen werden, vereinzelt kommt es aber zu Einschüchterungsversuchen, Bedrohung oder versuchter Einflussnahme durch Politik, Wirtschaft und organisierte Kriminalität.
Die politische Opposition wird in ihrer Betätigung nicht eingeschränkt.
Die Verhältnisse in den neueren Gefängnissen und Vollzugsanstalten entsprechen im Allgemeinen internationalen Standards, es gibt aber noch sehr viele alte Haftanstalten, die diesen nicht mehr entsprechen (z.B. Zellengröße, Ausstattung). Die kosovarische Regierung versucht, dies durch entsprechende bauliche und organisatorische Maßnahmen zu verbessern.
Kosovo ist ein säkularer Staat. Religionsfreiheit ist in der Verfassung garantiert. Einschränkungen der Religionsfreiheit sind nicht bekannt.
Es gibt keine Hinweise auf intendierte staatliche Repressionen oder Menschenrechtsverletzungen aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit. Die Teilhabe ethnischer Minderheiten an der Gesellschaft ist trotz grundrechtlicher Fundierung nur unzureichend gesichert und wird nicht ausreichend gefördert. Insbesondere Roma, Ashkali und "Ägypter" sind sozial stark marginalisiert, sie sind von Armut überproportional betroffen. Die Exklusion am Arbeitsmarkt ist evident. Auch die Inanspruchnahme von Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen durch Minderheiten (mit Ausnahme der serbischen Minderheit) ist unterdurchschnittlich. Alle Ethnien können sich im Kosovo grundsätzlich frei bewegen.
Der Kosovo gehört zu den ärmsten Staaten der Region und ist auf die Hilfe der EU und der im Ausland lebenden Kosovo-Albaner angewiesen. Obwohl die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist (zuverlässige Zahlen liegen nicht vor) und viele Kosovaren in Armut leben, ist die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet. Wohnraum steht ausreichend zur Verfügung, wenn auch mitunter auf niedrigem Niveau.
Das Sozialsystem ist nur rudimentär ausgebaut und bietet keine angemessene Versorgung. Ein Gesetz zum Aufbau einer staatlichen Krankenversicherung wurde verabschiedet, aber noch nicht umgesetzt. Ein Altersversorgungssystem ist eingerichtet, die Renten bewegen sich aber auf niedrigem Niveau. Wegen der strengen Anspruchsvoraussetzungen oder mangels Registrierung erhalten nur wenige Familien staatliche Leistungen in Form vor Sozialhilfe oder Renten. Das wirtschaftliche Überleben dieser Familien sichern in der Regel der Zusammenhalt der Familien und die im Kosovo noch ausgeprägte gesellschaftliche Solidarität. Eine große Rolle spielen dabei die Schattenwirtschaft, Spenden und die Unterstützung durch die Diaspora.
Die staatlich finanzierte medizinische Grundversorgung der Bevölkerung erfolgt in einem öffentlichen dreistufigen Gesundheitssystem. Es besteht aus Erstversorgungszentren, Krankenhäusern auf regionaler Ebene sowie einer spezialisierten medizinischen Versorgung durch die Universitätsklinik in Pristina. Die Bettenkapazität zur stationären Behandlung von Patienten in Krankenhäusern ist ausreichend, problematisch bleiben der schlechte bauliche Zustand von Krankenhäusern und Gesundheitsstationen mit teilweise veralteter Ausstattung. Die medizinische Infrastruktur bleibt trotz erheblicher Investitionen lückenhaft. Trotz kontinuierlicher Verbesserungen der meisten Gesundheitsindikatoren bleibt die Situation hinsichtlich Morbidität und Mortalität alarmierend.
Derzeit liegen keine Erkenntnisse vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr in den Kosovo allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG sowie aus den damit in Einklang stehenden Erkenntnissen des BVwG vom 05.09.2014 und vom 27.05.2015.
Die Identität des BF wird durch seinen Reisepass, dessen Echtheit nicht in Zweifel steht, und seine kosovarische Identitätskarte belegt. Auch seine Geburtsurkunde wurde vorgelegt. Aus diesen Urkunden geht auch sein Geburtsort hervor. Kopien des dem BF 2012 erteilten Schengenvisums und der italienischen Aufenthaltsgenehmigung liegen ebenfalls vor. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass ihm weitere Visa oder Aufenthaltstitel erteilt wurden. Solche lassen sich weder der Beschwerde noch dem übrigen Akteninhalt, insbesondere dem Fremdenregister, entnehmen. Das E-Mail des Polizeikooperationszentrums XXXX vom 09.04.2018 belegt, dass dem BF nach dem Ablauf der italienischen Aufenthaltsgenehmigung im Juni 2016 kein weiterer Aufenthaltstitel in Italien erteilt wurde.
