Entscheidungsdatum
17.10.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W253 2134707-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Jörg C. BINDER als Einzelrichter über den Antrag von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch den Diakonie Flüchtlingsdienst, 1170 Wien, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom XXXX, Zl. W253 2134707-1/15E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens auf internationalen Schutz beschlossen:
A)
I. Der Antrag auf Wiederaufnahme wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
I.1. Zum [Vor]verfahren:
I.1.1 Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und stellte am 17.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
I.1.2. Im Zuge seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 19.05.2015 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei Hazara und schiitischer Moslem. Er stamme aus der Provinz Balkh und habe von XXXX bis XXXX die Grundschule besucht. Der Beschwerdeführer habe fünf Brüder und zwei Schwestern. Vor fünf Jahren sei der Beschwerdeführer illegal in den Iran gereist, weil sein Vater in Afghanistan Probleme mit Taliban-Kämpfern gehabt habe. In XXXX, Iran sei der Beschwerdeführer als Schneider tätig gewesen und habe mit seinem Einkommen seine Familie finanziell unterstützt. Vor fünf Monaten sei der Beschwerdeführer illegal zu Fuß in die Türkei gereist, weil er im Iran ständig Angst vor einer Abschiebung gehabt habe. Von der Türkei sei er schlepperunterstützt mit einem Schlauchboot nach Griechenland gekommen. Daraufhin sei der Beschwerdeführer mit einem Schiff nach Athen gefahren, wobei er von dort über XXXX und Serbien weiter nach Ungarn gereist sei. In Ungarn sei der Beschwerdeführer anschließend aufgegriffen worden und ihm seien Fingerabdrücke abgenommen worden. In weiterer Folge sei er mit dem Zug von Budapest nach Österreich gereist.
I.1.3. Mit Verfahrensanordnung vom 19.05.2015 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Ungarn angenommen werde.
Am XXXX richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (in Folge kurz "Dublin III-VO") gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn. Mit Schreiben vom XXXX setzte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die ungarische Dublin-Behörde darüber in Kenntnis, dass aufgrund nicht fristgerechter Antwort eine Verfristung gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO eingetreten und Ungarn nunmehr zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei.
I.1.4. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.07.2015 führte der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, dass er über einen Cousin in XXXX sowie weitere weitschichtige Verwandte in XXXX und Linz verfüge. Zu diesen Verwandten pflege er einen telefonischen Kontakt. Im Rahmen dieser Einvernahme wurde der Beschwerdeführer über das Dublin-Verfahren informiert. Daraufhin erwiderte der Beschwerdeführer, dass er zwei Tage in Ungarn gewesen sei und man sich dort nicht um die Flüchtlinge kümmern würde.
I.1.5. Mit Bescheid vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Ungarn für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Ungarn gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die "ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, Künstlergasse 11/5, 1150 Wien" als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
I.1.6. Mit Schreiben vom 25.08.2015 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen sämtliche Spruchpunkte des Bescheides vom XXXX und beantragte zudem, ein fachärztliches Sachverständigengutachten [l1]zu seinem psychischen Gesundheitszustand einzuholen. Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, die Reise nach Europa sei für ihn überaus traumatisierend gewesen, zumal er mit seinem 13-jährigen Cousin unterwegs gewesen sei, welcher in XXXX aufgrund einer ungewollten Verwicklung in eine Auseinandersetzung mit einer Gruppe Somali auf einem Zuggleis von einem Zug erfasst worden und gestorben sei. Der Beschwerdeführer habe gerade noch überlebt. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, von den ungarischen Beamten misshandelt und geschlagen worden zu sein. Eine Überstellung nach Ungarn sei angesichts seines Gesundheitszustandes und der unzureichenden medizinischen Versorgung unzumutbar und stelle eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK dar.
I.1.7. Mit Beschluss vom XXXX erkannte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zu.
