TE Bvwg Beschluss 2018/10/12 W185 2206127-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.10.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.10.2018

Norm

AsylG 2005 §5 Abs1
AVG §13 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §17

Spruch

W185 2206127-1/10E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2018, Zl 1203253010/180786416, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 13 Abs 3 AVG 1991 idgF iVm § 17VwGVG

zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Georgien, stellte am 20.08.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am 13.01.2015 in Deutschland, am 18.10.2015 in Schweden, am 29.06.2017 in Belgien, am 05.08.2017 in den Niederlanden und am 23.10.2017 in Frankreich um Asyl angesucht hat.

In einer ersten Einvernahme für das Bundesamt gab der Beschwerdeführer am 20.08.2018 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, dass er nach Österreich gekommen sei, um hier einen Freund zu besuchen. Da er diesen jedoch nicht gefunden habe, habe er um Asyl angesucht. Der Beschwerdeführer stehe nicht in ärztlicher Behandlung; er sei gesund. Seinen Reisepass habe er in Holland verloren. Einen Schengen-Aufenthaltstitel habe er in keinem Land der EU. Verwandte oder enge Bekannte habe er in Österreich nicht. Ebenso habe er keine Wohnmöglichkeit hier; er habe die letzten Tage auf der Straße geschlafen. Er verfüge weder über Bargeld noch über sonstiges Vermögen.

Im Zuge der im Anschluss daran erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können. Er habe einen Bruder, welcher sich in Frankreich aufhalte. In Österreich habe er keine Familienangehörigen. Im Jahr 2014 habe er die Heimat verlassen, und habe sich für ein Jahr in Deutschland und ebenfalls ein Jahr lang in Schweden aufgehalten. In den beiden genannten Ländern habe der Beschwerdeführer um Asyl angesucht, das jeweilige Verfahren jedoch nicht abgewartet. Von Schweden sei er dann nach Georgien abgeschoben worden. Ein bestimmtes Zielland hätte er nicht gehabt; er habe nur nach Europa kommen wollen, da er in Georgien Probleme gehabt habe. Am 13.05.2017 habe er Georgien erneut verlassen und sei nach Zypern und von dort weiter nach Holland geflogen. Dort habe er um Asyl angesucht und sich einen Monat lang aufgehalten. In Zypern habe er weder Behördenkontakt noch eine ED-Behandlung gehabt. Dann sei er nach Belgien gefahren, wo er ebenfalls um internationalen Schutz angesucht habe. In der Folge sei er mit einem Bus nach Frankreich gefahren, wo er sich sechs Monate bei seinem Bruder aufgehalten und dort auch um Asyl angesucht habe. Er habe Frankreich verlassen, da ihm mitgeteilt worden sei, dass er laut dem Dublin-Abkommen wieder nach Holland zurückkehren müsste. Stattdessen sei der Beschwerdeführer jedoch nach Spanien gereist, wo er sich von April 2018 bis August 2018 aufgehalten habe; in Spanien habe er nicht um Asyl angesucht. Über Frankreich und Italien sei der Beschwerdeführer schließlich nach Österreich gekommen. Europa sei im Allgemeinen recht sozial und rechtlich gut organisiert. Obwohl er kein Geld habe, könne er hier überleben; dies im Gegensatz zu seiner Heimat. Er könne nichts Schlechtes über die durchreisten Länder angeben. Grundsätzlich spräche nichts gegen eine Rückkehr in eines dieser Länder; der Beschwerdeführer werde machen, was die Behörde entscheide. Er wolle jedoch gerne in Österreich bleiben.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 21.08.2018 ein Wiederaufnahmegesuch gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an die Niederlande; dies unter Bekanntgabe der vorliegenden Eurodac-Treffermeldung der Kategorie "1" mit den Niederlanden und dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu Reiseroute und Abschiebungen (AS 45ff).

Mit Schreiben vom 30.08.2018 stimmte die niederländische Dublin-Behörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers nach Art 18 Abs 1 lit d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

In einem Schreiben des Bundesamtes an die Rückkehrhilfe/VMÖ bzw IOM vom 31.08.2018 wurde mitgeteilt, dass die Heimreisekosten aufgrund freiwilliger Rückkehr des Beschwerdeführers übernommen würden.

