Entscheidungsdatum
28.09.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I403 2140489-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.11.2016, Zl. 1054527606-150308873/BMI-BFA_SZB_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.09.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsbürger, stellte am 25.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 26.03.2015 stattfindenden Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, er habe im Irak als Polizist gearbeitet, sei jedoch zu einer iranischen Einheit versetzt worden. Dort habe er den Befehl erhalten, in XXXX gegen den IS zu kämpfen. Daraufhin sei der Beschwerdeführer am nächsten Tag nicht mehr zum Dienst erschienen. Einen Tag später seien 10 Männer der Einheit zum Beschwerdeführer nach Hause gekommen und hätten gewaltsam die Türe geöffnet. Der Beschwerdeführer sei geflüchtet.
Der Beschwerdeführer wurde am 17.03.2016 niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt wiederholte er sein Vorbringen aus der Erstbefragung in größerer Detailliertheit. Im Falle seiner Rückkehr in den Irak habe er Angst, von der Miliz "Saraya al Khurasani" getötet zu werden.
Mit Bescheid des BFA vom 02.11.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Gegen den am 07.11.2016 zugestellten Bescheid wurde fristgerecht mit Schreiben vom 18.11.2016 Beschwerde erhoben. Es wurde vorgebracht, die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer zu Unrecht die Glaubwürdigkeit versagt, unrichtige Feststellungen sowie unrichtige rechtliche Beurteilungen getroffen. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge dem Beschwerdeführer Asyl, allenfalls subsidiären Schutz gewähren, allenfalls den angefochtenen Bescheid aufheben und zurückverweisen, die aufschiebende Wirkung gewähren, einen landeskundigen Sachverständigen beauftragen, sich mit der aktuellen Situation im Irak zu befassen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen, allenfalls eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklären, allenfalls einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen sowie allenfalls feststellen, dass die Abschiebung in den Irak unzulässig ist.
Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 24.11.2016 vorgelegt und der Gerichtsabteilung L504 der Kammer L zugewiesen. Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 27.06.2018 wurde der Akt der Gerichtsabteilung I403 der Kammer I neu zugewiesen und dieser am 04.07.2018 vorgelegt.
Am 24.09.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, im Zuge derer der Beschwerdeführer wiederholte, eine Verfolgung durch die Miliz "Saraya al Khurasani" zu befürchten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und hält sich seit zumindest 25.03.2015 in Österreich auf. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist Staatsangehöriger des Irak, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist schiitischer Moslem.
Der Beschwerdeführer hat vor seiner Ausreise im März 2015 in Bagdad gelebt. Er ist, abgesehen von Magenproblemen, gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer ist geschieden und hat zwei Töchter. Die Frau sowie die Kinder des Beschwerdeführers leben im Irak, ebenso wie seine Eltern, vier Brüder und zwei Schwestern. Der Beschwerdeführer steht in Kontakt mit seiner Familie. In Österreich lebt ein Cousin des Beschwerdeführers.
Die Beschwerdeführer hält sich seit dreieinhalb Jahren in Österreich auf; er weist keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, gesellschaftlicher sowie kultureller Hinsicht auf. Er hat zwar an einem Deutschkurs teilgenommen, jedoch keine Prüfung abgelegt. Der Beschwerdeführer hat sich um eine Beschäftigungsbewilligung bemüht, allerdings keine erhalten.
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten und bestreitet seinen Lebensunterhalt seit der Ankunft in Österreich über die Grundversorgung.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer in die Miliz "Saraya al Khurasani" eingegliedert wurde und aufgrund seiner Weigerung, gegen den Islamischen Staat (IS) zu kämpfen, von dieser und der Polizei verfolgt wird.
Es sind keine Gründe ersichtlich, warum es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar wäre, in seine Heimatstadt Bagdad zurückzukehren. Er ist jung, gesund und erwerbsfähig und hat Kontakt zu seiner in Bagdad lebenden Familie, der es seiner Aussage nach gut geht.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
1.3. Zur allgemeinen Situation im Irak:
Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, z.B. den sogenannten Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite geprägt. Dabei stand vor allem die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Stadt Mossul, Hauptstadt der Provinz Ninava, im Fokus. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und XXXX im Zentral- und Südirak voraus.
Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, gemeinsam mit schiitischen Milizen, den Popular Mobilisation Forces (PMF) und mit der Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte die Einheiten des IS sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz AL ANBAR als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und XXXX zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt MOSSUL sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mossul.
Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mossul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht. Im Westteil der Stadt wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mossul eingekesselt.
Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.
Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premierminister Haider AL-ABADI die Stadt Mossul für vom IS befreit. In der Folge wurden von der Militärallianz auch frühere Bastionen des IS westlich von Mossul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze zurückerobert. Aktuell richten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave südlich von Kirkuk. So gab der Premierminister AL-ABADI im Dezember 2017 bekannt, dass der IS besiegt sei.
Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad ist im Wesentlichen nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die genannten Ereignisse. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu dienen solle, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte zu richten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.
Offiziell ist nach wie vor das ca. 70.000 Mitglieder umfassende und sich aus Soldaten aus der regulären Armee, der Militärpolizei, der normalen Polizei und den Geheimdiensten zusammensetzende "Baghdad Operations Command" (BOC) für die Sicherheit in der Stadt zuständig. Seitdem der IS im Juli 2017 zurückgedrängt wurde, nahmen die auf Bagdad gerichteten Anschläge kontinuierlich ab. Dennoch kommt es immer wieder zu Selbstmordanschlägen, vor allem in schiitisch dominierten Viertel, wie Sadr City, Shula und Hay Al-Amel als auch an Checkpoints und bei militärischen Einrichtungen. Bagdad erlebte im Jahr 2017 einen Rückgang der Gewalt. Diese Entwicklung wird vor allem der Boc zugeschrieben.
Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten. Die über Jahrzehnte internationaler Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten zumindest außerhalb der Region Kurdistan-Irak schwierig. Nach Angaben des Programms "Habitat" der Vereinten Nationen gleichen die Lebensbedingungen von 57% der städtischen Bevölkerung im Irak denen von Slums. Das Land befindet sich in einer anschwellenden humanitären Krise, die durch anhaltende Konflikte, beschränkten Zugang zu humanitären Hilfsleistungen, zunehmendes Versagen bestehender Bewältigungsmechanismen und finanzielle Engpässe gekennzeichnet ist. Durch den Konflikt und die anhaltende Vertreibung und Unterbrechung der Grundversorgung ist der Bedarf an humanitärer Hilfe laut Berichten schnell eskaliert. Schätzungsweise über 10 Mio. Menschen, d. h. fast ein Drittel der Bevölkerung, benötigen derzeit humanitäre Hilfe im Irak, einschließlich Binnenvertriebener, Rückkehrer, Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern sowie der Menschen, die in Gebieten leben, die vom IS kontrolliert werden. Es gibt derzeit im Irak mehr schutzbedürftige Menschen und mehr Menschen, die auf humanitäre Unterstützung angewiesen sind, als zu irgendeinem Zeitpunkt der letzten Jahre. Dennoch erreichen die humanitären Hilfsorganisationen derzeit nur 7,3 Mio. Menschen. Aufgrund des Ausmaßes und der Komplexität der humanitären Krise haben die Vereinten Nationen im August 2014 die "Notstandstufe 3" - die höchste Stufe - für den Irak ausgerufen und seitdem jedes Jahr bestätigt. ACAPS kategorisiert die humanitäre Krise im Irak als "severe humanitarian crisis" - dies stellt innerhalb dieser Kategorisierung ebenfalls die höchste Stufe dar.
In den Aufnahmegemeinden sind die örtlichen Behörden und Gemeinden Berichten zufolge überlastet, und es wird gemeldet, dass sich der Zugang zu Dienstleistungen, der bereits vor dem jüngsten Konflikt nicht ausreichte, nun weiter verschlechtert hat, einschließlich Trinkwasserversorgung, sanitärer Anlagen, Abfallentsorgung, Bildungseinrichtungen und Gesundheitsversorgung. Berichten zufolge sind Binnenvertriebene von der schlechten Versorgungslage besonders betroffen, da sie oftmals von ihren ehemaligen Einkommensquellen, traditionellen sozialen Netzwerken und sonstigen Auffangmechanismen abgeschnitten sind. Für Mitglieder der ärmsten Haushalte sowie für Haushalte, die von Frauen geführt werden, ist es besonders schwer, eine Stelle oder Verdienstmöglichkeit in der Aufnahmegemeinde zu finden, und viele müssen auf sogenannte "negative Bewältigungsstrategien" zurückgreifen. Die Stromversorgung ist im Vergleich zu der Zeit vor 2003 schlecht. Selbst in Bagdad ist die öffentliche Stromversorgung häufig unterbrochen.
Irak besitzt kaum eigene Industrie. Hauptarbeitgeber ist der Staat. Über 4 Mio. der 36 Mio. Iraker erhalten reguläre Gehälter von der Regierung, die 2015 und 2016 aufgrund der schlechten Haushaltslage teilweise erst mit mehrmonatiger Verspätung gezahlt wurden. Etwa ein Zehntel der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig. Rund 90% der Staatseinnahmen stammen aus dem Ölsektor.
Quelle:
BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN
1.4. Zur Miliz "Saraya al-Khurasani":
Die "Saraya al-Khurasani" ist eine schiitische, vom Iran gestützte Miliz, die 2013 gegründet wurde und sowohl in Syrien wurde auch im Irak kämpft. Die Miliz kämpft vorrangig gegen den Islamischen Staat. Schiitische Milizen kooperieren im Irak generell mit der Polizei, konkrete Berichte, dass Polizisten aus dem Raum Bagdad der Miliz zugeteilt worden wären, liegen keine vor.
Quelle: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 25.10.2016 (zur Gänze im angefochtenen Bescheid wiedergegeben)
1.5. Zum Verlassen des Polizeidienstes im Irak:
Das Strafausmaß für das unerlaubte Verlassen des Polizeidienstes beträgt laut Verbindungsbeamte ein bis der Jahre, abhängig von Umständen und Position. Es ist davon auszugehen, dass das Strafausmaß in Friedenszeiten höher ist; unter Umständen kann bei Spezialeinheiten das Gegenteil der Fall sein. In einem konkreten Fall, in dem ein Polizeioffizier sich in die Niederlande begab, wurden etwa alle Ansprüche aus dem Polizeidienst aberkannt, doch keine sonstige Strafe verhängt. Generell kann der Polizeidienst jederzeit freiwillig beendet werden.
Quelle: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 11.08.2015 (zur Gänze im angefochtenen Bescheid wiedergegeben)
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Irak. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) sowie der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt. Darüber hinaus wurde am 24.09.2018 im Beisein des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen hinsichtlich der Lebensumstände, der Arbeitsfähigkeit, der Herkunft sowie der Glaubens- und Volkszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen diesbezüglich glaubhafte Angaben vor der belangten Behörde (Protokoll vom 17.03.2016) und in der mündlichen Verhandlung (Niederschrift vom 24.09.2018). Aus dem Akteninhalt bzw. dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen.
Die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aufgrund eines im Original vorgelegten Staatsbürgerschaftsnachweises. Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines im Original vorgelegten irakischen Personalausweises Nr. XXXX fest.
Die gesundheitlichen Magenprobleme des Beschwerdeführers ergeben sich aus vorgelegten Arztbriefen aus dem Irak sowie aus dem KH XXXX.
Die Teilnahme des Beschwerdeführers an einem Deutschkurs für Anfänger an der VHS ergibt sich aus einer vorgelegten Teilnahmebestätigung. Dass sich der Beschwerdeführer beim AMS um eine Beschäftigungsbewilligung bemühte, ergibt sich aus vier Bescheiden, mit denen der Antrag jeweils abgelehnt wurde. Daneben wurde ein Empfehlungsschreiben eines Priesters vom 20.04.2017 vorgelegt. Dass ein Cousin des Beschwerdeführers in Österreich lebt, ergibt sich aus der entsprechenden Aussage in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 23.07.2018.
2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer hatte, auf das Wesentlichste zusammengefasst, erklärt, bei einer Spezialeinheit der irakischen Polizei tätig gewesen zu sein, bis er den Auftrag erhalten habe sich der Milizeinheit "Saraya al Khurasani" anzuschließen und gegen den Islamischen Staat zu kämpfen. Nach seiner Weigerung sei sein Haus gestürmt worden und er habe die Flucht ergriffen.
Dieses Vorbringen wurde vom BFA für nicht glaubhaft befunden; dem schließt sich das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung an. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes erscheint es bereits zweifelhaft, ob der Beschwerdeführer tatsächlich als Polizist in der von ihm angegebenen Spezialeinheit für Terrorismusbekämpfung tätig war. Der Beschwerdeführer blieb in der mündlichen Verhandlung sehr vage, was seine genaue Tätigkeit betraf, wie der folgenden Ausschnitt aus dem Verhandlungsprotokoll zeigt (RI=Richterin, BF=Beschwerdeführer):
"RI: Was war Ihre exakte Dienststelle?
BF: Abteilung für Terrorismusbekämpfung.
RI: Was genau umfasste Ihre Tätigkeit?
BF: Terrorismusbekämpfung, auch organisierte Verbrechen, etwa bei Entführungen, bekämpfen, auch Hausdurchsuchungen.
RI: Seit wann waren Sie in dieser Abteilung?
BF: Ganz genau kann ich mich nicht erinnern.
RI: Wie viele Personen waren in dieser Abteilung beschäftigt?
BF: Ungefähr 60 oder 100. Ich glaube eher 100.
RI: Hatten Sie selbst ein Spezialgebiet?
BF: Nein, aber ich habe mit Waffen umgehen können, etwa um die Häuser zu durchsuchen.
RI: Können Sie einen typischen Tag beschreiben?
BF: Wie meinen Sie das genau?
RI: Bitte beschreiben Sie mir einen typischen Arbeitstag.
BF: Wir saßen in der Kaserne. Wenn ein Befehl kam, wenn der Offizier uns eine Aufgabe gab, sind wir hingefahren.
RI: Alle 60 bis 100 Personen saßen in der Kaserne und haben auf eine Aufgabe gewartet?
BF: Nein, nicht alle. Wir haben in Schichten gearbeitet. Wir waren 30 bis 40 in der Kaserne.
RI: Wie war der Name der Kaserne?
BF: "Geheimdienstdirektion und Terrorismusbekämpfung"."
Der Beschwerdeführer konnte die Anzahl der MitarbeiterInnen nicht nennen und blieb bei Gemeinplätzen, wenn er aufgefordert wurde, seine Tätigkeit zu schildern. Es passt auch nicht zusammen, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung einerseits erklärte, dass er bereits 2006, zwei Jahre nach seinem Eintritt in die Polizei, daran gedacht hätte, das Land zu verlassen, weil die Situation aufgrund der Terroranschläge für Polizisten schlecht gewesen sei, und dass er andererseits bei einer Einheit zur Terrorbekämpfung gearbeitet haben will.
Auch das ganze Vorbringen rund um den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) ist nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer hatte erklärt, dass man ihm und 29 bzw. 30 Kollegen am 25.10.2014 erklärt habe, dass sie am 05.11.2014 zur Miliz "Saraya al Khurasani" wechseln sollten, um in weiterer Folge gegen den IS zu kämpfen. Bei diesem Vorbringen verstrickte er sich aber in zahlreiche Widersprüche: So nannte er immer wieder unterschiedliche Namen in Bezug auf die Führung der Miliz. Als einzige Erklärung, warum er sowohl in der Erstbefragung wie auch in der Einvernahme durch das BFA wie auch in der mündlichen Verhandlung einen anderen Namen nannte, gab der Beschwerdeführer an, dass er sich nunmehr erkundigt habe. Es wäre aber davon auszugehen, wenn er tatsächlich in engem Kontakt mit der Miliz gewesen bzw. von dieser geschult worden wäre, dass er den Namen des Anführers auch ohne entsprechende Nachforschungen gewusst hätte.