I.1.8. Mit Erkenntnis vom XXXX wurde der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben und ausgesprochen, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es könne die allfällige Verpflichtung der Republik Österreich zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes noch nicht abschließend beurteilt werden. Aufgrund der notorischen Änderung der Lage für Asylwerber in Ungarn seit August 2015 sei die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 widerlegt. Es sei daher notwendig, dass sich das Bundesamt auf der Grundlage von entsprechenden Berichten mit der aktuellen Lage in Ungarn auseinandersetze.
I.1.9. Im Rahmen seiner zweiten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.08.2016 führte der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, er habe sechs Jahre die Grundschule besucht und in Afghanistan in der Landwirtschaft gearbeitet. Er sei aufgrund seiner Ausreise in den Iran zweimal in Kabul gewesen. Der Vater des Beschwerdeführers habe für die Taliban-Regierung gearbeitet, als die Taliban an der Macht gewesen seien. Genauer dazu befragt gab der Beschwerdeführer an, sein Vater sei aufgrund der Tatsache, dass er der Dorfälteste gewesen sei, gezwungen gewesen zur Stadtpolizei zu gehen. Sein Vater habe von 1375 bis 1380 (laut dem gregorianischen Kalender sohin von 1996 bis 2001) für die Stadtpolizei gearbeitet. Die Eltern jener Kinder, welche im Krieg gegen die Taliban ums Leben gekommen seien, hätten den Vater des Beschwerdeführers beschuldigt für die Taliban zu arbeiten. Darauf hingewiesen, dass sein Vater nach den Angaben des Beschwerdeführers für die Regierung gearbeitet habe, führte der Beschwerdeführer aus, dass er mit "Regierung" die Taliban meine, als sie damals an der Macht gewesen seien. Nunmehr gehe sein Vater Gelegenheitsarbeiten nach und lebe mit seiner Familie im Iran. Vor der Ausreise in den Iran hätten Paschtunen den Beschwerdeführer mit einem Messer verletzt, wobei der Beschwerdeführer im Zuge dieser Schilderung auf eine Narbe auf seinem Nacken zeigte. Der Beschwerdeführer führte weiters aus, oft bedroht worden zu sein. In Afghanistan sei es üblich, dem ältesten Sohn etwas anzutun. Weiters legte der Beschwerdeführer diverse Unterlagen vor, unter anderem eine Bestätigung von XXXX, einem Interkulturellen Beratungs- und Therapiezentrum in XXXX, demzufolge der Beschwerdeführer unter Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung leide und zusätzlich durch die Dauer des Asylverfahrens sehr belastet sei.
I.1.10. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ihm wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
Der Begründung des im Spruch bezeichneten Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer keine individuelle persönliche und asylrelevante Bedrohung glaubhaft machen habe können. Er könne seinen Lebensunterhalt in der Stadt Mazar-e Sharif oder Kabul bestreiten.
Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die "ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, Beratungsstelle Wien, Wattgasse 48/3, 1170 Wien" als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
I.1.11. Mit am 06.09.2016 eingelangtem Schreiben erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen sämtliche Spruchpunkte des gegenständlichen Bescheides und führte im Wesentlichen unter Bezugnahme auf aktuelle Berichte zur allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan sowie diverser Judikatur aus, dass ihm das Bundesamt ergänzend Fragen zur Situation seines Vaters stellen hätte müssen. Dann hätte er ausführen können, dass sich sein Vater nach Ende des Taliban-Regimes an verschiedenen Orten versteckt aufgehalten habe und aufgrund der Bedrohungssituation nur selten nach Hause gekommen sei. Der Beschwerdeführer würde problemlos durch seine Verfolger ausfindig gemacht werden können, weshalb es ihm nicht zugemutet werden könne nach Afghanistan zurückzukehren. Der Beschwerdeführer fürchte eine Verfolgung wegen seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie (infolge seiner Eigenschaft als ältester Sohn seines verfolgten Vaters), seiner hiermit unterstellten politischen Gesinnung, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seines Religionsbekenntnisses. Entgegen den Ausführungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verfüge der Beschwerdeführer über einen Cousin in Österreich. Die beiden würden Kontakt pflegen und sich gegenseitig unterstützen.
