Entscheidungsdatum
27.09.2018Norm
BVergG 2006 §172Spruch
W138 2202965-1/24E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Klaus HOCHSTEINER als Vorsitzenden, sowie Mag. Franz PACHNER als fachkundigen Laienrichter der Auftraggeberseite und Mag. Corinna GREGER als fachkundige Laienrichterin der Auftragnehmerseite im Feststellungsverfahren gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 BVergG 2006 betreffend die Vergabe eines Lieferauftrages im Sinne des § 5 iVm § 174 BVergG durch die Auftraggeberin Flughafen Wien AG, Postfach 1, 1300 Wien-Flughafen, vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien auf Grund des Antrages der XXXX , XXXX , vertreten durch Leitner Trischler Rechtsanwälte vom 08.08.2018, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen:
A)
Der Antrag, "das Bundesverwaltungsgericht möge feststellen, dass die Auftraggeberin den Vertrag betreffend die Vergabe von Hygieneartikel aus Papier und Zellstoff, wie Toilettenpapier, Rollenhandtücher, Falthandtücher, Putzpapierrollen, Zellstofftücher, Flüssigseife und Duftpatronen sowie dazugehörige Spender (Rollenhandtuchspender, Seifenspender und Duftspender) und Hygienebehälter rechtswidriger Weise ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung bzw. vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt hat" wird bezüglich der vermuteten Vergabe von Toilettenpapier, Falthandtüchern, Putzpapierrollen, Zellstofftüchern und Hygienebehältern zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Mit Schriftsatz vom 07.08.2018, beim BVwG eingelangt, am 08.08.2018 beantragte die Antragstellerin, die XXXX (im Weiteren Antragstellerin), vertreten durch LEITNER TRISCHLER Rechtsanwälte, Lindengasse 38, 1070 Wien, das Bundesverwaltungsgericht möge feststellen, dass die Auftraggeberin den Vertrag betreffend die Vergabe von Hygieneartikel auf Papier und Zellstoff, wie Toilettenpapier, Rollenhandtücher, Falthandtücher, Putzpapierrollen, Zellstofftücher, Flüssigseife und Duftpatronen sowie dazugehörige Spender (Rollenhandtuchspender, Seifenspender und Duftspender) und Hygienebehälter rechtswidriger Weise ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung beziehungsweise vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt habe.
Hierzu führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus:
Nachdem rechtswidriger Weise ein Vergabeverfahren ohne vorheriger Bekanntmachung durchgeführt worden sei, könne keine Bezeichnung des Vergabeverfahrens angegeben werden. Das Vergabeverfahren werde wie folgt individualisiert und konkretisiert.
Die Auftraggeberin habe im Jahr 2008 ein Verhandlungsverfahren mit vorherigem Aufruf zum Wettbewerb im Oberschwellenbereich zur Ausschreibungsnummer VV-T-075i/08 betreffend die Lieferung von Schaumseife, Handtuchrollen, Lufterfrischer und Toilettensitzreiniger sowie der Bereitstellung von Spendern durchgeführt. Im Nachhang zu dieser Beauftragung sei mit der XXXX GmbH in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb mit einem Unternehmen am 06.06.2014 einen Rahmenvertrag auf drei Jahre mit der Option auf Verlängerung um weitere zwölf Monate abgeschlossen worden. Bereits dieses vorgenannte Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb mit einem Unternehmer sei vergaberechtswidrig und sei ein Feststellungsverfahren hierzu vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Zahl W139 2162939-2 durchgeführt worden. Der Feststellungsantrag sei mit Erkenntnis vom 26.06.2018 abgewiesen worden. Die Antragstellerin habe das abweisende Erkenntnis mittels Revision beim Verwaltungsgerichtshof angefochten. Zwischenzeitig sei, ohne ein Vergabeverfahren mit gebotener Bekanntmachung, der Zuschlag für die Folgeperiode erteilt worden. Darauf würde sich der gegenständliche Feststellungsantrag beziehen. Auftraggeberin sei die Flughafen Wien
AG.
