Entscheidungsdatum
04.10.2018Norm
AVG §53bSpruch
W195 2202850-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX vom XXXX betreffend die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX zu den Zlen. XXXX, XXXX und XXXX beschlossen:
A)
I. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom XXXX wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG stattgegeben.
II. Die gebührenrechtlichen Ansprüche vom XXXX werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG mit
EUR 222,90 (inkl. USt)
bestimmt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom XXXX, Zlen. XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den XXXX an, zu welcher der Antragsteller als Dolmetscher geladen wurde. Bereits in der Ladung erfolgte der Hinweis, dass der Gebührenanspruch am Ende des Verhandlungs- oder Vernehmungstages bzw. innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, beim Bundesverwaltungsgericht geltend machen könne.
2. In der Folge fand am XXXX die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, im Rahmen derer der Antragsteller als Dolmetscher fungierte.
3. Am XXXX übermittelte der Antragsteller die gegenständliche Honorarnote betreffend seine Teilnahme als Dolmetscher an der mündlichen Verhandlung vom XXXX.
4. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom XXXX mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen vor, dass sich sein dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX übermittelter Antrag für Dolmetscher nach der Aktenlage als verspätet darstelle, da die vierzehntägige Frist zur Geltendmachung der Gebühr mit Ablauf des XXXX geendet habe.
5. Mit Schreiben vom XXXX nahm der Dolmetscher zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung und brachte zusammengefasst vor, dass sein Sohn am XXXX geheiratet habe und er ihm nicht nur bei der Organisation der Feierlichkeiten sondern auch bei der Betreuung der Gäste, die zum Teil aus dem Ausland angereist seien, behilflich gewesen sei. Erst am XXXX, nachdem er sicherheitshalber auch bei der Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes nachgefragt habe, habe er bemerkt, dass er die Übermittlung der Honorarnoten übersehen habe und ersuche daher um Wiedereinsetzung sowie Zuerkennung der von ihm geltend gemachten Kosten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: die Dolmetscher) herangezogen hat.
Zu A)
I.
§ 33 VwGVG normiert:
"(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) - (4a) [...]
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."
Gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 GebAG hat der Dolmetscher den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.
Im gegenständlichen Fall fand die gebührenauslösende mündliche Verhandlung, in welcher der Antragsteller als Dolmetscher tätig war, am XXXX vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Die vierzehntägige Frist zur Geltendmachung der Dolmetschergebühr gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 GebAG endete daher mit Ablauf des XXXX.
Die am XXXX per E-Mail übermittelte Gebührennote gilt daher als verspätet eingebracht.
Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es die Partei tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht (von dieser Partei) nicht erwartet werden konnte (vgl. VwSlg 9024 A/1976 verst Sen; VwGH 29.11.1994, 94/05/0318; 3.4.2001, 2000/08/0214).
Demgegenüber liegt ein unabwendbares Ereignis dann vor, wenn sein Eintritt vom Willen des Betroffenen nicht verhindert werden kann (VwGH 28.2.1974, 1700/73; 24.1.1996, 94/12/0179; 31.3.2005, 2005/07/0020).
Zwar ist eine Hochzeit, die bereits im Vorfeld terminlich fixiert werden muss, jedenfalls kein unvorhergesehenes Ereignis. Der Antragsteller bringt jedoch vor, für die Organisation der Feierlichkeiten beinhaltend die Buchung des Saals, die Bestellung der Verpflegung und Musik sowie die Betreuung von insgesamt 130 Gästen, die zum Teil auch aus dem Ausland angereist seien, verantwortlich gewesen zu sein.
Mit dem Begriff "unabwendbar" stellt das Gesetz objektiv auf die Möglichkeiten des Durchschnittsmenschen (VwGH 24.11.1986, 86/10/0169; VwSlg 9024 A/1976 verst Sen unter Berufung auf Fasching, Kommentar II 727; VwGH 23.5.1996, 96/15/0052) ab, dh es kommt darauf an, dass der Eintritt des Ereignisses objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht abgewendet werden kann (VwSlg 9024 A/1976 verst Sen; VwGH 10.10.1991, 91/06/0162; 3.4.2001, 2000/08/0214), auch wenn er dessen Eintritt voraussah (vgl zu § 308 BAO VwGH 31. 10. 1991, 90/16/0148; 25.1.1995, 94/13/0236; 23.5.1996, 96/15/0052).
Unter dem Aspekt, dass zwar die Hochzeit selbst kein unabwendbares Ereignis darstellt, können demgegenüber jedoch die Auswirkungen der Organisation der Feierlichkeiten - vor allem in Bezug auf die hohe Anzahl der Gäste und der Notwendigkeit, diese auch nach der Hochzeit weiter zu betreuen - als unvorhergesehen und unabwendbar angesehen werden.
Weiters ist Voraussetzung für die Zuerkennung der Wiedereinsetzung, dass die Partei kein oder allenfalls nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Eine solcher (minderer Grad des Versehens) liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann (z. B. VwGH 20.06.2002, 2002/20/0230).
Der Antragsteller teilte bereits in der E-Mail vom XXXX mit, dass er die Gebührennote deswegen mit zweitätiger Verspätung eingebracht habe, da sein Sohn am XXXX geheiratet habe und er diesbezüglich mit einem hohen Organisationsaufwand betraut worden sei.
Erst am XXXX habe er bemerkt, dass er offenbar die Frist zur Einreichung der Gebührennote versäumt habe. Dies sei ihm auch im Rahmen eines Telefonats mit der Verrechnungsstelle bestätigt worden.
In Anbetracht des nicht vorhersehbaren umfangreichen Organisationsaufwandes bedingt durch die hohe Anzahl an Gästen sowie deren Betreuung auch nach der Hochzeit und im Hinblick auf die geringe Verspätung des eingebrachten Antrags ist lediglich von einem minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) auszugehen, welcher dann vorliegt, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann.
Es ist dem Antragsteller auch positiv anzuerkennen, dass er unverzüglich nach Bekanntwerden seiner Versäumnis mit der Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes Kontakt aufgenommen und den Antrag samt Honorarnote und einer Entschuldigung an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt hat.
Es war daher dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben.
II.
Gemäß § 53 Abs. 1 Z 2 GebAG gelten für den Umfang, die Geltendmachung und die Bestimmung der Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher die §§ 24 bis 34, 36, 37 Abs. 2, 38 bis 42 und 52 GebAG mit folgenden Besonderheiten sinngemäß: § 38 Abs. 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Gebühr für die Tätigkeit an einem Verhandlungs- oder Vernehmungstag jeweils an dessen Ende geltend gemacht werden kann.
Gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 beträgt die Mühewaltungsgebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde EUR 24,50; für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde EUR 12,40.
Gemäß § 28 Abs. 1 GebAG gebührt dem Sachverständigen für Strecken, die er mit der Eisenbahn oder dem Schiff zurücklegt, die Vergütung für den Fahrpreis der höchsten Klasse einschließlich des Preises einer Platzkarte, wenn aber das vom Sachverständigen benützte Beförderungsmittel diese Klasse nicht führt, der nächstniedrigen tatsächlich geführten Klasse.
Gemäß § 32 Abs. 1 GebAG hat der Sachverständige für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von EUR 22,70.
Es war daher die Gebühr des Dolmetschers antragsgemäß mit EUR 222,90 zu bestimmen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.
Schlagworte
Antragsfristen, Dolmetscher, Dolmetschgebühren, Fahrtkostenersatz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W195.2202850.1.00Zuletzt aktualisiert am
20.12.2018