Entscheidungsdatum
27.09.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W165 2179878-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 17.11.2017, Zl. Islamabad-OB/Kons/4114/2016, aufgrund des Vorlageantrags der XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 15.02.2017, beschlossen:
A)
Das Verfahren wird gemäß den §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Afghanistans, stellte am 15.12.2016 unter persönlicher Vorsprache und Vorlage diverser Unterlagen bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: ÖB Islamabad) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehemann der BF angegeben.
Der Bezugsperson wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.06.2015, Zl. W169 1422571-3/6E, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und die damit verbundene befristete Aufenthaltsberechtigung bislang stets verlängert.
Mit Schreiben vom 19.12.2016 leitete die ÖB Islamabad den Einreiseantrag samt Beilagen an das BFA weiter.
Mit Schreiben vom 23.01.2017 teilte das BFA der ÖB Islamabad gem. § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren würde nicht vorliegen, da seit Zuerkennung der befristeten Aufenthaltsberechtigung im Sinne von § 8 Abs. 4 AsylG der in Österreich aufhältigen Bezugsperson noch keine drei Jahre abgelaufen seien und eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose erst nach drei Jahren ab rechtskräftiger Zuerkennung erteilt werden könne, weshalb die formellen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.
Mit Schreiben vom 23.01.2017, der BF persönlich ausgehängt am 01.02.2017, forderte die ÖB Islamabad die BF unter Aushändigung der Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 23.01.2017 auf, den angeführten Ablehnungsgrund innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens in schriftlicher Form durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
Mit Schreiben vom 08.02.2017 erstattete die BF eine Stellungnahme an die ÖB Islamabad, worin zusammengefasst vorgebracht wurde, dass die Verlängerung der Frist für die Stellung eines Einreisetitels auf drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Bezugsperson einen Verstoß gegen das Recht auf Privat- und Familienleben und zusätzlich ein Verbot der Ungleichbehandlung von Fremden untereinander darstellen würde. Ihr Ehemann sei zudem krank und auf ihre Fürsorge und Pflege angewiesen.
Der Stellungnahme der BF vom 08.02.2017 war ein Befund einer Universitätsklinik für Urologie vom 18.04.2014 über einen stationären Aufenthalt der Bezugsperson vom 31.03.2014 bis 18.04.2014 angeschlossen.
Mit Schreiben vom 09.02.2017 teilte das BFA der ÖB Islamabad nach Erhalt der Stellungnahme der BF vom 08.02.2017 mit, dass an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.02.2017 verweigerte die ÖB Islamabad die Erteilung des Einreisetitels mit der Begründung, dass das BFA nach Prüfung des Antrages mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutzes durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Eine ausführliche Begründung sei der beiliegenden Stellungnahme des BFA vom 23.01.2017 zu entnehmen gewesen. Daraus ergebe sich, dass der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG 2005 abzulehnen wäre. Das BFA habe nach Erhalt der Stellungnahme der BF vom 08.02.2017 am 09.02.2017 mitgeteilt, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrechterhalten werde. Die ergänzende Stellungnahme des BFA vom 09.02.2017 sei dem Schreiben angeschlossen. Es sei somit aufgrund der Aktenlage gem. § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG 2005 spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag abzulehnen gewesen.
Am 18.08.2017 erteilte die BF der Bezugsperson schriftlich Vollmacht, sie im Verfahren nach den einschlägigen fremden- und asylrechtlichen Bestimmungen in allen Instanzen zu vertreten und in deren Namen entsprechende Rechtshandlungen vorzunehmen. Die von der BF und der Bezugsperson unterfertigte Vollmacht vom 18.08.2017 liegt im Akt ein und erstreckt sich auch auf das Recht auf Akteneinsicht und die Zustellung an die Adresse der Bezugsperson.
Der Bescheid vom 15.02.2017 wurde dem bevollmächtigten Vertreter der BF am 22.08.2017 zugestellt.
Gegen den Bescheid richtet sich die am 18.09.2017 fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen wie in der Stellungnahme der BF vom 08.02.2017 vorgebracht. Darüber hinaus werden Erwägungen zu Art. 8 EMRK angestellt und die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17.11.2017 wies die ÖB Islamabad die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG mit bisheriger Begründung als unbegründet ab. Die Stellungnahme des BFA sei begründet gewesen. Das Recht auf Parteiengehör sei gewahrt worden. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Bezugsperson und einer monierten Pflegebedürftigkeit werde auf den Arztbrief des Krankenhauses verwiesen, demzufolge die Bezugsperson bereits nach der Operation am 01.04.2014 postoperativ beschwerdefrei gewesen sei. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden im Ausland bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung der Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA komme daher nicht in Betracht. Unabhängig von dieser Bindungswirkung teile auch die belangte Behörde die Ansicht des BFA, dass bereits die allgemeinen Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 AsylG 2005 für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen würden. Die hilfsweisen Beschwerdehinweise auf Art. 8 ERMK würden der Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen vermögen, da das Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK unter Gesetzesvorbehalt stehe. Es sei kein Anhaltspunkt zu finden, dass ein durch die Regelung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 bewirkter (allfälliger) Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht in Art. 8 Abs. 2 EMRK gedeckt wäre. Hinsichtlich der Anwendbarkeit der dreijährigen Wartefrist komme es nicht auf die Antragstellung der subsidiär schutzberechtigten Person oder der Zuerkennung des Status, sondern auf den Zeitpunkt der Antragstellung durch die einwanderungswillige Person an. Da die Antragstellung am 15.12.2016 erfolgt sei, gelte die dreijährige Wartefrist. Da diese Frist noch lange nicht erfüllt sei, sei der beantragte Einreisetitel schon aus diesem Grund abzuweisen gewesen. Der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 finde auf die Nichterfüllung der Wartefrist von drei Jahren keine Anwendung. Dies ergebe sich aus dem Gesetzeswortlaut und bedürfe keiner weiteren Begründung.
Mit Schriftsatz vom 30.11.2017 wurde ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 14.12.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 18.12.2017, wurde der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
Am 19.09.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des bevollmächtigten Vertreters der BF ein, dass die Beschwerde zurückgezogen werde. Im Hinblick auf den mittlerweile erhaltenen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" der Bezugsperson sei eine Familienzusammenführung nach dem NAG beabsichtigt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG, FPG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5 und vgl. mutatis mutandis VwGH, 20.09.2012, 2011/06/0132)
Mit Zurückziehung der Beschwerde mit beim Bundesverwaltungsgericht am 19.09.2018 eingelangtem Schreiben hat die BF dargetan, dass ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung nicht mehr besteht, sodass das Verfahren als gegenstandslos geworden einzustellen war.
B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.
Schlagworte
Aufenthaltstitel, Einreisetitel, Gegenstandslosigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W165.2179878.1.00Zuletzt aktualisiert am
18.12.2018