Darüber hinaus wurde der Ablauf der Ereignisse verschieden geschildert: In der Erstbefragung am 26.03.2015 meinte er, dass er mit seinen Kollegen bereits mit Dienstfahrzeugen und Bewaffnung am 05.11.2014 zur Miliz gewechselt sei und dann eine fünftägige Schulung stattgefunden habe. Nach einem weiteren Tag Pause wären sie dann in den Kampf geschickt worden, doch habe der Beschwerdeführer sich dem entzogen. Ganz anders schilderte der Beschwerdeführer dem BFA und in der mündlichen Verhandlung den Ablauf: Er erklärte, dass ihm am 05.11.2014 erklärt worden sei, dass man in den Kampf ziehen müsse und dass für den nächsten Tag eine weitere Besprechung anberaumt gewesen sei, zu der der Beschwerdeführer dann aber nicht erschienen sei. Eine Schulung habe der Beschwerdeführer aber nicht absolvieren müssen, da er ja bereits bei der Polizei eine Grundausbildung erfahren habe. Die in der Erstbefragung erwähnte fünftägige Schulung findet sich daher im späteren Vorbringen nicht mehr.
In der Erstbefragung und in der Einvernahme durch das BFA legte der Beschwerdeführer dar, dass man ihn zweimal angerufen habe, als er nicht zum Dienst erschienen sei, dass er aber erklärt habe, krank zu sein. Ihm sei befohlen worden, am nächsten Tag zum Dienst zu erscheinen. Diesem Befehl habe er nicht Folge geleistet, so dass am nächsten Tag zehn Männer sein Haus gestürmt hätten. Dagegen sagte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung, dass man ihn gar nicht kontaktiert habe und dass er nicht damit gerechnet habe, dass die Miliz seine Adresse haben würde (was unwahrscheinlich wäre, wenn tatsächlich ein formeller Wechsel des Beschwerdeführers von der Polizei zur Miliz stattgefunden hätte).
Gleichbleibend verwies der Beschwerdeführer darauf, dass am 11.11.2014 zehn bewaffnete Personen in sein Haus eingedrungen seien und er sich über das Dach zu einem Nachbarn gerettet habe. Man habe ihm nachgeschossen und seine Frau und Kinder verletzt. Allerdings sagte der Beschwerdeführer in der Erstbefragung, dass er sich zum Nachbarn geflüchtet habe und dann selbst zum Haus zurückgegangen sei, dass er aber seine Frau und seine zwei Kinder nicht mehr vorgefunden habe. Dagegen schilderte er später, vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung, dass er den Nachbarn gebeten habe, nach seiner Frau und seinen Kindern zu sehen. Diesen Unterschied erklärte der Beschwerdeführer damit, dass die Dolmetscherin bei der Erstbefragung einen Fehler gemacht habe. Doch auch wenn man dies zu seinen Gunsten annimmt, bleibt die Geschichte rund um den Nachbarn doch wenig plausibel. So gab der Beschwerdeführer an, dass die Milizen ihn gesucht, aber nicht gefunden haben würden. In der mündlichen Verhandlung erklärte er dies damit, dass es das siebte oder achte Haus gewesen sei, in dem er sich versteckt habe. Dass eine zehnköpfige Truppe, die einen Flüchtigen sucht, diesen in dem Umkreis der Nachbarn nicht findet, erscheint wenig realistisch. Ebenso ist es nicht logisch, dass der Beschwerdeführer erklärt, einerseits seinen Nachbarn nach einer Stunde zu seiner Frau geschickt zu haben, welcher dann mit der verletzten Familie ins Krankenhaus gefahren sei, andererseits dass er selbst das Haus des Nachbarn nach einer Stunde verlassen habe. Es wäre zu erwarten, dass er auf die Rückkehr des Nachbarn gewartet hätte, um zu erfahren, wie es seiner Familie geht. Insgesamt erscheint auch dieser Teil der Geschichte nicht plausibel.
