TE Bvwg Beschluss 2018/10/4 W127 2166647-2

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Veröffentlicht am 04.10.2018
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Entscheidungsdatum

04.10.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W127 2166647-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.10.2018, Zahl 1102259208-180929209, erfolgte Aufhebung des Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Antragsteller ist in die Republik Österreich eingereist und hat am 15.01.2016 internationalen Schutz beantragt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2017, Zl. 1102259208-160079251, wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Antragstellers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Antragstellers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV).

Die hiegegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.05.2018, GZ W218 2166647-1/8E, als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf das Fluchtvorbringen sehr vage geblieben sei bzw. dieses im Zuge der Beschwerde gesteigert habe. Er habe keine Details zu seiner angeblichen Beziehung zu "seiner Freundin" vorgebracht und sich im Hinblick auf die Bedrohung in Widersprüche verwickelt. Auch aus der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara habe sich kein Fluchtgrund ergeben.

Es sei dem Beschwerdeführer möglich, nach Kabul, Herat und Mazar-e Sharif zurückzukehren. Er habe Berufserfahrung als Tischler und seine die Möglichkeiten für eine den durchschnittlichen afghanischen Verhältnissen entsprechenden Lebensführung realistisch. Auch verfüge er in Afghanistan über ein familiäres und soziales Netzwerk, seine Eltern und seine Brüder würden in Afghanistan leben.

Der Antragsteller habe in Österreich keine Familienangehörigen, halte sich erst seit seiner Antragstellung im Jänner 2016 im Bundesgebiet auf und könne kaum Integrationsbestrebungen vorweisen, zumal er auch keinen aktuellen Wohnsitz in Österreich habe, wodurch auch eine Bindung an den österreichischen Staat auszuschließen sei.

Dieses Erkenntnis wurde durch Hinterlegung am 29.05.2018 zugestellt.

Aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.09.2018, GZ G306 2206294-1/2E, geht hervor, dass der Beschwerdeführer sich während des Verfahrens betreffend Antrag auf internationalen Schutz in die Schweiz gereist ist und von dort rückübernommen wurde. Am 08.06.2018 wurde der Beschwerdeführer aus Deutschland rückübernommen und am selben Tag zum Zweck der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt. Die Schubhaft wurde mit diesem Erkenntnis als verhältnismäßig festgestellt.

Am 06.09.2018 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen Folgeantrag. Zu seiner neuerlichen Asylantragstellung brachte er vor, dass sein Vater verstorben und sein Bruder bei einem Anschlag in Afghanistan getötet worden sei. Es sei schwer, in Afghanistan zu leben, es sei nicht sicher.

Mit Aktenvermerk vom 06.09.2018 hielt die belangte Behörde fest, dass zum jetzigen Zeitpunkt im Sinne des § 76 Abs. 6 FPG Gründe zur Annahme bestünden, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt worden sei. Die Anhaltung in Schubhaft bleibe aufrecht, da die Voraussetzungen vorlägen.

Mit Verfahrensanordnung, übernommen am 13.09.2018, wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen.

Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 20.09.2018 gab der Antragsteller an, er habe sich seit Rechtskraft des "Vorverfahrens" mit 29.05.2018 in Deutschland aufgehalten (laut Erstbefragung jedenfalls von April 2018 bis Juni 2018). Der Antragsteller beantwortete die Frage, ob sich seither an seinen Fluchtgründen etwas geändert habe, damit, dass sein Vater vor etwa einem Jahr an einer Krankheit verstorben sei; auch habe er vor etwa vier Monaten über einen Cousin erfahren, dass sein Bruder bei einem "normalen" - "[e]s hätte jeden betreffen können" - Attentat verstorben sei. Die Mutter sei in den Iran geflohen. Er wolle nicht mehr nach Afghanistan zurück, er habe auch Angst vor einem Attentat. In Kabul würden noch zwei Cousins leben.

Mit Verfahrensanordnung, übernommen am 01.10.2018, wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.

Am 01.10.2018 langte ein Telefax in drei Sprachen ein, aus welchem hervorgeht, dass der Bruder von XXXX bei einem Selbstmordanschlag vom 20.07.1395 (2016) verletzt worden sei.

Bei einer weiteren Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 02.10.2018 wurde dem Antragsteller Gelegenheit eingeräumt, zu der geplanten weiteren Vorgangsweise des Bundesamtes - Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache und Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes - Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer gab an, er habe schon gesagt, warum er nicht zurückwolle. Das Telefax habe ihm sein Cousin geschickt; wer die Bestätigung geschrieben habe, wisse er nicht.

Im Anschluss an die Befragung wurde mündlich verkündet, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben werde. Das Bundesamt stellte fest, dass die Identität des Beschwerdeführers aufgrund des bereits bestätigten Heimreisezertifikates feststehe. Es habe sich keine schwere körperliche oder ansteckende Krankheit noch eine schwere psychische Störung ergeben, die bei einer Überstellung/Abschiebung nach Afghanistan eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes bewirken würde. Auch liege kein neuer Sachverhalt vor. Die Lage im Herkunftsstaat sei seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes unverändert. Auch hätten "Abänderungen" des Privat- oder Familienlebens in Österreich nicht festgestellt werden können.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte den Verwaltungsakt mit dem gemäß § 62 Abs. 2 AVG beurkundeten Bescheid vom 02.10.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vor. Der Akt langte bei der zuständigen Gerichtsabteilung W127 am 03.10.2018 ein, worüber das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG in Kenntnis gesetzt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Hazara zugehörig und bekennt sich zum schiitischen Glauben. Er lebte bis zu seiner Ausreise in der Stadt Kabul. Der Antragsteller hat dort acht Jahre die Schule besucht und verfügt über Arbeitserfahrung als Tischler.

