Entscheidungsdatum
12.10.2018Norm
BVergG 2018 §350 Abs1Spruch
W131 2206868-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter über den Antrag der anwaltlich vertretenen Antragstellerin XXXX (= ASt) auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit dem Begehren, "für die Dauer des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens den Lauf der Angebotsfrist auszusetzen, in eventu die Öffnung der Angebote zu untersagen" im Zusammenhang mit dem Nachprüfungsantrag gegen die Ausschreibung der Auftraggeberin Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. (= AG), im offenen Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich "Neubau Biologiezentrum St. Marx, Universität Wien Ausschreibungsgegenstand HKLS" beschlossen:
A)
Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird hinsichtlich des Primärbegehrens stattgegeben und der Lauf der Angebotsfrist im Vergabeverfahren "Neubau Biologiezentrum St. Marx, Universität Wien Ausschreibungsgegenstand HKLS" hiermit im Sinne einer Fortlaufshemmung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die ASt brachte am 02.10.2018 vor Amtsstundenende einen Nachprüfungsantrag gegen die Ausschreibung in dem im Spruch konkretisierten Vergabeverfahren ein, der auf Grund edv - technischer Probleme außerhalb der Sphäre der ASt erst am 03.10.2018 protokolliert und an die Gerichtsabteilung zugewiesen wurde. Zur Absicherung ihres Nichtigerklärungsbegehrens beantragte die ASt die im Entscheidungskopf wiedergegebenen, eventualiter kumulierten Sicherungsmaßnahmen.
Mit dem Nachprüfungsantrag ist evident ersichtlich, dass die ASt hintanhalten will, ein einen größeren Aufwand verursachendes Angebot zu legen, obwohl die ASt insb der Meinung ist, dass auf Basis der derzeitigen Ausschreibung eine Angebotslegung für sie nur mit unzulässigen unkalkulierbaren Risken möglich wäre. Im Nachprüfungsantrag wird idZ (jedenfalls) nicht (zur Gänze) denkunmöglich vorgebracht, dass mit der angefochtenen Ausschreibung insb unkalkulierbare Risken auf einen Bieter überwälzt würden, was dann bei Zutreffen dieser Behauptung vice versa zu einer insoweit spekulativen Auspreisung der Angebote führen müsste.
2. Die AG trat dem Sicherungsbergehren nicht substantiiert entgegen und verlängerte die Angebotsfrist derzeit einmal bis zum 08.11.2018, 12.00 Uhr. Dies wurde dem BVwG in einem Schriftsatz mitgeteilt.
3. Die AG ersuchte um Verlängerung der Frist für die Stellungnahme zum umfangreichen Nachprüfungsantrag und wurde eine Fristerstreckung bis 17.10.2018, 09.00 Uhr gewährt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Über den Verfahrensgang hinaus ist vorerst festzustellen, dass derzeit noch nicht feststeht, ob das Verfahren über den Nachprüfungsantrag im Umfang von über 50 Seiten mit etlichen detaillierten Rügen betreffend die Ausschreibung (wesentlich) länger als sechs Wochen in Anspruch nehmen wird.
1.2. Substanitiiert wurden keine Interessen gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 350ff BVergG 2018 vorgebracht; und sind solche Interessen dem Grunde nach auch sonst nicht ersichtlich.
1.3. Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde auf europäischer Ebene am 24.08.2018 bekannt gemacht, sohin nach dem 21.08.2018 als dem grundsätzlichen In - Kraft - Tretens - Zeitpunkt des BVergG 2018.
1.4. Im gegenständlichen offenen Vergabeverfahren ist eine Angebotsöffnung ohne Bieter vorsehen, wobei die Angebotsfrist derzeit (durch auftraggeberseitge Verlängerung) am 08.11.2018 endet und die AG danach die Angebote, sofern eingelangt, grundsätzlich öffnen könnte
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang bzw die sonstigen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt des Gerichtsakts und den vorgelegten Vergabeunterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Da gegenständlich die gemeinschaftsweite Vergabebekanntmachung des Vergabeverfahrens am 24.08.2018 erfolgte, findet auf das gegenständliche Vergabeverfahren grundsätzlich das BVergG 2018, kundgemacht am 20.08.2018 mit BGBl I 2018/65 sowohl materiellrechtlich als auch verfahrensrechtlich Anwendung - § 376 BVergG 2018. Zu entscheiden hatte damit gemäß § 6 VwGVG iVm § 328 BVergG 2018 der Einzelrichter, wobei mangels Sondervorschriften im BVergG 2018 subsidiär das VwGVG und das AVG im verwiesenen Umfang anzuwenden waren - § 333 BVergG.
