Entscheidungsdatum
04.10.2018Norm
ABGB §276Spruch
W183 2201658-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch RA Dr. Susanne SCHWARZENBACHER, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 19.06.2018, Zl. XXXX, betreffend Gerichtsgebühren zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX (in Folge: BG) vom 03.04.2017, Zl. XXXX, wurde der Bericht der (damals so bezeichneten) Sachwalterin (nunmehr: gerichtlichen Erwachsenenvertreterin, in Folge: EV) der Beschwerdeführerin (BF) für den Zeitraum 24.02.2016-29.03.2017 pflegschaftsgerichtlich bestätigt und eine Entschädigung in Höhe von EUR 670,20 zuerkannt.
Mit Beschluss des BG vom 13.04.2018, Zl.XXXX, wurde der Bericht der EV für den Zeitraum 30.03.2017-05.04.2018 pflegschaftsgerichtlich bestätigt und eine Entschädigung in Höhe von EUR 650,65 zuerkannt.
2. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 25.05.2018, zugestellt am 29.05.2018, wurde der BF die Zahlung von Gebühren nach TP 7 I lit. c Z 2 Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984 (in Folge GGG), in Höhe von insgesamt EUR 176,00 vorgeschrieben.
Aufgrund der rechtzeitigen Erhebung einer Vorstellung durch die BF trat der Mandatsbescheid ex lege außer Kraft.
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.06.2018 (zugestellt am 22.06.2018) wurde der BF die Zahlung von Gebühren nach TP 7 I lit. c Z 2 GGG in Höhe von EUR 168,00 und EUR 163,00 sowie einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz, BGBl. Nr. 288/1962 (in Folge: GEG), in Höhe von EUR 8,00, gesamt sohin EUR 339,00, vorgeschrieben. Begründend wurde ausgeführt, die Gebühren ergäben sich aus den gerichtlichen Entscheidungen über die Bestätigung von zwei Pflegschaftsrechnungen. Die jährlichen Einkünfte der BF würden die Grenze für die Gebührenbefreiung übersteigen, da die Unterhaltszahlungen des Ex-Ehemannes sowie die monatlichen Zuwendungen des Sohnes einzurechnen seien.
4. Mit Schriftsatz vom 16.07.2018 (Poststempel vom selben Tag) erhob die BF durch ihre Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass die Zahlungen des Sohnes der BF nicht zum Einkommen der BF zu zählen seien, da es sich hier nur um die anteiligen Wohnkosten des Sohnes für Miete, Gas, Strom, GIS-Gebühren, UPC-Telekabel, Fernwärme und die Haushaltsversicherung handeln würde.
5. Mit Schriftsatz vom 18.07.2018 (eingelangt am 24.07.2018) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Mit Beschluss des BG vom 03.04.2017 wurde der Bericht der EV für den Zeitraum 24.02.2016-29.03.2017 pflegschaftsgerichtlich bestätigt und der EV eine Entschädigung in Höhe von EUR 670,20 zuerkannt.
Gemäß demselben Beschluss bestand das Vermögen der BF aus einem Sparbuch mit einem Guthaben von EUR 2.362,31 und einem Konto mit einem Guthaben von EUR 926,35.
Dem Beschluss liegt der Bericht der EV mit den angeschlossenen Kontoumsätzen (Umsatzliste), welche den Zeitraum 26.02.2016-28.03.2017 abbilden, zugrunde. Auf der Umsatzliste sind für den Zeitraum vom 26.02.2016, als der als erster darin enthaltene Tag, bis zum 25.02.2017 (sohin ein Jahr) als Einnahmen unter anderem EUR 12.566,40 an Mindestsicherung sowie EUR 2.000,00 an Zahlungen des Sohnes der BF an diese aufgelistet.
1.2. Mit Beschluss des BG vom 13.04.2018 wurde der Bericht der EV für den Zeitraum 30.03.2017-05.04.2018 pflegschaftsgerichtlich bestätigt und der Sachwalterin eine Entschädigung in Höhe von EUR 650,65 zuerkannt.
Gemäß demselben Beschluss bestand das Vermögen der BF aus einem Gerichtsdepotkonto mit einem Guthaben von EUR 3.621,28 und einem Sparbuch mit einem Guthaben von EUR 2.362,31.
Dem Beschluss liegt der Bericht der EV mit den angeschlossenen Kontoumsätzen (Umsatzliste), welche den Zeitraum 30.03.2017-05.04.2018 abbilden, zugrunde. Auf der Umsatzliste für diesen Zeitraum sind als Einnahmen unter anderem EUR 11.868,74 an Mindestsicherung sowie EUR 2.400,00 an Zahlungen des Sohnes der BF an diese und EUR 1.000,00 an Unterhaltszahlungen aufgelistet.
1.3. In beiden Fällen wurde die Gebührenbefreiung beantragt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des gerichtlichen Grundverfahrens. Insbesondere relevant sind die Beschlüsse des BG vom 03.04.2017 und vom 13.04.2018, mit denen die Berichte der EV für die Zeiträume 24.02.2016-29.03.2017 und 30.03.2017-29.03.2018 pflegschaftsgerichtlich bestätigt wurden sowie die diesen Beschlüssen zugrundeliegenden Berichte der EV vom 30.03.2017 und vom 10.04.2018 (inkl. der in diesen Berichten enthaltenen Kontoumsätze der BF).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (in Folge: B-VG), erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2.2. Gemäß TP 7 I lit. c Z 2 GGG beträgt die Höhe der Gebühren für Verfahren über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung volljähriger Pflegebefohlener in Pflegschafts- und Unterhaltssachen erster Instanz ein Viertel der Entschädigung, die der Person zuerkannt wird, der die Vermögensverwaltung obliegt.