Zum antragsgegenständlichen Vergabeverfahren sei der Antragstellerin nicht bekannt, wer Zuschlagsempfänger sei, da ein Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Raum stehe. Im Verfahren zur Zahl W139 2162999-2 habe die Auftraggeberin den Rechtsstandpunkt vertreten auf Basis des § 195 Z 5 und § 195 Z 3 BVergG zur Durchführung eines Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb berechtigt zu sein.
Zwischenzeitig habe die Auftraggeberin unter Beibehaltung dieses unrichtigen Rechtsstandespunktes auch für die Folgeperiode zugeschlagen. Dies sei antragsgegenständlich. Die Auftraggeberin sei Betreiberin des Flughafens Wien und übe eine Sektorentätigkeit gemäß § 172 BVergG aus. Das BVwG sei zuständig, da es sich um eine Vergabe eines Rechtsträger gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG handle. Nachdem der Zuschlag in einem Vergabeverfahren ohne vorherig Bekanntmachung beziehungsweise ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb innerhalb der sechs Monate erteilt worden sei, sei der gegenständliche Feststellungsantrag rechtzeitig. Die Antragstellerin sei ein erfolgreiches Unternehmen im Zusammenhang mit dem Handel von Hygienepapier. Die Antragstellerin habe ein vitales Interesse am gegenständlichen Vertrag. Durch die rechtswidrige freihändige Vergabe würden der Antragstellerin Umsätze und Gewinne sowie Marktanteile entgehen. Die Antragstellerin erachte sich durch die gegenständliche, rechtswidrige Direktvergabe der antragsgegenständlichen Leistungen in näher angeführten Rechten verletzt. Pauschalgebühren seien in ordnungsgemäßer Höhe entrichtet worden.
Am 14.08.2018 erteilte die Flughafen Wien AG (im Weiteren Auftraggeberin), vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und führte, soweit gegenständlich entscheidungswesentlich aus, dass bezüglich der Lieferung von Toilettenpapier ein Vergabeverfahren österreichweit bekanntgemacht worden sei. Die diesbezügliche Angebotsfrist habe am 12.04.2017, 12:00 Uhr geendet. Bis zu diesem Zeitpunkt seien neun Angebote fristgerecht bei der vergebenden Stelle eingelangt. Am 09.05.2017 sei nach der Durchführung von Verhandlungen mit den drei bestgereihten Bietern in einer Direktvergabe nach vorherigen Aufruf zum Wettbewerb gemäß § 192 Abs. 10 BVergG und Aufforderung dieser drei Bieter zur Letztangebotslegung der Zuschlag- unter Vorbehalt der schriftlichen Ausfertigung der Bestellungen- auf das Letztangebot des Billigstbieters, der XXXX . (im Weiteren mitbeteiligte Partei) erteilt worden. Den anderen Bietern, so auch der Antragstellerin sei dies am 09.05.2017 mitgeteilt worden. Seit 01.07.2017 beziehe die Auftraggeberin Leistungen auf Basis dieses Vertrages von der XXXX Die Vertragslaufzeit betrage 24 Monate mit der einmaligen Verlängerungsoption um weitere sechs Monate. Ein weiterer von der Antragstellerin zu dem vorgenannten Verfahren erhobener Feststellungsantrag sei vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom BVwG 04.05.2018, W139 21629393-1/49E zurückgewiesen worden.
In einer weiteren Stellungnahme vom 17.08.2018 führte die Auftraggeberin, soweit entscheidungswesentlich aus, dass es die Antragstellerin unerwähnt lasse, dass die Auftraggeberin im Jahr 2017 eine Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung betreffend die Lieferung von Toilettenpapier durchgeführt habe. Hinsichtlich der Lieferung von Toilettenpapier bestehe folglich ein laufender Vertrag, dessen Anfechtung bereits rechtskräftig entschieden (zurückgewiesen) worden sei. Es liege somit eine entschiedene Rechtssache vor. Ein neuerliches Verfahren habe nicht stattgefunden. Aufgrund des Feststellungsverfahrens zu W139 2162939-1 und der Teilnahme am Vergabeverfahren im Jahre 2017 habe die Antragstellerin von diesem Umstand auch Kenntnis. Mit rechtskräftigem Beschluss des BVwG 04.05.2018, W139 2162939-1/49E sei rechtskräftig festgestellt worden, dass die Beauftragung bezüglich des Toilettenpapieres rechtskonform erfolgt sei. Es sei auch nach Zuschlagserteilung keine Änderung des Vertrages mehr erfolgt. Soweit sich der Feststellungsantrag der Antragstellerin auf die Beschaffung von Toilettenpapier beziehe, sei dieser Antrag schon bereits aufgrund der Aktenlage beziehungsweise auch auf Grund der Rechtskraft des Beschlusses des BVwG vom 04.05.2018 jedenfalls ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung a limine zurückzuweisen.