A) Zur einstweiligen Verfügung
3.2.
3.2.1. Zu den Formalvoraussetzungen und gesetzlichen Eckdaten der eV ist auszuführen wie folgt:
Gemäß § 334 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 ist die Erlassung einer einstweiligen Verfügung (= eV) nach den §§ 350ff BVergG 2018 bis zum Zuschlag bzw Widerruf zulässig.
Der Zuschlag wurde nach den bisherigen Verfahrensergebnissen noch nicht erteilt und auch der Widerruf nicht erklärt.
Die Formalvoraussetzungen für einen eV - Antrag liegen zumindest bislang unstrittig vor, gleichwie die inhaltlichen Erfordernisse an einen eV - Antrag.
Die §§ 350 bis 352 BVergG 2018 lauten idgF in den hier interessierenden Teilen:
Einstweilige Verfügungen
Antragstellung
§ 350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:
1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,
2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 342 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,
3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,
4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,
5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und
6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
(3) Wenn noch kein Nachprüfungsantrag zur Bekämpfung der geltend gemachten Rechtswidrigkeit gestellt wurde, ist der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur zulässig, wenn er vor Ablauf der in § 343 genannten Fristen für die Geltendmachung der betreffenden Rechtswidrigkeit eingebracht wird.
(4) Wird ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zwar rechtzeitig gestellt, in weiterer Folge aber bis zum Ablauf der in § 343 genannten Fristen kein Nachprüfungsantrag zur Bekämpfung der im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung bezeichneten Rechtswidrigkeit gestellt oder ein bereits gestellter Nachprüfungsantrag nach Ablauf der Antragsfrist wieder zurückgezogen, ist das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung formlos einzustellen. Eine allenfalls erlassene einstweilige Verfügung tritt in diesem Fall mit Ablauf der in § 343 genannten Fristen bzw. mit dem Zeitpunkt der Zurückziehung des Nachprüfungsantrages außer Kraft. Der Antragsteller und der Auftraggeber sind vom Außerkrafttreten der einstweiligen Verfügung zu verständigen.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat den Auftraggeber und gegebenenfalls die vergebende Stelle vom Einlangen eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit dem die Untersagung der Erteilung des Zuschlages, die Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, die Untersagung der Erklärung des Widerrufes oder die Unterlassung der Angebotsöffnung begehrt wird, unverzüglich zu verständigen. Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die die Untersagung der Erteilung des Zuschlages, die Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, die Untersagung der Erklärung des Widerrufes oder die Unterlassung der Angebotsöffnung begehren, kommt ab Zugang der Verständigung vom Einlangen des Antrages bis zur Entscheidung über den Antrag aufschiebende Wirkung zu. Der Auftraggeber bzw. die vergebende Stelle darf bis zur Entscheidung über den Antrag
1. den Zuschlag nicht erteilen oder die Rahmenvereinbarung nicht abschließen, bzw.
2. das Vergabeverfahren nicht widerrufen, bzw.
3. die Angebote nicht öffnen.
(6) Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Verständigung an den Auftraggeber und gegebenenfalls an die vergebende Stelle vom Einlangen eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auf die Rechtsfolgen der Antragstellung gemäß § 351 Abs. 2 hinzuweisen.
(7) [...]
Erlassung der einstweiligen Verfügung
§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.
(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.
(5) [...]