Am 12.09.2018 wurde der Beschwerdeführer, in Anwesenheit einer Rechtsberaterin und nach durchgeführter Rechtsberatung, im Anhaltezentrum Vordernberg einer Einvernahme durch ein Organ des Bundesamtes unterzogen. Dabei gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, sich körperlich und geistig in der Lage zu fühlen, die Fragen zu beantworten. Der Beschwerdeführer habe bisher wahre Angaben erstattet. In Österreich oder sonst im Bereich der EU habe er keine Verwandten oder sonstigen Personen, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestünde. Er habe keinen Bezug zu Österreich; er sei das erste Mal hier. Über Vorhalt der Zuständigkeit der Niederlande und der geplanten Zurückweisung seines Asylantrages erklärte der Beschwerdeführer, dass es ihm egal sei, ob er nach Holland oder nach Georgien geschickt werde; er wolle nur aus der Schubhaft freikommen. In den Niederlanden habe es für den Beschwerdeführer keine Probleme oder konkrete Vorfälle gegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Niederlande gemäß Art. 18 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates für die Prüfung des Antrages zuständig sind, sowie II. gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Niederlande gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

Die Feststellungen zur Lage in den Niederlanden wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (gekürzt durch das BVwG):

zur Lage im Mitgliedstaat:

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 2.2017; vgl. GoN o.D.a, IND o.D.a für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

2. Dublin-Rückkehrer

Dublin-Rückkehrer haben Zugang zum Asylverfahren (allgemeines und erweitertes Verfahren) vor der niederländischen Einwanderungsbehörde (Immigratie-en Naturalisatiedienst - IND). Im Falle eines "take back"-Verfahrens kann der Asylwerber einen Folgeantrag stellen, der neue Elemente enthalten muss. Dieser wird wie der Folgeantrag eines Nicht-Dublin-Rückkehrers behandelt In "take charge"-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen. (AIDA 2.2017).

4. Non-Refoulement

Das Gesetz sieht die Freizügigkeit im Inland, die Reisefreiheit, das Recht auf Emigration und Wiedereinbürgerung vor, und die Regierung respektiert generell diese Rechte. Der Staat arbeitet mit dem Büro des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen und anderen Betroffenen Schutz und Hilfe zu gewähren (USDOS 3.3.2017).

Nach einer endgültigen Ablehnung des Asylantrags ist eine Folgeantragsstellung möglich. Dies ergibt sich aus den Grundsätzen des Non-Refoulement-Prinzips der Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (AIDA 2.2017).

5. Versorgung

Gemäß Gesetz haben alle mittellosen Asylwerber ein Recht auf Unterbringung und materielle Versorgung ab Antragstellung (AIDA 2.2017). Die Zentralstelle für die Aufnahme von Asylwerbern

(COA) ist für die Unterbringung und Versorgung der grundlegenden Bedürfnisse von Asylwerbern während ihres Asylverfahrens verantwortlich (COA o.D.b; vgl. AIDA 2.2017).

Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 296,24 Euro. Das wöchentliche Taschengeld variiert jedoch je nach Art der Unterbringung. Die Versorgung deckt die folgenden Leistungen und Kosten: Unterkunft; wöchentlicher Zuschuss für Nahrung, Kleidung und persönliche Ausgaben; Tickets für öffentliche Verkehrsmittel zum Besuch des Anwalts; Freizeitangebot und Bildungsaktivitäten (z.B. Vorbereitung für die Integrationsprüfung); Krankenversicherung; Haftpflichtversicherung; Sonderkosten (AIDA 2.2017).

Der Asylwerber darf für 24 Wochen im Jahr arbeiten. Daneben ist es für sie möglich, verschiedene Arbeiten in ihrer Unterbringung (z.B. Wartungs- und Reinigungsarbeiten) gegen wöchentliche Bezahlung in der Höhe von 14 Euro zu verrichten. Die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit außerhalb des Unterbringungszentrums ist auch erlaubt (AIDA 2.2017; vgl. CAO o.D.c).

5.1. Unterbringung

Es gibt in den Niederlanden insgesamt 106 Unterbringungszentren, mit

26.185 Plätzen. Es handelt sich dabei um:

-

Antragszentrum in Schipol (Aanmeldcentrum - AC): geschlossenes Zentrum im Grenzverfahren.

-

Zentrales Auffanglager Ter Apel (Centraal Opvanglocatie - COL): wo Asylanträge zu stellen sind. Aufenthalt max. 3 Tage.

-

4 Verfahrenszentren (Proces Opvanglocatie - POL): dient der Ruhe- und Vorbereitungsphase. Bei allgemeinem Verfahren bleibt der Asylwerber im POL.

-

Asylwerberzentren (Asielzoekerscentrum - AZC): hier werden erweiterte Verfahren geführt, aber auch Schutzberechtigte untergebracht, bis sie eine Wohnmöglichkeit finden.

-

Freiheitsbeschränkende Unterbringung (Vrijheidsbeperkende locatie - VBL): bis zwölf Wochen Unterbringung möglich, wenn der Fremde bei Organisation der Heimreise kooperiert; keine geschlossene Unterbringung, aber Gebietsbeschränkung.