Nach Anmerkung 8 zu TP 7 GGG sind Verfahren über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung auf Antrag der Partei gebührenfrei, wenn aus der Pflegschaftsrechnung ersichtlich ist, dass weder das Sparvermögen, noch die ausgewiesenen jährlichen Einkünfte (§§ 229, 276 ABGB) bestimmte Werte übersteigen. Diese betrugen für den jeweils maßgeblichen Zeitpunkt wie folgt:
Beschluss vom 03.04.2017: Sparguthaben bis zu EUR 20.000,00;
Einkünfte EUR 13.244,00.
Beschluss vom 13.04.2018: Sparguthaben bis zu EUR 21.008,00;
Einkünfte EUR 13.912,00.
Die beiden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.
3.2.3. Gegenständlich ist strittig, welche Beträge zu den Einkünften iSd Anm. 8 zu TP 7 GGG zu zählen sind. Für beide Parteien nicht strittig ist, dass das Pflegegeld nicht, die Unterhaltszahlungen des Ex-Ehemannes jedoch sehr wohl hinzuzurechnen sind. Strittig ist, ob die vom Sohn der BF überwiesenen Zahlungen auch zu den Einkünften zu zählen sind. Kraft des ausdrücklichen Verweises der Anm. 8 leg. cit. auf § 276 ABGB ist diese Bestimmung relevant.
Gemäß § 276 Abs. 1 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 (in Folge: ABGB) gebührt dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter eine jährliche Entschädigung. Diese beträgt fünf Prozent sämtlicher Einkünfte der vertretenen Person nach Abzug der davon zu entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, nicht als Einkünfte zu berücksichtigen sind.
Aus der Literatur und Judikatur zu § 276 ABGB folgt, dass zu den Einkünften "alle dem Pflegebefohlenen zufließenden finanziellen Mittel (Erwerbseinkommen, Pensionen, Ausgleichszulage, Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Krankengeld, Berufsunfähigkeitszuwendungen der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, Vermögens- insb Kapitalerträge, Leibrentenbezüge etc.)" (vgl. Weitzenböck in Schwimann/Kodek (Hrsg.), ABGB Praxiskommentar4 zu § 276 ABGB, Rz 4) bzw. "alle[r] dem Betroffenen zufließenden Mittel, wie Erwerbseinkommen, Pension, Vermögens- insbesondere Kapitalerträge, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe" (Pfurtscheller in Schwimann/Neumayr (Hrsg.), ABGB Taschenkommentar4 zu § 276 ABGB, Rz 4) zu zählen sind.
3.2.3. Im gegenständlichen Fall steht unstrittig fest, dass die Grenze der Anm. 8 zu TP 7 GGG betreffend Sparguthaben in beiden Pflegschaftsrechnungen nicht überschritten wurde.
Im gegenständlichen Fall ist hinsichtlich der Grenze der Einkünfte zu berücksichtigen, dass der Sohn der BF Zahlungen in Höhe von EUR 200,00 monatlich bzw. nahezu monatlich auf das Konto der BF überweist und diese am Konto als "Gutschrift" bzw. als "Wohnkostenbeitrag" ausgewiesen werden. Ein regelmäßig überwiesener Betrag ist jedenfalls ein "zufließendes finanzielles Mittel" und auch nicht von der Ausnahme der "einer besonderen gesetzlichen Zweckwidmung unterliegenden Bezügen" umfasst, da eine solche im gegenständlichen Fall nicht vorliegt. Die BF überlässt ihrem Sohn einen von ihr gemieteten Wohnraum samt Infrastruktur und erhält dafür ein Entgelt. Der "Wohnkostenbeitrag" stellt somit eine zu berücksichtigende Einkunft der BF dar und ist die BF durch die Bezeichnung als "Wohnkostenbeitrag" auch nicht in der Verwendung der Mittel gebunden. Im gegenständlich ersten Berichtszeitraum hatte BF Einkünfte in Höhe von zumindest EUR 14.566,40, im zweiten Einkünfte in Höhe von zumindest EUR 15.268,74, und wurden die jeweiligen Einkunftsgrenzen von EUR 13.244,00 bzw. EUR 13.912,00 somit in beiden Fällen überschritten.
Da die Voraussetzungen für eine Gebührenbefreiung kumulativ vorliegen müssen, ist BF von der Entrichtung der gegenständlichen Gerichtsgebühren nicht befreit. Der EV wurden Entschädigungen in Höhe von EUR 670,20 und EUR 650,65 zuerkannt, die Gebühren betragen ein Viertel davon, somit EUR 168,00 und EUR 163,00. Gemäß § 6a Abs. 1 GEG ist - im Falle der Erlassung eines Zahlungsauftrages - dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,00 vorzuschreiben.
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass dem angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG anzulasten ist und die Beschwerde daher abzuweisen war.
3.2.4. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im vorliegenden Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132, wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen).
3.3. Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Bislang fehlt es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu der Frage, ob "Wohnkostenbeiträge" zu Einkünften iSd § 276 ABGB zu zählen sind.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Einhebungsgebühr, Einkünfte, Entschädigung, Erwachsenenvertreter,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W183.2201658.1.00Zuletzt aktualisiert am
20.12.2018