Verfahrensrechtliche Bestimmungen
§ 352. (1) Parteien des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung sind der Antragsteller und der Auftraggeber. Soweit eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchführt, tritt sie als Partei des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung an die Stelle des Auftraggebers. Der Auftraggeber kann, soweit die zentrale Beschaffungsstelle an seine Stelle tritt, dem Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung als Nebenintervenient beitreten; §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1 ZPO sind sinngemäß anzuwenden. Wird ein Vergabeverfahren von mehreren Auftraggebern gemeinsam durchgeführt, so bilden die in der Ausschreibung genannten Auftraggeber eine Streitgenossenschaft im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Bestimmungen der §§ 14 und 15 ZPO sind sinngemäß anzuwenden.
(2) Über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unverzüglich, längstens jedoch binnen 10 Tagen nach Einlangen des Antrages zu entscheiden. Musste der Antrag zur Verbesserung zurückgestellt werden, ist über ihn längstens binnen 15 Tagen zu entscheiden. Die Frist ist gewahrt, wenn die Erledigung an alle Parteien nachweislich vor ihrem Ablauf abgesendet wurde.
(3) In Verfahren betreffend die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gilt § 35 AVG mit der Maßgabe, dass [...]
3.2. Voranzustellen ist, dass die Bestimmungen zur einstweiligen Verfügung zur Absicherung eines Nachprüfungsantrags im BVergG 2018 im Wesentlichen den Bestimmungen des BVergG 2006 und des BVergG 2002 entsprechen. Insoweit sind die materiellen Determinanten, ob eine einstweilige Verfügung zu erlassen ist, weiterhin nach den Grundsätzen der bisherigen Rsp zu beurteilen.
§ 351 Abs 1 BVergG 2018 verlangt iZm der Erlassung einer einstweiligen Verfügung ident wie die früheren §§ 328 und 329 BVergG 2006 insb eine Interessensabwägung.
3.2.1. Das BVA hat insoweit zB bereits am 05.02.2013 zu N/0006-BVA/08/2013-EV33 zur Zwecksetzung der eV [damals] gemäß §§ 328ff BVergG 2006 ausgeführt wie folgt:
... 328 Abs 2 Z 1 BVergG verlangt vom Antragsteller auch im Provisorialverfahren die Bezeichnung der gesondert anfechtbaren Entscheidung, die im Nachprüfungsantrag bekämpft wird.
Wenn nunmehr § 329 Abs 4 BVergG jedwede eV spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesvergabeamts über den Nichtigerklärungsantrag wider die gesondert anfechtbare Entscheidung außer Kraft treten lässt; bzw die eV nach § 328 Abs 4 BVergG 2006 bei Zurückziehung des Nachprüfungsantrags außer Kraft tritt, ist damit ersichtlich, dass die eV nach den §§ 328ff BVergG ausschließlich zur Absicherung des Rechtsgestaltungsbegehrens gemäß § 322 Abs 1 Z 7 BVergG dient.
Rechtserhebliche Sicherungsinteressen gemäß § 329 Abs 1 BVergG sind daher der Antragstellerin insoweit zuzubilligen, als mit der Provisorialentscheidung verhindert wird, dass das Nachprüfungsbegehren auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung (-en) gemäß § 312 Abs 2 BVergG während des Nachprüfungsverfahrens unzulässig bzw sonst sinnentleert würde. ...
Wenn § 351 BVergG 2018 bei der Interessensabwägung pro und contra eV die Interessen der ASt den sonstigen potentiell gegenläufigen Interessen gegenüberstellt und eine Provsiorialmaßnahme bei einer Ausschreibungsanfechtung evident auch dazu dient, das Vergabeverfahren in einem Stand zu halten, der es - ohne Vorwegnahme eines hier eben nicht evident erscheinenden Ergebnisses des Nachprüfungsverfahrens gegen eine Ausschreibung - für die ASt ermöglichen soll, unabhängig vom Nachprüfungsverfahrensausgang weiter am Vergabeverfahren teilnehmen zu können, werden die gerichtsnotorischen Interessen der ASt an der Vergabeverfahrensteilnahme in gleicher Weise wie im Falle einer (sonst) drohenden Sinnentleerung des Nachprüfungsantrags als für die begehrte Provisorialmaßnahme sprechend zu bewerten sein.