I.1.12. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 13.09.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.1.13. Mit Telefax vom 25.04.2018 teilte die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers mit, dass der Beschwerdeführer sich nicht bei ihnen gemeldet habe, weshalb sie die am XXXX.2016 erteilte Vollmacht zurücklege.
I.1.14. Mit E-Mail vom 04.05.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer zum Christentum konvertieren wolle und derzeit den Taufkurs der evangelischen Pfarrgemeinde in XXXX besuche. Die Pfarrerin könne leider nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen. Im Anhang wurde eine seelsorgerliche Stellungnahme vom XXXX.2018 übermittelt.
I.1.15. Am 08.05.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seiner Vertreterin, welche eine "neue" Vollmacht vom XXXX.2018 vorlegte, und einem Dolmetscher für die Sprache Dari statt, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt und ihm Gelegenheit gegeben wurde, diese umfassend darzulegen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen vor. Zudem beantragte die Rechtsvertreterin die stellig gemachte Zeugin XXXX (in Folge kurz "Z1") zum Beweis der Ernsthaftigkeit des Konversionsprozesses des Beschwerdeführers. Schließlich erfolgte in der Beschwerdeverhandlung die Einvernahme dieser beantragten Zeugin.
I.1.16. Am 17.05.2018 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein, in welcher er im Wesentlichen ausführte, ihm sei aufgrund seiner Abkehr vom Islam sowie der Hinwendung zum Christentum der Status eines Asylberechtigten in Österreich zuzuerkennen. Es bestehe keine zumutbare interne Schutzalternative in Kabul, zumal die Aufnahmeressourcen in Kabul erschöpft seien und der Beschwerdeführer keinen Zugang zu grundlegender Infrastruktur wie Wohnraum, Erwerbsmöglichkeit oder medizinischer Versorgung hätte. Zudem verwies der Beschwerdeführer auf das Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018.
I.1.17. Mit Schreiben vom 03.09.2018 teilte der Beschwerdeführer mit, dass seine Taufe am XXXX stattfinden werde. Als Beilage wurde eine Bestätigung der Pfarrerin übermittelt, aus welchem hervorgeht, dass die Taufe aus Sicherheitsgründen weder öffentlich stattfinden noch veröffentlicht werde.
I.1.18. Am XXXX wies der zur Entscheidung berufene Richter die Beschwerde ab. Im Wesentlichen wurde dies damit begründet, dass die diversen Vorbringen des Beschwerdeführers unglaubhaft seien und die Behauptung Christ zu sein lediglich aus asyltaktischen Gründen aufgestellt worden sei, woran auch die Teilnahme an Gottesdiensten, Taufvorbereitung nichts ändere. Das Schreiben des Beschwerdeführers und die beiliegende Bestätigung der Pfarrerin betreffend die bevorstehende Taufe wurden dabei berücksichtigt.
I.2. Zum gegenständlichen Antrag:
I.2.1. Mit Email vom 08.10.2018 stellt der vormalige Beschwerdeführer und nunmehrige Antragsteller einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 VwGVG und stützte diesen auf den Umstand, dass er nunmehr getauft sei. Unter einem legte der Beschwerdeführer einen Auszug aus dem Taufbuch der evangelischen Pfarrgemeinde A.B., XXXX sowie ein Schreiben der Pfarrerin vom 23.09.2018 vor. Begründend führte der Antragsteller wörtlich aus:
"Da das neu entstandene Beweismittel (die Taufe) eine Tatsache (das der WA Christ ist) belegt, die bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Erkenntnisses vorlagen, kann diese Bestätigung der Konversion nicht im Weg eines Folgeantrages nach [...] geltend gemacht werden. Das neue Beweismittel ist daher im Wege eines Antrages auf Wiederaufnahme geltend zu machen."
Zusammengefasst führte der Antragsteller weiter aus, dass die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet seien, daher auf die zu dieser Bestimmung ergangene höchstgerichtliche Judikatur zurückzugreifen sei und daher ein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 32 Abs. 1 VwGVG zum einen voraussetze, dass es sich "um neue Tatsachen oder Beweismittel handeln" müsse und diese "entweder allein oder iVm dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens die Eignung aufweisen [müssen], einen Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeizuführen".
