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L82004 Bauordnung Oberösterreich;Norm
ABGB §8;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/05/0257Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. Dipl. Ing. (FH) H G und 2. M G, beide in U, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Mayrhofer, Rechtsanwalt in 4310 Mauthausen, Poschacherstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 12. Juli 2018, Zl. LVwG-151024/35/MK/BR - 151025/3, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde U; weitere Partei:
Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
5 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einer authentischen Interpretation des Oö Bautechnikgesetzes 2013 (im Folgenden: BTG) durch die Novelle LGBl. Nr. 32/2018 ausgegangen sei. Das Verwaltungsgericht hätte im Gefolge des Vorerkenntnisses VwGH 26.9.2017, Ra 2016/05/0110, den vor ihm angefochtenen Baubewilligungsbescheid beheben müssen.
6 Grundsätzlich hat das Verwaltungsgericht auf die Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung abzustellen (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0216). Bei der Erlassung einer Ersatzentscheidung gemäß § 63 Abs. 1 VwGG ist das Verwaltungsgericht an die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis geäußerte Rechtsanschauung gebunden; eine Ausnahme davon bildet aber der Fall einer wesentlichen Änderung der Rechtslage (vgl. u.a. VwGH 1.3.2018, Ra 2017/19/0425; die in den Revisionszulässigkeitsgründen in diesem Zusammenhang erwähnte Zitierung von Judikatur ist nicht vollständig und daher nicht nachvollziehbar).
7 Im zitierten Vorerkenntnis wurde ausgeführt, dass die Länge der gegenständlichen Stützmauer, da diese ein "Bauwerk" sei, in die Berechnung gemäß § 41 Abs. 1 Z 5 lit. C BTG - eine Ausnahmebestimmung von den Abstandsbestimmungen - einzubeziehen sei. Mit der mit nach ihrem Art. II am 1. Mai 2018 in Kraft getretenen Novelle LGBl. Nr. 32/2018 wurde u.a. in § 41 Abs. 1 Z 5 lit c. BTG die Wortfolge "der Bauwerke" durch die Wortfolge "von Gebäuden und Schutzdächern" ersetzt. Diese wesentliche, neue Rechtslage hatte das Verwaltungsgericht nunmehr anzuwenden und die Stützmauer (die, nach den Revisionszulässigkeitsgründen unbestritten, weder ein Gebäude noch ein Schutzdach ist) daher nicht mehr in die Berechnung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Ausnahme von den Abstandsbestimmungen einzubeziehen.
8 Eine authentische Interpretation in Form eines Gesetzes bewirkt insofern eine Änderung der Rechtslage, als das neue Gesetz mit Rückwirkung an die Stelle des alten Gesetzes tritt. Insofern entspricht es in seiner Bedeutung einem rückwirkenden Gesetz (vgl. das in den Revisionszulässigkeitsgründen zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1988, G 121/88), wenn es nicht selbst diese Rückwirkung ausschließt (vgl. § 8 ABGB).
9 Das Gesetz LGBl. Nr. 32/2018 stellt seiner eindeutigen Textierung nach keine authentische Interpretation dar, sondern mit ihm wird das BTG ausdrücklich "geändert", ohne dass eine Rückwirkung dieser Änderung angeordnet wurde. Rechtsfragen zur authentischen Interpretation stellen sich daher gegenständlich nicht. Da aber mit der Novelle in einem wesentlichen Punkt eine neue Rechtslage geschaffen wurde, hatte das Verwaltungsgericht diese nach den obigen Ausführungen bei seinem Ersatzerkenntnis anzuwenden.
10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 20. November 2018
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Allgemein authentische Interpretation VwRallg3/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050256.L00Im RIS seit
18.12.2018Zuletzt aktualisiert am
15.01.2019