Index
34 Monopole;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der U s.r.o. in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 19. Juli 2017, LVwG 41.23- 1451/2017-6, betreffend Einziehung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes
aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld vom 10. Juni 2016 wurde gegenüber einer näher bezeichneten GmbH als Inhaberin die Beschlagnahme von acht näher bezeichneten Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld vom 31. August 2016 wurde gegenüber der revisionswerbenden Partei als Eigentümerin und Veranstalterin ebenfalls die Beschlagnahme dieser acht näher bezeichneten Glücksspielgeräte gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG angeordnet.
2 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 4. April 2017 wurden die gegen den Beschlagnahmebescheid von 10. Juni 2016 sowohl von der Inhaberin als auch der revisionswerbenden Partei erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte es im Zusammenhang mit der revisionswerbenden Partei aus, diese habe den Raum, in welchem die Geräte aufgestellt gewesen seien, gemietet und sei daher als Inhaberin und Betreiberin der Geräte anzusehen. Ein Eigentumsnachweis sei allerdings nicht vorgelegt worden, weshalb es keine Anhaltspunkte finden könne, dass sie auch Eigentümerin sei.
3 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld vom 10. April 2017 wurde gegenüber der revisionswerbenden Partei (erneut als Eigentümerin) die Einziehung der acht näher bezeichneten Glücksspielgeräte gemäß § 54 Abs. 1 und 2 GSpG verfügt. Die revisionswerbende Partei erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark.
4 In der im Folgenden durchgeführten mündlichen Verhandlung gab die revisionswerbende Partei bekannt, dass Eigentumsnachweise betreffend die Glücksspielgeräte nicht vorgelegt werden könnten.
5 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerde mangels Parteistellung zurück und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
6 Begründend führte es nach Darstellung des Verfahrensganges aus, die revisionswerbende Partei habe bereits im Beschlagnahmeverfahren keine Eigentumsnachweise vorgelegt. Auch im vorliegenden Einziehungsverfahren sei sie wieder zur Vorlage von Eigentumsnachweisen aufgefordert worden. Sie habe wiederum nur angegeben, diese nicht vorlegen zu können. Da die revisionswerbende Partei keine Eigentumsnachweise habe vorlegen können und im Einziehungsverfahren nur jene Personen Parteien seien, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenstände hätten oder ein solches geltend machte, sei die Beschwerde zurückzuweisen.
7 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Die Revision erweist sich im Hinblick auf das Vorbringen, es bestehe ein Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, wonach es in amtswegigen Verwaltungsverfahren nicht Sache der Partei sei, die Voraussetzungen ihrer Parteistellung unter Beweis zu stellen, als zulässig und berechtigt.
9 § 54 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 70/2013 lautet:
"§ 54. (1) Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, sind zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.
(2) Die Einziehung ist mit selbständigem Bescheid zu verfügen. Dieser ist all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenstände haben oder ein solches geltend machen und kann, soweit die Einziehung betroffen ist, von ihnen mit Beschwerde angefochten werden. Kann keine solche Person ermittelt werden, so hat die Zustellung solcher Bescheide durch öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen.
(3) Eingezogene Gegenstände sind nach Rechtskraft des Einziehungsbescheides binnen Jahresfrist von der Behörde nachweislich zu vernichten.
(4) § 54 Abs. 1 gilt auch für vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes beschlagnahmte Gegenstände."
10 Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Beschwerde der revisionswerbenden Partei mangels Parteistellung zurückgewiesen. Dabei hat es im angefochtenen Beschluss zu den Umständen, unter denen die Glücksspielgeräte aufgestellt waren und zu den diese Geräte betreffenden Rechtsverhältnissen keinerlei Feststellungen getroffen:
Insbesondere wurden keine Feststellungen getroffen, aus denen abgeleitet werden könnte, dass der revisionswerbenden Partei Rechte an den einzuziehenden Glücksspielgeräten zukämen oder eben nicht zukämen.
11 Im amtswegigen Verwaltungsverfahren ist es nicht Sache einer Partei, die Voraussetzungen ihrer Parteistellung unter Beweis zu stellen, sondern der Behörde ist die Obliegenheit auferlegt, von Amts wegen in die Prüfung der Frage einzutreten, ob ein sich am Verfahren beteiligendes Rechtssubjekt auf Basis entsprechenden Sachvorbringens Parteistellung genießt oder nicht (vgl. z.B. VwGH 17.12.2015, 2012/07/0137, mwN). Dasselbe gilt für das Verwaltungsgericht.