Der Antragsteller ist volljährig, ledig und hat keine Kinder. In Bezug auf den Antragsteller besteht kein hinreichend schützenswertes Privatleben und kein Familienleben im Bundesgebiet. Er ist nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes. Der Antragsteller ist nicht legal in das Bundesgebiet eingereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich. Er hat das Bundesgebiet seit Rechtskraft der Entscheidung vom 29.05.2018 nicht verlassen. Es bestehen keine Hinweise, dass beim Antragsteller etwaige physische bzw. psychische Erkrankungen vorliegen, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers ist seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.05.2018 nicht eingetreten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan ernsthafter Schaden droht. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in die Stadt Kabul oder nach Herat oder Mazar-e Sharif in eine ausweglose Lage bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Antragstellers, seiner Herkunft, Schulbildung und Berufserfahrung beruhen auf seinen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des bereits abgeschlossenen Asylverfahrens.

Soweit der Antragsteller nunmehr angegeben hat, sein Vater und sein Bruder seien verstorben und seine Mutter lebe im Iran, ist festzuhalten, dass der Antragsteller diesbezüglich keine genaueren Angaben machen konnte. Das vorgelegte Schreiben betreffend seinen Bruder zeigt lediglich, dass dieser im Jahr 2016 bei einem Selbstmordattentat verletzt worden sei; einen Zusammenhang mit einem möglichen Fluchtgrund hat der Beschwerdeführer selbst verneint.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie zu der aktuellen privaten und familiären Situation des Antragstellers in Österreich gründen auf dessen Vorbringen in beiden Asylverfahren. Änderungen seit Rechtskraft der Entscheidung vom 29.05.2018 wurden seitens des Antragstellers nicht behauptet und haben sich dafür auch keine Hinweise ergeben.

Die Feststellung der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Der Antragsteller hat im gegenständlichen Verfahren lediglich vorgebracht, dass sein Vater und sein Bruder verstorben seien und seine Mutter Afghanistan verlassen habe und im Iran lebe. Eine zwischenzeitliche Änderung der Fluchtgründe, welche im Übrigen bereits vorher als nicht glaubhaft gewertet worden sind, hat sich nicht ergeben. Darüber hinaus ist auch unter Zugrundelegung der Angaben des Antragstellers keine anderslautende Entscheidung zu erwarten, zumal bereits im Erkenntnis vom 29.05.2018 unter Berücksichtigung aktueller Länderberichte festgehalten wurde, dass aufgrund der beruflichen Kenntnisse des Antragstellers seine Lebensgrundlage und Existenz im Falle seiner Rückkehr bei Inanspruchnahme der angebotenen Rückkehrhilfe auch ohne soziales Netz und finanzielle Unterstützung durch seine Familie ausreichend gesichert sei.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Antragstellers sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Verfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten, wovon sich das Bundesverwaltungsgericht durch Einsicht in das aktuelle, dem verfahrensgegenständlichen Bescheid zugrunde liegende Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert am 11.09.2018, sowie in die EASO Guidance Note Afghanistan vom Juni 2018 überzeugen konnte. Auch ist der Antragsteller den Länderfeststellungen nicht entgegengetreten. Dass sich seit der Erlassung der rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall somit verneint werden. Die Lage stellt sich diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar.

Auch wenn im Jahr 2018 vermehrt Anschläge in der Stadt Kabul stattgefunden haben, so weisen diese keine solche Intensität auf, dass eine Rückkehr nach Kabul generell eine Verletzung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) darstellt, zumal ein großer Teil der zivilen Opfer auf einzelne "high-profile" Angriffe zurückzuführen ist, die sich nicht in Wohngebieten, sondern insbesondere im Diplomaten- bzw. Regierungsviertel ereignet haben.

Die Lage in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif kann insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:

"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

Zu A)

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Antragsteller Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 06.09.2018, am 20.09.2018 und 02.10.2018 befragt und wurde ihm die Möglichkeit der Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Mit den entsprechenden Verfahrensanordnungen wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.

Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wenn der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt hat und kein Fall des Abs. 1 vorliegt, den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Folgeantrag im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 ist jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

§ 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen.

Gegen den Antragsteller liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor. Der Antragsteller war seit seiner ersten Antragsstellung in der Schweiz und in Deutschland aufhältig.

Wie bereits oben dargestellt hat der Antragsteller das Vorliegen eines neuen asylrelevanten Sachverhaltes nicht einmal ansatzweise vorgebracht. Das Ableben des Vaters infolge einer Krankheit kann einen asylrechtlich relevanten Grund nicht begründen. Auch das Vorbringen betreffend den Bruder kann mangels jeglichen Nachweises eines Zusammenhanges mit einem Grund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention eine Änderung herbeiführen. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Auch die für den Antragsteller hinsichtlich der Frage der Zuerkennung von Asyl bzw. subsidiären Schutz maßgebliche Ländersituation in Afghanistan ist seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.05.2018 im Wesentlichen gleich geblieben und wurde Gegenteiliges auch nicht behauptet.

Eine neue Sachentscheidung ist im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684, mwH).

Der vorliegende Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

Im ersten Verfahren wurde ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Artikel 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG). Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den Antragsteller im Sinne des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden. Auch seitens des Antragstellers wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 und 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Artikel 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

entschiedene Sache, faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung nicht
rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W127.2166647.2.00

Zuletzt aktualisiert am

18.12.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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