Die Feststellungen zur Ausbildung und zur Erwerbstätigkeit des BF folgen seinen konsistenten Angaben dazu, ebenso die Feststellungen zu seinen im Kosovo und in anderen Staaten lebenden Angehörigen und zu seinem Religionsbekenntnis. Der BF gab in den Asylverfahren stets Albanisch als seine Muttersprache an; die Verständigung mit den Dolmetschern für diese Sprache war offenbar problemlos möglich. Seine Deutschkenntnisse ergeben sich daraus, dass er am 20.08.2018 ohne Dolmetscher vor dem BFA einvernommen werden konnte. Auch bei der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung wurden (schlechte) Deutschkenntnisse festgehalten (aber keine Sprachkenntnis in Wort und Schrift).
Die Wohnsitzmeldung des BF in XXXX ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), wo auch seine Meldungen in Grundversorgungsquartieren 2014/15 gespeichert sind (allerdings offenbar versehentlich mit Arton als Familiennamen und Berisha als Vornamen). Seit 20.08.2018 ist der BF in der Erstaufnahmestelle XXXX in XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet. Aus dem GVS-Betreuungsinformationssystem geht hervor, dass er sich seit 07.09.2018 nicht mehr dort aufhält.
Die Feststellungen zum Aufenthalt des BF in Italien beruhen auf seine Angaben dazu bei den Einvernahmen vor dem BFA am 20.08.2018 und am 03.09.2018 sowie bei der Erstbefragung am 20.08.2018, die durch den im Fremdenregister ersichtlichen EURODAC-Treffer in Udine am 16.12.2015 und durch die vorgelegte italienische Aufenthaltsgenehmigung bestätigt werden.
Da der BF nach eigenen Angaben seit ca. einem Jahr mit einer in Österreich lebenden Frau liiert ist, seit 2016 gegen ihn eine Aufenthaltsermittlung eines österreichischen Gerichts besteht und er 2018 zwei Mal bei polizeilichen Kontrollen in Österreich aufgegriffen wurde, ist davon auszugehen, dass er sich auch nach Dezember 2015 immer wieder vorübergehend in Österreich aufhielt.
Es gibt keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit des BF. Die Versicherungszeiten werden anhand des Versicherungsdatenauszugs festgestellt, aus dem keine Erwerbstätigkeit des BF im Inland hervorgeht. Dies wird auch durch das Fehlen eines Aufenthaltstitels und einer Beschäftigungsbewilligung untermauert. Die Feststellungen zur Freundschaft des BF mit XXXX und zu seiner Beziehung mit XXXX folgen seinen plausiblen und glaubhaften Angaben dazu. Mangels einer Wohnsitzmeldung des BF und seiner Freundin an derselben Anschrift und aufgrund des überwiegenden Aufenthalts des BF in Italien in den letzten Jahren ist vom Fehlen eines gemeinsamen Haushalts auszugehen. Dafür spricht nicht zuletzt auch das Beschwerdevorbringen, wonach der BF mit XXXX zusammenziehen wolle.
Die Feststellung zur Bestrafung des BF wegen des Lenkens eines Fahrzeugs ohne Lenkberechtigung basiert auf dem Bericht der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 09.04.2018 und auf der entsprechenden Schilderung des BF gegenüber dem BFA am 20.08.2018. Da der BF bei dieser Einvernahme auch erklärte, sich seit ca. einer Woche in Österreich aufzuhalten, ist davon auszugehen, dass er sich nach der Kontrolle im April 2018 wieder nach Italien begab; Anhaltspunkte für ein Verlassen des Gebiets der Mitgliedstaaten seit seinem Antrag auf internationalen Schutz 2015 liegen jedenfalls nicht vor.
Der Bezug von Grundversorgungsleistungen ergibt sich aus dem Auszug aus dem GVS-Betreuungsinformationssystem, aus dem auch - übereinstimmend mit dem ZMR - seine Unterbringung in der Erstaufnahmestelle XXXX hervorgeht. Die Abwesenheiten des BF von dort ergeben sich aus den entsprechenden Vorfallsmeldungen, der Umstand, dass er bei seiner Freundin nächtigte, aus seinen Angaben bei der Einvernahme am 03.09.2018.