-

8 Familienzentren (Gezinslocatie - GL): für Familien, die das Unterbringungsrecht verloren haben, da Kinder immer unterzubringen sind. Fokus liegt auf Rückkehr. keine geschlossene Unterbringung, aber Gebietsbeschränkung (AIDA 2.2017; vgl. CAO o.D.d).

Die Familienzentren wurden vom niederländischen Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) kritisiert, da der eingeschränkte Zugang zu Versorgung mit den Regelungen über Kinderrechte nicht übereinstimmen (AIDA 2.2017).

Die zeitlich begrenzte und bedingte Unterstützung der niederländischen Regierung für abgelehnte Asylwerber gab weiterhin Anlass zur Besorgnis. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte kritisiert das Gesetz, welches die medizinische Versorgung, Bildung und Sozialhilfe für Asylwerber mit einem negativen Bescheid von deren Bereitschaft zur Rückkehr in das Herkunftsland abhängig macht (HRW 18.1.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

Netherlands,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.v_final.pdf, Zugriff 16.02.2018

-

CAO - Central Organisation Shelter Asylum Seekers (o.D.d): Types of reception centres,

https://www.coa.nl/en/reception-centres/types-of-reception-centres, Zugriff 16.02.2018

-

HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - European Union, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422356.html, Zugriff 16.02.2018

5.2. Medizinische Versorgung

Asylwerber sind versichert und haben Anspruch auf medizinische Versorgung (GoN o.D.b). Die allgemeine medizinische Behandlung ist, soweit möglich, dieselbe wie für niederländische Bürger, erweitert um besonderes Augenmerk auf sprachliche und kulturelle Unterschiede, die Lebenssituation von Asylwerbern, das Asylverfahren und deren besondere Bedürfnisse (AIDA 2.2017; vgl. GZA o.D.a). Das Gesundheitszentrum für Asylwerber (GZA) ist die erste Anlaufstelle für Asylwerber in Gesundheitsangelegenheiten. Das GZA verfügt über zahlreiche Standorte in oder in der Nähe fast jedes Asylwerbezentrums. Ein Allgemeinmediziner, eine Krankenschwester und ein psychologischer Berater oder medizinischer Assistent stehen dort zur Verfügung (GZA o.D.b). Außerdem gibt es eine Telefon-Hotline, wo Fragen gestellt, Termine ausgemacht und Dolmetscher für die Untersuchungen bestellt werden können. Die Hotline steht rund um die Uhr bei Notfällen auch zur Verfügung (GZA o.D.c). Bei der Ankunft in Unterbringungszentrum wird eine medizinische Eingangsuntersuchung angeboten, um Behandlungserfordernisse frühzeitig zu erfassen (IND 8.2015). Eine Tuberkulosekontrolle ist jedoch für alle Asylwerber obligatorisch (COA o.D.e). Asylwerber haben Zugang zu medizinischer Basisversorgung, darunter Zugang zu Allgemeinmedizin, Spitälern, Psychologen, Zahnmedizin (in extremen Fällen) und auf Tagesbasis Zugang zu psychiatrischen Kliniken. Es gibt eine Reihe spezialisierter Institutionen zur Behandlung von Asylwerbern mit psychischen Problemen (z.B. Phoenix). Zugang zu medizinischer Versorgung für Asylwerber in POL, COL, VBL und für Erwachsene in GL ist nur in Notfällen gewährleistet. Gesundheitsdienstleister bekommen Leistungen für irreguläre Migranten bei einer speziellen Stiftung ersetzt. Nach einer Untersuchung rief der Ombudsmann den Gesundheitsminister auf, den Zugang zu medizinischer Versorgung auch für Menschen ohne Aufenthaltstitel zu gewährleisten (AIDA 2.2017).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Der Beschwerdeführer sei georgischer Staatsbürger. Der Beschwerdeführer leide an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten. Die Zuständigkeit der Niederlande basiere auf der ausdrücklichen Zustimmung nach Art 18 Dublin III-VO. Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte; finanzielle oder sonstige Abhängigkeitsverhältnisse oder besonders enge Beziehungen würden nicht bestehen. Der Beschwerdeführer habe auch sonst keine sozialen Kontakte, welche diesen an Österreich binden würden. Das Vorliegen von Verfolgungs- oder Bedrohungssituationen in den Niederlanden habe der Beschwerdeführer explizit verneint. Zusammengefasst habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft vorgebracht, in den Niederlanden Misshandlung, Verfolgung oder einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt gewesen zu sein. Mangels familiärer Anknüpfungspunkte und aufgrund des erst kurzen Aufenthaltes in Österreich, sei davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 der Dublin-III-VO ergeben.

Am 13.09.2018 wurde der Bescheid dem Beschwerdeführer nachweislich eigenhändig zugestellt.

