TE Vwgh Beschluss 2018/11/20 Ra 2018/05/0246

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Veröffentlicht am 20.11.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §914;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des DI F L in A, vertreten durch Huber & Huber Rechtsanwälte in 4050 Traun, Heinrich Gruber-Straße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 4. Juli 2018, Zl. LVwG-150583/53/VG, betreffend einen Rückübereignungsantrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Stadtgemeinde A, vertreten durch Rechtsanwälte Klepp & Nöbauer Hintringer in 4020 Linz, Museumstraße 15; weitere Partei:

Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Darin ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Dieser ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0158, mwN).

5 Im vorliegenden Revisionsfall hatte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) nach dem in dieser Sache ergangenen Vorerkenntnis VwGH 12.12.2017, Ro 2016/05/0001, zu klären, ob der Revisionswerber (vor dem Hintergrund des unmittelbar Anwendung findenden Art. 5 StGG) in Bezug auf den behaupteten Rückübereignungsanspruch hinsichtlich der hier in Rede stehenden Teilfläche ("ocker") im Ausmaß von 16 m2 Rechtsnachfolger des damaligen Eigentümers U. L. geworden ist.

6 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, dass das Verwaltungsgericht (gemeint: im Zusammenhang mit der Auslegung des zwischen U. L. und H. Sch. geschlossenen Kaufvertrages vom 18. Juni 1980 über das damalige Grundstück Nr. 2769/5) zwar den Sukkus des Erkenntnisses VwGH 24.6.1993, 92/06/0144, richtig wiedergegeben habe, jedoch davon im Ergebnis abgewichen sei. So sei danach nur hinsichtlich eines Grundstreifens, der für sich allein keinen nennenswerten wirtschaftlichen Wert habe, im Zweifel anzunehmen, dass nach dem Parteiwillen der Erwerber des Grundstückes (gemeint: von welchem dieser Grundstreifen abgeteilt und abgetreten worden sei) auch allfällige Rückübereignungsansprüche an diesem angrenzenden Streifen (gleich einem Zubehör im Sinne des § 294 ABGB) erwerben sollte. Im vorliegenden Fall habe jedoch die gegenständliche Teilfläche von 16 m2 nicht nur für die heutige Eigentümerin des Restgrundstückes Nr. 2765/5 (Eigentümerin S.), sondern insbesondere auch für den Revisionswerber einen nicht unwesentlichen, durchaus nennenswerten wirtschaftlichen Wert, weil diese Fläche auch anderweitig - beispielsweise als KFZ-Parkfläche (Parkplatz für bis zu vier Autos), als Manipulationsfläche für den Winterdienst, Ausweichen und Reversieren größerer Fahrzeuge, für anzeigefreie Photovoltaik- und Solaranlagen oder für Lärm- und Schallschutzwände - von der belangten Behörde unwidersprochen, entgeltlich oder sonst wie selbstständig bebaut und jedenfalls eigenständig wirtschaftlich genutzt werden könne. Wenn das Verwaltungsgericht zu den vom Revisionswerber aufgezeigten Nutzungsmöglichkeiten meine, diese ließen unberücksichtigt, ob sie "überhaupt etwa unter Berücksichtigung des Orts- und Landschaftsbildes und der öffentlichen Verkehrsinteressen insbes. gem. § 18 (1) Oö. StraßenG realisierbar wären", so nehme es eine vorgreifende Beweiswürdigung vor, welche eine vollständige Beweiserhebung nicht zu ersetzen vermöge. Da Fragen des Orts- und Landschaftsbildes wie jene der öffentlichen Verkehrsinteressen nur durch ein begründetes Sachverständigengutachten geklärt werden könnten, sei das Beschwerdeverfahren mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet worden. Auch sei nicht verständlich und bleibe unbegründet, warum die vom Revisionswerber aufgezählten Bauvorhaben und sonstigen Nutzungsmöglichkeiten - mit nach der Verkehrsauffassung unterschiedlicher Werthaltigkeit - im Rahmen eines "nach objektiven Gesichtspunkten" zu erstellenden Bewertungsgutachtens nicht zu berücksichtigen seien.

7 Zu diesem Vorbringen ist Folgendes auszuführen:

Nach ständiger hg. Judikatur wirft eine vom Verwaltungsgericht erzielte Auslegung eines Vertrages, welche grobe Auslegungsfehler oder sonstige krasse Fehlbeurteilungen nicht erkennen lässt, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. etwa VwGH 19.9.2017, Ra 2017/16/0111, mwN). Ferner wäre die dieser Auslegung zugrunde liegende Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes - zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist - nur dann revisibel, wenn das Verwaltungsgericht diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0002, mwN). Die Frage, wie ein Vertrag zu verstehen ist, ist nach den jeweiligen besonderen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen und stellt daher im Allgemeinen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.

8 Dass dem Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall bei der nach den Grundsätzen des § 914 ABGB (u.a.) unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis VwGH 24.6.1993, 92/04/0144, getroffenen Auslegung des Kaufvertrages vom 18. Juni 1980 eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, ist nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr in nachvollziehbarer Weise die besonderen Umstände des Einzelfalles zur Beurteilung herangezogen. In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird auch keine Judikatur des OGH (vgl. in diesem Zusammenhang hinsichtlich dessen Leitfunktion bei der Auslegung von in die Kompetenz der ordentlichen Gerichte fallenden Rechtsmaterien auf dem Gebiet des Zivilrechts etwa VwGH 28.4.2016, Ra 2015/07/0176, Rn. 43, 44, und ferner VwGH 21.11.2017, Ro 2015/05/0009) genannt, zu der die im angefochtenen Erkenntnis getroffene Auslegung des hier zu beurteilenden Kaufvertrages in Widerspruch stünde.

9 Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung ausdrücklich - neben dem Hinweis, dass der hier in Rede stehende schmale Grundstreifen von 16 m2 insbesondere aufgrund seiner Lage zwischen der öffentlichen Straße und dem Grundstück dessen Eigentümerin S. nach der Verkehrsauffassung keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert habe, sondern in Wahrheit nur für den Eigentümer des Grundstückes Nr. 2769/5 (für S. als Rechtsnachfolgerin des H. Sch.) von Bedeutung sei - auch auf die Formulierung im Kaufvertrag vom 18. Juni 1980 unter Punkt 1. ("samt allem tatsächlichen und rechtlichen Zubehör") abgestellt und damit das von ihm gewonnene Auslegungsergebnis begründet, worauf die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung insoweit nicht eingeht. Abgesehen davon erscheint die Argumentation in der Zulässigkeitsbegründung der Revision als nicht nachvollziehbar, inwiefern sich aus der (sowohl vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis als auch vom Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung ins Treffen geführten) Stellungnahme der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom 15. Februar 2018 (ON 35 der Akten des Verwaltungsgerichtes, S. 3, Punkt 2.1.), wonach diese die (in dieser Stellungnahme näher bezeichnete) Teilfläche aus öffentlichen Verkehrsinteressen benötige, ergeben solle, dass der gegenständliche Grundstreifen vom Revisionswerber eigenständig wirtschaftlich genutzt werden könnte.

10 Die Revision war daher, weil darin keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt werden, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 20. November 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050246.L00

Im RIS seit

18.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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