Hinsichtlich Falthandtücher, Putzpapierrollen, Zellstofftücher und dazugehörige Hygienebehälter sei keine Beschaffung erfolgt. Die zwei Direktvergaben hinsichtlich Papierhandtuchrollen einerseits und Seife und Lufterfrischer (-Kartuschen) andererseits sei vergaberechtskonform erfolgt. Es sei keine Zusammenrechnung der Auftragswerte von Papierhandtuchrollen, Seife und Lufterfrischer (-Kartuschen) geboten.
Einer Entscheidung des BVwG vom 26.06.2018, W139 2162939-2/81E könne entnommen werden, dass ohnedies ein weiterer neuerlicher Abschluss eines Rahmenvertrages im Wege eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb mit einem Unternehmer zulässig gewesen wäre und dies sowohl für Papierhandtuchrollen als auch für Seife und Lufterfrischer. Der von der Antragstellerin eingereichte Feststellungsantrag, dass die Aufträge rechtswidriger Weise ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung beziehungsweise vorherigen Aufruf zum Wettbewerb vergeben würden, sei daher bereits aus diesem Grunde abzuweisen. Mit Schriftsatz vom 27.08.2018 gab die XXXX ., vertreten durch Mag. Armin ZAUNER, Rechtsanwalt, eine Stellungnahme ab und führte im Wesentlichen aus, dass die Auftraggeberin zur Beschaffung von Toilettenpapier eine Direktvergabe nach vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt habe. In diesem Verfahren sei am 09.05.2017 der Zuschlag auf das Angebot der mitbeteiligten Partei erteilt worden. Dieser Vertrag sei aufrecht. Der mitbeteiligten Partei sei kein weiteres/neuerliches verfahrensgegenständlich relevantes Vergabeverfahren der Auftraggeberin zur Beschaffung von Toilettenpapier bekannt. Soweit sich der Feststellungsantrag der Antragstellerin auf die Beschaffung von Toilettenpapier beziehe, sei dieser Antrag bereits aufgrund der Aktenlage beziehungsweise auch aufgrund der Rechtskraft des Beschlusses des BVwG vom 04.05.2018 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung a limine zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 11.09.2018 führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass jedenfalls der Verwendungszweck bei Rollenhandtüchern und Toilettenpapier gleich sei. Im Unterschied zu § 183 BVergG spreche die Richtlinie 2014/25/EU von gleichartigen Waren. Dass Rollenhandtücher und Toilettenpapier gleichartige Waren seien, sei evident. Bezüglich der ebenfalls angefochtenen Direktvergaben von Rollenhandtüchern, Seife und Lufterfrischer werde die Ansicht vertreten, dass der Wert des Toilettenpapieres unabhängig von einer allenfalls in der Vergangenheit getätigten Vergabe hinzuzählen sei.
In einer Stellungnahme vom 18.09.2018 bestritt die Auftraggeberin insbesondere, dass es entgegen dem Argument der Antragstellerin bei Rollenhandtüchern und Toilettenpapier keinen einheitlichen Verwendungszweck insbesondere der Körperhygiene gebe. Nur weil sich Produkte unter einem möglichst breiten und diffusen Oberbegriff subsummieren lassen würden, bedeute dies nicht, dass sie zusammengerechnet werden müssten.
Insbesondere sei hinsichtlich Ärzterollen (Papierrollen für Untersuchungsliegen) welche mit Rollenhandtüchern durchaus vergleichbar seien, bereits ausgesprochen worden, dass diese Ärzterollen und Toilettenpapier einen anderen Verwendungszweck dienen würden und daher nicht gleichartig seien (UVS-Tirol 31.10.2007, 2007/27/1942-4). Analog liege auch im hier gegenständlichen Fall bei Rollenhandtüchern und Toilettenpapier keine Gleichartigkeit vor.
Überdies habe sich die Antragstellerin an der Ausschreibung des Toilettenpapieres im Jahr 2017 beteiligt.
Am 19.09.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in welcher die Auftraggeberin im Wesentlichen ausführte, dass es nach der Beschaffung von Toilettenpapier bezüglich welcher eine Direktvergabe nach vorigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt worden sei und ein Feststellungsantrag der Antragstellerin mit rechtskräftigen Beschluss des BVwG vom 04.05.2018 zu W139 2162939-1/49E zurückgewiesen worden sei, keine weitere Beschaffung durchgeführt worden sei. Es werde weiterhin aus dem mit der mitbeteiligten Partei am 09.05.2017 abgeschlossenen Vertrag abgerufen. Die Vertragslaufzeit sei noch nicht abgelaufen. An dem geschlossenen Vertrag sei seit dem Beschluss des BVwG vom 04.05.2018 keine Wesentliche Änderung erfolgt. (Anmerkung des BVwG:
Bezüglich der vorgenannten Aussagen wurde irrtümlich in der Verhandlungsschrift vom 19.09.2018 anstelle RV der AG angeführt RV der AST.) Die mitbeteiligte Partei schloss sich dem Vorbringen der Auftraggeberin vollinhaltlich an.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Aufgrund der vorgelegten Stellungnahmen, der bezugnehmenden Beilagen, der Unterlagen des Verfahrens zu W139 2162939-1 sowie des gegenständlichen Feststellungsverfahrens sowie des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:
Im August 2008 führte die Auftraggeberin ein Vergabeverfahren mit der Bezeichnung "Ausschreibung für die Lieferung von diversen Hygieneartikel sowie die dafür benötigten Spender am Flughafen Wien für die Dauer von vier Jahren mit Option auf ein weiteres Jahr" als Verhandlungsverfahren im Oberschwellenbereich nach vorherigen Aufruf zum Wettbewerb betreffend einem Lieferauftrag nach den Bestimmungen des Sektorenvergaberechts durch. Beschafft werden sollten dabei Hygieneartikel aus Papier- und Zellstoff wie Toilettenpapier, Rollenhandtücher, Falthandtücher, Putzpapierrollen, Zellstofftücher, Flüssigseife und Duftpatronen sowie dazugehörige Spender (Rollenhandtuchspender, Seifenspender und Duftspender) und Hygienebehälter.
An diesem Verfahren beteiligte sich auch die Antragstellerin. Der Zuschlag wurde der XXXX GmbH erteilt. Nach Inanspruchnahme der Verlängerungsoption endete die Laufzeit des betreffenden Vertrages am 30.06.2014.
Im Mai 2014 schrieb die Auftraggeberin entsprechend der Bekanntmachung in der Online-Ausgabe des amtlichen Lieferanzeigers die Lieferung von Toilettenpapier, Zick-Zack-Faltpapier und Zellstofftüchern unter dem Aktenzeichen Z_2014_DV_107 im Wege einer Direktvergabe nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb aus. Die Antragstellerin beteiligte sich an diesem Vergabeverfahren.
Im März 2017 schrieb die Auftraggeberin entsprechend der Bekanntmachung in der Online-Ausgabe des amtlichen Lieferanzeigers am 16.03.2017 erneut die Lieferung von Toilettenpapier, Zick-Zack-Faltpapier und Zellstofftüchern unter dem Aktenzeichen Z_2017_DV_0509 im Wege einer Direktvergabe nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb nach dem Billigstbieterprinzip aus. Den Leistungsgegenstand bildete die Lieferung von Toilettenpapier am Flughafen Wien.
Am 09.05.2017 wurde nach Durchführung von Verhandlungen mit den drei bestgereihten Bietern, darunter der Antragstellerin sowie der gegenständlichen mitbeteiligten Partei unter Vorbehalt der schriftlichen Ausfertigung der Bestellung auf das Letztangebot der gegenständlich mitbeteiligten Partei der Zuschlag erteilt. Dies wurde den anderen Bietern, so auch der jetzigen Antragstellerin am 09.05.2017 mitgeteilt.