Aus einer im Akt einliegenden "Sachverhaltsdarstellung" einer LPD vom 19.09.2018 geht hervor, dass der Beschwerdeführer im Stand der Schubhaft am 19.09.2018 einen Asylantrag gestellt habe. Dessen Asylverfahren sei jedoch noch nicht rechtskräftig entschieden, weshalb ein neuerlicher Asylantrag derzeit nicht möglich sei (AS 147).

In der Beschwerdevorlage seitens des Bundesamtes vom 21.09.2018 wurde in diesem Zusammenhang auf die Bestimmung des § 17 Abs 7 AsylG 2005 hingewiesen und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Am 24.09.2018 erging seitens des Bundesverwaltungsgericht ein Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG 1991, da der innerhalb offener Rechtsmittelfrist am 19.09.2018 gestellte Asylantrag nach § 17 Abs 7 AsylG 2005 als Beschwerde gelte. Die Inhaltserfordernisse seien in § 9 VwGVG normiert. Es wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, bis 27.09.2018 die Mängel des Anbringens zu beheben. Ausdrücklich wurde dabei darauf hingewiesen, dass nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist die Beschwerde gemäß § 13 Abs 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückgewiesen würde.

Auf Ersuchen eines Mitarbeiters der ARGE Rechtsberatung wurde die Frist auf den 04.10.2018 erstreckt (Anm: kein Dolmetscher für Georgisch greifbar bis 01.10.2018).

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.09.2018 wurde der "Beschwerde" aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Zuweisung der Beschwerde:

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Die maßgebliche Bestimmung der Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze AVG 1991 idgF lautet:

§ 13 (3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) lauten:

§ 9 (1) Die Beschwerde hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des iV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- und Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangehenden Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die maßgebliche Bestimmung im AsylG 2005 idF des FRäG 2018 lautet:

§ 17 (7) Ein in der Rechtsmittelfrist gestellter weiterer Antrag auf internationalen Schutz gilt als Beschwerde oder Beschwerdeergänzung gegen den zurückweisenden oder abweisenden Bescheid des Bundesamtes.

Vorauszuschicken ist, dass gegenständlich die entsprechenden Bestimmungen des AVG 1991 (hier: § 13 Abs 3) zur Anwendung gelangen (vgl § 17 VwGVG, "anzuwendendes Recht"). Ein Verbesserungsauftrag kommt grundsätzlich sowohl bei Formgebrechen als auch bei Inhaltsmängeln in Betracht. Es ist auch die Behebung von Inhaltsmängeln (lediglich) protokollierter Anbringen (wie gegenständlich) zu veranlassen (siehe zu alledem Hengstschläger/Leeb, AVG I, 2. Ausgabe 2014, § 13 Rz 26).

Gegenständlich stellte der Beschwerdeführer am 19.09.2018, sohin binnen offener Rechtsmittelfrist, einen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz. Ein solcher gilt nach § 17 Abs 7 AsylG 2005 - da zu diesem Zeitpunkt noch keine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 12.09.2018 erhoben wurde - als Beschwerde.

Dieser (gesetzlich fingierten) Beschwerde, welche von der LPD protokolliert wurde, fehlte es an sämtlichen in § 9 VwGVG normierten Inhaltserfordernissen einer Beschwerde. Daher erließ das Bundesverwaltungsgericht einen Mängelbehebungsauftrag (siehe oben) und hielt in diesem auch explizit fest, dass nach fruchtlosem Ablauf der Frist die Beschwerde zurückgewiesen würde.

Innerhalb der Rechtsmittelfrist (Anm: bis Ablauf des 27.09.2018) langte auch keine (weitere) Beschwerde, welche gegenständlich als Beschwerdeergänzung anzusehen gewesen wäre, ein. Innerhalb der - auch einmal auf Ersuchen erstreckten - Frist zur Mängelbehebung langte eine solche nicht ein und ist auch bis dato nicht erfolgt.

Da im Mängelbehebungsauftrag vom 24.09.2018 ausdrücklich auf die Zurückweisung der Beschwerde im Falle des fruchtlosen Ablaufs der genannten Frist hingewiesen wurde, war spruchgemäß zu entscheiden. (Im Übrigen bliebe festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer in keinem Stadium des Verfahrens dezidiert gegen eine Überstellung in die Niederlande ausgesprochen hat und eine Zuständigkeit der Niederlande auch tatsächlich besteht; die Niederlande haben einer Wiederaufnahme des Beschwerdeführers im durchgeführten Konsultationsverfahren auch ausdrücklich zugestimmt. Eine Grundrechtsverletzung bei Überstellung wäre nicht zu erwarten).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Fristablauf, Mängelbehebung, Verbesserungsauftrag, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W185.2206127.1.01

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten