TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/2 W220 1409224-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.10.2018
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Entscheidungsdatum

02.10.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §60 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W220 1409224-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela Unterer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Indien, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2015, Zl. 499232804-151045927, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. zu lauten hat, wie folgt:

"Ihr Antrag vom 05.08.2015 auf Verkürzung/Aufhebung des gegen Sie mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro vom 12.11.2011, Zahl III-1281134/FrB/11, erlassenen Einreiseverbots wird gemäß § 60 Abs. 1 FPG idgF. abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 2013/33 idgF, stattgegeben und dieser ersatzlos aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Indien, reiste am 11.09.2009 unrechtmäßig nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.09.2009, Zl. 09 11.030-BAT, bezüglich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer wurde aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 29.07.2010, Zl. C16 409.224-1/2009/3E abgewiesen.

2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 12.11.2011 wurde gegen den Beschwerdeführer gem. § 52 Abs. 1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF eine Rückkehrentscheidung erlassen und gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 iVm Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen. Gem. § 55 Abs. 1 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Erlassung des Bescheids festgelegt.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Berufungsbescheid des UVS Wien vom 11.04.2012, Zl. UVS-FRG/62/13972/2011-22 gem. § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 03.09.2012, Zl. 2012/18/0076, wurde die Behandlung der gegen den Berufungsbescheid des UVS erhobenen Beschwerde abgelehnt.

3. Am 28.01.2015 stellte der Beschwerdeführer einen (ersten) Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK (Anm.: vgl. zum Verfahren über den zweiten Antrag das Verfahren zu W220 1409224-3).

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2015, Zl. 499232804-150103554, gem. § 58 Abs. 10 AsylG als unzulässig zurückgewiesen.

4. Am 05.08.2015 stellte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbots.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2015, Zl. 499232804-151045927, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 05.08.2015 auf Verkürzung/Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro vom 12.11.2011, Zahl III-1281134/FrB/11, erlassenen Einreiseverbots gemäß § 60 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 78 AVG habe der Beschwerdeführer Bundesverwaltungsabgaben in der Höhe von Euro 6,50 zu entrichten. Die Zahlungsfrist betrage vier Wochen (Spruchpunkt II.).

In der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. zusammengefasst aus, dass es gemäß § 60 Abs. 1 AsylG ein Einreiseverbot auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Einreiseverbots maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben könne, wenn dieser das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen und die fristgerechte Ausreise nachgewiesen habe. Daraus folgerte die belangte Behörde, dass die Voraussetzung für die Verkürzung bzw. Aufhebung des Einreiseverbots somit das fristgerechte Verlassen Österreichs sei (Hervorhebungen im Original). Der Beschwerdeführer sei der Ausreise nie nachgekommen, womit er die Voraussetzung gem. § 60 Abs. 1 FPG nicht erfülle. Der Beschwerdeführer habe der Behörde keine Bestätigung über die Ausreise vorgelegt, was bedeute, dass das Gültigkeitsende seines Einreiseverbots noch nicht festgesetzt worden wäre. Der Antrag des Beschwerdeführers sei somit gem. § 60 Abs. 1 FPG "zurückzuverweisen".

Spruchpunkt II. begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Erlass des gegenständlichen Bescheides im Privatinteresse des Beschwerdeführers liege.

Gegen diesen am 25.11.2015 zugestellten Bescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Die Beschwerde wendet sich im Wesentlichen dagegen, dass sowohl § 60 Abs. 1 FPG als auch die Rechtsauffassung der belangten Behörde verfassungswidrig seien, da demnach eine Möglichkeit zur Aufhebung des Einreiseverbotes selbst dann nicht bestehe, wenn die Gründe, die zur Erlassung des Einreiseverbots geführt hätten, nachträglich weggefallen wären und eine der sich aus Art. 8 EMRK ergebenden Verpflichtung, unter besonderen Umständen den Aufenthalt eines Fremden zu ermöglichen, nicht nachgekommen werden könne. Die fehlende Ausreise des Beschwerdeführers rechtfertige nicht die Zurückweisung des Antrags.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien und damit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Dem Beschwerdeführer kommt weder ein Status eines Asylberechtigten noch ein Aufenthaltstitel nach §§ 55 bis 57 AsylG 2005 zu. Er hat auch sonst keinen ihn zum Aufenthalt berechtigenden Titel.

Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 12.11.2011 eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen.

Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nachgekommen.

Der Beschwerdeführer hat am 05.08.2015 durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter den gegenständlichen Antrag auf Aufhebung des unter einem mit einer Rückkehrentscheidung erlassenen Einreiseverbots gestellt.

2. Die Feststellungen sowie der im Verfahrensgang zusammengefasste Sachverhalt ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.

2. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Im vorliegenden Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i. d.g.F., geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Zu Spruchteil A):

2.1. § 28 VwGVG lautet auszugsweise:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."

2.2. Zu Spruchpunkt A) I.

2.2.1. Gemäß dem zum Zeitpunkt der Erlassung des unter Punkt I.2. genannten Bescheides zur Anwendung gekommenen § 52 Abs. 1 FPG idF BGBl I Nr. 38/2011 ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

§ 53 FPG idF BGBl I Nr. 38/2011 lautet auszugsweise:

"(1) Mit einer Rückkehrentscheidung wird ein Einreiseverbot unter einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

[...]

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

[...]

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

[...]."

Gemäß § 125 Abs. 25 FPG letzter Satz idgF bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Einreiseverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31.12.2013 gemäß § 60 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2013 aufgehoben, verkürzt oder für gegenstandslos erklärt werden.

Der mit "Verkürzung, Gegenstandslosigkeit und Aufhebung" betitelte § 60 FPG 2005 BGBl. I idF. BGBl. I Nr. 38/2011 lautet:

"§ 60. (1) Die Behörde kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 und 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände auf die Hälfte des festgesetzten Zeitraumes herabsetzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(2) Die Rückkehrentscheidung wird zu einem Rückkehrverbot, wenn der Drittstaatsangehörige einen Antrag auf internationalen Schutz einbringt.

(3) Die Rückkehrentscheidung wird gegenstandslos, wenn einem Drittstaatsangehörigen

----------

1.-der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird;

2.-ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 41a Abs. 9 und 10, 43 Abs. 3 und 4 und 69a NAG erteilt wird.

(4) Das Rückkehrverbot wird gegenstandslos, wenn einem Drittstaatsangehörigen

----------

1.-der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird;

2.-der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde, ohne dass damit eine Ausweisung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 verbunden wurde.

(5) Das Rückkehrverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind."

Der mit "Verkürzung, Gegenstandslosigkeit und Aufhebung" betitelte § 60 FPG 2005 BGBl. I idF. BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:

"§ 60. (1) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(2) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(3) Die Rückkehrentscheidung wird gegenstandslos, wenn einem Drittstaatsangehörigen

1. der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird;

2. ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 erteilt wird.

(Anm.: Abs. 4 und 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

2.2.2. Daraus geht eindeutig hervor, dass unabdingbare Bedingung für eine Verkürzung oder Aufhebung eines Einreiseverbotes (und der damit verbundenen Rückkehrentscheidung) die nachgewiesene fristgerechte Ausreise ist. Der Beschwerdeführer ist allerdings nicht fristgerecht ausgereist und hat dies weder behauptet noch nachgewiesen. Es erübrigt sich infolgedessen eine Überprüfung, ob sich die für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot maßgeblichen Umstände geändert haben. Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid kommt daher keine Berechtigung zu.

Dem Beschwerdeführer kommt aktuell auch weder der Status eines Asylberechtigten noch ein Aufenthaltstitel nach §§ 55 bis 57 AsylG 2005 zu. Ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 wurde zuletzt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zl. W220 1409224-3, behoben und wird nunmehr vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einer meritorischen Entscheidung zuzuführen sein.

Unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass damit der Sachentscheidung über den anhängigen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 55 AsylG nicht vorgegriffen wird (vgl. dazu das Erkenntnis vom heutigen Tag zu Zl W220 1409224-3), ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass eine stattgebende Erledigung dieses Antrags jedenfalls (auch) zur Gegenstandslosigkeit des Einreiseverbots führen würde (vgl. VwGH 16.12.2015 Ro 2015/21/0037, wonach die einschränkende Auslegung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 60 Abs. 1 Z 1 AsylG auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nahe liegt, ermöglicht es doch, Einreiseverbote, die mangels fristgerechter Ausreise des Drittstaatsangehörigen keiner Verkürzung oder Aufhebung nach § 60 Abs. 1 oder 2 FPG zugänglich sind, bei zwingenden Gründen des Art. 8 MRK im Wege der Antragstellung nach § 55 AsylG 2005 gegenstandslos werden zu lassen).

2.2.3. Der Charakter einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung als Sacherledigung ist aus dem Gesamtinhalt des Bescheides abzuleiten (VwGH 14.07.2005 2003/06/0015; Hinweis E vom 18. September 1998, Zl. 96/19/1584).

Der auf Zurückweisung lautende Spruch eines Bescheids ist einer Umdeutung nur in Fällen zugänglich, in welchen der gesamte Bescheidinhalt eindeutig erkennen lässt, dass die Behörde eine Sachentscheidung beabsichtigte und daher die Zurückweisung zweifelsfrei ein den wahren behördlichen Willen verfälschendes Vergreifen im Ausdruck darstellt (Hinweis E 14.Juli 2005, 2003/06/0015; E 17.Mai 2004, 2002/06/0203; VwGH 26.04.2012 2010/07/0129).

Wie bereits ausgeführt, hat der Beschwerdeführer das Gebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen und war daher die materielle Voraussetzung für die beantragte Aufhebung des Einreiseverbots nicht gegeben. Damit begründete auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ihre "zurückweisende" Entscheidung. Es geht aus dem Bescheid klar hervor, dass die Behörde die materiellen Voraussetzungen für eine Verkürzung als nicht gegeben sah, weil der Beschwerdeführer noch nicht ausgereist war - damit wurde der Antrag inhaltlich geprüft. Aus der dargestellten materiellrechtlichen Begründung der belangten Behörde geht folglich zweifelsohne hervor, dass diese aufgrund des Antrags des Beschwerdeführers eine Sachentscheidung traf und damit eine meritorische Entscheidung in Form einer Abweisung des Antrages vorgenommen wurde.