Der Antragsteller sei bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung im Vorverfahren Christ gewesen und sei ein fehlerhaftes Ermittlungsverfahren geführt worden, dies insbesondere deshalb, "da das Gericht obwohl vorher angekündigt es dem WA nicht ermöglicht habe rechtzeitig ein wichtiges Beweismittel, die Tatsache der Taufe und damit die offizielle Aufnahme in die evangelische Kirche vorzubringen."
Des Weiteren sei es eine formalistische Verkürzung, den Antragsteller nicht als Christ zu sehen.
Mit der vollzogenen Taufe liege nunmehr ein tauglicher Wiederaufnahmegrund vor, der geeignet sei, ein im Hauptinhalt des Spruchs der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX anderslautendes Erkenntnis herbeizuführen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Erkenntnis vom XXXX, Zl. XXXX wies der zur Entscheidung berufene Richter die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.05.2018 als unbegründet ab.
Das Erkenntnis wurde dem vertretenen Beschwerdeführer am XXXX elektronisch übermittelt.
Mit Schreiben vom 03.09.2018 teilte der Beschwerdeführer mit, dass seine Taufe am XXXX stattfinden werde. Als Beilage wurde eine Bestätigung der Pfarrerin übermittelt, aus welcher hervorgeht, dass die Taufe aus Sicherheitsgründen weder öffentlich stattfinden noch veröffentlicht werde.
Mit Schreiben vom 08.10.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme und legte einen Taufschein der evangelischen Kirche XXXX über seine Taufe am XXXX vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen und der Verfahrensgang ergeben sich aus der Einsichtnahme in die vorliegenden Bezug habenden unbedenklichen Verwaltungs- und Gerichtsakten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
§ 32 VwGVG lautet wie folgt:
Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn
1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder
3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Der Wiederaufnahmeantrag hat alle für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit, d.h. der Einhaltung der subjektiven und objektiven Fristen des § 69 Abs. 2 AVG maßgeblichen Angaben zu enthalten (VwGH 19.05.1993, Zl. 91/13/0099; 25.01.1996, Zl. 95/19/0003). Gemäß § 69 Abs. 2 letzter Satz AVG sind die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Fristen ergibt, vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit eines Wiederaufnahmeantrages trägt somit der Antragsteller (VwGH 03.09.1998, Zl. 98/06/0086; 08.07.2005, Zl. 2005/02/0040). Er hat bereits im Antrag bekannt zu geben, wann er vom behaupteten Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat (VwGH 07.03.1996, Zl. 96/09/0015) und an welchem Tag die in Rechtskraft erwachsene Entscheidung ihm gegenüber erlassen wurde (Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 55).
Ein nach Ablauf der zweiwöchigen subjektiven Frist gestellter Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist als unzulässig, weil verspätet eingebracht, zurückzuweisen (VwGH 20.03.1990, Zl. 90/06/0013; 15.07.2003, Zl. 2003/05/0080), sofern ihn die Behörde nicht zum Anlass einer amtswegigen Wiederaufnahme nimmt (Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 59).
Stammen die Urkunden, mit denen der Antragsteller seinen Wiederaufnahmeantrag untermauert, ihrer Entstehung nach aus der Zeit nach der Erlassung des Bescheides, so handelt es sich dabei nicht um neu hervorgekommene Beweismittel iSd § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG. Daher durfte die Kenntnis von diesen Unterlagen die belangte Behörde auch nicht zu einer amtswegigen Wiederaufnahme veranlassen (VwGH 23.03.1993, Zl. 93/11/0043).
Zu A) Zurückweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens
Nach § 32 Abs. 2 leg.cit. ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt.
Bereits mit Schreiben vom 03.09.2018 teilte der Beschwerdeführer mit, dass seine Taufe am XXXX stattfinden werde. Als Beilage wurde eine Bestätigung der Pfarrerin übermittelt, aus welcher hervorgeht, dass die Taufe aus Sicherheitsgründen weder öffentlich stattfinden noch veröffentlicht werde.