3.2.2. Der ASt ist unter Zugrundelegung des vorstehend dargestellten Zwecks der eV ein rechtserhebliches Sicherungsinteresse einer Aussetzung und damit Verlängerung der Angebotsfrist zuzubilligen, da die Angebotsausarbeitung bei der gegenständlichen Ausschreibung für das Gewerk Heizung/Lüftung/Klima/Sanitäres gerichtsnotorisch bieterintern erheblichen Aufwand verursacht, der gänzlich oder teilweise frustriert wäre, wenn die ASt mit ihrem Nachprüfungsantrag durchdringen würde und daher die Ausschreibung nichtig zu erklären wäre; dies auch dann, wenn die Nichtigerklärung nur in Form der Streichung einzelner Ausschreibungsbedingungen erfolgen würde.
Ohne die erlassene eV wäre die gegenständliche ASt gehalten, sicherheitshalber auf Basis einer Ausschreibung ein Angebot zu legen, die (scil:) Ausschreibung sie weitwendig als vergaberechtswidrig klassifiziert hat. Würde die ASt bei den umfangreichst erstatteten Ausschreibungsrügen auch nur mit einer einzigen für den potentiellen Bieterkreis relevanten Ausschreibungsrüge durchdringen, wäre das Vergabeverfahren nach Nichtigerklärung zu widerrufen und wäre der erste Angebotsausarbeitungsaufwand der ASt (zumindest teilweise) frustriert, gleichwie dieser Aufwand der ersten Angebotslegung auch dann frustriert wäre, wenn die AG das Nachprüfungsverfahren zum Anlass nähme, entsprechende Berichtigungen der Ausschreibung bekannt zu machen, denn auch derart wäre dann eine erneute Angebotslegungsmöglichkeit (mit erneuten Angebotsaufwand) für die Bieter auf Basis der berichtigten Ausschreibung einzuräumen.
3.2.3. Zusammenfassend. Gegenständlich wurden keine Interessen gegen die eV vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Das Interesse der ASt, vor Beendigung des Nachprüfungsverfahrens kein Angebot legen zu müssen, um nicht mit einer Angebotslegung die Frustration der eigenen Angebotsausarbeitungskosten riskieren zu müssen, erscheint evident, siehe dazu vergleichend auch die Wertung aus dem Urteilstenor des EuGH zu Rs C-230/02, wonach man im Punkte der Rechtswegezulässigkeit unionsrechtlich kein Angebot bei einer Ausschreibung legen muss, die man als rechtswidrig bekämpfen will.
Dieses evidente Sicherungsinteresse an der Vermeidung potentiell frustrierter Angebotskosten wird in casu durch keine anderen vorgebrachten oder bekannt gewordenen Interessen überwogen.
Die Aussetzung der Angebotsfrist ist nach der bisherigen Spruchpraxis ein geeignetes Mittel zur Sicherung, siehe dazu Madl in Heid ua, Handbuch Vergaberecht4 Rz 2218. Gegenständlich wurde kein gelinderes Mittel vorgebracht und erscheint auch sonst nicht naheliegend.
Dementsprechend war die als Primärbegehren formulierte Sicherungsmaßnahme auszusprechen, ohne damit über das Eventualbegehren weiter absprechen zu müssen - § 13 AVG.
Zu B) Zulässigkeit der Revision
3.3. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision war gemäß Art 133 Abs 4 B-VG gegenständlich zuzulassen, weil eine nach der Literatur und Spruchpraxis der bisherigen Vergabekontrolle zulässige "Aussetzung der Angebotsfrist" zu einer irreversiblen Verlängerung der Angebotsfrist führt und insoweit noch keine gefestigte Rsp des VwGH vorliegt, ob mit einer Provisorialmaßnahme, die ihrem Zweck nach einen vorläufigen Charakter haben soll, unumkehrbar die grundsätzlich auftraggeberseitig erfolgte Festlegung der Angebotsfrist - fortlaufshemmend - unterbrochen und damit faktisch verlängert werden kann.
Schlagworte
Angebotsfrist, Aussetzung der Angebotsfrist, Dauer der Maßnahme,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W131.2206868.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.12.2018