Am 29.06.2017 brachte die nunmehrige Antragstellerin einen Antrag auf Feststellung ein, dass die Auftraggeberin den Vertrag betreffend die Beschaffung von Toilettenpapier rechtswidriger Weise ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung beziehungsweise vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt habe. Der vorgenannte Antrag wurde mit rechtskräftigem Beschluss des BVwG vom 04.05.2018, W139 2162939-1/49E zurückgewiesen.
Der gegenständliche Feststellungsantrag bezüglich der Vergabe von Toilettenpapier wurde von der Antragstellerin fristgerecht am 08.08.2018 beim BVwG eingebracht.
Die Auftraggeberin bezieht das notwendige Toilettenpapier weiterhin von der mitbeteiligten Partei in Folge des Zuschlages vom 09.05.2017 im vorgenannten Direktvergabeverfahren nach vorherigen Aufruf zum Wettbewerb. Die Vertragslaufzeit des am 09.05.2017 mit der mitbeteiligten Partei abgeschlossenen Vertrages über die Lieferung von Toilettenpapier ist noch nicht abgelaufen. An dem mit der mitbeteiligten Partei über die Lieferung von Toilettenpapier geschlossenen Vertrag gab es seit Vertragsschluss am 09.05.2017 keine wesentlichen Änderungen.
Es gibt nach der Beschaffung von Toilettenpapier zu AZ:
Z_2017_DV_0509 bezüglich welcher eine Direktvergabe nach vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde und ein Feststellungsantrag der Antragstellerin mit rechtskräftigen Erkenntnis des BVwG vom 04.05.2018, W139 2162939-1/49E zurückgewiesen wurde, keine weitere Beschaffung von Toilettenpapier durch die Auftraggeberin. Es gibt auch keine Beschaffung von Falthandtüchern, Putzpapierrollen, Zellstofftüchern und Hygienebehältern ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung bzw. vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durch die Auftraggeberin, wie von der Antragstellerin vermutet. Bezüglich der Lieferung von Handpapierrollen für bestehende Spender, sowie für Seife und Lufterfrischer für bestehende Spender sind beim BVwG zwei Feststellungsverfahren anhängig (W138 2203766-1 und W138 2203771-1) über welche gesondert entschieden wird.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den vorgenannten Beweismitteln. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der vorliegenden Unterlagen des Vergabeverfahrens und des Verfahrens zu W139 2162939-1 keine Bedenken ergeben. Der maßgebliche Sachverhalt findet Deckung in den von den Verfahrensparteien eingebrachten Schriftsätzen, den Vergabeunterlagen und den Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die Ausführungen der Auftraggeberin und der mitbeteiligten Partei in der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2018 wurden von der Antragstellerin auch nicht substantiiert bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art 135 Abs. 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs. 1 BVergG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 291, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz gemäß § 319 Abs. 3 oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungsantrages handelt, in Senaten. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages
Vorgebliche Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 8 BVergG wäre die Flughafen Wien AG gewesen. Sie übt als Betreiberin des Flughafens Wien - Schwechat eine Sektorentätigkeit gemäß § 172 BVergG aus und ist damit Sektorenauftraggeberin gemäß § 166 BVergG (siehe bereits BVA 01.07.2005, 16N-36/05-36; u.a. BVwG 05.06.2014, W138 2007599-1/15E). Bei der gegenständlichen Vergabe soll es sich gemäß § 5 iVm § 174 BVergG um Lieferaufträge handeln. Die angeblichen Leistungen dienen dem Funktionieren des Betriebes eines für den internationalen Luftverkehr bestimmten Flughafens. Der geschätzte Auftragswert soll im Oberschwellenbereich liegen. Es würde sich demnach um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handeln. Der angebliche Beschaffungsvorgang würde somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des Bundesvergabegesetzes liegen.
Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 - BVergG 2018), BGBl I 2018/56 idgF. lauten:
"Inkrafttretens-, Außerkrafttretens- und Übergangsvorschriften
§ 376. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme der Einträge im Inhaltsverzeichnis zu den §§ 62, 66, 232, 237, 367 und 368 und der §§ 54 Abs. 2, 62 samt Überschrift, 66 samt Überschrift, 223 Abs. 2, 232 samt Überschrift, 237 samt Überschrift, 367 samt Überschrift, 368 samt Überschrift und des 2. Abschnittes von Anhang VIII samt Überschrift mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Zugleich tritt das Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006, außer Kraft.
(2) ...
(4) Für das Inkrafttreten der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2018 neu gefassten Bestimmungen gilt Folgendes: Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 bereits eingeleiteten Vergabeverfahren sind nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren sind vom Bundesverwaltungsgericht nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Hinsichtlich der Vergabeverfahren, die zum Zeitpunkt gemäß Abs. 1 und 2 bereits beendet sind, richtet sich die Durchführung von Feststellungsverfahren nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage."
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Feststellungsverfahren gemäß § 312 Abs. 3 BVergG ergibt sich aus § 291 BVergG iVm Art 14b Abs. 2 Z 1 lit g B-VG (siehe wiederum BVA 01.07.2005, 16N-36/05-36; u. a. auch BVwG 06.04.2016, W114 2118489-3/29E).
Gemäß § 2 Z 16 BVergG ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren eine Entscheidung. Bei der Direktvergabe ist gemäß § 2 Z 16 lit. a sublit. nn BVergG folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidung gesondert anfechtbar: die Wahl des Vergabeverfahrens.
Gemäß § 192 Abs. 9 BVergG wird bei der Direktvergabe eine Leistung, gegebenenfalls nach Einholung von Angeboten oder unverbindlichen Preisauskünften von einem oder mehreren Unternehmern, formfrei unmittelbar von einem ausgewählten Unternehmer gegen Entgelt bezogen.
Gemäß § 201 BVergG ist eine Direktvergabe nur zulässig, wenn der geschätzte Auftragswert 100 000 Euro nicht erreicht. Die bei der Durchführung einer Direktvergabe gegebenenfalls eingeholten Angebote und unverbindlichen Preisauskünfte sind entsprechend zu dokumentieren.
Gemäß § 331 Abs. 1 Z 2 BVergG kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war.
Bei der Direktvergabe handelt es sich um ein formfreies Vergabeverfahren für wertmäßig relativ geringfügige Leistungsvergaben (EBRV 1171 BlgNR XXII. GP 50).
Bei der "klassischen" Direktvergabe, ist ausschließlich die Wahl des Vergabeverfahrens gesondert anfechtbar.
Unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (u.a. in den Rechtssachen C-327/00, Santex und C-241/06, Lämmerzahl) hält der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang allerdings auch fest, dass eine Unzulässigkeit eines Feststellungsantrages dann nicht vorliegt bzw. eine Präklusion mangels rechtzeitiger Anfechtung dann nicht eintritt, wenn ein Auftraggeber durch sein Verhalten die Ausübung der dem Antragsteller durch das Unionsrecht gewährten Rechte im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren unmöglich macht oder übermäßig erschwert (wiederum VwGH 02.02.2012, 2011/04/0017; siehe auch Reisner in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, Rz 2069ff).
Für den vorliegenden Feststellungsantrag bedeutet das Folgendes:
Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, haben die von der Antragstellerin vermuteten Vergaben bzw. Vertragsabschlüsse, soweit entscheidungswesentlich, nicht stattgefunden. Es wurden daher keine dem BVergG unterliegenden Verträge geschlossen, sodass der Antragstellerin kein Schaden iSd. BVergG entstanden sein kann und somit keine Beschwer bei der Antragstellerin vorliegt, sodass die Anträge zurückzuweisen waren.
Zusammenfassend ist sohin festzuhalten, dass der nunmehrige Feststellungsantrag gemäß § 331 Abs. 1 Z 2 BVergG spruchgemäß zurückzuweisen war.
Zu B)
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Zur Begründung darf auf die zuvor angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden.
Schlagworte
Direktvergabe, Feststellungsantrag, Feststellungsverfahren,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W138.2202965.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.12.2018