Die Barmittel des BF werden anhand seiner Aussage bei der Erstbefragung am 20.08.2018 festgestellt. Dies steht damit im Einklang, dass er am selben Tag gegenüber dem BFA erklärte, er verfüge über EUR 500, müsse aber davon die Verwaltungsstrafe von EUR 365 zahlen. Es gibt keine Hinweise darauf, dass er über weitere finanzielle Mittel verfügt.
Aus dem Strafregister geht die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF hervor. Die gerichtliche Aufenthaltsermittlung ergibt sich aus dem Bericht der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 09.04.2018 in Übereinstimmung mit der entsprechenden Vormerkung in der Personenfahndung.
Es gibt keine aktenkundigen Anhaltspunkte für eine über die Feststellungen hinausgehende Integration oder Anbindung des BF in Österreich oder in einem anderen von einem allfälligen Einreiseverbot umfassten Land. Es lassen sich auch keine weiteren konkreten Integrationsbemühungen des BF nachvollziehen.
Die Feststellungen, dass der BF bei seiner Rückkehr in den Kosovo keine Sanktionen zu befürchten hat, dort nicht strafrechtlich oder politisch verfolgt wird und dass keine Probleme mit den dortigen Behörden bestehen, beruhen auf den Feststellungen zur allgemeinen Lage dort zusammen mit dem Umstand, dass der BF Probleme mit Behörden oder ähnlichen Institutionen ausdrücklich in Abrede stellte und als Grund für das Verlassen des Kosovo - wie schon bei seinem Asylantrag 2015 - nur Probleme mit der Familie seiner verstorbenen Freundin nannte.
Es sind keine Hinweise für eine Verfolgung des BF durch staatliche Stellen im Kosovo aktenkundig. Auch unter Zugrundelegung seines Fluchtvorbringens ergibt sich lediglich eine Verfolgung durch Privatpersonen. Da der BF im Kosovo familiäre Anknüpfungspunkte hat und dort bis 2014 lebte und erwerbstätig war, ist davon auszugehen, dass er als gesunder Mann im Erwerbsalter mit einer mehrjährigen Ausbildung und entsprechender Berufserfahrung auch nach seiner Rückkehr wieder einer vergleichbaren Erwerbstätigkeit nachgehen wird, um so für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Es kann daher festgestellt werden, dass nicht zu erwarten sei, dass er bei seiner Rückkehr in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten wird.
Die Feststellungen zur allgemeinen Lage im Kosovo beruhen auf den vom BF nicht konkret beanstandeten Länderinformationen der Staatendokumentation, die unter detaillierter Angabe der jeweiligen Quellen in den angefochtenen Bescheid aufgenommen wurden. Dabei wurden Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Angaben zu zweifeln. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderfeststellungen werden in dieser Entscheidung zur Wahrung der Übersichtlichkeit nur auszugsweise wiedergegeben. Zu den Quellenangaben im Einzelnen wird auf den angefochtenen Bescheid verwiesen.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag der BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.
Zu Spruchteil B):
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
Der BF ist als kosovarischer Staatsangehöriger Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Der Aufenthalt eines Fremden in Österreich ist gemäß § 31 Abs 1a FPG nicht rechtmäßig, wenn kein Fall des § 31 Abs 1 FPG vorliegt. Da der BF weder über ein Visum noch über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügt, ist sein Aufenthalt im Bundesgebiet nicht rechtmäßig, zumal ihm auf kein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG iSd § 31 Abs 1 Z 4 FPG zukommt. Daran ändert auch sein Folgeantrag auf internationalen Schutz vom 20.08.208 nichts, zumal das vorübergehende Aufenthaltsrecht von Asylwerbern gemäß § 13 AsylG erst mit der Zulassung des Verfahrens entsteht und das Verfahren des BF nicht zugelassen, sondern sein Antrag noch vor der Zulassung wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG zurückgewiesen wurde.
Wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ist gemäß § 58 Abs 1 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" ist gemäß § 57 Abs 1 AsylG Drittstaatsangehörigen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, zu erteilen, wenn entweder der Aufenthalt gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, sofern sie keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sind und nicht wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, oder zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Eine solche Aufenthaltsberechtigung ist auch Opfern von Gewalt zu erteilen, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO ("Schutz vor Gewalt in Wohnungen") oder nach § 382e EO ("Allgemeiner Schutz vor Gewalt") erlassen wurde oder hätte erlassen werden können und dies zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Der Aufenthalt des BF war nicht seit mindestens einem Jahr geduldet iSd § 46a FPG, zumal er sich erst seit kurzem wieder kontinuierlich im Bundesgebiet aufhält. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt wurde. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor, sodass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids nicht zu beanstanden ist.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:
Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG ("Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung", §§ 41 bis 45c FPG) fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung nach dem 8. Hauptstück des FPG ("Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Fremde", §§ 52 ff FPG) zu verbinden. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).
Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Die Rückkehrentscheidung greift in das Privatleben der BF ein. Bei der nach § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung ist die Beziehung zu einer in Österreich lebenden EU-Bürgerin zu berücksichtigen, die allerdings dadurch maßgeblich relativiert wird, dass sie in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich der BF seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war, zumal sein italienischer Aufenthaltstitel damals bereits abgelaufen war. Der BF hat noch weitere Bezugspersonen im Bundesgebiet (namentlich seinen Schwager und einen Freund), kann aber die Kontakte zu ihnen - wie auch die zu seiner Freundin - auch nach seiner Rückkehr in den Kosovo über diverse Kommunikationsmittel (Internet, Telefon) und bei Besuchen dort oder in anderen Staaten, die nicht vom Einreiseverbot umfasst sind, pflegen. Er war hier nie legal erwerbstätig; Integrationsbemühungen sind - abgesehen vom Erwerb geringer Deutschkenntnisse - nicht erkennbar.
Die bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu beurteilende Frage nach dem Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen darf nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden, sondern es ist auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten in den Blick zu nehmen (vgl zuletzt VwGH 03.07.2018, Ro 2018/21/0007). Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist daher auch zu berücksichtigen, dass der BF an erhebliches Interesse an einem Aufenthalt in Italien hat, wo er sich in den letzten Jahren aufhielt, erwerbstätig war und wo sein Bruder lebt. Allerdings konnte der BF angesichts seiner befristeten Aufenthaltsgenehmigung als Asylwerber nicht von einer Erlaubnis zum dauerhaften Verbleib dort ausgehen. Für die Kontakte zu seinem in Italien aufhältigen Bruder gilt dasselbe wie für seine Kontakte mit den in Österreich lebenden Bezugspersonen des BF.
Demgegenüber hat der BF starke Bindungen an seinen Herkunftsstaat, wo er den überwiegenden Teil ihres Lebens, insbesondere die prägenden Jahre der Kindheit und Jugend, verbrachte. Er ist mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut und sprachkundig, absolvierte eine Berufsausbildung und war dort erwerbstätig. Seine Eltern und zwei seiner Geschwister sowie seine minderjährigen Kinder leben im Kosovo. Er wird in der Lage sein, dort trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation wieder für seinen Lebensunterhalt aufzukommen und sich ohne größere Probleme wieder in die dortige Gesellschaft zu integrieren, zumal er im August 2014 freiwillig in den Kosovo zurückkehrte. Die vom BF in seinem nunmehrigen Folgeantrag auf internationalen Schutz als Fluchtgründe geltend gemachten Umstände (Morddrohungen der Familie einer früheren Freundin, die Suizid beging) wurden bereits im Asylverfahren 2015 geprüft und als weder asylrelevant noch zur Gewährung von subsidiären Schutz geeignet eingestuft. Eine relevante Änderung dieser Umstände nicht vorgebracht, sondern vielmehr ausdrücklich verneint.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (vgl VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253).
Den Behörden zurechenbare überlange Verfahrensverzögerungen liegen nicht vor.
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu. Der BF hat dieses öffentliche Interesse durch die wiederholte Missachtung seiner Ausreiseverpflichtung stark beeinträchtigt. Er kehrte 2014 vor der Entscheidung über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in seinen Herkunftsstaat zurück, obwohl er dort nach seinen Angaben seit 2012 von Privatpersonen verfolgt wurde, kam der 2015 gegen ihn erlassen Rückkehrentscheidung, die ihn zum Verlassen des Gebiets der Mitgliedstaaten verpflichtete, nicht nach und stellte nunmehr einen unzulässigen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Es ist daher nicht korrekturbedürftig, wenn das BFA bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung gegen sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich am Maßstab des Art 8 EMRK zu dem Ergebnis gelangte, dass ersteres überwiegt.
Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK somit nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen oder wurden in der Beschwerde behauptet, die eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen lassen. Gemäß § 58 Abs 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG nur dann von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, das BFA hätte die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG prüfen müssen, ist daher nicht berechtigt.