Der Beschwerdeführer legte dem BFA verschiedene Dokumente vor, unter anderem die Anzeige seiner Frau bei der Polizei und bei Gericht. Darin schildert diese, dass ihr Mann ihr erzählt habe, dass er von der Miliz mit dem Tode bedroht worden sei, wenn er nicht einrücken würde und dass diese dann am 11.11.2014 das Haus gestürmt und sie selbst und die Kinder verletzt hätten. Die Anzeige bei Gericht stammt vom 19.11.2014. Abgesehen von dem Umstand, dass - wie in den Länderfeststellungen dargelegt - es im Irak möglich ist, jegliches Dokument gegen Bezahlung zu erhalten, ist es für das Bundesverwaltungsgericht schlichtweg nicht glaubhaft, dass sich der Beschwerdeführer vor einer Verfolgung durch die Polizei und einer mit dieser verbundenen Miliz fürchtet und dass dennoch seine Frau nicht nur unmittelbar nach dem Anschlag, sondern auch noch 8 Tage später bei Gericht eine Anzeige machte. Dass man sich einerseits vor den Behörden versteckt und andererseits eine Anzeige legt, ist ein nicht zu erklärender Widerspruch.
Das BFA hatte im angefochtenen Bescheid bereits kritisiert, dass es nicht logisch sei, wie der Beschwerdeführer (wie von ihm in der Einvernahme behauptet) Auto, Möbel und Schmuck verkauft haben will, während er sich versteckt gehalten habe. In der mündlichen Verhandlung rechtfertigte er sich dann damit, dass er nur das Auto verkauft und daneben Bargeld bei seinem Bruder gehabt habe. Dies lässt sich aber nicht mit seinen Angaben vor dem BFA in Einklang bringen.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist aufgrund dieser genannten Unstimmigkeiten nicht glaubhaft. Er legte Dokumente und Fotos vor, die eine Tätigkeit bei der Polizei belegen sollen, wobei nochmals darauf hinzuweisen ist, dass es im Irak leicht möglich ist, gewünschte Dokumente gegen Bezahlung zu erhalten. Es kann nicht abschließend festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer im Irak tatsächlich als Polizist tätig war. Es kann aber festgestellt werden, dass die von ihm behauptete Rekrutierung durch eine Miliz, seine Weigerung und die darauf einsetzende Verfolgung seiner Person nicht glaubhaft sind.
Auch wenn man davon ausgehen würde, dass er in der Vergangenheit als Polizist aktiv war, wäre es möglich, dass er freiwillig aus dem Dienst ausgeschieden ist, was laut der bereits im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Anfragebeantwortung vom 11.08.2015 jederzeit möglich wäre. Es kann daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich den Polizeidienst unerlaubt verlassen hat und eine diesbezügliche Strafe zu fürchten hätte.
Eine konkrete Verfolgung seiner Person im Irak konnte der Beschwerdeführer daher nicht glaubhaft machen.
In der Beschwerde wurde in eventu die Gewährung subsidiären Schutzes aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage im Irak gefordert. Auch wenn nicht verkannt wird, dass es in Bagdad nach wie vor zu Selbstmordattentaten und Anschlägen kommt, ist die Situation dennoch nicht derart, dass jeder, der in die Stadt zurückkehrt, um sein Leben fürchten müsste. Der Beschwerdeführer gehört darüber hinaus zur schiitischen Mehrheit und hat ein familiäres Netzwerk in Bagdad. Seine Magenschmerzen wurden bereits vor seiner Ausreise im Irak behandelt, Einschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit gab er nicht an. Seine Brüder sind selbständig erwerbstätig und könnten ihn daher gegebenenfalls zu Beginn auch unterstützen. Die Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, dass es seiner Familie in Bagdad gut gehe, spricht auch dagegen, dass ihn eine Rückkehr in seine Heimatstadt automatisch in eine unmenschliche Lage versetzen würde.