In der an Stelle einer Abweisung des Antrags erfolgten Zurückweisung liegt daher lediglich ein Vergreifen im Ausdruck mit dem Ergebnis, dass mit dem Bescheid eine meritorische Entscheidung in Form einer Abweisung des Antrages vorgenommen wurde.

2.2.4. Da die Voraussetzungen für die Aufhebung des Einreiseverbots nicht vorlagen, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, dass die Fehlbezeichnung im Spruch des angefochtenen Bescheids richtigzustellen war, abzuweisen.

2.3. Zu Spruchpunkt A) II.

Das Bundesamt sprach mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 78 AVG eine Verwaltungsabgabe in Höhe von Euro 6,50 zu entrichten habe.

Gemäß § 78 Abs. 1 AVG können den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung (unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung, übertragener Wirkungsbereich der Gemeinden in Bundesangelegenheiten) für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist. Wenn ein im Verwaltungsverfahren als Partei auftretender Rechtsträger zur Vollziehung der Gesetze berufen ist, so unterliegt er insoweit der Verpflichtung zur Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben nicht, als die Amtshandlung eine unmittelbare Voraussetzung der dem Rechtsträger obliegenden Vollziehung der Gesetze bildet. Die Gebietskörperschaften unterliegen ferner der Verpflichtung zur Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe nicht, wenn diese der als Partei einschreitenden Gebietskörperschaft zufließen würde.

Gemäß § 78 Abs. 2 AVG sind für das Ausmaß der Bundesverwaltungsabgaben, abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen, durch Verordnung der Bundesregierung zu erlassende Tarife maßgebend, in denen die Abgaben mit festen Ansätzen, die nach objektiven Merkmalen abgestuft sein können, bis zum Höchstbetrag von 1.090 Euro im einzelnen Fall festzusetzen sind.

Bundesverwaltungsabgaben können nur für "Amtshandlungen" der Behörde vorgesehen werden (zB. für Bescheide und Beurkundungen), die Amtshandlungen müssen weiters "wesentlich im Privatinteresse" der Partei liegen, sie also begünstigen (zB. die Verleihung von Berechtigungen), so Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht (2011), Rz 685. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verleihung einer Berechtigung eine wesentlich im privaten Interesse der solcherart berechtigten Partei liegende Amtshandlung (vgl. VwGH 12.10.1964, Zl. 0139/63). "Nach dem klaren Wortlaut des § 78 Abs. 1 AVG ist jedoch bei Verweigerung der Verleihung einer Berechtigung - im Gegensatz zur Erteilung unter belastenden Nebenbestimmungen - (insbesondere Auflagen [vgl. Mannlicher/Quell AVG § 78 Anm 2]) eine Verwaltungsabgabe nicht einzuheben (vgl. Hellbling 522; Herrentritt 152)" (Hengstschläger/Leeb AVG § 78 RZ 8). Auch eine Amtshandlung, welche die Rechtslage der Partei nicht verändert, liegt nicht wesentlich in ihrem Privatinteresse (vgl. VwGH 02.10.1973, VwSlg. 8473A/73; VwGH 28.01.2004, Zl. 2002/04/0193).

Im vorliegenden Verfahren wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers zur Gänze ab, weshalb nach oben Gesagtem nicht von einem "wesentlich im Privatinteresse der Partei" liegenden Sachverhalt ausgegangen werden kann. Aus diesem Grund war der Tatbestand für die Vorschreibung einer Verwaltungsabgabe im gegenständlichen Fall nicht erfüllt, weshalb dieser Spruchteil ersatzlos zu beheben war.

2.4.1. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

In seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. 2014/20/0017, ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind: "Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen." (VwGH 28.05.2014, Zl. 2014/20/0017)

2.4.2. Die Beschwerde bringt keine neuen, entscheidungsrelevanten Aspekte vor. Der für die Abweisung wesentliche Sachverhalt steht unstrittig fest. Eine persönliche Befragung des Beschwerdeführers konnte unterbleiben, zumal nicht hervorkam, was konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. Auch sonst hat sich kein Hinweis ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer im Rahmen einer Verhandlung zu erörtern (vgl. dazu auch VwGH 17.10.2006, 2005/20/0329; 26.6.2007, 2007/01/0479; 22.8.2007, 2005/01/0015).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben (vgl. dazu insbesondere die unter Punkt II.2.2. II.2.3 und II.2.4. zitierte Judikatur).

Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schlagworte

Aufhebung, Ausreise, Einreiseverbot, ersatzlose Behebung, materielle
Erledigung, Verkürzung, Verwaltungsabgabe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W220.1409224.2.00

Zuletzt aktualisiert am

18.12.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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