Im Ergebnis ist die Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung somit unbegründet.
Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze liegen unter Berücksichtigung der Situation im Kosovo keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung des BF unzulässig machen würden. Die von ihm befürchtete Verletzung von Art 2 und Art 3 EMRK aufgrund der Verfolgung durch Privatpersonen wurde bereits im Asylverfahren 2015 verneint. Eine entscheidungsrelevante Änderung der Situation im Kosovo liegt nicht vor und ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem Vorbringen des BF.
Bei der vom BF vorgebrachten Bedrohung durch die Familie seiner verstorbenen Freundin handelt es sich um eine Verfolgung durch Privatpersonen ohne erkennbare Anknüpfung an einen Konventionsgrund. Aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Kosovo ergibt sich, dass dort grundsätzlich ein staatliches Sicherheitssystem eingerichtet ist. Von Straftaten Betroffene können sich an die Sicherheitsbehörden wenden und Anzeige erstatten; die entsprechenden Taten werden untersucht und verfolgt. Es besteht daher im Kosovo eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt zum Schutz vor Übergriffen wie den vom BF befürchteten. Auch die österreichischen (oder andere westeuropäische) Sicherheitsbehörden können keinen uneingeschränkten Schutz vor Straftaten Dritter wie den vom BF geschilderten bieten. Es ist daher von einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der kosovarischen Behörden auszugehen. Dafür spricht auch, dass der Kosovo als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 BFA-VG iVm § 1 Z 2 HStV gilt, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (siehe VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153).
Der BF hat gar nicht behauptet, dass die kosovarischen Behörden entgegen den Länderfeststellungen Drohungen und Verfolgungen wie die geschilderten systematisch tolerierten oder nicht ernsthaft behandelten oder verfolgten. Er hat auch nicht dargelegt, dass speziell er keinen Zugang zu dem im Kosovo grundsätzlich eingerichteten wirksamen System der polizeilichen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung hätte. Ebensowenig hat er Umstände vorgebracht, die konkret gegen eine Schutzfähigkeit und -willigkeit der kosovarischen Behörden spezifisch ihm gegenüber aus Konventionsgründen sprechen würden. Dazu kommt, dass die kosovarische Polizei jedenfalls in Bezug auf die hier in Rede stehenden Delikte nach den Feststellungen zur allgemeinen Lage dort ausreichend Schutz bietet, zumal sich die Kriminalität in diesem Zusammenhang auf niedrigem Niveau bewegt. Überdies besteht kein zeitlicher Zusammenhang zwischen den vom BF angegebenen Fluchtgründen und seinem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, zumal er nach seinen Angaben schon seit 2012 von der behaupteten Verfolgung Kenntnis hat.
Anhaltspunkte dafür, dass die kosovarischen Sicherheitsbehörden aus den in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit wären, dem BF Schutz vor der geschilderten Verfolgung zu gewähren, ergeben sich weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus den vom BF in seinem neuerlichen Asylantrag vorgebrachten Fluchtgründen.
Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die staatlichen Institutionen im Kosovo im Zusammenhang mit den vom BF geschilderten Verfolgungshandlungen rechtsstaatskonform agieren und im Hinblick auf eine mögliche Bedrohung des BF schutzfähig und schutzwillig sind. Außergewöhnliche Umstände, die dazu führen würden, dass der BF im Kosovo keine Lebensgrundlage vorfinden und existentielle Grundbedürfnisse nicht decken könnte, hat er nicht vorgebracht. Es ist nicht anzunehmen, dass ihm im Fall der Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell im Kosovo - auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage dort - nicht vor. Angesichts der grundsätzlich stabilen Sicherheitslage im Kosovo ist auch nicht zu befürchten, dass für den BF alleine durch seine Anwesenheit dort ein reales Risiko für seine körperliche Unversehrtheit oder sein Leben besteht oder dass eine Rückführung dorthin für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Somit ist weder davon auszugehen, dass durch die Abschiebung des BF in den Kosovo Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK verletzt würde noch bestehen stichhaltige Gründe für die Annahme, dass dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Ansichten bedroht wäre. Im Ergebnis ist daher auch Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides nicht korrekturbedürftig.
Zu den Spruchpunkten IV. und V. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Aufgrund des nicht rechtmäßigen Aufenthalts des BF, des hartnäckigen Verbleibens in Österreich trotz Rückkehrverpflichtung und in Italien nach dem Ablauf der Aufenthaltsgenehmigung ist die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zu beanstanden, zumal sich aus dem oben Gesagten ergibt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht erfüllt sind. Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids ist daher zu bestätigen.
Gemäß § 55 Abs 4 FPG hat das BFA hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde. Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise bei einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Vor diesem gesetzlichen Hintergrund ist auch Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids nicht zu beanstanden.
Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs) sowie Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig vom bisherigen Verhalten des Drittstaatsangehörigen. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Das Vorliegen einer für die Verhängung eines Einreiseverbots relevanten Gefahr ist nach der demonstrativen Aufzählung des § 53 Abs 2 Z 1 bis 9 FPG (soweit hier relevant) z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für höchstens fünf Jahre erlassen werden.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt des betroffenen Fremden potentiell verbundene Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessenabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff).
Die belangte Behörde ist hier zu Recht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 6 FPG erfüllt ist, weil der BF den Besitz der notwendigen Mittel für seinen Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte und sie sich auch nicht durch eine (legale) Beschäftigung verschaffen kann, zumal er nur Bargeld in geringer Höhe (unter EUR 100) besaß. Seine Mittellosigkeit ergibt sich auch aus dem Bezug von Grundversorgungsleistungen, die nur hilfsbedürftigen Asylwerbern gewährt werden.
Die wiederholte Missachtung fremdenrechtlicher Maßnahmen und die wiederholten unzulässigen oder unbegründeten Anträge des BF auf internationalen Schutz indizieren eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch sein Verhalten, zumal sich die aus seiner Mittellosigkeit resultierende Gefahr der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft bereits durch die Aufnahme in die staatliche Grundversorgung für Asylwerber verwirklicht hat.
Aufgrund dieses Verhaltens des BF gefährdet sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Trotz seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist daher die Erlassung eines Einreiseverbots zusätzlich zur Rückkehrentscheidung geboten. Der BF verließ das Gebiet der Mitgliedstaaten entgegen seiner Ausreiseverpflichtung nicht und kehrte immer wieder in das Bundegebiet zurück. Wegen des Fehlens einer legalen Erwerbsmöglichkeit und seiner tristen finanziellen Lage ist zu befürchten, dass er dieses Verhalten auch in Zukunft fortsetzt. Dem BFA ist vor diesem Hintergrund darin beizupflichten, dass für den BF keine günstige Zukunftsprognose erstellt werden kann und Wiederholungsgefahr besteht.
Auch die Erlassung eines Einreiseverbots steht unter dem Vorbehalt des § 9 BFA-VG. Im Rahmen einer gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des BF und dem Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist aufgrund des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel in Hinblick den nicht rechtmäßigen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet letzterem der Vorrang einzuräumen, auch wenn die Beziehung des BF mit einer in Österreich lebenden EU-Bürgerin berücksichtigt wird. Der von der Beschwerde angestrebte gänzliche Entfall des Einreiseverbots kommt daher nicht in Betracht.
Allerdings ist die Dauer des Einreiseverbots auf zwei Jahre herabzusetzen, weil dies dem Fehlverhalten und den privaten und familiären Umständen des BF angemessen ist. Insoweit ist Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids in teilweiser Stattgebung der Beschwerde abzuändern. Eine weitere Reduktion ist auch angesichts seines Privatlebens und der dadurch vermittelten Anbindung im Bundesgebiet nicht möglich. Die zeitweilige Unmöglichkeit, seine Bezugspersonen in Österreich und in den vom Einreiseverbot betroffenen Staaten zu besuchen, als Konsequenz des Einreiseverbots ist im großen öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen in Kauf zu nehmen.
Die sachfremden und nicht entscheidungserheblichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheids (z.B. der BF habe "sich freiwillig in die Mittellosigkeit begeben" und seine Verhaltensweise zeige "eine unglaubliche Arroganz und Selbstherrlichkeit österreichischen Behörden und Gerichten gegenüber") sind fehl am Platz und daher zu unterlassen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
§ 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung sogar dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK sonst relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt erscheint und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine andere Entscheidung möglich wäre, kann eine Beschwerdeverhandlung entfallen. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal ohnehin von der Richtigkeit der in der Beschwerde aufgestellten Tatsachenbehauptungen des BF ausgegangen wird.
Zu Spruchteil C):
Erhebliche Rechtsfragen von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG stellten sich nicht, weshalb die Revision an das Höchstgericht nicht zuzulassen ist.
Schlagworte
Angemessenheit, Antragsbegehren, aufschiebende Wirkung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G314.2205286.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.12.2018