Der guten Ordnung halber ist zu bemerken, dass der zur Entscheidung berufenen Richter sich mit dem Konversionswunsch des Beschwerdeführers und seiner zum damaligen Entscheidungszeitpunkt unmittelbar bevorstehenden Taufe auseinandergesetzt hat.
Mit Schreiben vom 08.10.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme und legte einen Taufschein der evangelischen Kirche XXXX über seine Taufe am XXXX vor und führte dazu aus, dass es ihm nicht möglich gewesen sei "ein wichtiges Beweismittel, die Tatsache der Taufe und damit die offizielle Aufnahme in die evangelische Kirche vorzubringen". Weiter führte der Antragsteller aus, dass "Christ sein kein Formalakt, sondern ein Lebensvollzug und ein lebenslanger Prozess sei, die Taufe besiegle die Zugehörigkeit der Kirche. Mit der Taufe würde die zu taufende Person mit einem feierlichen Zeichen in die Kirche aufgenommen, weil sie kraft der Gnadengabe der Verheißung schon zuvor zum Leib Christi gehört habe".
Folgt der zur Entscheidung berufene Richter dieser Argumentation ist dem Antragsteller zu entgegnen, dass ihm der geltend gemachte Wiederaufnahmegrund nicht erst seit Erhalt des Taufscheins, der nebenbei bemerkt lediglich die erfolgte Spende des heiligen Sakraments der Taufe beurkundet, bekannt ist, sondern schon mindestens im Zeitpunkt des Schreibens vom 03.09.2018 bekannt war, wenn nicht sogar schon mit Beginn des von ihm vorgebrachten aktiven Leben in der evangelischen Kirchengemeinde.
Die Zustellung des Bezug habenden Erkenntnisses erfolgte im elektronischen Weg am XXXX. Seit diesem Zeitpunkt ist dem Beschwerdeführer bekannt, dass sein Verfahren abgeschlossen ist.
Für die Rechtzeitigkeit ergibt sich daher folgendes:
Die zweiwöchige Frist zur Geltendmachung des Wiederaufnahmegrundes ist daher ausgehend vom 03.09.2018 am 17.09.2018 abgelaufen. Ausgehend von der Zustellung des Erkenntnisses endete die Frist zur Wiederaufnahme am 05.10.2018. Der Antrag auf Wiederaufnahme wurde am 08.10.2018 gestellt und ist sohin zu spät gestellt worden.
Aber selbst der Fall einer angenommenen rechtzeitigen Antragstellung vermag am Ergebnis nichts zu ändern. Der Taufschein hat zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses am XXXX noch nicht existiert. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist daher entgegenzuhalten, dass es sich daher nicht um ein neu hervorgekommenes Beweismittel im Sinne der Gesetzesbestimmung handelt, sondern war dieses Beweismittel vor der Erlassung des Erkenntnisses noch nicht vorhanden. Der Tatbestand des § 32 Abs. 1 Z. 2 war daher schon aus diesem Grund nicht erfüllt.
Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:
§ 24 VwGVG lautet:
"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn
--der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint
oder
--sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen
entspricht."
Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes des Wiederaufnahmeantrages geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen und eine initiative Darlegung für die Entscheidungsfindung relevanter Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war.
Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht:Ausschluss der aufschiebenden Wirkung:
Aufgrund des vorliegenden Beschlusses kann ein Ausspruch über diesen Antrag unterbleiben, da dieser nur im Rahmen des Verfahrens von Bedeutung sein kann und dieses hiermit abgeschlossen ist.
Es war daher spruchgemäß zu beschließen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es wird auf die im Zuge der rechtlichen Würdigung angeführte einschlägige Judikatur des VwGH verwiesen.
Schlagworte
Aufenthaltsrecht, einstweilige Anordnung, einstweilige Verfügung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W253.2134707.2.00Zuletzt aktualisiert am
20.12.2018