12 Im Sinne dieser Rechtsprechung hätte das Verwaltungsgericht daher von Amts wegen zu prüfen gehabt, ob die revisionswerbende Partei ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenstände hat oder ein solches geltend machen kann (§ 54 Abs. 2 zweiter Satz GSpG). Das Verwaltungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass das Eigentumsrecht ein derartiges Recht darstellen würde. Es wäre daher zu prüfen gewesen, ob der revisionswerbenden Partei die Eigentümerstellung zukommt oder nicht. Das Landesverwaltungsgericht hätte sich im Rahmen der freien Beweiswürdigung mit den vorliegenden Verfahrensergebnissen und dem erstatteten Vorbringen auseinander setzen müssen, um auf dieser Grundlage entweder zu dem Schluss zu gelangen, dass die revisionswerbende Partei Eigentümerin der Glücksspielgeräte ist oder nicht, wozu Feststellungen zu treffen gewesen wären. In diesem Zusammenhang wäre auch die Einvernahme von Organen der revisionswerbenden Partei oder Zeugen in dem - ungeachtet einer allfälligen Obliegenheit zur Mitwirkung - amtswegig zu führenden Ermittlungsverfahren in Betracht gekommen. Ein bloßer Hinweis darauf, dass ein Eigentumsnachweis nicht habe vorgelegt werden können (oder die Darstellung des Verfahrensganges), ist jedenfalls als Beweiswürdigung nicht ausreichend und ersetzt schon gar nicht die zu treffenden Feststellungen. Zutreffend wird in der Revision darauf hingewiesen, dass die faktische Unmöglichkeit der Vorlage von Dokumenten zum Nachweis der Eigentümerstellung das Verwaltungsgericht nicht von jeder Ermittlungspflicht enthebt.
13 Im Übrigen ist aus den Verwaltungsakten zu entnehmen, dass die verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte in von der revisionswerbenden Partei gemieteten Räumlichkeiten aufgestellt waren und sie als Veranstalterin von verbotenen Ausspielungen mit diesen Geräten qualifiziert wurde. Auch mit diesen aus den Verwaltungsakten ersichtlichen Verfahrensergebnissen hat sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt und nicht geprüft, ob die revisionswerbende Partei in diesem Zusammenhang ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Geräte hat oder ein solches geltend machen kann.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu im Erkenntnis vom 11. September 2015, Ro 2015/17/0001, ausgesprochen dass über die Rechte des Inhabers des Glücksspielgeräts bzw. des Veranstalters nicht bereits im Beschlagnahmeverfahren derart abschließend abgesprochen wird, dass ihnen im Einziehungsverfahren keine Parteistellung mehr zukommt. Die Parteistellung einer Person im Beschlagnahmeverfahren steht ihrer Parteistellung im Einziehungsverfahren keinesfalls entgegen. Dieses Ergebnis ist auch aus Gründen des Rechtsschutzes geboten, erweist sich doch die Einziehung, welche nach der Rechtskraft des Einziehungsbescheides die Vernichtung des eingezogenen Gegenstandes nach sich zieht (§ 54 Abs. 3 GSpG), als schwerwiegenderer Eingriff in die Rechte an diesem Gegenstand als die Beschlagnahme, welche im Wesentlichen in einem Verfügungsverbot (§ 53 Abs. 4 dritter Satz GSpG) besteht. In diesem Erkenntnis wurden auch Ausführungen zu Rechten gemacht, die jedenfalls zur Parteistellung im Einziehungsverfahren nach § 54 GSpG führen.
15 Dadurch, dass das Landesverwaltungsgericht die Rechtslage verkannte und keinerlei Feststellungen getroffen hat, die eine Beurteilung der Frage zulassen, ob der revisionswerbenden Partei im vorliegenden Einziehungsverfahren Parteistellung zukommt, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dieses war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
16 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am 27. November 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170832.L00Im RIS seit
17.12.2018Zuletzt aktualisiert am
02.04.2019