2.4. Zu den Länderfeststellungen:
Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Richterin bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen. Die im Bescheid und in einer Zusammenfassung auch oben wiedergegebenen Länderfeststellungen blieben ebenso unwidersprochen wie das im Vorfeld der mündlichen Verhandlung übermittelte Länderinformationsblatt, aus dem sich die allgemeinen Feststellungen zur Situation im Irak ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zum Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids):
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.3. bereits dargelegt, konnte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft machen. Es kann nicht festgestellt werden, dass er durch eine Miliz verfolgt wird, nachdem er sich geweigert hatte, mit dieser gegen den IS zu kämpfen. Sein entsprechendes Vorbringen ist nicht glaubhaft.
Soweit der Beschwerdeführer angibt, dass er auch von den Behörden selbst gesucht werde, weil er den Polizeidienst verlassen habe, bestehen auch an diesem Vorbringen Zweifel. Jedenfalls konnte der Beschwerdeführer nicht geltend machen, dass er in Zusammenhang mit einem Konventionsgrund eine unverhältnismäßige Strafe zu erwarten hätte, so dass eine diesbezügliche Asylrelevanz auszuschließen ist.
Eine sonstige Bedrohung oder Verfolgung wurde weder von Seiten des Beschwerdeführers behauptet noch war eine solche für das Bundesverwaltungsgericht erkennbar.
Daher ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Irak keine Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und der Ausspruch in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.
3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 idgF ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage im Irak (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann. Es kann auf Basis der Länderfeststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass generell jeder im Falle einer Rückkehr in den Irak mit existentiellen Nöten konfrontiert ist.
Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174). Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 200/01/0443 und zuletzt VwGH, 25.05.2016, Ra 2016/19-0036-5). Derartige Umstände wurden vom Beschwerdeführer nicht dargelegt, zumal er gesund und in einem erwerbsfähigen Alter ist. Überdies lebt nach wie vor der überwiegende Teil seiner Familie, insbesondere seine Geschwister in Bagdad, sodass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch mit der Unterstützung durch seine Familie rechnen könnte.
Wie bereits ausgeführt kann nicht abschließend festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer tatsächlich als Polizist tätig war; die Zugehörigkeit zur Sondereinheit zur Terrorismusbekämpfung ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls nicht glaubhaft. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer tatsächlich seine Flucht während des aufrechten Polizeidienstes angetreten haben sollte, ergibt sich aus den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, dass speziell in unruhigen Zeiten kaum Strafen verhängt werden, sondern nur mit einem Entlassen aus dem Polizeidienst zu rechnen ist.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides, erster Spruchteil):
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. - im Umfang des ersten Spruchteiles - des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides, zweiter Spruchteil):
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich. Sein Cousin lebt zwar ebenfalls in Österreich, jedoch besteht kein besonders enger Kontakt. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis wurde nicht behauptet.
Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von etwa dreieinhalb Jahren davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens überwiegt.
Es liegen auch keine Aspekte einer außerordentlichen Integration vor; der Beschwerdeführer bestreitet seinen Lebensunterhalt über die Grundversorgung und steht in keinem Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnis.
Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber nicht vor; beim Beschwerdeführer sind keine besonderen Vulnerabilitäten gegeben.
Hinsichtlich seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. - im Umfang des zweiten Spruchteiles - gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides, dritter Spruchteil):
Mit angefochtenem Bescheid wurde zudem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak zulässig ist. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse vom 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. - im Umfang des dritten Spruchteiles - gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids):
Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dass besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Drohungen, Gesamtbetrachtung, Glaubwürdigkeit, Interessenabwägung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I403.2140489.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.12.2018